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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
ASVG §67 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Prem, Mathes & Strebl, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Marc-Aurel-Straße 6, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 17. September 1997, Zl. MA 15-II-Z 11/97, betreffend Haftung für Beitragsschuldigkeiten gemäß § 67 Abs. 4 ASVG (mitbeteiligte Partei: Wiener Gebietskrankenkasse, 1103 Wien, Wienerbergstraße 15-19), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen) Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-
- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Beschwerdeführer gemäß § 67 Abs. 4 ASVG im Zusammenhang mit § 83 ASVG als Betriebsnachfolger im Betrieb einer näher bezeichneten Gastwirtschaft zur Zahlung eines Betrages von S 305.986,45 zuzüglich Verzugszinsen seit 31. Mai 1997 aus S 270.878,19 verpflichtet. Nach der Begründung schulde der frühere Betreiber des Gasthauses, Peter Z., der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse für die bei ihm in Beschäftigung gestandenen Dienstnehmer Sozialversicherungsbeiträge in der oben angegebenen Höhe. Der Beschwerdeführer habe am 13. November 1996 im Wesentlichen das gesamte Inventar, mit dem Peter Z. den Gasthausbetrieb bis zum Schluss geführt habe (mit Ausnahme von Geschirr und Besteck sowie einigen Töpfen und Pfannen) um S 1,440.000,-- gekauft. Nicht verkauft worden sei das Warenlager, bestehend aus Weinen, Spirituosen und Lebensmitteln, in einem Gesamteinkaufswert von ca. S 30.000,-- bis S 40.000,-- sowie das zum Betrieb gehörende Leasingauto. Außerdem habe der Beschwerdeführer mit dem Hauseigentümer einen neuen Mietvertrag abgeschlossen. Mit den in der Inventarliste zum Kaufvertrag vom 13. November 1996 angeführten Gegenständen habe der Beschwerdeführer jene Betriebsmittel erworben, die nach Betriebsart und Betriebsgegenstand die wesentliche Grundlage des Betriebes gebildet hätten. Der Beschwerdeführer sei damit in der Lage gewesen, einen Gaststättenbetrieb weiterzuführen. Der Nichterwerb des Warenlagers falle nicht ins Gewicht, da dessen wirtschaftlicher Wert gering sei. An der Betriebsnachfolge ändere es nichts, dass keine Beschäftigten übernommen worden und eine Gesamtrechtsnachfolge in alle Aktiven und Passiven nicht stattgefunden habe. Der Beschwerdeführer habe den Betrieb mit Kaufvertrag vom 13. November 1996 erworben und sei daher Betriebsnachfolger gemäß § 67 Abs. 4 ASVG.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse - eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt wie bereits im Einspruch vor, Unternehmensgegenstand sei der Betrieb eines "Restaurants" gewesen. Nunmehr werde die Gaststätte vom Beschwerdeführer als "Wiener Beisl" geführt. Eine Gesamtrechtsnachfolge in alle Aktiven und Passiven des (früheren) Unternehmens "Z." habe nicht stattgefunden. Der Beschwerdeführer sei nicht in den Mietvertrag seines Vorgängers eingetreten. Er habe nicht jene Betriebsmittel erworben, die die wesentliche Grundlage des Betriebes gebildet hätten. Nur durch weitere Anschaffungen, Adaptierungsarbeiten und hohen persönlichen Einsatz sowie durch Abschluss eines neuen Mietvertrages sei die Weiterführung des Gaststättenbetriebes möglich gewesen.
Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Wird ein Betrieb übereignet, so haftet gemäß § 67 Abs. 4 ASVG der Erwerber für Beiträge, die sein Vorgänger zu zahlen gehabt hätte, unbeschadet der fortdauernden Haftung des Vorgängers sowie der Haftung des Betriebsnachfolgers nach § 1409 ABGB unter Bedachtnahme auf § 1409a ABGB und der Haftung des Erwerbers nach § 25 des Handelsgesetzbuches für die Zeit von höchstens zwölf Monaten vom Tag des Erwerbes zurück gerechnet. Im Fall einer Anfrage beim Versicherungsträger haftet er jedoch nur mit dem Betrag, der ihm als Rückstand ausgewiesen worden ist.
Als "Erwerber" gemäß § 67 Abs. 4 ASVG (unter dem Gesichtspunkt der Nachfolge unter Lebenden) ist jene Person zu verstehen, die den Betrieb oder einen organisatorisch selbstständigen Teilbetrieb des Betriebsvorgängers (Beitragsschuldners) auf Grund eines Veräußerungsgeschäftes (von Veräußerungsgeschäften) mit ihm erworben hat; die bloße Bestandnahme eines Betriebes (eines Teilbetriebes) begründet daher keine Haftung nach dieser Gesetzesstelle. Zum Betriebserwerb ist es allerdings nicht erforderlich, dass alle zum Betrieb gehörigen Betriebsmittel erworben werden; es genügt vielmehr der Erwerb jener Betriebsmittel, welche die (nach Betriebsart und Betriebsgegenstand) wesentliche Grundlage des Betriebes des Betriebsvorgängers gebildet haben und den Erwerber mit ihrem Erwerb in die Lage versetzen, den Betrieb fortzuführen. Der Erwerb einzelner, nicht die wesentliche Grundlage des Betriebes darstellenden Betriebsmittel von einem Dritten schließt die Betriebsnachfolge nicht aus. Es ist auch nicht entscheidend, ob der Betrieb tatsächlich fortgeführt wird und ob im Falle der Fortführung der Betriebsgegenstand und die Betriebsart gleich bleiben (vgl. das Erkenntnis vom 21. November 2001, Zl. 97/08/0020, mwN).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 14 BAO zählen bei Gastronomieunternehmen, wie Kaffeehäusern, Hotels und Konditoreien, das Grundstück, das Gebäude und die Einrichtung, nicht jedoch das Warenlager und das Personal zu den wesentlichen Grundlagen des Unternehmens; dieselben Grundsätze gelten auch für die Haftungsbestimmung des § 67 Abs. 4 ASVG (vgl. wiederum das Erkenntnis vom 21. November 2001, Zl. 97/08/0020, mwN).
Nach dem im Verwaltungsakt erliegenden Kaufvertrag vom 13. November 1996, auf den die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides verweist, sowie nach der diesem Kaufvertrag angeschlossenen Inventarliste der gekauften Einrichtungsgegenstände, die eine Vielzahl von technischen Geräten, wie sie zur Führung einer Gaststätte erforderlich und dafür spezifisch sind, enthält, besteht kein Zweifel, dass der Beschwerdeführer mit diesen Betriebsmitteln sowie mit dem ihm eingeräumten Recht, den früheren Betriebsnamen "Z." allein oder in Kombination für die Gaststätte zu verwenden, in die Lage versetzt wurde, den Betrieb weiterzuführen. Peter Z., der frühere Betriebsinhaber, bestätigte als Zeuge bei seiner Einvernahme am 28. September 1997, dass er dem Beschwerdeführer mit dem genannten Kaufvertrag das gesamte Inventar, mit dem er seinen Gasthausbetrieb geführt habe, verkauft habe. Nach der oben angeführten Rechtsprechung kommt es nicht darauf an, ob der Betriebsnachfolger den Betrieb nach einmal erfolgter Übernahme tatsächlich weiterführt, sodass das eine nachfolgende Betriebsänderung geltend machende Vorbringen, dem im Übrigen nicht zu entnehmen ist, dass sich an der Identität des als "Wiener Beisl" weitergeführten Betriebes gegenüber dem früheren Betrieb eines "Restaurants" Wesentliches geändert hätte, nicht zielführend ist.
Im Übrigen unterlässt es die Beschwerde anzugeben, welche konkreten "weiteren Anschaffungen" für eine Fortführung des Gasthausbetriebes notwendig gewesen sein sollen. Auch das Vorbringen, der Beschwerdeführer sei nicht in den Mietvertrag eingetreten, sondern habe mit dem Hauseigentümer einen neuen Mietvertrag abgeschlossen, ist nicht zielführend, da es für die Bejahung einer Betriebsnachfolgehaftung darauf nicht ankommt (vgl. das Erkenntnis vom 14. November 1995, Zl. 94/08/0187).
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Das Kostenersatzbegehren der nicht durch einen Rechtsanwalt vertretenen Gebietskrankenkasse war abzuweisen.
Wien, am 3. Oktober 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1997080601.X00Im RIS seit
04.02.2003