TE Vwgh Erkenntnis 2002/9/26 2000/06/0038

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Veröffentlicht am 26.09.2002
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82000 Bauordnung;
L82006 Bauordnung Steiermark;

Norm

BauG Stmk 1995 §38;
BauRallg;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2002/06/0020

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des

A G in L, vertreten durch Dr. Michael Augustin und Mag. Peter Haslinger, Rechtsanwälte in Leoben, Krottendorfer Gasse 4, gegen die Bescheide der Steiermärkischen Landesregierung 1.) vom 26. März 1999, Zl. 03-12.10 L 122-99/4, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (Beschwerde Zl. 2002/06/0020) und 2.) vom 31. Jänner 2000, Zl. 03- 12.10 L 122-00/15, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (Beschwerde Zl. 2000/06/0038 - mitbeteiligte Parteien in beiden Beschwerdeverfahren: 1. F-GmbH in L, vertreten durch Dr. Hermann Kogler, Rechtsanwalt in Leoben, Roßeggerstraße 15,

2. Stadtgemeinde Leoben, im Verfahren Zl. 2002/06/0020 vertreten durch den Bürgermeister, im Verfahren Zl. 2000/06/0038 vertreten durch Dr. Gerhard Hiebler, Rechtsanwalt in Leoben, Hauptplatz 12/II), zu Recht erkannt:

Spruch

Beide angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 2177,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die gegenständlichen Beschwerdeverfahren betreffen eine bereits bebaute Liegenschaft im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde.

Mit dem am 19. März 1997 eingelangten Baugesuch (vom 27. Februar 1997) kam die erstmitbeteiligte Partei (in der Folge kurz: Bauwerberin) um die "baubehördliche Genehmigung zum Umbau" dieses Objektes ein (festzuhalten ist, dass in diesem kurzen Schreiben das geplante Vorhaben nicht näher beschrieben ist). Diesem Baugesuch waren an Unterlagen unter anderem ein Einreichplan und eine Baubeschreibung angeschlossen. In dieser Baubeschreibung (es handelt sich um ein amtliches Formular) wird die "Art des Vorhabens" folgendermaßen zum Ausdruck gebracht (zum Plan siehe später):

     "a) Neubau/Zubau/Umbau: E...GASSE ... (Anmerkung: das ist das

gegenständliche Objekt)

     Art des Gebäudes, mit Angabe des

Verwendungszweckes:...............................

LAGERHALLE: GO-KART INDOOR

VERWALTUNGSGEBÄUDE IM EG: (= Erdgeschoß): GASTGEWERBLICHE

NUTZUNG

b)

Nutzungsänderung: (Anmerkung: leer, nicht ausgefüllt)

c)

Errichtung/Änderung/Erweiterung einer: Abstellfläche für ca. 29 Kraftfahrzeuge/mit/ohne Schutzdach; (...) AUF BESTEHENDER

PARKPLATZFLÄCHE MIT EHEMALIGER LKW-BE/ENTLADUNG"

Mit Erledigung vom 25. April 1997 wurde die Bauverhandlung für den 15. Mai 1997 anberaumt; hiezu wurde unter anderem der Beschwerdeführer als Nachbar unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 27 Stmk. BauG (sowie darauf, dass nicht rechtzeitig vorgebrachte Einwendungen im Verfahren keine Berücksichtigung fänden) geladen. In dieser Erledigung wird der Gegenstand folgendermaßen bezeichnet: "Full Speed Go-Kart Betriebs-GmbH - Adaptierung der bestehenden Lagerhalle für eine Go-Kart Indoor-Bahn sowie gewerbliche Nutzung im Erdgeschoß des Verwaltungsgebäudes, E...Gasse 25; Baubewilligung".

In der Niederschrift über die Bauverhandlung heißt es unter anderem, auf der befestigten Hoffläche seien insgesamt 26 Kfz-Abstellplätze ausgewiesen, die sich ausschließlich auf dem Bauplatz befänden. Anzumerken ist, dass es in dieser Niederschrift nicht heißt, das Baugesuch umfasse auch das Begehren um Bewilligung von Abstellplätzen. Im Kopf der Niederschrift ist der Gegenstand so wie in der Erledigung (Kundmachung), mit welcher die Bauverhandlung anberaumt wurde, bezeichnet.

Der Beschwerdeführer brachte vor, wie er in Erfahrung gebracht habe, würden gleichartige Anlagen, nämlich eine Go-Kart-Bahn, in anderen Städten wie beispielweise in St. Pölten, wo sie in einer Halle eingerichtet sei, nahezu ohne Lärmerregung betrieben (im Freien nicht wahrnehmbar). Beim Probebetrieb in der Halle habe sich gezeigt, dass insbesondere in den Nachtstunden, obwohl seiner Meinung nach nur zwei Fahrzeuge betrieben worden seien, eine Lärmeinwirkung auf sein Grundstück gegeben gewesen sei, weil zumindest eine Türe offen gestanden sei. Seine Einwände richteten sich somit gegen eine Lärmbelästigung, weil sich sein Wohnhaus in unmittelbarer Nähe, nämlich in einem Abstand von ca. 30-40 m zur Go-Kart-Bahn befinde. Sollte sich zeigen, dass mit der Herstellung der geplanten Außenwände bei den zwei Rampen und bei geschlossenen Türen keine Lärmbelästigung mehr eintrete, so werde jedenfalls gegen den Betrieb dieser Anlage kein Einwand erhoben. Weiters heißt es wörtlich:

"Meine Bedenken richten sich auch gegen die Benützung des KFZ-Abstellplatzes, da dieser, wie ich in Erfahrung bringen konnte, von Jugendlichen als Mopedtrainingsplatz genutzt wird und dies auch bis in die Nachtstunden.

Es ist daher der Betreiber der Go-Kart-Bahn anzuhalten, dass der KFZ-Abstellplatz nicht zweckfremd benutzt wird und Besucher des Gewerbebetriebes und der Go-Kart-Bahn, insbesondere in den Abend- und Nachtstunden, ihre Fahrzeuge unter möglichst geringem Geräuschaufwand in Benützung nehmen. (Türen schlagen, Kavalierstart)."

Ergänzend brachte der Beschwerdeführer vor, dass sich eine endgültige Aussage über die Lärmauswirkung der Go-Kart-Bahn auf sein Grundstück erst dann machen lasse, wenn die neuen Abschlusswände errichtet seien.

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 28. Mai 1997 wurde die "Baubewilligung für die Adaptierung der bestehenden Lagerhalle für eine Go-Kart Indoor-Bahn sowie gewerbliche Nutzung im Erdgeschoß des Verwaltungsgebäudes" dieses Objektes mit näheren Auflagen erteilt. Die Einwendungen des Beschwerdeführers hinsichtlich der Lärmbelästigung wurden als unbegründet abgewiesen (wurde näher begründet), die Einwendungen hinsichtlich der KFZ-Abstellplätze hingegen als unzulässig zurückgewiesen. Dies wurde damit begründet, dass es sich hinsichtlich dieses "Abstellplatzes" (Einzahl, gemeint ist das Areal mit den einzelnen Abstellplätzen) um einen rechtmäßigen Bestand handle und dieser keinen Gegenstand des Bewilligungsverfahrens darstelle.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 23. Juni 1997 Berufung. Hinsichtlich der Lärmbelästigung führte er aus, niemand könne den Lärm voraussagen, weil der Betrieb "nur mit 2 Fahrzeugen bei der Bauverhandlung lief". Hinsichtlich der KFZ-Abstellplätze führte er aus, bei mehr als zwei solcher Plätze seien die Abstellplätze baubewilligungspflichtig.

Mit Berufungsbescheid vom 6. November 1997 wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die ausersehene Verwendung als Go-Kart-Bahn der Flächenwidmung "Industrie- und Gewerbegebiet 1" entspreche und die bei konsensgemäßer Benutzung zu erwartenden Immissionen in keiner Weise das ortsübliche Ausmaß übersteigen würden. Die Berufungsbehörde vermöge sich auch den Argumenten des Beschwerdeführers hinsichtlich der Benützung des konsensgemäß bestehenden KFZ-Abstellplatzes nicht anzuschließen, weil Gegenstand der Baubewilligung lediglich die Adaptierung der bestehenden Lagerhalle sowie die gewerbliche Nutzung gewesen sei. Somit sei festzuhalten, dass hier die Verletzung von subjektivöffentlichen Nachbarrechten nicht geltend gemacht werde.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 24. November 1997 Vorstellung, in welcher er darauf verwies, laut Begründung des Berufungsbescheides solle lediglich die Adaptierung der Halle verfahrensgegenständlich sein. "Wozu wird bei der Baubewilligung (Datum 15.5.97) um 26 Abstellplätze angesucht?"

Mit Vorstellungsbescheid vom 11. Feber 1998 wurde der Berufungsbescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde verwiesen. Darin heißt es unter anderem, das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Bauverhandlung hinsichtlich der befürchteten zweckfremden Benützung des Abstellplatzes sei nicht als Einwendung im Sinne der Bestimmungen des Stmk. BauG anzusehen. Es sei daher nicht geeignet, "eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu begründen". Tragender Aufhebungsgrund war, dass die Berufungsbehörde zwar im Berufungsverfahren einen lärmtechnischen Sachverständigen beigezogen habe, es allerdings unterlassen habe, das schalltechnische Gutachten einer abschließenden medizinischen Beurteilung zu unterziehen.

Im fortgesetzten Berufungsverfahren verwies der nunmehr rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer in einem Schriftsatz vom 6. Mai 1998 unter anderem darauf, die Baubehörde habe keinerlei Feststellungen hinsichtlich des rechtmäßigen Bestandes auf der gegenständlichen Liegenschaft getroffen. Hinsichtlich allfälliger Pkw-Abstellplätze könne von einem baubehördlichen Konsens überhaupt keine Rede sein. Als baubehördlich konsentiert könne lediglich eine Lagerhalle mit dem dazugehörigen Verwaltungsgebäude angesehen werden. Es wären sämtliche Auswirkungen der Nutzungsänderung und demgemäß selbstverständlich auch die Immissionen im Zusammenhang mit dem zu- und abfahrenden Besucherverkehr einer baubehördlichen Überprüfung zuzuführen gewesen. In diesem Zusammenhang werde auch auf den Einreichplan verwiesen, wonach zur Liegenschaft des Beschwerdeführers hin 13 PKW-Abstellflächen zur Errichtung gelangen sollten. Zusätzlich werde darauf verwiesen, dass in der Baubeschreibung die Errichtung von 29 Abstellplätzen für Kraftfahrzeuge beschrieben "und beantragt" sei, weshalb nicht nachvollziehbar sei, dass diese Abstellflächen nicht Gegenstand des Bauverfahrens sein sollten. Das Vorbringen des Beschwerdeführers sei jedenfalls (auch) dahingehend zu verstehen, dass er durch die zu- und abfahrenden KFZ eine über das ortsübliche Ausmaß hinausgehende Lärm-, Schmutz- und Abgasbelästigung befürchte.

In einem weiteren Schriftsatz vom 15. Juni 1998 verwies der Beschwerdeführer unter anderem auch darauf, nach wie vor sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Immissionen durch Zu- und Abfahrt der Kraftfahrzeuge der Besucher der Go-Kart-Bahn nicht in die Schallimmissionsbeurteilung miteinbezogen worden seien (im Übrigen wurden die eingeholten Gutachten als unzureichend bemängelt).

Mit dem (zweiten) Berufungsbescheid vom 3. Juli 1998 wurde die Berufung des Beschwerdeführers (abermals) als unbegründet abgewiesen, seine neu eingebrachten Einwendungen wurden (spruchmäßig) wegen Präklusion abgewiesen.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 29. Juli 1998 Vorstellung.

Mit Vorstellungsbescheid vom 23. Oktober 1998 wurde der Berufungsbescheid vom 3. Juli 1998 behoben und die Angelegenheit abermals zur neuerlichen Entscheidung an die Berufungsbehörde verwiesen. Die belangte Behörde vertrat dabei die Auffassung, dass die vom Beschwerdeführer nach der Bauverhandlung erhobenen weiteren Einwendungen präkludiert seien. Entgegen der Auffassung der Berufungsbehörde sei der vorgesehene Parkplatz laut den zur Genehmigung eingereichten Projektunterlagen nicht als konsentierter Altbestand anzusehen (Hinweis auf Punkt 2.c der Baubeschreibung). Aus dem Einreichplan ergebe sich, dass zwar die Parkfläche als Bestand angegeben worden sei, die konkrete Anzahl und Situierung der Parkplätze jedoch Gegenstand des eingereichten Projektes sei. Tragender Aufhebungsgrund war, dass die Auflage 7 im erstinstanzlichen Bewilligungsbescheid (wonach die Go-Kart-Bahn so zu betreiben sei, dass dessen Nachbarschaft durch Lärm nicht über das ortsübliche Ausmaß belästigt werde, im gegebenen Fall seien die Türen und Tore der Halle geschlossen zu halten) zum Nachteil des Beschwerdeführers nicht ausreichend konkretisiert formuliert worden sei.

In einem Schriftsatz vom 6. November 1998 (dieser betrifft das dem Beschwerdeverfahren Zl. 2000/06/0038 zugrundeliegende Verwaltungsverfahren) führte der Beschwerdeführer unter anderem aus, es sei ihm ein besonderes Anliegen, Sorge dafür zu tragen, dass bis zur neuerlichen Entscheidung durch die Berufungsbehörde (sofern diese positiv sein sollte) sichergestellt werde, dass ein Go-Kart-Betrieb an diesem Standort nicht erfolgen könne. Auf Grund der Auffassung der Vorstellungsbehörde sei der vorgesehene Parkplatz keinesfalls als konsentierter Altbestand anzusehen, weshalb zum einen gewährleistet sein müsse, dass die Lärm-, Abgas- und Staubimmissionen von den zu- und abfahrenden Besuchern (gemeint: der Fahrzeuge dieser Besucher) beim entsprechenden Gutachten mitberücksichtigt würden, sowie zum anderen auch dieser Parkplatz bestimmungsgemäß derzeit nicht benutzt werde. Es werde daher beantragt, es wolle umgehend ein entsprechender Unterlassungsauftrag hinsichtlich der Go-Kart-Bahn und des Besucherparkplatzes erlassen werden.

Mit neuerlichem (dritten) Berufungsbescheid vom 13. November 1998 wurde (nach Wiedergabe des Verfahrensganges und der wesentlichen Begründung der Vorstellungsentscheidung vom 23. Oktober 1998 im Vorspruch) die Berufung des Beschwerdeführers abermals als unbegründet abgewiesen, darüber hinaus aber der erstinstanzliche Bescheid dahingehend abgeändert, dass

              1.              der Spruch zu lauten habe:

"Auf Grund des Ansuchens der Konsenswerberin vom 27.2.1997, eingelangt am 19.3.1997, wird gemäß § 29 Stmk. BauG, LGBl. 1995/59, die Baubewilligung für die Adaptierung der bestehenden Lagerhalle für Go-Kart Indoor-Bahn mit der Verwendung von maximal 8 Go-Karts sowie gewerbliche Nutzung im Erdgeschoß des Verwaltungsgebäudes E...Gasse 25" auf näher bezeichneten Grundstücken "erteilt unter nachstehenden Auflagen",

              2.              der Auflagepunkt 7. zu lauten habe:

"Die Go-Kart-Bahn ist so zu betreiben, dass die Nachbarschaft durch Lärm nicht über das ortsübliche Ausmaß belästigt wird. Bereits bei Betrieb nur eines Go-Karts sind die Türen und Tore der Halle geschlossen zu halten."

In dem als "Begründung" überschriebenen Teil dieses Berufungsbescheides wird (lediglich) auf das der Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG zustehende Abänderungsrecht verwiesen und ausgeführt, dass die Berufungsbehörde hievon Gebrauch mache und den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides sowie die Auflage 7.

(wie zuvor wiedergegeben) abändere.

     Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom

2. Dezember 1998 Vorstellung.

     Mit dem erstangefochtenen Bescheid (Beschwerdeverfahren

Zl. 2002/06/0020) vom 26. März 1999 hat die belangte Behörde diese Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass das Vorhaben der Flächenwidmung entspreche und von der Go-Kart-Bahn keine ortsunüblichen Immissionen zu erwarten seien. Die Parkflächen seien projektgegenständlich, das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Bauverhandlung hinsichtlich dieser Abstellplätze (wonach er eine zweckwidrige Benützung befürchte) sei keine Einwendung im Sinne des Stmk. BauG, das weitere Vorbringen sei präkludiert, und seinen Bedenken sei ausreichend durch die Abänderung des Spruches und der Auflage 7. des erstinstanzlichen Bescheides Rechnung getragen worden.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher (nach Einleitung des Vorverfahrens) mit Beschluss vom 26. November 2001, B 827/99-12, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer (in der bereits für den Fall der Abtretung ausgeführten Beschwerde) inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, und, ebenso wie die mitbeteiligten Parteien, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Zwischenzeitig hatte die Bauwerberin mit Eingabe vom 18. September 1998 um die Erteilung der Benützungsbewilligung angesucht.

Mit Bescheid vom 19. April 1999 erteilte die Baubehörde der Bauwerberin die Benützungsbewilligung "für die für Go-Kart Indoor-Bahn-Zwecke adaptierte, bestehende Lagerhalle sowie für die gewerblich genutzten Räume im Erdgeschoß des Verwaltungsgebäudes" des betreffenden Objektes, "einschließlich der 26 KFZ-Abstellplätze auf der Hoffläche des Bauplatzes".

In einer Eingabe vom 8. April 1999 (bei der Baubehörde am Tag darauf eingelangt) brachte der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Begründung der Vorstellungsentscheidung vom 26. März 1999 (das ist der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Zl. 2002/06/0020 angefochtene Bescheid) vor, die Vorstellungsbehörde habe darin ausgeführt, dass der vorgesehene Parkplatz gemäß den zur Genehmigung eingereichten Projektunterlagen nicht als konsentierter Altbestand anzusehen sei. Festgehalten werde, dass dieser Parkplatz regelmäßig benutzt werde. Er stelle daher den Antrag, es wolle hinsichtlich dieser PKW-Abstellplätze gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG umgehend ein Beseitigungsauftrag sowie hinsichtlich der vorschriftswidrigen Nutzung dieser Fläche ein Unterlassungsbescheid erlassen werden.

In einem behördeninternen Schreiben vom 29. April 1999 heißt es diesbezüglich, im erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheid vom 28. Mai 1997 sei auf Seite 5 der Begründung angeführt, es seien auf der befestigten Hoffläche insgesamt 26 KFZ-Abstellplätze ausgewiesen, die sich ausschließlich auf dem Bauplatz befänden (Anmerkung: der entsprechende Teil der Begründung des Bescheides vom 28. Mai 1997 entspricht der in der Sachverhaltsdarstellung genannten Niederschrift über die Bauverhandlung). Im zugrundeliegenden Einreichplan vom 8. März 1997 seien auf der befestigten Hoffläche die KFZ-Abstellplätze 1 bis 4 südlich der Zufahrt, die Parkplätze 5 bis 22 in Doppelreihe und die Abstellplätze 23 bis 26 in Längsaufstellung entlang der Grenze zum Grundstück des Beschwerdeführers dargestellt. Der Plan enthalte die Beschriftung "Parkplatzfläche-Bestand (mit ehemaliger LKW-Be- /Entladung) Asphalt".

Der Beschwerdeführer habe bezüglich dieser Fläche in der Bauverhandlung ein Vorbringen erstattet (dieses wird wörtlich wiedergegeben). Im Spruch des erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheides sei das diesbezügliche Vorbringen des Beschwerdeführers als unzulässig zurückgewiesen worden, weil es sich bei dieser Parkfläche um einen rechtmäßigen Bestand handle und diese keinen Gegenstand dieses Bewilligungsverfahrens darstelle. Hiezu sei auszuführen, dass in der Entscheidung von einem bestehenden Parkplatz - wie im Plan beschrieben - ausgegangen worden sei, was jedoch unrichtig sei. Die "unzulässige Zurückweisung" (gemeint allenfalls: die Zurückweisung des Vorbringens wegen Unzulässigkeit) sei jedoch zu Recht erfolgt, weil das Vorbringen seinem Inhalt nach nicht als Einwendung im Sinne des § 26 Stmk. BauG zu werten gewesen sei, wie dies auch von der Vorstellungsbehörde bestätigt worden sei. Der Baubewilligungsbescheid sei mit der Vorstellungsentscheidung vom 26. März 1999 als rechtmäßig "bestätigt" worden. Mit dem Bescheid vom 19. Mai 1999 sei die Benützungsbewilligung einschließlich der 26 KFZ-Abstellplätze auf der Hoffläche erteilt worden.

In weiterer Folge vertrat der Beschwerdeführer die Auffassung, der vorgesehene Parkplatz sei weder als konsentierter Altbestand anzusehen, noch auch im gegenständlichen Baubewilligungsverfahren bewilligt worden.

Mit Devolutionsantrag vom 21. Juli 1999 beantragte der Beschwerdeführer, es wolle über seinen zugrundeliegenden Antrag vom 6. November 1998 die sachlich übergeordnete Behörde, nämlich der Gemeinderat, entscheiden.

Hierauf wies der Gemeinderat mit Bescheid vom 17. September 1999 den Antrag des Beschwerdeführers vom 6. November 1998 zurück. Die Behörde erachtete den Devolutionsantrag als zulässig und berechtigt; im Übrigen vertrat sie zusammengefasst (erkennbar) die Auffassung, dass diese Parkplätze baubehördlich bewilligt worden seien und demgemäß auch eine entsprechende Benützungsbewilligung erteilt worden sei.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Vorstellung, die mit dem zweitangefochtenen Bescheid vom 31. Jänner 2000 als unbegründet abgewiesen wurde. Dies wurde im Wesentlichen zusammengefasst damit begründet, es sei wohl richtig, dass die belangte Behörde im Bescheid vom 26. März 1999 (Anmerkung: das ist der erstangefochtene Bescheid) ausgeführt habe, dass der gegenständliche Parkplatz nicht als konsentierter Altbestand anzusehen sei, in eben dieser Entscheidung sei jedoch auch ausgeführt worden, dass nach dem Inhalt der Baubeschreibung die Errichtung einer Abstellfläche für ca. 29 Kraftfahrzeuge ohne Schutzdach auf einer bestehenden Parkfläche mit ehemaliger LKW Be- /Entladung vorgesehen sei, im Einreichplan zwar die Parkfläche als Bestand angegeben worden sei, jedoch darin auch die konkrete Anzahl und Situierung der Parkplätze dargestellt worden sei. Sowohl die Baubeschreibung als auch der Einreichplan bildeten einen integrierenden Bestandteil des Baubewilligungsbescheides vom 28. Mai 1997. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers sei daher davon auszugehen, dass der Parkplatz baubehördlich genehmigt worden sei.

Dagegen richtet sich die zur Zl. 2000/06/0038 protokollierte Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Die belangte Behörde hat ihre Verwaltungsakten vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligten Parteien, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, beide Beschwerdeverfahren wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden, und hat erwogen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, uva.). Das gilt auch für den Nachbarn, der i.S. des § 27 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995, LGBl. Nr. 59 (Stmk. BauG), die Parteistellung behalten hat.

Gemäß § 26 Abs. 1 Stmk. BauG, kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv öffentlich-rechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über

              "1.              die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan und mit Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;

2.

die Abstände (§ 13);

3.

den Schallschutz (§ 43 Abs. 2 Z. 5);

4.

die Brandwände an der Grundgrenze (§ 51 Abs. 1);

5.

die Vermeidung einer Brandgefahr, einer sonstigen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung (§ 61 Abs. 1, § 63 Abs. 1 und § 65 Abs. 1);

              6.              die Baueinstellung und die Beseitigung (§ 41 Abs. 6)."

§ 41 leg. cit. trifft nähere Regelungen zur Baueinstellung

und zum Beseitigungsauftrag (und räumt dem Nachbarn unter den dort näher beschriebenen Voraussetzungen das Recht auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages ein).

Im vorliegenden Fall ist insbesondere strittig, ob die fraglichen Parkplätze genehmigt wurden oder nicht.

Diesbezüglich ist der Auffassung der belangten Behörde zu folgen, dass im Hinblick auf den Inhalt der Baubeschreibung - auch - ein Begehren auf Bewilligung der Errichtung von "ca. 29" Parkplätzen Gegenstand des Baubewilligungsantrages war. Dies ist zwar aus dem Plan nicht unmittelbar erkennbar (der ohne diese Baubeschreibung dahin zu verstehen wäre, dass diese Abstellflächen als "Bestand" anzusehen wären). Auf Grund der Formulierung in der Baubeschreibung "ca. 29" ist allerdings zunächst unklar, wieviele Abstellplätze überhaupt einer Bewilligung zugeführt werden sollen. Es ist richtig, dass im Bauplan die im behördeninternen Schreiben vom 29. April 1999 genannten 26 Flächen ausgewiesen sind, denen die Nr. 1 bis 26 zugeordnet sind. Im Plan findet sich allerdings unmittelbar beim Gebäude eine weitere Fläche mit der Nr. 29 und dem Beisatz "betrieblich". Wo die Flächen 27 und 28 sein sollen (sofern es diese überhaupt gibt), ist unklar. Richtigerweise wäre daher von der Baubehörde erster Instanz zunächst aufzuklären gewesen, wieviele Parkplätze überhaupt Gegenstand des Bewilligungsantrages sein sollen. Dies unterblieb aber, wobei die Baubehörde erster Instanz der Aktenlage nach (siehe abermals das behördeninterne Schreiben vom 29. April 1999) wohl auf Grund der unklaren Projektunterlagen irrig davon ausging, Parkplätze seien überhaupt nicht projektgegenständlich. Diese Auffassung kommt auch im erstinstanzlichen Bescheid zum Ausdruck, wird doch darin das entsprechende Vorbringen des Beschwerdeführers als unzulässig zurückgewiesen, weil die Errichtung von Parkflächen gar nicht verfahrensgegenständlich sei.

Entgegen der Auffassung der belangten Behörde kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass mit dem erstinstanzlichen Bescheid diese Parkplätze - wieviele es auch immer sein mögen, 26, 27 oder gar 29 - genehmigt worden wären. Eine Bewilligung von Abstellflächen scheint weder im Spruch (noch auch im Betreff) auf. Im Übrigen verbietet sich eine Deutung dieses Bescheides dahin, Abstellplätze seien damit bewilligt worden, (auch und insbesondere) aus der Zurückweisung des entsprechenden Vorbringens des Beschwerdeführers in Verbindung mit der Begründung, dass die Bewilligung von Abstellflächen gar nicht verfahrensgegenständlich sei. (Dieser erstinstanzliche Bescheid ist auch unzweifelhaft als abschließende Entscheidung zu verstehen und nicht als "Teilbescheid", also nicht als Teilentscheidung mit einem Entscheidungsvorbehalt hinsichtlich dieser Abstellflächen).

Bei der gegebenen Verfahrenslage ist davon auszugehen, dass diese ebenfalls projektgegenständlichen Abstellflächen (wieviele es auch immer sein mögen) in einem untrennbaren Zusammenhang mit den weiteren projektgegenständlichen Maßnahmen stehen. Das bedeutet, dass auch diese Abstellflächen "Sache" des Berufungsverfahrens (und dann auch des Vorstellungsverfahrens) waren. Eine Bewilligung dieser Parkflächen erfolgte auch nicht mit dem (letzten) Berufungsbescheid vom 13. November 1998. Hiezu wäre es nämlich erforderlich gewesen, den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides entsprechend abzuändern, nämlich dahin, dass auch die verfahrensgegenständlichen Abstellplätze genehmigt werden (wobei es zuvor im Hinblick auf die eingangs dargestellte Unklarheit des Antrages erforderlich gewesen wäre, überhaupt die genaue Anzahl und Lage dieser Abstellflächen zu klären). Dies unterblieb aber.

Es trifft aber auch die Auffassung der belangten Behörde nicht zu, dass das weitere, nach der Bauverhandlung erstattete Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich dieser Abstellflächen präkludiert wäre. Die Erledigung vom 25. April 1997 (Kundmachung und Ladung zur Bauverhandlung) war nämlich so formuliert, dass daraus nicht abzuleiten war, dass auch die Bewilligung von Abstellflächen projektgegenständlich wäre. Ohne diesen Hinweis konnte aber die von der belangten Behörde angenommene Präklusion (§ 42 AVG) insofern nicht eintreten (siehe dazu beispielsweise die in Hauer/Trippl, Steiermärkisches Baurecht3, bei E 86 und 87 zu § 26 Stmk. BauG angeführte hg. Judikatur). Damit kann dem (weiteren) Vorbringen des Beschwerdeführers in Bezug auf Immissionen im Zusammenhang mit diesen Abstellflächen entgegen der Auffassung der belangten Behörde nicht vorweg Berechtigung abgesprochen werden.

Der Umstand, dass sich die Baubehörde erster Instanz der - unzutreffenden - Auffassung der belangten Behörde, diese Abstellflächen seien genehmigt worden, anschloss und eine Benützungsbewilligung hinsichtlich 26 Abstellflächen erteilte, vermag dem Beschwerdeführer nicht zum Nachteil zu gereichen, weil die Erteilung dieser Benützungsbewilligung eine entsprechende Baubewilligung nicht zu ersetzen vermag (siehe dazu die in Hauer/Trippl, aaO zu § 38 Stmk. BauG wiedergegebene hg. Judikatur).

Da zusammenfassend die belangte Behörde einerseits verkannte, dass diese Abstellflächen nicht bewilligt worden waren, andererseits aber auch zu Unrecht annahm, das diesbezügliche weitere Vorbringen des Beschwerdeführers sei präkludiert, belastete sie beide angefochtenen Bescheide mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben waren.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 521/2001.

Wien, am 26. September 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2000060038.X00

Im RIS seit

29.11.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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