Index
10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung einer Bestimmung der ersten Waffengesetz-Durchführungsverordnung betreffend das Verbot von Patronen für Faustfeuerwaffen mit Teilmantelgeschossen sowie von Geschossen für diese Patronen wegen (bereits beschrittenen) zumutbaren UmwegsSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1.1. Mit §5 Abs1 erster Satz der - unter Bezugnahme auf das Waffengesetz 1996, BGBl. I 12/1997, (iF WaffG) erlassenen - (nunmehr idF der Verordnung BGBl. II 313/1998 geltenden) (Ersten) Verordnung des Bundesministers für Inneres über die Durchführung des Waffengesetzes, BGBl. II 164/1997 (iF 1. WaffV), wurden Patronen für Faustfeuerwaffen mit Teilmantelgeschossen mit offenem oder geschlossenem Hohlspitz sowie Geschosse für diese Patronen mit 1. Jänner 1998 verboten. Solche Munition ist der Behörde gemäß dem zweiten Satz dieses Absatzes ohne Anspruch auf Entschädigung abzuliefern. Abs2 des §5 normiert, daß der Besitz der in Abs1 genannten Gegenständen, außer zum Zweck des alsbaldigen Verschießens oder des Exportes, bereits am 1. Oktober 1997 verboten ist. Die Einfuhr von Gegenständen gem. Abs1 ist bereits mit 1. Juli 1997 verboten; dasselbe gilt für den Erwerb und das Überlassen dieser Gegenstände, außer zum Zweck des sofortigen Verschießens (§5 Abs3).
1.2. Der Antragsteller begehrt, gestützt auf Art139 (Abs1 letzter Satz) B-VG, mit näherer Begründung die Aufhebung der eben zitierten Bestimmungen der 1. WaffV als gesetzwidrig.
2.1. In bezug auf seine Antragsberechtigung bringt der Einschreiter im wesentlichen vor, daß er Sachverständiger für Schußfeuerwaffen sei und Patronen mit Teilmantelhohlspitzgeschossen für Faustfeuerwaffen zur Erstattung von Funktionsgutachten für handwerklich gefertigte oder handwerklich umgebaute Sportpistolen benötige, da jene in technischer Hinsicht besonders gut geeignet seien, Funktionsstörungen aufzuzeigen; darüber hinaus seien Teilmantelhohlspitzgeschosse auf Grund ihrer aerodynamischen Eigenschaften besonders geeignet, die Präzision der Schießleistung einer derartigen Sportpistole darzutun. Wörtlich führt der Antragsteller sodann aus:
"Durch die angefochtene Verordnung wird mir eine Rechtspflicht auferlegt, nämlich mich des Besitzes und der Benutzung von Patronen für Faustfeuerwaffen mit Teilmantelhohlspitzgeschossen zu enthalten und mir die Verpflichtung auferlegt, mein Eigentum ersatzlos an die Behörde abzuliefern, sodaß unmittelbar und aktuell in meine Rechtssphäre eingegriffen wird, ohne daß es hiefür einer behördlichen Entscheidung bedarf. Für den Fall des Zuwiderhandelns muß ich mit der Verhängung einer Verwaltungsstrafe rechnen, was mir nicht zumutbar ist. Es steht mir auch ein anderer zumutbarer Weg nicht zur Verfügung, um mich gegen die rechtswidrige Verordnung zur Wehr setzen zu können. Meine Antragslegitimation ist daher gegeben."
2.2. Der Bundesminister für Inneres erstattete eine Äußerung, in der zur behaupteten Antragslegitimation (auszugsweise) dargelegt wird:
"Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass dem Antragsteller sehr wohl ein weiterer - und auch zumutbarer - Weg offen gestanden wäre, nämlich die Beantragung einer Ausnahmegenehmigung gemäß §17 Abs3 WaffG. Danach kann die Behörde verlässlichen Menschen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und überwiegendes berechtigtes Interesse an Erwerb, Einfuhr, Besitz oder Führen nachweisen, Ausnahmen von Verboten der Abs1 und 2, also auch eine Ausnahme von einem Verbot auf Grund der gemäß §17 Abs2 erlassenen Verordnung bewilligen."
3. Der Antrag erweist sich aus folgenden Gründen als unzulässig:
3.1. Gemäß Art139 Abs1 letzter Satz B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.
3.2. Wie der Gerichtshof in ständiger Judikatur - beginnend mit seinem Beschluß VfSlg. 8058/1977 zu Art139 B-VG - ausführt, erfordert die Antragslegitimation nicht nur, daß die antragstellende Partei behauptet, unmittelbar durch die als gesetzwidrig angefochtene Verordnung in ihren Rechten verletzt worden zu sein, sondern sie setzt auch voraus, daß diese Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides, wirksam wurde. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, daß die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.
Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, daß die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zu Verfügung steht (VfSlg. 11726/1988, 13944/1994).
3.3. Im vorliegenden Fall steht dem Antragsteller ein ihm zumutbarer Weg zur Geltendmachung der behaupteten Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Verordnungsbestimmungen offen, welcher von ihm auch tatsächlich beschritten wurde:
Bereits am 5. Feber 1998 stellte der Einschreiter bei der Bundespolizeidirektion Wien unter Bezugnahme auf §17 Abs3 WaffG einen Antrag auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung zum Erwerb, Besitz und Einfuhr von Patronen für Faustfeuerwaffen mit Teilmantelgeschossen mit offenem oder geschlossenem Hohlspitz und Geschossen für diese Patronen. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 23. Dezember 1998 wurde dieser Antrag aber von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien abgewiesen. Der Antragsteller hatte im Hinblick auf diesen Bescheid der Sicherheitsdirektion somit die Möglichkeit seine Bedenken im Wege einer Beschwerde nach Art144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen und hat von dieser Möglichkeit auch durch die Einbringung der zu B318/99 protokollierten Beschwerde Gebrauch gemacht. Daß der Gerichtshof die Behandlung dieser Beschwerde allerdings mit Beschluß vom 8. Juni 1999 ablehnte und hiebei den Bedenken des Beschwerdeführers gegen die Gesetzmäßigkeit des §5 der 1. WaffV nicht Rechnung trug, ist im gegebenen Zusammenhang ohne rechtliche Bedeutung (s. z.B. VfSlg. 14022/1995, 15137/1998).
Aus diesem Grund war der Individualantrag zurückzuweisen.
4. Dieser Beschluß konnte gem. §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne vorausgegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Waffenrecht, Waffen verboteneEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1999:V9.1999Dokumentnummer
JFT_10008994_99V00009_00