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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ABGB §1297;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der A in E, vertreten durch Dr. Hans Schwarz, Rechtsanwalt in 1100 Wien, Favoritenstraße 108/3, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom 23. September 1997, Zl. 4/12897/Nr.877/97-11, betreffend Widerruf und Rückforderung von Karenzurlaubsgeld, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als er die Beschwerdeführerin zur Rückzahlung von unberechtigt empfangenem Karenzurlaubsgeld verpflichtet, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) ist schuldig, der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 23. September 1997 wurde gemäß § 29 Abs. 1 in Verbindung mit § 24 AlVG das der Beschwerdeführerin gewährte Karenzurlaubsgeld für den Zeitraum vom 24. Februar 1997 bis zum 31. Mai 1997 widerrufen und die Beschwerdeführerin gemäß § 29 Abs. 1 in Verbindung mit § 25 Abs. 1 AlVG zur Rückzahlung des unberechtigt empfangenen Karenzurlaubsgeldes im Gesamtbetrag von S 9.002,-- verpflichtet.
Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin habe eine am 12. November 1994 geborene Tochter. Am 10. März 1995 habe sie einen Antrag auf Gewährung von Karenzurlaubsgeld gestellt. Auf Grund der Vorlage der Wochengeldbescheinigung über den Zeitraum vom 30. Oktober 1994 bis zum 4. März 1995 sei der Beschwerdeführerin Karenzurlaubsgeld ab 5. März 1995 bis zum zweiten Geburtstag ihrer Tochter am 12. November 1996 gewährt worden.
Am 14. August 1996 habe die Beschwerdeführerin um die Gewährung des Teilzeit-Karenzurlaubsgeldes ab 1. August 1996 ersucht. Sie habe eine Bescheinigung über Teilzeitarbeit nach dem Mutterschutzgesetz vom 13. August 1996 vorgelegt, wonach mit ihr ab dem 1. August 1996 auf unbestimmte Zeit eine Teilzeitarbeit im Sinne des Mutterschutzgesetzes (§ 15c Abs. 1) vereinbart worden sei. Daraufhin sei ihr das Teilzeit-Karenzurlaubsgeld bis 23. Februar 1998 zur Anweisung gebracht worden. Am 12. Juni 1997 habe die Beschwerdeführerin bei der Zweigstelle Enns nachgefragt, ob es stimmen könne, dass das Teilzeit-Karenzurlaubsgeld noch immer bezahlt werde. Daraufhin sei der erstinstanzliche Bescheid erlassen worden.
Nach den Angaben der Beschwerdeführerin in ihrer Berufung sei sie im Mai 1997 mit ihrer Familie ein paar Tage nach Italien gefahren und hätte dort eine Bekannte getroffen, welche sich auch im Karenzurlaub befunden habe. Diese sei sehr verwundert gewesen, dass die Beschwerdeführerin noch Karenzurlaubsgeld bekomme und habe den Rat gegeben, sich persönlich mit dem Arbeitsmarktservice in Verbindung zu setzten. Dies habe die Beschwerdeführerin nach ihrer Rückkehr am 30. Mai 1997 getan und dabei erfahren, dass ihr Karenzurlaubsgeld eigentlich mit dem 24. Februar 1997 geendet habe. Sie könne bei ihrem Verhalten kein Verschulden erkennen, sei ihren Meldepflichten korrekt nachgekommen und habe durch ihre Vorsprache am 30. Mai 1997 größeren Schaden verhindert.
Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass das Karenzurlaubsgeld bei Teilzeitbeschäftigung gewährt werden könne, wenn das Karenzurlaubsgeld in voller Höhe über ein Jahr hinaus bezogen worden sei. In diesem Falle würde das Karenzurlaubsgeld bei Teilzeitbeschäftigung aber nicht bis zum zweiten bzw. höchstens dritten Geburtstag des Kindes gebühren, sondern nur bis zu dem Zeitpunkt, der dem Abzug der Tage des vollen Karenzurlaubsgeldbezuges (erg.: nach dem ersten Geburtstag des Kindes) vom (erg.: Zeitraum bis zum) zweiten bzw. höchstens dritten Geburtstag des Kindes entspreche. Vom 13. November 1995 (dem Tag nach dem ersten Geburtstages des Kindes) bis zum 31. Juli 1996 (dem Ende des Bezugs des vollen Karenzurlaubsgeldes) sei ein Zeitraum von 262 Tagen verstrichen. Dieser sei vom (Zeitraum bis zum) dritten Geburtstag der Tochter der Beschwerdeführerin in Abzug zu bringen, sodass als letzter möglicher Bezugstag des Teilzeit-Karenzurlaubsgeldes der 23. Februar 1997 verbleibe.
Vom 24. Februar bis zum 31. Mai 1997 sei ein Zeitraum von 97 Tagen vergangen, in dem der Beschwerdeführerin das Teilzeit-Karenzurlaubsgeld von täglich S 92,80,-- zur Auszahlung gebracht worden sei.
Das Teilzeit-Karenzurlaubsgeld könne bei Inanspruchnahme durch eine Person längstens bis zum dritten Geburtstag des Kindes (12. November 1997) bezogen werden. Mit der Mitteilung über einen Anspruch auf Teilzeit-Karenzurlaubsgeld bis zum 23. Februar 1998 sei die regionale Geschäftsstelle über den dritten Geburtstag der Tochter der Beschwerdeführerin hinausgegangen. Weiters sei vom 1. August 1996 (dem Beginn der Teilzeitbeschäftigung) bis zum 12. November 1996 (dem zweiten Geburtstag des Kindes) ein Zeitraum von 104 Tagen gelegen. Um diesen Zeitraum verlängere sich - grob gerechnet - der Anspruch auf Teilzeit-Karenzurlaubsgeld über den zweiten Geburtstag hinaus. Das würde zwar ungefähr ein Enddatum um den 24. Februar 1997 ergeben, sicher jedoch nicht den 23. Februar 1998. Die belangte Behörde vertrete daher die Ansicht, dass die Beschwerdeführerin auf Grund der ihr übermittelten Mitteilung habe erkennen müssen, dass ihr die Leistung nicht für den darin festgelegten Zeitraum gebühren würde. Sie sei deshalb zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen verpflichtet.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, nach dem Beschwerdepunkt ausdrücklich nur gegen die Rückzahlungsverpflichtung gemäß § 25 Abs. 1 AlVG gerichtete, inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 25 Abs. 1 AlVG lautet:
"§ 25. (1) Bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. ..."
Gemäß § 29 Abs. 1 AlVG, aufgehoben mit BGBl. I Nr. 47/1997 und außer Kraft getreten mit 30. Juni 1997, waren in Bezug auf das Karenzurlaubsgeld § 16 Abs. 1 lit. a, b, c, e, f und j (Ruhen des Arbeitslosengeldes) sowie § 24 und § 25 (Einstellung und Berichtigung des Arbeitslosengeldes) sinngemäß anzuwenden. Nach der Übergangsbestimmung des § 80 Abs. 6 AlVG i.d.F. BGBl. I Nr. 47/1997 hängt die Anwendbarkeit von § 29 Abs. 1 AlVG von einer Geburt vor dem 1. Juli 1997 (im vorliegenden Fall erfolgte die Geburt am 12. November 1994) ab.
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Rückzahlungsverpflichtung des im Zeitraum vom 24. Februar 1997 bis zum 31. Mai 1997 bezogenen Karenzurlaubsgeldes im Gesamtbetrag von S 9.002,-- und führt dazu unter Hinweis auf die Unzahl an Änderungen der gesetzlichen Grundlagen im Bereich des Karenzurlaubsgeldes aus, sie habe als Laie in diesem Bereich weder erkennen können noch erkennen müssen, dass ihr die Leistung in diesem Zeitraum nicht gebühre. Sie habe sich auf die Mitteilung des Arbeitsmarktservice verlassen.
Es ist daher ausschließlich strittig, ob die belangte Behörde zu Recht die Erfüllung des dritten Rückforderungstatbestandes des § 25 Abs. 1 erster Satz AlVG angenommen hat, ob also die Beschwerdeführerin hätte erkennen müssen, dass ihr das Teilzeit-Karenzurlaubsgeld im genannten Zeitraum nicht gebührte.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 3. April 2001, Zl. 2000/08/0016, mwN) ist der dritte Rückforderungstatbestand des § 25 Abs. 1 erster Satz AlVG schon nach dem isolierten Wortlaut der Wendung "wenn er erkennen musste, dass ..." nicht erst dann erfüllt, wenn der Leistungsempfänger die Ungebührlichkeit der Leistung an sich oder ihrer Höhe nach erkannt hat; das Gesetz stellt vielmehr auf das bloße Erkennen-Müssen ab und statuiert dadurch eine (freilich zunächst nicht näher bestimmte) Diligenzpflicht. Aus der Gegenüberstellung mit den zwei anderen in § 25 Abs. 1 erster Satz AlVG genannten Rückforderungstatbeständen (unwahre Angaben, Verschweigung maßgebender Tatsachen) wird jedoch deutlich, dass für die Anwendung des dritten Rückforderungstatbestandes eine gegenüber den beiden anderen Tatbeständen abgeschwächte Verschuldensform, nämlich Fahrlässigkeit, genügt. Fahrlässige Unkenntnis davon, dass die Geldleistung nicht oder nicht in der konkreten Höhe gebührte, setzt voraus, dass die Ungebühr bei Gebrauch der (im Sinne des § 1297 ABGB zu vermutenden) gewöhnlichen Fähigkeiten erkennbar gewesen ist. Ob dies zutrifft, ist im Einzelfall zu beurteilen, wobei jedoch der Grad der pflichtgemäßen Aufmerksamkeit weder überspannt noch überdurchschnittliche geistige Fähigkeiten verlangt werden dürfen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, ist die allgemeine Vermutung von der Gesetzeskenntnis (§ 2 ABGB) bei Beurteilung der Sorgfaltspflichtverletzung nach § 25 Abs. 1 AlVG nicht ohne Weiteres heranzuziehen, weil der Gesetzgeber in dieser Bestimmung nicht schon die Rechtswidrigkeit der Leistungsgewährung allein für die Rückforderung genügen lassen wollte. "Erkennen müssen" im Sinne des § 25 Abs. 1 AlVG kann daher nicht mit Rechtskenntnis und schon gar nicht mit Judikaturkenntnissen gleichgesetzt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1998, Zl. 98/08/0161, mwN).
Im Falle des "Erkennenmüssens" handelt es sich definitionsgemäß um Sachverhalte, bei denen in der Regel nicht der Leistungsempfänger, sondern die Behörde selbst den Überbezug einer Leistung verursacht hat. Da die Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung dem Unterhalt des Leistungsempfängers zu dienen bestimmt sind und daher mit ihrem laufenden Verbrauch gerechnet werden muss, stellt die Rückforderung einer solchen Leistung in der Regel eine erhebliche Belastung für den Leistungsempfänger dar. Soweit daher der Leistungsempfänger am Entstehen eines Überbezuges nicht mitgewirkt hat, ist es sachlich nicht angebracht, vermeidbare Behördenfehler durch überstrenge Anforderungen an den vom Leistungsempfänger zu beobachtenden Sorgfaltsmaßstab zu kompensieren. Schlechtgläubig im Sinne des hier anzuwendenden Rückforderungstatbestandes ist daher nur ein Leistungsbezieher, der nach den konkret zu beurteilenden Umständen des Einzelfalles ohne Weiteres den Überbezug hätte erkennen müssen. Dem Leistungsbezieher muss der Umstand, dass er den Überbezug tatsächlich nicht erkannt hat - ohne dass ihn zunächst besondere Erkundigungspflichten träfen - nach seinen diesbezüglichen Lebens- und Rechtsverhältnissen vorwerfbar sein (vgl. wiederum das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1998, Zl. 98/08/0161).
Der Rechtssatz, dass die Kenntnis der maßgeblichen Rechtslage (somit auch der ständigen Rechtsprechung) bzw. die Einholung von Auskünften zuständiger Stellen jedem Leistungsempfänger zuzumuten sei, findet sich zwar in dem insoweit vereinzelten Erkenntnis vom 9. März 2001, Zl. 2000/02/0009, ist dort jedoch (wegen Vorliegens des Rückforderungstatbestandes des Verschweigens maßgebender Tatsachen) nur ein obiter dictum. Der erkennende Senat hält an seiner ständigen Rechtsprechung fest.
Nach dem bereits zitierten Erkenntnis vom 3. April 2001, Zl. 2000/08/0016, ist einem Zivildiener erkennbar, dass er während der Ableistung des Zivildienstes dem österreichischen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung steht und ihm daher keine Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung gebühren. Auch muss ein Arbeitsloser erkennen, dass für einen mehrmonatigen Aufenthalt im Ausland zwecks Absolvierung von Studien, während dessen er dem österreichischen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung steht, grundsätzlich kein Arbeitslosengeld gebührt (Erkenntnis vom 21. September 1993, Zl. 92/08/0243). Der Rückforderungstatbestand liegt auch dann vor, wenn zu erkennen ist, dass Geldleistungen insgesamt - bezogen jeweils auf einen Monat - das für diesen Zeitraum zuletzt zustehende Arbeitsentgelt einschließlich aliquoter Sonderzahlungen überstiegen haben (vgl. dazu die Erkenntnisse vom 19. Mai 1988, Zl. 86/08/0046, vom 16. März 1993, Zl. 91/08/0175, und vom 8. Juni 1993, Zl. 93/08/0017) sowie dass neben Arbeitsentgelt nicht auch Notstandshilfe gebühren kann (Erkenntnis vom 16. Juni 1992, Zl. 91/08/0158); ebenso auf Grund einer auffallenden rechnerischen Diskrepanz zwischen Mitteilung über die Zuerkennung von Arbeitslosengeld für eine bestimmte Zeit in bestimmter Höhe und einer Nachzahlung (vgl. das Erkenntnis vom 29. Juni 1993, Zl. 92/08/0037); hingegen keine Erkennbarkeit, wenn der gleichzeitige Bezug von Arbeitslosengeld und Krankengeld deutlich unter dem letzten Arbeitsentgelt liegt (Erkenntnis vom 16. März 1993, Zl. 91/08/0175). Die Gewährung von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe als Pensionsbevorschussung iSd § 23 AlVG legt für den Leistungsempfänger nicht notwendigerweise den Maßstab des zuletzt bezogenen Entgelts nahe, sondern lässt ihn auch an eine Orientierung der der voraussichtlichen Pensionshöhe denken (vgl. die Erkenntnisse vom 13. April 1999, Zl. 97/08/0154, und vom 20. Oktober 1998, Zl. 98/08/0161).
Bei schlichten Rechtsirrtümern der Behörde kann im Allgemeinen nicht davon ausgegangen werden, dass der Leistungsempfänger schon deshalb erkennen musste, dass die Leistung nicht gebührte, selbst wenn dieser Rechtsirrtum (Zuerkennung trotz Fehlens der österreichischen Staatsbürgerschaft) im Nachhinein von der Behörde ihm gegenüber schon einmal aufgeklärt und (erfolglos) eine Rückforderung versucht wurde und der Behörde nach rund zwei Jahren ein zweites Mal unterläuft. Der Leistungsbezieher durfte eher an eine Änderung der Sach- und/oder Rechtslage glauben, als einen neuerlichen Irrtum der Behörde ernstlich in Erwägung zu ziehen (Erkenntnis vom 16. Juni 1992, Zl. 91/08/0163). Wenn hingegen ein Notstandshilfebezieher ein Beschäftigungsverhältnis antritt, ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass ihm erkennbar ist, dass er für diesen Zeitraum keinen Anspruch auf Notstandshilfe hat (Erkenntnis vom 29. September 1992, Zl. 92/08/0178). In seinem Erkenntnis vom 19. Oktober 1993, Zl. 92/08/0210, hat der Verwaltungsgerichtshof die Rückforderung auf Grund des dritten Tatbestandes des § 25 Abs. 1 AlVG für nicht zulässig erachtet, weil die Beschwerdeführerin im Hinblick auf ihre 75 %-Beteiligung an der Gesellschaft mbH und ihrer Rechtsstellung als Sekretärin mit einem geringen Bezug nicht hätte erkennen müssen, dass sie der (Arbeitslosen-)Versicherungspflicht nicht unterliegt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner bisherigen Rechtsprechung zum dritten Rückforderungstatbestand des § 25 Abs. 1 AlVG somit der Sache nach darauf abgestellt, ob der Leistungsbezieher (erkannt hat oder doch) unter Heranziehung eines ihm nach seinen konkreten Lebensumständen zumutbaren Alltagswissens hätte erkennen müssen, dass ihm die Leistung aus der Arbeitslosenversicherung nicht (oder nicht in dieser Höhe) gebührte.
Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen Rechtsirrtum der Behörde über die Dauer des Bezuges: sie hat diesen (zunächst) bis zum Ablauf des dritten Lebensjahres des Kindes zuerkannt, anstatt - wie dies das Gesetz in der vorliegenden Fallgestaltung vorsieht - nur bis zum Ablauf des zweiten Lebensjahres. Die belangte Behörde zieht die Darstellung der Beschwerdeführerin nicht in Zweifel, wonach bei ihr erst im Mai 1997 durch einen privaten Hinweis Zweifel an der Dauer der Bezugsberechtigung entstanden sind (welche sie sogleich an das Arbeitsmarktservice herangetragen und diesem damit die Einleitung des Widerrufs- und Rückforderungsverfahrens ermöglicht hat). Das (einzige) Begründungselement der belangten Behörde für die Rückforderung, die Beschwerdeführerin habe "auf Grund der ihr übermittelten
Mitteilung ... erkennen müssen, dass ihr die Leistung nicht für
den darin festgelegten Zeitraum gebühren würde", ist schlechthin unverständlich. Die belangte Behörde gibt keine nachvollziehbare Begründung dafür an, aus welchem Grund die Beschwerdeführerin an der Richtigkeit dieser Mitteilung hätte zweifeln sollen. Lebensumstände, aus denen der Beschwerdeführerin eine Detailkenntnis (der im Übrigen höchst unklaren - vgl. das Erkenntnis vom 3. Juli 2002, Zl. 97/08/0500) Bestimmungen über das Teil-Karenzurlaubsgeld zumutbar sein könnte, hat die belangte Behörde weder festgestellt noch sind solche Umstände ersichtlich.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Die Umrechnung der zu entrichtenden Stempelgebühren gründet sich auf § 3 Abs. 2 Z. 2 Euro-Gesetz, BGBl. I Nr. 72/2000. Der durch die zitierte Verordnung pauschaliert mit EUR 908,-- festgesetzte Schriftsatzaufwand deckt die anfallende Umsatzsteuer (vgl. Mayer, B-VG, § 48 VwGG I.4.), sodass das Mehrbegehren abzuweisen war. Wien, am 3. Oktober 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1997080569.X00Im RIS seit
20.01.2003Zuletzt aktualisiert am
14.07.2011