Index
L85007 Straßen Tirol;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführer Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des S in M, vertreten durch Dr. Robert Kerschbaumer, Rechtsanwalt in 9900 Lienz, Burghard Breitner-Straße 4, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 21. Mai 2002, Zl. IIb1-L-2194/8-2002, betreffend Genehmigung einer Satzungsänderung einer Straßeninteressentschaft gemäß § 21 Abs. 2 Tir. StraßenG (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde M, vertreten durch den Bürgermeister), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit Beschluss des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 8. September 1985 erfolgte die Erklärung des Weges nach S mit den allenfalls erforderlichen Stichwegen zum öffentlichen Interessentenweg. Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 2. Oktober 1985 wurde die Weggemeinschaft S gebildet und dabei die Beitragsanteile festgestellt sowie die Satzung bewilligt. Bei der ordentlichen Vollversammlung am 26. Februar 2002 wurde die Satzung geändert, eine Änderung der Beitragsanteile erfolgte nicht, wie sich dies aus den vom Beschwerdeführer übermittelten Satzungen (einerseits aus dem Jahr 1998 und andererseits die verfahrensgegenständliche, geänderte Satzung, die von der Vollversammlung am 26. Februar 2002 beschlossen wurde) ergibt. Die Satzung in der geänderten Fassung wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 27. Februar 2002 gemäß § 21 Abs. 2 Tir. StraßenG genehmigt.
Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 26. April 2002 abgewiesen.
Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Vorstellung wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Straßeninteressentschaft S seit 1985 Rechtsbestand habe. Mit Bescheid des Bürgermeisters vom 2. Oktober 1985 seien die Satzungen genehmigt worden. Gemäß § 21 Abs. 2 Tir. StraßenG bedürfe eine Änderung der Satzung zu ihrer Rechtswirksamkeit der Genehmigung der Behörde. Diese sei zu erteilen, wenn die vorgesehene Änderung den Gesetzen nicht widerspreche. Eine Straßeninteressentschaft sei eine Körperschaft öffentlichen Rechts. Diese werde durch den Obmann nach außen vertreten. Es sei daher davon auszugehen, dass das Genehmigungsverfahren betreffend eine Satzungsänderung ein Verfahren zwischen der Weggemeinschaft und der Behörde sei. In einem solchen Verfahren komme den einzelnen Mitgliedern der Interessentschaft keine Parteistellung zu. Eine solche Parteistellung könne auch nicht durch eine zufällige bzw. unnötige Zustellung des Genehmigungsbescheides entstehen. Aufgabe der Behörde im Genehmigungsverfahren sei es, zu überprüfen, ob die Änderung der Satzung den Bestimmungen des Tir. StraßenG entspreche oder nicht. Dieses auf die Außenwirkung abzielende Verfahren sei streng von jenem betreffend das Innenverhältnis der Interessenten einer Straßeninteressentschaft zu unterscheiden. Gemäß § 33 Abs. 6 Tir. StraßenG entscheide Streitigkeiten, die zwischen einer Straßeninteressentschaft und Interessenten entstehen, die Behörde. Der Beschwerdeführer hätte sich gegen den Beschluss der Vollversammlung vom 26. Februar 2002 an die Behörde wenden können.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Aufhebung des
angefochtenen Bescheides beantragt.
Die Beschwerde ist nicht zulässig.
Gemäß § 20 Abs. 1 lit. b Tir. StraßenG, LGBl. Nr. 13/1989, kann eine Straßeninteressentschaft durch Bescheid der Behörde gebildet werden. Gemäß § 20 Abs. 5 Tir. StraßenG kommen als Interessenten u.a. die Eigentümer der durch die Straße unmittelbar oder mittelbar erschlossenen Grundstücke in Betracht (lit. a).
Ein Bescheid über die Bildung einer Straßeninteressentschaft hat gemäß § 20 Abs. 8 Tir. StraßenG
a) die Erklärung der betreffenden Straße zur öffentlichen Interessentenstraße und
b) die Satzung (§ 21)
zu enthalten.
Gemäß § 21 Abs. 2 bedarf die Änderung der Satzung zu ihrer Rechtswirksamkeit der Genehmigung der Behörde. Sie ist zu erteilen, wenn die vorgesehene Änderung diesem Gesetz nicht widerspricht.
Gemäß § 20 Abs. 9 leg. cit. ist eine Straßeninteressentschaft eine Körperschaft öffentlichen Rechts.
Gemäß § 28 Abs. 2 lit. b Tir. StraßenG beschließt die Vollversammlung der Straßeninteressentschaft eine Änderung der Satzung. Die Vollversammlung besteht gemäß § 28 Abs. 1 leg. cit. aus sämtlichen Interessenten. Gemäß § 28 Abs. 6 leg. cit. ist zu einem Beschluss der Vollversammlung die Zustimmung so vieler Interessenten erforderlich, dass mehr als 50 v.H. der Beitragsanteile der anwesenden Interessenten auf sie entfallen. Der Beschluss über die Erklärung einer Straße zur öffentlichen Interessentenstraße sowie Beschlüsse über eine Änderung der Beitragsanteile bedürfen der Zustimmung aller Interessenten.
Gemäß § 33 Abs. 6 leg. cit. entscheidet über Streitigkeiten, die zwischen einer Straßeninteressentschaft und Interessenten oder zwischen Interessenten aus dem Interessentschaftsverhältnis entstehen, auf Antrag der Straßeninteressentschaft bzw. eines beteiligten Interessenten die Behörde.
Gemäß § 9 Z. 7 der mit der Beschwerde übermittelten Satzung vom 2. Oktober 1985 (deren Änderung Gegenstand des beschwerdegegenständlichen Verwaltungsverfahren ist) fällt die Änderung der Satzung in die Zuständigkeit der Vollversammlung. § 8 Z. 6 dieser Satzung sieht im Sinne des § 33 Abs. 6 Tir. StraßenG vor, dass überstimmte Mitglieder gegen Vollversammlungsbeschlüsse (für die gemäß § 8 Z. 2 der Satzung 1985 ohne Ausnahme die einfache Mehrheit der Beitragsanteile der anwesenden Mitglieder erforderlich ist) binnen einer Woche an die Aufsichtsbehörde schriftlich Einspruch erheben können.
Aus der wiedergegebenen Rechtslage (insbesondere § 33 Abs. 6 Tir. StraßenG) ergibt sich, dass als Rechtsmittel eines Mitgliedes einer Interessentschaft (also im Innenverhältnis der Interessentschaft) gegen eine allfällige Rechtsverletzung durch einen Vollversammlungsbeschluss ein Einspruch gegen diesen an die Aufsichtsbehörde eingeräumt ist. Die von der Vollversammlung beschlossene Satzung in der geänderten Form ist der Straßeninteressentschaft, die gemäß § 20 Abs. 9 Tir. StraßenG eine Körperschaft öffentlichen Rechtes ist, zuzurechnen, die die Genehmigung einer Satzungsänderung bei der Behörde beantragen muss. Als Partei des in § 21 Abs. 2 Tir. StraßenG vorgesehenen Genehmigungsverfahrens u.a. für die Änderung der Satzung einer Straßeninteressentschaft muss - wie dies die belangte Behörde zutreffend angenommen hat - allein die Straßeninteressentschaft angesehen werden. Eine Verletzung des Beschwerdeführers in seinen Rechten kommt daher durch die vorliegende Genehmigung der Satzungsänderung nicht in Betracht.
Da die verfahrensgegenständliche Änderung der Satzung keine Änderung der Beitragsanteile vorsieht (dies ergibt ein Vergleich der Satzung aus dem Jahr 1985 und der von der Vollversammlung am 26. Februar 2002 beschlossenen geänderten Fassung), ist § 28 Abs. 6 Tir. StraßenG, der im Falle der Änderung der Satzung die Zustimmung aller Interessenten verlangt, woraus für nichtzustimmende Mitglieder eine Rechtsverletzung abgeleitet werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 1993, Zl. 93/06/0017), im vorliegenden Fall jedenfalls nicht von Bedeutung. Dies gilt auch für die nicht dem § 28 Abs. 6 Tir. StraßenG entsprechende Satzungsregelung, die für alle Vollversammlungsbeschlüsse lediglich die einfache Mehrheit der Beitragsanteile der Mitglieder verlangt. Aus dem hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 1993, Zl. 93/06/0017, ist für den Beschwerdeführer im vorliegenden Fall nichts zu gewinnen, da es in dem verwiesenen Beschwerdefall um die Genehmigung eines Vertrages zur Bildung einer Straßeninteressentschaft ging, dem alle Interessenten gemäß § 28 Abs. 6 zweiter Satz Tir. StraßenG zustimmen müssen, dem aber der betroffene beschwerdeführende Interessent (eine Gemeinde) nicht zugestimmt hat.
Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Rechtsverletzungsmöglichkeit des Beschwerdeführers, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 26. September 2002
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete Gemeinderecht und Straßenwesen Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION Straßenrecht Wegerecht Kraftfahrwesen StraßenverkehrEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002060103.X00Im RIS seit
05.12.2002