TE Vwgh Erkenntnis 2002/9/30 2002/11/0151

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Veröffentlicht am 30.09.2002
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;
90/02 Führerscheingesetz;

Norm

FSG 1997 §14 Abs8;
FSG 1997 §24 Abs1 Z1;
FSG 1997 §24 Abs3;
FSG 1997 §25 Abs3;
FSG 1997 §37a;
FSG 1997 §7;
StVO 1960 §4 Abs1 lita;
StVO 1960 §4 Abs1 litc;
StVO 1960 §4 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des J in H, vertreten durch Dr. Edmund Kitzler, Rechtsanwalt in 3950 Gmünd, Bahnhofstraße 58, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 29. Mai 2002, Zl. RU6-St-Sch-0250/0, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung sowie Anordnung einer Nachschulung und der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 und § 25 Abs. 1 und 3 Führerscheingesetz - FSG die Lenkberechtigung für die Klassen A, B, C1, C, D, B + E, C1 + E, C + E, D +E, F und G für die Dauer von elf Monaten, gerechnet ab der am 7. Februar 2002 erfolgten Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides vom 31. Jänner 2002, entzogen. Weiters wurde die Absolvierung einer Nachschulung und die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens angeordnet.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe am 10. September 2001 um

23.20 Uhr auf einer näher bezeichneten Straßenstelle einen dem Kennzeichen nach bestimmten PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt und dabei einen Verkehrsunfall verschuldet. Am 11. September 2001 um 7.15 Uhr habe er neuerlich diesen PKW gelenkt. Um 7.32 Uhr bzw. 7.34 Uhr sei der Alkoholgehalt der Atemluft mit 0,35 bzw. 0,38 mg/l festgestellt worden. Der Beschwerdeführer sei aufgrund des Vorfalles vom 10. September 2001 im Punkt 4. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Gmünd vom 7. Dezember 2001 wegen der Übertretung des § 99 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 5 Abs. 1 StVO 1960 bestraft worden. Der nur gegen die Höhe der Strafe eingebrachten Berufung des Beschwerdeführers sei mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 30. März 2002 insoweit Folge gegeben worden, als die verhängte Geldstrafe auf EUR 1.000,-- herabgesetzt worden sei. Aufgrund der rechtskräftigen Bestrafung stehe für die belangte Behörde bindend fest, dass der Beschwerdeführer am 10. September 2001 seinen PKW gelenkt und dabei eine Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 begangen habe. Eine eigenständige Beurteilung dieser Frage sei der belangten Behörde verwehrt. Im Rahmen der Wertung und bei der Bemessung der Entziehungszeit sei zu berücksichtigen gewesen, dass dem Beschwerdeführer bereits einmal (mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmünd vom 7. Oktober 1997) die Lenkberechtigung für die Dauer von vier Monaten (Alkoholgehalt der Atemluft 0,87 mg/l) entzogen wurde, dass das am 11. September 2001 begangene Alkoholdelikt für sich beurteilt die Androhung der Entziehung der Lenkberechtigung zur Folge gehabt hätte und am 10. September 2001 ein Verkehrsunfall mit Sachschaden verschuldet worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Führerscheingesetzes - FSG von Bedeutung:

"Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung

§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:

...

2. verkehrszuverlässig sind (§ 7),

...

Verkehrszuverlässigkeit

§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 5) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden wird, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr, Trunkenheit oder einen durch Suchtgift oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand.

...

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:

1. ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist;

...

(5) Für die Wertung der in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

...

Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung Allgemeines

§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder ...

...

Dauer der Entziehung

§ 25. (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

...

(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. Wurden begleitende Maßnahmen gemäß § 24 Abs. 3 angeordnet, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung."

Der Beschwerdeführer macht geltend, das vom Unabhängigen Verwaltungssenat im Land Niederösterreich eingeholte Sachverständigengutachten habe unter Berücksichtigung der Nachtrunkbehauptung des Beschwerdeführers einen Blutalkoholgehalt von 0,88 Promille bzw. einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,44 mg/l im Zeitpunkt des Verkehrsunfalles vom 10. September 2001 ergeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich habe diesen niedrigeren Blutalkoholgehalt bei der Strafbemessung berücksichtigt. Er sei dabei offenkundig von einer Übertretung nach § 99 Abs. 1a StVO 1960 ausgegangen. Die Mindeststrafe für eine Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 hätte EUR 1.162,77 betragen.

Dem Beschwerdeführer ist zu erwidern, dass die mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmünd vom 7. Dezember 2001 im Spruchpunkt 4. erfolgte Bestrafung wegen der Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 (Lenken eines PKWs, obwohl der Blutalkoholgehalt 1,68 Promille betragen habe) im Schuldspruch unbekämpft geblieben ist. Die belangte Behörde war daran gebunden, dass der Beschwerdeführer die Übertretung, derentwegen er rechtskräftig schuldig erkannt worden ist, begangen hat (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 2002, Zl. 2002/11/0074, mwN). Die Sachverhaltsannahmen und Überlegungen des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich im Rahmen der Entscheidung über die Strafhöhe ändern nichts an dem rechtskräftigen Schuldspruch wegen der Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960. Unter Zugrundelegung dieser Übertretung sowie des Umstandes, dass dem Beschwerdeführer bereits im Jahr 1997 die Lenkberechtigung wegen eines schwerwiegenden Alkoholdeliktes (Alkoholgehalt der Atemluft 0,87 mg/l) für die Dauer von vier Monaten entzogen worden ist, der Beschwerdeführer am 10. September 2001 einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verschuldet und in diesem Zusammenhang Übertretungen nach § 4 Abs. 1 lit. a und c und Abs. 5 StVO 1960 sowie am 11. September 2001 einen Alkoholdelikt nach § 14 Abs. 8 in Verbindung mit § 37a FSG begangen hat, kann der angefochtene Bescheid nicht als rechtswidrig erkannt werden. Dies gilt sowohl für die Entziehung der Lenkberechtigung als auch für die Anordnung einer Nachschulung und der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens.

Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 30. September 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002110151.X00

Im RIS seit

07.11.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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