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66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;Norm
ASVG §67 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Köller und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der J GmbH in S, vertreten durch Dr. Nikolaus Lanner, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Dr. A. Lemisch Platz 7/3, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 25. März 1999, Zl. GS 8- 5825/33-1999, betreffend Haftung als Betriebsnachfolger gemäß § 67 Abs. 4 ASVG (mitbeteiligte Partei: Niederösterreichische Gebietskrankenkasse, Dr. Karl-Renner-Promenade 14-16, 3100 St. Pölten), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Gesellschaft hat dem Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen) Aufwendungen in der Höhe von EUR 331,75 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte in dieser Sache sei auf das Erkenntnis vom 30. September 1997, Zl. 95/08/0248, verwiesen, mit dem der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid der belangten Behörde vom 3. Juli 1995 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufhob, weil die belangte Behörde für die Beurteilung der wesentlichen Frage, ob ein Betriebsübergang im Sinne des § 67 Abs. 4 ASVG vorliege, unzureichende Feststellungen getroffen habe. Folgende Erwägungen aus diesem Erkenntnis sind hervorzuheben:
"Im vorliegenden Fall soll die D. GmbH (bisherige Betriebsinhaberin) einerseits - nach dem Einspruchsvorbringen der Beschwerdeführerin über Subhändlerverträge, womit sich die belangte Behörde nicht befaßt hat - einen Großhandel, andererseits in Bezug auf Gebraucht- und Neufahrzeuge sowie Ersatzteile der Marke Citroen und offenbar, soweit aus den Feststellungen über die Ersatzteile und Neuwagen erschließbar, auch der Marke Peugeot einen Einzelhandel und schließlich in Bezug auf Fahrzeuge der Marke Citroen (und wohl auch Peugeot) eine Kfz-Werkstätte betrieben haben. Nach den dargestellten Kriterien käme es in Bezug auf den Großhandel vor allem auf die Geschäftsbeziehungen an. In Bezug auf den Einzelhandel und die Kfz-Werkstätte wären jeweils die Betriebsliegenschaft und die darauf befindlichen Gebäude sowie darüber hinaus für den Einzelhandel die Einrichtung und die wesentlichen Teile des Warenlagers und für die Werkstätte die zur Reparatur von Kraftfahrzeugen erforderlichen beweglichen Anlagegüter, also die technischen Anlagen und Einrichtungen wesentlich. Für die beiden zuletzt genannten Betriebsgegenstände wäre ein 'Kundenstock' nicht und insgesamt wäre das vorhandene Personal nur abhängig vom Grad seiner Spezialisierung und des (von der belangten Behörde nicht festgestellten) Ausmaßes allfälliger Schwierigkeiten bei der Fortführung des Betriebes mit anderen Arbeitnehmern als wesentliche Betriebsgrundlage anzusehen. Im Vergleich zu einem ortsgebundenen Betrieb wie etwa einem Gastronomiebetrieb ... wäre vor allem die Liegenschaft von geringerer Bedeutung. Ohne eigenständige Bedeutung wäre in Bezug auf jeden der genannten Betriebsgegenstände die Werbung mit einer 'Weiterführung' des 'übernommenen' Betriebes durch den 'neuen Chef'. Hiebei handelt es sich um ein Element der tatsächlichen Fortführung des Betriebes, worauf es nach dem zitierten Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 30. November 1983, Zl. 82/08/0021, nicht ankommt. Die nach außen hin unveränderte oder zumindest nicht wesentlich veränderte Fortführung des Betriebes kann dafür sprechen, dass die vom Beitragsschuldner übereigneten Betriebsmittel für eine Betriebsfortführung ausreichten, doch setzt ein solcher Schluss - abgesehen von dem schon erwähnten Erfordernis von Feststellungen über das Verhältnis der übernommenen zu den nicht übernommenen Betriebsmitteln des Beitragsschuldners - auch Feststellungen darüber voraus, welche Betriebsmittel der Erwerber selbst eingebracht oder von Dritten erworben hat.
Vor diesem rechtlichen Hintergrund sind die Feststellungen der belangten Behörde schon insofern unzureichend, als sie die Betriebsgegenstände der D. GmbH nicht mit der Deutlichkeit umschreiben, die erforderlich wäre, um den Sachverhalt zu der dargestellten, vor allem zur Betriebsnachfolge aus abgabenrechtlicher Sicht entwickelten Typologie der wesentlichen Betriebsgrundlage in Beziehung zu setzen. Da der bloße Erwerb der Liegenschaft (samt 'Zubehör', wenn dieses nur aus den Gebäuden bestand) hinsichtlich der in Frage kommenden Betriebsgegenstände jedenfalls nicht ausreicht, brauchbare und einigermaßen vollständige Feststellungen über die von der Beschwerdeführerin im Einspruchsverfahren bestrittene Übernahme der für diese Betriebsgegenstände jeweils noch maßgeblichen weiteren Betriebsgrundlagen (Geschäftsbeziehungen in Bezug auf Großhandel;
Einrichtung und Warenlager in Bezug auf Einzelhandel;
Werkstätteneinrichtung) mit Ausnahme der Feststellung über die Nichtübernahme von Neufahrzeugen nicht getroffen wurden und die von der Beschwerdeführerin gleichfalls bestrittene 'Übernahme' des Personals nur im Fall der Unentbehrlichkeit dieses Personals wesentlich wäre, worüber ausreichende Feststellungen ebenfalls nicht vorliegen, erweist sich der Sachverhalt als ergänzungsbedürftig.
Sollte sich zeigen, dass den Behauptungen der Beschwerdeführerin entsprechend weder ein Warenlager noch Verkaufs- und Werkstätteneinrichtung noch (in Bezug auf den Großhandel) Geschäftsbeziehungen übernommen wurden, so wäre nur ein (nicht einmal 'betriebsbereiter') Standort, aber kein Betrieb übereignet worden".
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch neuerlich keine Folge und bestätigte den Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse mit der Maßgabe, dass der Haftungsbetrag mit S 405.322,-- statt mit S 635.455,-- festgestellt wurde.
Nach Durchführung ergänzender Erhebungen hat die belangte Behörde ihrer Entscheidung nun folgenden - auszugsweise wiedergegebenen - Sachverhalt zu Grunde gelegt:
"Ab 22.7.1969 übte Herr D., geboren 3.10.1934, am Standort (Adresse) das Kraftfahrzeugmechanikergewerbe und ab 1974 den Handel mit Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeugzubehör aus. Baubewilligungen sowie gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigungen für eine Kraftfahrzeugmechanikerwerkstätte, eine Ausstellungshalle sowie verschiedene Abänderungen der Anlage bzw. des Bauwerkes wurden seit April 1968 erteilt bzw. genehmigt. Anfang der 80iger-Jahre war D. Citroen-Haupthändler für NÖ Mitte und unterhielt ein entsprechendes Subhändlernetz für den Großhandel mit Citroen-Neufahrzeugen und Ersatzteilen. 1983 wurde die D. GmbH gegründet, welche 1984 ihre Tätigkeit aufnahm und den Handel mit Peugeot-Neufahrzeugen und Peugeot Ersatzteilen durchführte. Ende der 80iger-Jahre stellte die D. GmbH auf Grund von Geschäftsverlusten den Handel mit Peugeot-Neufahrzeugen und Peugeot-Ersatzteilen ein. Herr D. brachte daraufhin sein Einzelunternehmen in die D. GmbH ein.
Zum Zeitpunkt der Betriebsübereignung von der D. GmbH an die J. GmbH hatte die D. GmbH nur noch einen Subhändler, nämlich Herrn R. in (Adresse). Der Großhandel war somit praktisch bedeutungslos. Der Einzelhandel mit Citroen-Neufahrzeugen und Citroen-Ersatzteilen betrug etwa 90 % des Umsatzes, die Werkstätte ca. 10 %. Die D. GmbH führte bis zuletzt auch Messen in St. Pölten, St. Veit und anderen Orten sowie am Standort des Betriebes in Form von Modellvorstellungen durch.
Am Standort (Adresse) verfügte die D. GmbH über ein Gebäude, welches in einen Büroteil, ein Ersatzteillager, eine Werkstätte und einen Schauraum unterteilt war. Weiters verfügte die D. GmbH am genannten Standort über Freiflächen, welche ebenfalls betrieblich genutzt wurden, insbesondere zur Ausstellung von Neu- und Gebrauchtfahrzeugen. Die Werkstätteneinrichtung und die Ölheizung waren in mittlerem Zustand, der Werkstättenboden war komplett gefliest. Die Hebebühnen waren in erstklassigem Zustand. Das Büro war 2 Jahre vor der Betriebsübernahme durch die J. GmbH (die beschwerdeführende Gesellschaft) eingerichtet worden und in einem funktionellen ordentlichen Zustand mit Neudörfler und Bene-Büroeinrichtung speziell für den Betrieb für EDV-Anwender abgestimmt (Computertisch etc). Die zugehörigen EDV-Geräte standen im Eigentum der D.-Leasinggesellschaft mbH des Dr. D.
Sämtliche Neufahrzeuge, welche sich auf dem Betriebsgelände der D. GmbH befanden, standen unter Eigentumsvorbehalt der Citroen Österreich Gesellschaft mbH, ebenso Teile des Ersatzteillagers.
...
Am 16.8.1993 ließ die Citroen Österreich Gesellschaft mbH sämtliche Neuwagen vom Betriebsgelände der D. GmbH durch die Spedition Hödlmayer entfernen. Ebenso wurde nach 'allgemein üblicher Vorgangsweise' (Zitat aus der Niederschrift mit dem Zeugen H. vor der Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld am 10.7.1998) die Citroen - Original - Ersatzteile von der Citroen Österreich Gesellschaft mbH abgeholt und in das Zentral-Ersatzteillager der Citroen Österreich Gesellschaft mbH in Stockerau verbracht. Darüber wurde der D. GmbH eine Gutschrift in Höhe von ca. S 1.200.000,-- exklusive Umsatzsteuer (inklusive Umsatzsteuer ca. S 1.400.000,--) ausgestellt.
Im Sommer 1993 gründete Herr J. die J. GmbH und meldete für diese das Handelsgewerbe gemäß § 126 Z 14 Gewerbeordnung 1973 und das Gewerbe des Kraftfahrzeugtechnikers gemäß § 94 lit. b Z 19 und § 104 Gewerbeordnung 1994 an, sodass die Bundespolizeidirektion St. Pölten bereits am 18.8.1993 berichten konnte, dass nichts Nachteiliges über Herrn J., welcher als Geschäftsführer der J. GmbH bestellt wurde, vorliege. Am 23.9.1993 wurde die J. GmbH ins Firmenbuch des Landes - als Handelsgerichtes St. Pölten eingetragen.
Am 23.9.1993 schlossen die D. GmbH und die J. GmbH (in den Vertragstexten noch als J. GmbH in Gründung bezeichnet) zwei Verträge, nämlich einen Kaufvertrag über die Liegenschaft Grundstücksnummer ... und eine damit im Zusammenhang stehende Treuhandvereinbarung. Im Kaufvertrag wurden als Zubehör zu dem am Grundstück befindlichen Betriebsgebäude unter anderem 6 Hebebühnen, 1 Kran, 1 Motortester, 1 Abgastester, 1 Lackierbox, 1 Einbrennanlage sowie weitere Hebebühnen und 1 Richtbank mitverkauft (siehe Punkt 1. dieses Kaufvertrages).
In der erwähnten Treuhandvereinbarung machte die D. GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer D., für die Rechtswirksamkeit des mit der J. GmbH in Gründung geschlossenen Kaufvertrages unter anderem die Erfüllung folgender nachstehender Bedingungen zur Voraussetzung:
* Die J. GmbH in Gründung verpflichtet sich, eine allfällige Zwangsausgleichsquote zu finanzieren und hinterlegt hiefür einen Betrag von S 800.000,-- treuhänderisch bei Herrn Rechtsanwalt Dr. Nikolaus Lanner. RA Dr. Lanner verpflichtete sich weiters, den Kaufvertrag nur bei Erfüllung der Bedingungen der Treuhandvereinbarung grundbücherlich durchzuführen.
...
Zum Zeitpunkt des Liegenschaftsverkaufes von der D. GmbH an die J. GmbH waren bereits die Zahlungsschwierigkeiten der D. GmbH bekannt, ebenso, dass diese, vertreten durch ihren Geschäftsführer D., wenige Tage darauf beabsichtigte, einen Konkursantrag beim Landes- als Handelsgericht St. Pölten einzubringen. Tatsächlich wurde dieses Konkursverfahren dann auch am 30.9.1993 vom Landesgericht St. Pölten zur Zahl 8 S 76/93 eröffnet. Wie sich aus einem Bericht des Masseverwalters der D. GmbH, Herrn RA Dr. Herbert Hofbauer, an das Landesgericht St. Pölten (Akt Seite 157 des Aktes 8 S 76/93) ergibt, begründete die J. GmbH gegenüber dem Masseverwalter die Vorgangsweise, rund sieben Tage vor Konkurseröffnung diesen Kaufvertrag abzuschließen, damit, dass die sofortige Übernahme gewährleistet werden sollte, da bei einem Kauf nach Konkurseröffnung nicht sichergestellt gewesen wäre, dass die Käuferin ihren Betrieb umgehend aufnehmen kann bzw. hätte sich überhaupt der Kauf und die Betriebseröffnung der J. GmbH um Wochen verzögert und hätten sich dann alle Kunden an andere Fachbetriebe gewandt.
Aus Anlass des Kaufvertrages vom 23.9.1993 über den Kauf der Liegenschaft Grundstücksnummer ... erhielt die J. GmbH vom Geschäftsführer der D. GmbH einen EDV-Listenausdruck, aus welchem sich sämtliche Kunden der D. GmbH ergaben. Der Betrieb war aus organisatorischen Gründen lediglich eine Woche geschlossen und wurde unter dem Namen J. GmbH in der Folge nahtlos weitergearbeitet.
In der Zeit der einwöchigen Betriebsschließung wurden das Büro und der Schauraum neu ausgemalt und eine neue Büroeinrichtung angeschafft. Weiters wurden kleinere Arbeiten wie zB der Ersatz fehlender Bodenfliesen durchgeführt. Die vorhandene Büroeinrichtung der D. GmbH hätte jedoch weiter verwendet werden können. Verschiedene Testgeräte und einige kleinere Handwerkzeuge wurden von der J. GmbH zu Beginn der Betriebsaufnahme neu angeschafft. Herr J. brachte fünf bis sechs Gebrauchtwagen in das Unternehmen der J. GmbH ein.
Nach 'allgemein üblicher Vorgangsweise' wurden die Citroen-Original-Ersatzteile, welche von der Citroen Österreich GmbH abgeholt und in das Zentral-Ersatzteillager nach Stockerau verbracht worden waren, nach Aktualisierung wieder der J. GmbH zur Verfügung gestellt (Zeuge H. in der Niederschrift vor der Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld am 10.7.1998). Die Einspruchsbehörde geht davon aus, dass diese 'Wiederzurverfügungstellung' kurz nach Betriebsaufnahme der J. GmbH erfolgte.
Am 17. März 1994 langte in der Kanzlei des Masseverwalters der D. GmbH, Herrn Dr. Herbert Hofbauer, ein Schreiben der J. GmbH ein, wonach diese auf Grund des Kaufvertrages mit der D. GmbH Aussonderungsrechte geltend machte und weiters das Angebot stellte, das gesamte Inventar der Masse der D. GmbH in Bausch und Bogen um den Nettobetrag von S 350.000,-- zu erwerben. Dieses Angebot wurde später mit gerichtlicher Genehmigung vom Masseverwalter Dr. Herbert Hofbauer angenommen. In diesem Inventar waren auch die EDV-Geräte enthalten, für welche die D. Leasing ges. mbH des Dr. G. im Konkursverfahren einen Aussonderungsanspruch geltend gemacht hatte. Im Ausgleichsverfahren wurde schließlich am 26. Jänner 1996 ein Betrag von S 165.000,-- an die D. Leasingges. mbH ausbezahlt.
Wie sich aus dem im Akt der NÖ Gebietskrankenkasse enthaltenen Dienstnehmerverzeichnis der D. GmbH ergibt, waren am 23.9.1993 (dem Datum des Vertragsabschlusses) noch 17 Dienstnehmer bei der D. GmbH beschäftigt (das Dienstverhältnis von Herrn T. endete am 30.7.1993 und das Dienstverhältnis von Di. am 31.8.1993). Von diesen 17 Dienstnehmern scheint im ebenfalls im Akt der NÖ Gebietskrankenkasse enthaltenen Dienstnehmerverzeichnis der J. GmbH Herr J. nicht mehr auf, dies offensichtlich, weil er als 99 %iger Eigentümer der J. GmbH sowie handels- und gewerberechtlicher Geschäftsführer nunmehr der GSVG-Versicherungspflicht unterlag.
Von den weiteren 16 Dienstnehmern wurden lediglich 2 nicht in das Dienstverhältnis bei der J. GmbH übernommen, nämlich Herr G., dessen Dienstverhältnis am 24.9.1993 bei der D. GmbH endete, und Frau I., deren Angestelltenverhältnis erst am 21.1.1994 bei der D. GmbH endete. 14 Dienstnehmer der D. GmbH wurden somit von der J. GmbH übernommen, was die Weiterführung des Betriebes sicherlich erleichtert hat.
Für die Weiterführung des Betriebes der D. GmbH durch die J. GmbH war die Übernahme dieser Dienstnehmer nicht unumgänglich und bedeutete keinen besonders großen Vorteil, wie sich aus dem Schreiben der Gewerkschaft Metall-Bergbau-Energie vom 17.12.1997 an die NÖ Gebietskrankenkasse, aus der Aussage von Herrn R. zu Frage 6. in der Niederschrift vor der Marktgemeinde B. vom 9.6.1998 sowie aus der Aussage des Zeugen H. vor der Bezirkshauptmannschaft L. am 10.7.1998 ergibt.
Vorteile durch die Übernahme der Dienstnehmer der D. GmbH durch die J. GmbH für die Weiterführung des Betriebes sind aber nicht von der Hand zu weisen, wie sich sowohl aus der entsprechenden Aussage von Herrn J. als Zeuge vor der Einspruchsbehörde am 31.3.1998, als auch aus dem Schreiben von Herrn D. vom 20.6.1998, Punkt 15, an die Einspruchsbehörde ergibt. Dies vor allem auch deswegen, weil diese Dienstnehmer bereits über die entsprechende Erfahrung und Schulung (siehe das Beispiel mit dem 10-wöchigen Ausbildungskurs, welches Herr J. in seiner Einvernahme angibt) verfügten.
Am 28.6.1994 schloss die Citroen - Österreich Gesellschaft mbH mit der J. GmbH einen so genannten 'Direkt - Händlervertrag', wobei dieser nach Punkt 17.1. rückwirkend mit 24.9.1993 in Kraft gesetzt wurde. Diese rückwirkende Inkraftsetzung des 'Direkt-Händlervertrages', welcher von der J. GmbH bereits am 24.9.1993 unterschrieben worden war, ist damit erklärbar, dass seitens der Citroen - Österreich Gesellschaft mbH bereits mündliche Zusagen an die J. GmbH vorlagen, einen solchen Vertrag abschließen zu wollen.
Weiters wurde damit offensichtlich abgedeckt, dass die J. GmbH bereits im Zeitraum vom 24.9.1993 bis einschließlich 28.6.1994 Citroen Neufahrzeuge und Citroen-Original-Ersatzteile von der Citroen - Österreich Gesellschaft mbH erhielt. Die Citroen - Österreich Gesellschaft mbH hat offensichtlich aus Gründen geschäftlicher Vorsicht den ihr von der J. GmbH angebotenen Vertrag erst am 28.6.1994 unterschrieben, um die Geschäftsentwicklung des jungen Unternehmens der J. GmbH (ins Firmenbuch eingetragen am 23.9.1993) eine zeitlang zu beobachten.
...
Im Akt der Einspruchsbehörde befinden sich sowohl der Direkt-Händlervertrag zwischen der D. GmbH und der Citroen - Österreich GmbH, als auch der Direkt-Händlervertrag zwischen der J. GmbH und der Citroen -Österreich GmbH vom 28.6.1994. Der Vertrag zwischen der D. GmbH und der Citroen - Österreich GmbH vom 16.4.1991 wurde laut Punkt 17.1. dieses Vertrages ebenfalls rückwirkend, nämlich am 1.2.1991, in Kraft gesetzt. Im Übrigen sind beide Verträge hinsichtlich der Vertragsbedingungen vollkommen identisch. Aus Punkt 1.1. der Verträge ergibt sich, dass der Direkt-Händlervertrag auf Vertragsdauer den Direkt-Händler ermächtigt, Vertragsware (fabriksneue Kraftfahrzeuge sowie Dienst-, Vorführ- und Testfahrzeuge der Citroen - Österreich GmbH sowie Original-Ersatzteile und Citroen Zubehör) zum Zwecke des Wiederverkaufes als Einzelhändler oder über seine ihm nachgeordneten Händler verkaufen. Die näheren Bestimmungen hinsichtlich nachgeordneter Händlerbetriebe (sogenannte 'B-Händler') ergeben sich aus Punkt 11. der Verträge."
Nach einer umfangreichen Beweiswürdigung führte die belangte Behörde in rechtlicher Hinsicht im Wesentlichen aus, für einen Einzelhandelsbetrieb und eine Kfz-Werkstätte, die wie im vorliegenden Fall auf eine bestimmte Automarke spezialisiert sei, sei das Bestehen eines Vertrages mit dem Importeur von außerordentlicher Bedeutung. Eine solche als Direkt-Händlervertrag bezeichnete Vereinbarung habe die J. GmbH bereits am Tag nach Abschluss des Kaufvertrages über die Liegenschaft, vom Importeur rückwirkend mit diesem Datum akzeptiert, abgeschlossen. Somit stehe fest, dass die für das wirtschaftliche Wohlergehen der Kfz-Werkstätte und des Einzelhandelsbetriebes am gegebenen Standort wesentliche Geschäftsbeziehung mit dem Importeur direkt von der D. GmbH auf die J. GmbH übergegangen sei. Mit dem Kaufvertrag vom 23. September 1993 seien neben der Betriebsliegenschaft und den darauf befindlichen Gebäuden (insbesondere Werkstätte, Schauraum, Büro und Ersatzteillager) die teilweise befestigten Flächen, die für die Ausstellung von Neu- und Gebrauchtfahrzeugen notwendig seien, erworben worden. Ebenfalls verkauft worden sei das Zubehör zu dem Betriebsgebäude, jedoch sei im Kaufvertrag vom 23. September 1993 lediglich ein Teil dieses Zubehörs direkt erwähnt, weshalb das übrige Zubehör erst im Rahmen des Konkursverfahrens der D. GmbH von der J. GmbH habe zugekauft werden müssen. Von dem zuletzt genannten Zukauf sei auch die EDV-Anlage erfasst gewesen. Auf Grund des durch die Treuhandvereinbarung vom 23. September 1993 hergestellten Zusammenhanges zwischen dem Liegenschaftsverkauf und dem Insolvenzverfahren der D. GmbH, das zu einem Zwangsausgleich hätte führen sollen, sei die belangte Behörde der Meinung, dass die im Insolvenzverfahren der D. GmbH durch die J. GmbH getätigten Käufe nicht von der Ausnahme des § 67 Abs. 5 ASVG erfasst seien. Die wesentlichen Betriebsgrundlagen (Liegenschaft, Gebäude, Werkstätteneinrichtung und Geschäftsbeziehung zum Importeur) seien unmittelbar nach Abschluss des Kaufvertrages zwischen der D. GmbH und der J. GmbH, nämlich seit 24. September 1993 genutzt worden, weshalb der Betrieb an diesem Tag tatsächlich übergegangen sei. Die Gegenstände des Warenlagers, wozu insbesondere Neufahrzeuge und Original-Ersatzteile sowie Zubehör gehörten, stellten keine wesentliche Betriebsgrundlage bei der Betriebsfortführung dar, weil diese Gegenstände bei Bestehen einer entsprechenden Vertragsbeziehung vom Importeur jederzeit hätten beschafft werden können. Die Bestände an Neufahrzeugen, an Original-Ersatzteilen sowie an Zubehör der konkreten Automarke sei lediglich eine Folge des Bestehens einer Vertragsbeziehung mit dem Importeur. Daraus wiederum ergebe sich die Wesentlichkeit eines solchen Vertrages als Betriebsgrundlage. Als unmaßgeblich für die Betriebsfortführung wertete die belangte Behörde die von der J. GmbH eingebrachten Gebrauchtfahrzeuge und - wie bereits im Sachverhalt festgehalten - die Übernahme eines Großteils der bei der D. GmbH Beschäftigten durch die J. GmbH.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse hat sich am Verfahren nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Absätze 4 und 5 (letzterer in der Fassung BGBl. Nr. 411/1996) des § 67 ASVG lauten:
"(4) Wird ein Betrieb übereignet, so haftet der Erwerber für Beiträge, die sein Vorgänger zu zahlen gehabt hätte, unbeschadet der fortdauernden Haftung des Vorgängers sowie der Haftung des Betriebsnachfolgers nach § 1409 ABGB unter Bedachtnahme auf § 1409a ABGB und der Haftung des Erwerbers nach § 25 des Handelsgesetzbuches für die Zeit von höchstens zwölf Monaten vom Tag des Erwerbes zurückgerechnet. Im Fall einer Anfrage beim Versicherungsträger haftet er jedoch nur mit dem Betrag, der ihm als Rückstand ausgewiesen worden ist.
(5) Abs. 4 gilt nicht bei einem Erwerb im Zuge eines Vollstreckungsverfahrens, bei einem Erwerb aus einer Konkursmasse, im Wege des Ausgleichsverfahrens (auch des fortgesetzten Verfahrens) oder der Überwachung des Schuldners durch Sachwalter der Gläubiger."
In ihrer Beschwerde weist die beschwerdeführende Gesellschaft darauf hin, dass das für die Betriebsfortführung notwendige Warenlager sowie die Verkaufs- und Werkstätteneinrichtung entweder aus der Konkursmasse der D. GmbH erworben oder von der J. GmbH selbst eingebracht worden sei. Der Erwerb im Insolvenzverfahren begründe den Ausnahmetatbestand des § 67 Abs. 5 ASVG.
Diese Argumentation lässt aber den Umstand unberücksichtigt, dass der Betrieb im Erwerbszeitpunkt in eingeschränktem Umfang geführt worden ist. Nach den insoweit unbekämpft gebliebenen Feststellungen wurde der Betrieb - wobei es sich mangels zum Verkauf verfügbarer Fahrzeuge nur (mehr) um einen Reparaturbetrieb handeln konnte - bis zur Übergabe an die beschwerdeführende Gesellschaft von der D. GmbH geführt, wobei von 16 bei der D. GmbH beschäftigten Dienstnehmern 14 von der beschwerdeführenden Gesellschaft übernommen wurden und nach einer einwöchigen Schließung des Betriebes "aus organisatorischen Gründen ... unter dem Namen J. GmbH in der Folge nahtlos weitergearbeitet" wurde. Da der Betrieb im Erwerbszeitpunkt den sich aus den Feststellungen ergebenden reduzierten Umfang (ohne Citroen - Händlervertrag) hatte, sind auch die für die Führung des Betriebes wesentlichen Betriebsmittel andere als jene, auf die sich die beschwerdeführende Gesellschaft in ihrer Beschwerde bezieht. Der Kraftfahrzeug - Reparaturbetrieb konnte nämlich ohne Weiteres in einer mit funktionstüchtigen Hebebühnen, Motor- und Abgastester, Richtbank, Lackierbox und Einbrennanlage eingerichteten Werkstätte (weiter)geführt werden, zumal das für Reparaturen benötigte Werkzeug kurzfristig beschafft werden konnte, somit keine wesentliche Grundlage des Betriebes darstellte. Tatsächlich wurde der Betrieb mit nur geringfügig verkleinertem Personalstand von der beschwerdeführenden Gesellschaft "nahtlos" weitergeführt. Dass die beschwerdeführende Gesellschaft später vom Masseverwalter bzw. von sonstigen Dritten weitere Betriebsmittel zur Führung eines anderen (vergrößerten) Betriebes erwarb bzw. den Betrieb durch den Abschluss eines neuen Vertrages mit Citroen wieder zur früheren Größe geführt hat, vermag an der Einschätzung nichts zu ändern, dass die beschwerdeführende Gesellschaft auf Grund des Kaufvertrages mit der D. GmbH im Erwerbszeitpunkt den "verkleinerten" Betrieb und damit die für die Führung des Vorgängerbetriebes wesentlichen Betriebsmittel - ebenfalls von der D. GmbH - erworben hat.
Die belangte Behörde hat demnach auf Grund des festgestellten Sachverhaltes die Haftung der beschwerdeführenden Gesellschaft als Erwerberin des Betriebes der D. GmbH im Ergebnis zutreffend bejaht.
Als Verfahrensfehler rügt die beschwerdeführende Gesellschaft die fehlende Einvernahme von im Verwaltungsverfahren namhaft gemachten Zeugen, unterlässt es jedoch, die Relevanz dieser behaupteten Verfahrensmängel aufzuzeigen; welche Feststellungen auf Grund dieser Verfahrensergebnisse hätten getroffen werden sollen, bleibt nämlich offen.
Hebt die beschwerdeführende Gesellschaft aus der Aussage ihres Geschäftsführers seine Angaben hervor, "daß ein Großteil der Werkstätteneinrichtung zu Beginn der Betriebsaufnahme neu angeschafft werden mußte" und die bestehende Werkstätteneinrichtung teilweise schadhaft gewesen sei und mit großem Kostenaufwand habe repariert werden müssen, so führt sie in diesem Zusammenhang nicht aus, dass auf Grund dessen eine Betriebsführung nicht stattgefunden hätte. Im Fehlen solcher Feststellungen liegt daher kein aufzugreifender Verfahrensmangel.
Schließlich sieht die beschwerdeführende Gesellschaft generell eine Verletzung des "Überraschungsverbotes" in der Unterlassung der von ihr beantragten bzw. der von der belangten Behörde selbst in Aussicht gestellten Beweisaufnahmen. Dazu ist die beschwerdeführende Gesellschaft wiederum darauf zu verweisen, dass sie auch hier die Wesentlichkeit des angeblichen Verfahrensmangels nicht darlegt.
Somit lastet dem angefochtenen Bescheid auch kein zur Aufhebung führender Verfahrensmangel an, weshalb die Beschwerde insgesamt gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Der Kostenzuspruch an den Bund erfolgte im Rahmen des gestellten Begehrens.
Wien, am 3. Oktober 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1999080073.X00Im RIS seit
05.02.2003