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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AlVG 1977 §12 Abs3 litb;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):97/08/0603Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerden des J in U, vertreten durch Dr. Erich Portschy, Rechtsanwalt in 8330 Feldbach, Mühldorferstraße 14, gegen die auf Grund von Beschlüssen des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheide der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark vom 4. März 1997, Zl. LGS600/LA2/1218/1997-Dr. Puy/Fe, 1. betreffend Widerruf und Rückforderung von Notstandshilfe (hg. Zl. 97/08/0602), und 2. betreffend Zuerkennung von Notstandshilfe (hg. Zl. 97/08/0603), zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Feldbach gewährte dem Beschwerdeführer auf Grund dessen Antragstellungen ab dem 22. Jänner 1993 Arbeitslosengeld bzw. ab dem 9. Juni 1993 Notstandshilfe. Der Beschwerdeführer gab in diesen Anträgen jeweils an, dass er nicht selbstständig erwerbstätig sei.
<seite_2>Mit Bescheid vom 3. Juli 1995 sprach das Finanzamt Feldbach aus, dass der Beschwerdeführer im Jahre 1994 einen steuerpflichtigen Umsatz von S 409.320,-- erzielt hätte (Die Einkommensteuer des Beschwerdeführers war für das Jahr 1994 mit S 0,-- festgesetzt worden). Mit einem weiterem Bescheid des Finanzamtes Feldbach vom 14. Juni 1996 wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer 1995 einen Umsatz von S 247.566,37 und Einkünfte aus Gewerbebetrieb von minus S 179.039,-- erzielt hätte.
Mit Bescheid vom 8. Juli 1996 sprach die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Feldbach Folgendes aus:
"Gemäß § 38 in Verbindung mit § 24 Abs. 2
Arbeitslosenversicherungsgesetz ... wird der Bezug der
Notstandshilfe für den nachstehend angeführten Zeitraum widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend berichtigt und gemäß § 38 in Verbindung mit § 25 Abs. 1 AlVG werden Sie zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe in dem nachstehend angeführten Gesamtbetrag verpflichtet.
Rueckf. S 241.107,--
...
Begründung
...
Sie bezogen ab 10 6 93 Notstandshilfe, verschwiegen jedoch ihre selbstständige Erwerbstätigkeit. Laut Umsatzsteuer- u. Einkommenssteuer-Bescheid 1994 von 3 7 95 war Arbeitslosigkeit ab 1 1 94 auszuschließen, da das Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze lag.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."
Der Beschwerdeführer erhob Berufung und führte aus, dass der (Gastgewerbe)Betrieb im Juni 1993 eröffnet worden und seither von seiner Mutter geführt worden sei (Gesellschaftsvertrag). Aus formellen Gründen bzw. wegen des Umstandes, dass seine Mutter keine Konzession gehabt habe, habe der Beschwerdeführer als Inhaber der Gewerbeberechtigung beim Finanzamt eine Steuernummer beantragt. Der Beschwerdeführer habe keinerlei Einkommen aus dem Verhältnis bezogen.
<seite_3>Mit dem zur hg. Zl. 97/08/0602 angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Berufung teilweise dadurch Folge, "indem der Widerruf der Notstandshilfe auf die Zeit von 1.1. bis 22.3.1994, 16.6. bis 31.12.94, 27.7. bis 31.12.1995,
1.1. bis 11.2.1995 (richtig 1996) und 11.3 bis 17.4.1996 eingeschränkt und der Rückforderungsbetrag auf S 192.682,-- ... herabgesetzt" wurde.
Die belangte Behörde führte begründend aus, der Beschwerdeführer sei (mit einer Vermögenseinlage von S 5.000,--) Kommanditist der "P und Co KEG". Der regionalen Geschäftsstelle sei bekannt geworden, dass der Beschwerdeführer "seit vielen Jahren selbstständig erwerbstätig" sei, und zwar "zumindest seit 1989, weil vom Finanzamt Feldbach zumindest ab diesem Jahr Einkommen- und Umsatzsteuerbescheide erlassen wurden". Aus den Bescheiden des Finanzamtes Feldbach sei zu ersehen, dass der Beschwerdeführer seit Jahren auf Grund seiner selbstständigen Tätigkeit zur Einkommen- und Umsatzsteuer veranlagt werde. Der Beschwerdeführer selbst habe angeführt,
"Inhaber der Konzession zur Führung eines Gastgewerbebetriebes (R-Pension) zu sein und diesen auch tatsächlich zu führen, wie dies auch aus den vorgelegten 'Verträgen' unschwer zu entnehmen ist. Es ist daher als unbestritten anzusehen, dass Sie in den (hier relevanten) Jahren 1994, 1995 und 1996 selbstständig erwerbstätig waren."
Nach dem für die belangte Behörde bindenden Bescheid des Finanzamtes Feldbach habe der Beschwerdeführer 1994 einen Umsatz von S 409.320,-- erzielt. 11,1 % davon ergäben S 45.434,52 jährlich oder S 3.784,21 monatlich. Dieser Betrag liege über der für 1994 festgelegten Geringfügigkeitsgrenze von S 3.288,--. Arbeitslosigkeit sei im Jahr 1994 nicht vorgelegen. Die Notstandshilfe für 1994 sei zu widerrufen.
Der im Jahr 1995 erzielte Umsatz von S 247.566,37 führe zu einem monatlichen 11,1 %-igen Anteil von S 2.289,98. Dieser Betrag liege unter der Geringfügigkeitsgrenze von S 3.452,--, sodass der Bezug der Notstandshilfe von 1. Jänner 1995 bis zum 14. Juni 1995 (mit Unterbrechungen) zu Recht erfolgt sei.
<seite_4>Ab dem 27. Juli 1995 sei die Frage, ob ein Anspruch auf Notstandshilfe bei selbstständiger Erwerbstätigkeit bestehe, nicht im Nachhinein (an Hand des nachträglich vorgelegten Einkommen- und Umsatzsteuerbescheides) zu prüfen, sondern sofort, und zwar an Hand des letzten vom Finanzamt erlassenen Einkommen- und Umsatzsteuerbescheides. Zum Zeitpunkt des Antrages vom 27. Juli 1995 sei der Umsatzsteuerbescheid des Finanzamtes Feldbach vom 3. Juli 1995 bereits vorgelegen. Der sich daraus ergebende anzurechnende Betrag von S 3.786,21 liege über der Geringfügigkeitsgrenze von S 3.452,--, sodass der Beschwerdeführer ab dem 27. Juli 1995 nicht arbeitslos gewesen sei und daher keinen Anspruch auf Notstandshilfe gehabt habe. Die ab diesem Zeitpunkt bezogene Notstandshilfe sei daher zu widerrufen.
Gemäß § 25 Abs. 1 dritter Satz AlVG sei der Beschwerdeführer - unabhängig davon, dass er seine selbstständige Erwerbstätigkeit überhaupt verschwiegen habe - verpflichtet, die 1994 zu Unrecht bezogene Notstandshilfe zurückzuzahlen. Ab dem 27. Juli 1995 habe der Beschwerdeführer auf Grund der falschen Angaben in seinem Antrag den Tatbestand des § 25 Abs. 1 erster Satz AlVG erfüllt und sei aus diesem Grunde zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe verpflichtet.
Den Berufungseinwendungen werde entgegengehalten, dass das Arbeitsmarktservice an das Ergebnis der Bescheide des Finanzamtes gebunden sei. Diese seien die Grundlage für die Beurteilung des Vorliegens von Arbeitslosigkeit trotz selbstständiger Erwerbstätigkeit. Den zum Teil unvollständig vorgelegten Verträgen könne durchaus entnommen werden, dass der Beschwerdeführer selbst als Konzessionsinhaber und als derjenige, der den Betrieb tatsächlich führt, somit als selbstständig erwerbstätig anzusehen sei, trotz wie immer gearteter (wenig glaubhafter) Absprachen unter Familienangehörigen.
2. Mit dem (das Verfahren zur Zl. 97/08/0603 betreffenden) Bescheid vom 3. Juli 1996 wies die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Feldbach den Antrag des Beschwerdeführers auf Notstandshilfe vom 23. Mai 1996 gemäß § 24 Abs. 1 iVm §§ 38 und 7 Abs. 1 Z. 1 AlVG ab, weil eine der <seite_5>Anspruchsvoraussetzungen, nämlich "der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen" weggefallen sei. Auf Grund der festgestellten Tatsache, dass der Beschwerdeführer laufend selbstständig erwerbstätig sei, sei anzunehmen, dass der Beschwerdeführer dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehe.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in der er die Feststellung, er würde der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stehen, zurückwies. Er habe das Vorstellungsgespräch pünktlich eingehalten und eine zweite Stellenzuweisung aus gesundheitlichen Gründen nicht wahrnehmen können. Die Feststellung, dass er laufend selbstständig erwerbstätig sei, sei in keiner Weise nachvollziehbar und nicht richtig.
Mit dem zur hg. Zl. 97/08/0603 angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Berufung keine Folge und ergänzte den erstinstanzlichen Bescheid "dahingehend ..., dass Ihr Antrag auf Notstandshilfe für 23.5.1996 auch gemäß § 33 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 12 und 38 AlVG mangels Arbeitslosigkeit abzuweisen war."
Die belangte Behörde traf folgende Feststellungen:
"Aufgrund des Umstandes, dass Sie sowohl an der Adresse M. ein Gewerbe ausüben, das heißt die Konzession für dieses Gewerbe haben und auch nach den mit Ihrer Mutter abgeschlossenen Verträgen (wie diesen zu entnehmen ist) die tatsächliche Verfügungsberechtigung und natürlich auch Verpflichtungen haben, als auch gewerberechtlicher Geschäftsführer bei der P. & Co KEG sind (und auch die R-Pension in S. errichten, wie aus dem im Zuge des Berufungsverfahrens vorgelegten Prospektes hervorgeht), muss tatsächlich davon ausgegangen werden, dass Sie nicht im Stande sind, eine auf dem Arbeitsmarkt üblicherweise angebotene Beschäftigung in der Dauer von 35 bis 40 Wochenstunden aufzunehmen.
Die diesbezügliche Feststellung der regionalen Geschäftsstelle Feldbach, dass die Voraussetzung des § 7 in Verbindung mit § 38 AlVG nicht erfüllt ist, war daher zu bestätigen.
Darüber hinaus besteht aus zwei weiteren Gründen kein Anspruch auf Notstandshilfe:
Zum einen sind Sie als gewerberechtlicher Geschäftsführer einer juristischen Person (KEG) mit einem Gewerbe der oben angeführten Art gemäß § 39 <seite_6>Abs. 2 GewO 1994 ein mindestens zur Hälfte der wöchentlichen Normalarbeitszeit im Betrieb Beschäftigter, nach den Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes vollversicherungspflichtiger Arbeitnehmer und damit nicht arbeitslos im Sinne des § 12 Abs. 3 lit. a AlVG.
Zum anderen sind Sie aufgrund Ihrer selbstständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 12 Abs. 3 lit. b AlVG ebenfalls nicht als arbeitslos anzusehen. Der für die gegenständliche Entscheidung heranzuziehende Umsatzsteuerbescheid des Finanzamtes Feldbach vom 3.7.1995 weist einen Umsatz von S 409.320,-- aus. 11,1 % davon ergeben S 45.434,52 jährlich oder S 3.786,21 monatlich. Dieser Betrag lag über der für 1996 festgelegten Geringfügigkeitsgrenze von S 3.600,--, und Arbeitslosigkeit war daher aufgrund der selbstständigen Erwerbstätigkeit nicht gegeben.
Da Ihre Berufungseinwendungen nicht geeignet sind, eine Entscheidung zu Ihrem Gunsten herbeizuführen, sondern vielmehr die Entscheidung der regionalen Geschäftsstelle Feldbach der Sach- und Rechtslage entspricht, war Ihrer Berufung der Erfolg zu versagen, der angefochtene Bescheid zu bestätigen und nur aufgrund der obigen Darlegungen noch zu ergänzen."
3. Gegen diese Bescheide richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, die angefochtenen Bescheide aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Zum Widerrufs- und Rückforderungsbescheid (hg. Zl. 97/08/0602):
Die erstinstanzliche Behörde sprach mit Bescheid vom 8. Juli 1996 aus, dass "der Bezug der Notstandshilfe für den nachstehend angeführten Zeitraum widerrufen" werde, ohne diesen Zeitraum im Spruch zu nennen. In der Begründung wies sie darauf hin, dass beim Beschwerdeführer ab dem 1. Jänner 1994 Arbeitslosigkeit auszuschließen sei, da sein Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze läge. Dieser Hinweis reicht noch aus, um in hinreichender Weise den behördlichen Willen dahin gehend zu deuten, dass die Notstandshilfe für <seite_7>den Zeitraum vom 1. Jänner 1994 bis zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides widerrufen wurde. Die belangte Behörde hat durch die vorgenommenen Einschränkungen dieses Zeitraumes die Sache des Berufungsverfahrens nicht überschritten (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 2001, Zl. 97/08/0112, mwN).
Gemäß § 7 Abs. 1 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, BGBl. Nr. 609 (AlVG), hat Anspruch auf Arbeitslosengeld, wer
1. der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, 2. die Anwartschaft erfüllt und 3. die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat. Der Arbeitsvermittlung steht zur Verfügung, wer - u.a. - arbeitslos (§ 12) ist (§ 7 Abs. 2 AlVG). Diese Bestimmungen sind gemäß § 38 AlVG auf die Notstandshilfe sinngemäß anzuwenden.
Die hier wesentlichen Teile des § 12 AlVG in der zeitraumbezogen anzuwendenden, ab 1. Jänner 1994 geltenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 817/1993 lauten:
"Arbeitslosigkeit
§ 12. (1) Arbeitslos ist, wer nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat.
(2) ...
(3) Als arbeitslos ... gilt insbesondere nicht:
a)
wer in einem Dienstverhältnis steht;
b)
wer selbstständig erwerbstätig ist;
...
(6) Als arbeitslos gilt jedoch,
a) wer aus einer oder mehreren Beschäftigungen ein Entgelt erzielt, das die im § 5 Abs. 2 lit. a bis c des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes angeführten Beträge nicht übersteigt, wobei bei einer Beschäftigung als Hausbesorger im Sinne des Hausbesorgergesetzes, BGBl. Nr. 16/1970, der Entgeltwert für die Dienstwohnung unberücksichtigt bleibt;
b) wer einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb bewirtschaftet, dessen nach den jeweils geltenden gesetzlichen Vorschriften festgestellter Einheitswert S 54.000,-- nicht übersteigt;
<seite_8>c) wer auf andere Art selbstständig erwerbstätig ist und daraus im Zeitraum der selbstständigen Erwerbstätigkeit einen Umsatz erzielt, von dem 11,1 vH die im § 5 Abs. 2 lit. a bis c des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes angeführten Beträge nicht übersteigt;
...
9) Der Umsatz gemäß § 12 Abs. 6 lit. c wird auf Grund des Umsatzsteuerbescheides für das Kalenderjahr, in dem Arbeitslosengeld bezogen wird, festgestellt. Als monatlicher Umsatz gilt bei durchgehender selbstständiger Erwerbstätigkeit ein Zwölftel des sich ergebenden Jahresumsatzes, bei nur vorübergehender selbstständiger Erwerbstätigkeit der anteilsmäßige Umsatz in den Monaten, in denen selbstständige Erwerbstätigkeit vorlag.
(10) Der Leistungsbezieher ist verpflichtet, den Umsatz- bzw. Einkommensteuerbescheid für das Kalenderjahr, in dem Arbeitslosengeld bezogen wurde, binnen zwei Wochen nach Erlassung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle vorzulegen. Bis zur Erlassung und Vorlage des Bescheides ist die Frage der Arbeitslosigkeit bzw. der Einkommenshöhe, insbesondere auf Grund einer eidesstattlichen Erklärung des Arbeitslosen über die Höhe seines Umsatzes bzw. seiner Einkünfte, einer allenfalls bereits erfolgten Einkommensteuererklärung bzw. eines Umsatz- bzw. Einkommensteuerbescheides aus einem früheren Jahr vorzunehmen. Des Weiteren hat der Arbeitslose schriftlich seine Zustimmung zur Einholung von Auskünften beim Finanzamt zu erteilen. Für die von den Finanzämtern erteilten Auskünfte gilt die abgabenrechtliche Geheimhaltepflicht des § 48a der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961. Lehnt der Arbeitslose die Abgabe einer eidesstattlichen Erklärung bzw. der Zustimmungserklärung ab, ist ein geringfügiges Einkommen nicht anzunehmen."
Für Anfallstage ab dem 1. Mai 1995 (§ 79 Abs. 19 AlVG) lauten die hier wesentlichen Teile des § 12 AlVG in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes BGBl. Nr. 297/1995:
"(6) Als arbeitslos gilt jedoch,
a)
...
b)
...
c)
wer auf andere Art selbstständig erwerbstätig ist und daraus ein Einkommen gemäß § 36a erzielt oder im Zeitraum der selbstständigen Erwerbstätigkeit einen Umsatz gemäß § 36b erzielt, wenn weder das Einkommen noch 11,1 vH des Umsatzes die im § 5 Abs. 2 lit. a bis c des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes angeführten Beträge übersteigt;
... ."
<seite_9>
Die Absätze 9 bis 11 des § 12 AlVG wurden durch das Strukturanpassungsgesetz - soweit hier von Bedeutung - durch
folgende Bestimmungen des AlVG ersetzt:
"Umsatz
§ 36b. (1) Der Umsatz im Sinne dieses Bundesgesetzes wird auf Grund des Umsatzsteuerbescheides für das Kalenderjahr vor dem Jahr, in dem eine Leistung nach diesem Bundesgesetz beantragt wird, festgestellt. Als monatlicher Umsatz gilt bei durchgehender selbstständiger Erwerbstätigkeit ein Zwölftel des sich ergebenden Jahresumsatzes, bei nur vorübergehender selbstständiger Erwerbstätigkeit der anteilsmäßige Umsatz in den Monaten, in denen selbstständige Erwerbstätigkeit vorlag.
(2) Liegt kein rechtskräftiger Umsatzsteuerbescheid vor, weil die selbstständige Erwerbstätigkeit nicht umsatzsteuerpflichtig ist oder die Tätigkeit erst in dem Jahr, in dem eine Leistung nach diesem Bundesgesetz beantragt wird oder im Jahr davor begonnen wurde, so ist der Umsatz auf Grund einer Erklärung des selbstständig Erwerbstätigen und geeigneter Nachweise festzustellen. Ist für das letzte Kalenderjahr noch kein Bescheid ergangen, so ist der zuletzt ergangene heranzuziehen.
Mitwirkungspflicht
§ 36c. (1) ...
(5) Personen, deren Einkommen oder Umsatz aus selbstständiger Erwerbstätigkeit für die Beurteilung des Anspruches auf eine Leistung nach diesem Bundesgesetz herangezogen wurde, sind verpflichtet, den Einkommen- bzw. den Umsatzsteuerbescheid für das Kalenderjahr, in dem die Leistung bezogen wurde, binnen zwei Wochen nach dessen Erlassung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle vorzulegen.
(6) Wenn der Leistungsbezieher oder dessen Angehöriger (Lebensgefährte) keine Nachweise nach § 36a Abs. 5 und § 36b Abs. 2 vorlegt bzw. keine Erklärung nach § 36a Abs. 6 und § 36b Abs. 2 abgibt, so ist für den Leistungsbezieher kein geringfügiges Einkommen anzunehmen bzw. kein Anspruch des Leistungsbeziehers auf Familienzuschlag, auf Karenzurlaubsgeld und auf Notstandshilfe gegeben."
Mit Erkenntnis vom 5. März 1998, G 284/97, Slg. Nr. 15.117, hat der Verfassungsgerichtshof § 36b Abs. 1 und den letzten Satz des § 36b Abs. 2 des AlVG, beide idF Art. XXII Z. 3 des Strukturanpassungsgesetzes, <seite_10>BGBl. Nr. 297/1995, als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, dass § 12 Abs. 9 sowie der zweite Satz des § 12 Abs. 10 AlVG idF des Art. I Z. 6 und 7 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 817/1993 wieder in Wirksamkeit treten. Dies wurde im BGBl. I Nr. 56/1998 vom 7. April 1998 kundgemacht. Der vorliegende Fall ist nicht Anlassfall des genannten Erkenntnisses. Da der Verfassungsgerichtshof nicht angeordnet hat, dass die verfassungswidrigen Normen auch auf vor ihrem Außerkrafttreten verwirklichte Tatbestände nicht mehr anzuwenden seien (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Mai 2000, Zl. 97/08/0657), haben im Beschwerdefall die vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Bestimmungen Anwendung zu finden.
Für die Rechtmäßigkeit des Ausspruches, dass der Beschwerdeführer während eines bestimmten Zeitraumes keinen Anspruch auf Notstandshilfe gehabt habe und die Zuerkennung widerrufen werde, ist zunächst von Bedeutung, ob er iS des § 12 Abs. 3 lit. b AlVG selbstständig erwerbstätig gewesen ist. (Die von der belangten Behörde im zweitangefochtenen Bescheid vorgenommene Feststellung, der Beschwerdeführer sei (zugleich?) ein "vollversicherungspflichtiger Arbeitnehmer", findet sich im erstangefochtenen Bescheid noch nicht). Die selbstständige Tätigkeit ist ohne Rücksicht auf ergangene Umsatzsteuer- oder Einkommensteuerbescheide auf Grund der von der belangten Behörde vorgenommenen Feststellungen zu beurteilen, denn die in § 12 Abs. 6 lit. c iVm Abs. 9 AlVG bzw. iVm § 36b AlVG zwecks Erleichterung des praktischen Vollzuges angeordnete Maßgeblichkeit des Umsatzsteuerbescheides bezieht sich nur auf die Höhe des aus einer selbstständigen Erwerbstätigkeit erzielten Umsatzes (vgl. das die diesbezügliche Unmaßgeblichkeit eines Einkommensteuerbescheides betreffende hg. Erkenntnis vom 15. November 2000, Zl. 96/08/0183).
Der Verwaltungsgerichtshof kann nicht erkennen, dass es "als unbestritten anzusehen" sei, dass der Beschwerdeführer in den Jahren 1994 bis 1996 selbstständig erwerbstätig gewesen ist, denn gerade dies hat der Beschwerdeführer immer bestritten. Unter selbstständiger Tätigkeit im Sinne des § 12 Abs. 3 lit. b AlVG ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das <seite_11>hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1999, Zl. 97/08/0565, mwN) der Inbegriff der in persönlicher und wirtschaftlicher Unabhängigkeit verrichteten Arbeitsleistungen zu verstehen, die die Schaffung von Einkünften in Geld oder sonstigen Gütern bezwecken. Die Selbstständigkeit der Arbeit kommt vor allem auch in der Tatsache zum Ausdruck, dass der Selbstständige die Tätigkeit nicht selbst verrichten muss, sondern sie durch Bevollmächtigte, Familienangehörige oder Dienstnehmer verrichten lassen kann. Auch wenn sich der Selbstständige aus irgendwelchen Gründen jeglicher Tätigkeit enthält, hört er nicht auf, selbstständig erwerbstätig zu sein, solange der Betrieb auf seine Rechnung und auf seine Gefahr geführt wird.
Gerade diese letzte Voraussetzung ist jedoch nicht gegeben. Die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung, es könne "den zum Teil unvollständig vorgelegten Verträgen durchaus entnommen werden, dass Sie selbst als Konzessionsinhaber und als derjenige, der den Betrieb tatsächlich führt, als selbstständig erwerbstätig anzusehen waren, trotz wie immer gearteter (wenig glaubhafter) Absprachen unter Familienangehörigen", ist nicht nachvollziehbar, zumal die belangte Behörde nicht offen legt, aus welchen Verträgen bzw. Absprachen dieses Ergebnis abzuleiten wäre. Sollte der Beschwerdeführer tatsächlich - worauf der Gesellschaftsvertrag hindeutet - lediglich Kommanditist der "P. & Co KEG" mit einer Hafteinlage von S 5.000,-- sein, so wurde der Betrieb nicht auf Rechnung und Gefahr des als Kommanditist von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Beschwerdeführers geführt, sodass eine selbstständige Tätigkeit daraus nicht abgeleitet werden kann.
Dies schließt allerdings nicht aus, das sich der Beschwerdeführer als Dienstnehmer oder freier Dienstnehmer unselbstständig oder selbstständig betätigt haben könnte. Dabei käme dem Umstand, dass der Beschwerdeführer gewerberechtlicher Geschäftsführer dieser KEG ist, im Hinblick auf die mit dieser Stellung verbundenen gesetzlichen Verpflichtungen nur Indizwirkung zu, denn aus der bloßen Funktion eines gewerberechtlichen Geschäftsführers lässt sich ohne Hinzutreten weiterer Umstände selbst bei einer - hier gar nicht vorliegenden - <seite_12>Anmeldung zur Sozialversicherung weder die tatsächliche Ausübung einer Tätigkeit, noch deren Ausmaß, noch die selbstständige oder unselbstständige Art der Ausübung dieser Tätigkeit ableiten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. März 2000, Zl. 98/08/0073).
Es bedürfte daher besonderer Feststellungen über die tatsächlich vom Beschwerdeführer in dem Gastgewerbebetrieb ausgeübte Tätigkeit. Diese hat die belangte Behörde in der unrichtigen Meinung, an die bejahte Vorfrage des Umsatzsteuerbescheides betreffend das Vorliegen einer selbstständigen Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers gebunden zu sein bzw. sich bloß an eine gewerberechtliche Geschäftsführung halten zu können, nicht getroffen.
Sollte sich im fortgesetzten Verfahren herausstellen, dass der Beschwerdeführer tatsächlich selbstständig erwerbstätig gewesen ist, so wäre ihm bezogen auf die für das Jahr 1994 gewährte Notstandshilfe gemäß § 12 Abs. 9 AlVG der periodengleiche Umsatz für das Jahr 1994 in der angegebenen Höhe zuzurechnen und der Widerruf der Notstandshilfe wäre gerechtfertigt.
Für den Widerrufszeitraum ab dem 27. Juli 1995 hat die belangte Behörde die Ansicht vertreten, die Frage, ob ein Anspruch auf Notstandshilfe bestehe, sei "nicht im Nachhinein (anhand des nachträglich vorgelegten Einkommen- und Umsatzsteuerbescheides) zu prüfen, sondern sofort, und zwar anhand des letzten vom Finanzamt erlassenen Einkommen- und Umsatzsteuerbescheides", also nach dem des Finanzamtes Feldbach vom 3. Juli 1995 für das Jahr 1994 erlassenen Bescheid. Dabei übersah die belangte Behörde, dass im Zeitpunkt ihrer Entscheidung bereits der kongruente Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1995 vom 14. Juni 1996 vorlag, dessen Heranziehung zu einem unter der Geringfügigkeitsgrenze liegenden, die Arbeitslosigkeit nicht ausschließenden Betrag führte. Zwar ergibt sich aus dem trotz Verfassungswidrigkeit für diesen Zeitraum weiter anzuwendenden § 36b Abs. 1 AlVG, dass der Umsatz für das Kalenderjahr vor dem Jahr, in dem eine Leistung nach diesem Bundesgesetz beantragt wird, maßgeblich ist. Nach § 36c Abs. 5 AlVG sind aber Personen, deren Einkommen oder Umsatz aus selbstständiger <seite_13>Erwerbstätigkeit für die Beurteilung des Anspruches auf eine Leistung nach diesem Bundesgesetz herangezogen wurde, verpflichtet, den Einkommen- bzw. den Umsatzsteuerbescheid für das Kalenderjahr, in dem die Leistung bezogen wurde, binnen zwei Wochen nach dessen Erlassung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle vorzulegen. Daraus ist abzuleiten, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld endgültig erst an Hand jenes Umsatzsteuerbescheides zu beurteilen ist, zu dessen Vorlage § 36c Abs. 5 AlVG den Arbeitslosen verpflichtet, nämlich den "für das Kalenderjahr, in dem die Leistung bezogen wurde". An Hand dieses Bescheides ist jedenfalls die endgültige Feststellung des Leistungsanspruches für das betreffende Kalenderjahr vorzunehmen und eine allfällige Nachzahlung zu gewähren bzw. ein Überbezug zurückzufordern (vgl. das einen kongruenten Einkommensteuerbescheid betreffende hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 2002, Zl. 98/08/0233). Liegt - wie hier - ein kongruenter Steuerbescheid vor, kann weder die Zuerkennung noch der Widerruf einer Leistung (noch deren Rückforderung) auf einen Steuerbescheid, der sich auf ein anderes Jahr als das Leistungsjahr bezieht, gestützt werden. Wieso die belangte Behörde für Zeiträume, die im Jahre 1996 liegen, zu einem Widerruf gelangte, ist nicht nachvollziehbar, war doch auch für dieses Jahr gemäß § 36b Abs. 1 AlVG (vorläufig) ebenfalls der (bei selbstständiger Tätigkeit eine Arbeitslosigkeit nicht ausschließende) Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1995 maßgebend.
Eine Rückforderung wäre nach § 25 AlVG in der hier zeitraumbezogen ab dem 1. Jänner 1994 anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 817/1993 zu beurteilen. Der Absatz 1 dieser Bestimmung lautete:
"(1) Bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Die Verpflichtung zum Ersatz des empfangenen Arbeitslosengeldes besteht auch dann, wenn im Falle des § 12 Abs. 8 das Weiterbestehen des Beschäftigungsverhältnisses festgestellt wurde, sowie in allen Fällen, in denen rückwirkend das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt oder vereinbart wird. Der Empfänger einer <seite_14>Leistung nach diesem Bundesgesetz ist auch zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich auf Grund seines bzw. seines Angehörigen nachträglich vorgelegten Einkommensteuerbescheides ergibt, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Ebenso ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes (der Notstandshilfe) zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn nachträglich festgestellt wird, dass der Empfänger nicht arbeitslos im Sinne des § 12 Abs. 3 lit. g war."
Erst mit dem Strukturanpassungsgesetz BGBl. Nr. 297/1995 wurde mit Wirkung für Anfallstage nach dem 30. April 1995 im dritten Satz des § 25 Abs. 1 AlVG der Ausdruck "Einkommensteuerbescheides" durch den Ausdruck "Einkommen- bzw. Umsatzsteuerbescheides" ersetzt.
Die belangte Behörde könnte daher die Rückforderung - einen rechtmäßigen Widerruf vorausgesetzt - für Anfallstage bis zum 30. April 1995 nicht auf § 25 Abs. 1 dritter Satz AlVG stützen, weil die nachträgliche Vorlage des Umsatzsteuerbescheides vom 3. Juli 1995 (für das Jahr 1994) diesen Rückforderungstatbestand nicht erfüllte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Mai 2000, Zl. 97/08/0473).
Was die Rückforderung für Anfallstage ab dem 1. Mai 1995 betrifft, ist anzumerken, dass der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 28. September 1998, G 59/98, Slg. 15.247, den dritten Satz des § 25 Abs. 1 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes i.d.F. der Novelle BGBl. Nr. 297/1995 als verfassungswidrig aufgehoben hat. Die als verfassungswidrig erkannte Norm ist aber hier weiterhin anzuwenden, weil kein Anlassfall vorliegt. Diese Norm kann auch nicht neuerlich Gegenstand eines Gesetzesprüfungsverfahrens sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1999, Zl. 97/08/0565). Demnach wäre der Beschwerdeführer - einen rechtmäßigen Widerruf vorausgesetzt - dann zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich auf Grund eines nachträglich vorgelegten Umsatzsteuerbescheides ergibt, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Davon kann für das Jahr 1995 in Ansehung des bereits vorliegenden, Arbeitslosigkeit nicht ausschließenden Umsatzsteuerbescheides 1995 <seite_15>nicht ausgegangen werden. Für das Jahr 1996 wäre ein mittlerweile ergangener kongruenter Umsatzsteuerbescheid zu berücksichtigen.
Indem die belangte Behörde infolge einer unrichtigen Rechtsauffassung keine Feststellungen über die tatsächliche Tätigkeit des Beschwerdeführers getroffen hat und ihrem Widerruf bzw. ihrer Rückforderung für die Jahre 1995 und 1996 an Stelle des für das Kalenderjahr 1995 bereits vorhandenen - und somit zeitgleichen (für 1995) bzw. zeitnächsten (für 1996) - Bescheides jenen für das Jahr 1994 zu Grunde gelegt hat, belastete sie den erstangefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Dieser war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
2. Zum zweitangefochtenen Bescheid (hg. Zl. 97/08/0603):
Wie bereits im Verfahren betreffend den Widerruf und die Rückforderung der Notstandshilfe bringt der Beschwerdeführer auch im Hinblick auf die Abweisung seines Antrages auf Notstandshilfe vom 23. Mai 1996 vor, dass es in Ermangelung seiner Unternehmereigenschaft unerklärlich sei, weshalb er und nicht seine Mutter zur Umsatzsteuer und Einkommensteuer veranlagt worden sei. Diese führe die Frühstückspension. Die Arbeitskraft des Beschwerdeführers für die ganz kleine Frühstückspension werde nicht benötigt. Die belangte Behörde hätte überprüfen müssen, weshalb der Beschwerdeführer überhaupt beim Finanzamt veranlagt worden sei.
Die belangte Behörde hat die Abweisung des Antrags auf Notstandshilfe - der Beurteilung der Behörde erster Instanz folgend - zunächst darauf gestützt, dass der Beschwerdeführer der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stünde.
§ 7 AlVG in der ab 1. Mai 1996 anzuwendenden Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, lautet in den ersten drei Absätzen:
"Voraussetzungen des Anspruches
§ 7. (1) Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, wer
1.
der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht,
2.
die Anwartschaft erfüllt und
<seite_16>3. die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat.
(2) Der Arbeitsvermittlung steht zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf (Abs. 3) und arbeitsfähig (§ 8), arbeitswillig (§ 9) und arbeitslos (§ 12) ist.
(3) Eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf, wer
1. sich zur Aufnahme und Ausübung einer auf dem Arbeitsmarkt üblicherweise angebotenen, den gesetzlichen und
kollektivvertraglichen Vorschriften entsprechenden zumutbaren versicherungspflichtigen Beschäftigung bereithält und
2. sich zur Ausübung einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit in Österreich aufhalten darf (Abs. 4)."
Die Verfügbarkeit des Arbeitslosen iSd § 7 Abs. 3 Z. 1 AlVG erfordert dessen Vermittelbarkeit für eine die Arbeitslosigkeit ausschließende Beschäftigung. Diese muss nicht - wie die belangte Behörde irrtümlich meint - unbedingt eine Vollbeschäftigung sein, denn die Bereitschaft des Arbeitslosen, nach entsprechender Vermittlung eine Vollbeschäftigung anzunehmen, wäre erst in Bezug auf die Voraussetzung der Arbeitswilligkeit iSd § 9 AlVG zu beurteilen. Der Mangel der Verfügbarkeit iS des § 7 Abs. 3 Z. 1 AlVG ist aber bei Vorliegen solcher Umstände anzunehmen, die die unwiderlegliche Vermutung des Gesetzes rechtfertigen, dass die betreffende Person während dieser Zeit nicht an einer neuen Beschäftigung iSd § 12 Abs. 1 AlVG, sondern an anderen Zielen interessiert ist (vgl. das Erkenntnis vom 27. Juli 2001, Zl. 2000/08/0216, mwN).
Bei der Beurteilung der Verfügbarkeit reicht es daher nicht aus, die Arbeitswilligkeit dadurch zu bekunden, dass die Bereitschaft erklärt wird, jede vom Arbeitsmarktservice vermittelte Beschäftigung anzunehmen, wenn auf Grund konkreter Umstände aller Grund zur Annahme besteht, dass im Hinblick auf die anzunehmende zeitliche Beanspruchung des Arbeitslosen nicht die Eingliederung in den Arbeitsmarkt, sondern (zB) die Gründung und Betreibung eines eigenen Unternehmens das von ihm verfolgte Ziel ist. Bereits im Erkenntnis vom 31. Mai 2000, Zl. 97/08/0519, hat der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang <seite_17>mit einer Betriebsgründung die Auffassung vertreten, dass eine (damals festgestellte) zeitliche Inanspruchnahme von täglich 10 bis 12 Stunden die Annahme rechtfertige, der Arbeitslose habe sich nicht zur Aufnahme und Ausübung einer auf dem Arbeitsmarkt üblicherweise angebotenen versicherungspflichtigen Beschäftigung bereitgehalten.
Feststellungen über die tatsächliche (zeitliche) Inanspruchnahme des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit der Gründung eines Unternehmens bzw. mit der Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit hat die belangte Behörde aber nicht getroffen. Sie hat lediglich festgestellt, dass der Beschwerdeführer eine Konzession für einen Gastgewerbebetrieb und "nach den mit Ihrer Mutter abgeschlossenen Verträgen (wie diesen zu entnehmen ist) die tatsächliche Verfügungsberechtigung und natürlich auch Verpflichtungen" habe. Welche Verträge gemeint sind, lässt sich diesen Ausführungen nicht entnehmen. Der Gesellschaftsvertrag zur Gründung der KEG wurde zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Bruder geschlossen; seine Mutter ist an der KEG, die offenbar die Frühstückspension in J., betreibt, nicht beteiligt; sie tritt nach einem (fragmentarisch) im Akt erliegenden "Gesellschafts-Übereinkommen" nur als Gläubigerin des Unternehmens in Erscheinung. Nach einem Vertrag vom 16. April 1994 pachtete die Mutter des Beschwerdeführers von diesem eine Liegenschaft ... um S 3.500,-- pro Jahr. Der Beschwerdeführer behält sich danach "einen Einfluss auf die Betriebsführung" vor und vertritt "die gewerberechtlichen Belange nach außen". Ein Zusammenhang dieser Vereinbarung mit der genannten Frühstückspension in J. ist nicht erkennbar. Welche - eine Verfügbarkeit ausschließende - Rolle der Beschwerdeführer tatsächlich bei der Errichtung einer "R-Pension in S." spielt, lässt sich den Feststellungen ebenfalls nicht entnehmen, wobei eine - von der belangten Behörde nicht weiter thematisierte - Anmerkung des Beschwerdeführers auf einem Vorstellungsauftrag des AMS Feldbach vom 7. Juni 1996 (Stück B47 der Verwaltungsakten) "Was soll die schikanöse Fungiererei vom AMS Feldb?? wo ich doch gleichzeitig mehr als genug mit der Unternehmensgründung zu tun habe" oder <seite_18>die Anmerkung auf Stück B44 der Anstaltsakten "Passender Titel: wie erschwere ich als AMS-Betreuer arbeitswilligen initiativen Personen den Weg in die Selbstständigkeit!!!" zwar Indizien für eine die Verfügbarkeit ausschließende Inanspruchnahme des Beschwerdeführers darstellen könnten, jedoch konkrete Feststellungen über das Ausmaß der Inanspruchnahme des Beschwerdeführers bei der "Unternehmensgründung" nicht zu ersetzen vermögen.
Die belangte Behörde hat die Abweisung des Antrags auf Gewährung der Notstandshilfe aber auch noch darauf gestützt, dass der Beschwerdeführer auch im Zeitraum ab dem 23. Mai 1996 nicht arbeitslos gewesen sei. Nach dem zu 1. Gesagten hängt diese Frage wiederum davon ab, ob er (im Rahmen der von der P. KEG betriebenen Gastwirtschaft) selbstständig oder unselbstständig erwerbstätig war. Zur Beurteilung, ob der Beschwerdeführer überhaupt bereits eine selbstständige Tätigkeit ausübte, käme es auf Feststellungen über seine tatsächliche Tätigkeit an, die auch im zweitangefochtenen Bescheid nicht getroffen wurden. Zu den rechtlichen Hintergründen dieser vorzunehmenden Feststellungen - insbesondere die Entscheidung der Frage der selbstständigen Erwerbstätigkeit ohne Bindung an die entsprechenden Vorfragen der Umsatzsteuerbescheide - kann auf die obigen Ausführungen zu 1. verwiesen werden.
Sollte eine selbstständige Tätigkeit des Beschwerdeführers vorliegen, so käme es für die Beurteilung des Vorliegens der Arbeitslosigkeit auf die Höhe des im Jahre 1996 erzielten Umsatzes (bzw. auf das erzielte Einkommen) an, wobei hiefür nach den bisher vorliegenden Unterlagen der - Arbeitslosigkeit nicht ausschließende - Umsatzsteuerbescheid des Jahres 1995 heranzuziehen wäre. Sollte mittlerweile der kongruente Umsatzsteuerbescheid 1996 ergangen sein, wäre dieser maßgebend.
Soweit die belangte Behörde die Verneinung des Vorliegens der Arbeitslosigkeit darauf stützt, dass der Beschwerdeführer "nach den Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes vollversicherungspflichtiger Arbeitnehmer" wäre, <seite_19>widerspricht sie diametral ihrer zuerst vertretenen Meinung, es habe sich um eine selbstständige Tätigkeit gehandelt.
Da die belangte Behörde ausgehend von unzutreffenden Rechtsansichten maßgebliche Feststellungen nicht getroffen hat, war auch der zweitangefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Wien, am 3. Oktober 2002
Schlagworte
Maßgebender Bescheidinhalt Inhaltliche und zeitliche Erstreckung des Abspruches und der RechtskraftIndividuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1997080602.X00Im RIS seit
04.02.2003Zuletzt aktualisiert am
07.12.2011