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90 Straßenverkehrsrecht, KraftfahrrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung des Individualantrags einer einen "Shuttledienst" betreibenden Gesellschaft auf Aufhebung einer Verordnung des Magistrats der Stadt Wien betreffend ein Fahrverbot im Bereich des Busbahnhofs Wien-Mitte mangels Bestehens eines subjektiven öffentlichen RechtsSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1.1. Die antragstellende Gesellschaft begehrt mit dem auf Art139 B-VG gestützten Antrag, die Verordnung des Magistrats der Stadt Wien vom 7. April 1994, Z MA 46-V-3-517/94, kundgemacht durch Aufstellen der entsprechenden Straßenverkehrszeichen gemäß §§52 lita Z1 und 54 Abs1 StVO 1960 laut Aktenvermerk am 19. Mai 1994, mit der in Wien 3., am Busbahnhof Wien-Mitte "das Fahren mit Fahrzeugen aller Art, ausgenommen Linienomnibusse, Omnibusse im Gelegenheitsverkehr mit Einfahrtsberechtigung sowie Zufahrt zur Ladetätigkeit und Taxi, verboten" wurde, zur Gänze, in eventu die Wortfolge "mit Einfahrtsberechtigung", als gesetzwidrig aufzuheben.
1.2. Die antragstellende Gesellschaft betreibt nach ihrem Vorbringen einen "Shuttledienst", nämlich die Beförderung von Passagieren und deren Gepäck im Gelegenheitsverkehr vom Busbahnhof Wien-Mitte zum Flughafen Wien-Schwechat bzw. zurück. Zu diesem Zweck müsse sie je nach Passagieraufkommen den Busbahnhof mit Pkw oder Bussen befahren. Eine straßenpolizeiliche Beanstandung habe es diesbezüglich nie gegeben, die österreichischen Bundesbahnen verweigerten ihr jedoch die Zufahrt zum Busbahnhof.
1.3. Mit Urteil des Bezirksgerichtes Schwechat vom 20. Februar 1997 wurde die antragstellende Gesellschaft als beklagte Partei schuldig erkannt, "das Befahren des Autobusbahnhofes Wien-Mitte in 1030 Wien, Landstraße Hauptstraße 1b, der auf dem Grundstück Nr. 91/1 sonstige (Bahnanlage) der Liegenschaft EZ 3404 Grundbuch 02001 Eisenbahnbuch, im Bereiche südwestlich der Marxer Brücke zwischen Gigergasse und Großmarkthalle-Fleischhalle, sowie dem Bahnhofsgebäude Wien-Mitte situiert ist, sowie jedwede Art der kommerziellen Benützung im Rahmen des Personentransportverkehrs mittels der von ihr gehaltenen bzw. benützten Fahrzeuge sohin insbesondere das Zufahren, Parken, die Gestattung von Zu- und Aussteigen von Fahrgästen in diesem Bereich zu unterlassen". Das Bezirksgericht Schwechat stellte fest, daß die klagende Partei, die österreichischen Bundesbahnen, Generaldirektion Kraftwagenverkehr, Grundstückseigentümer bzw. Verfügungsberechtigte des oben bezeichneten Autobusbahnhofes sei, zu dessen Benutzung die Linienomnibusse der klagenden Partei und der Post- und Telegraphenverwaltung berechtigt seien. Das Ansuchen der beklagten Partei um die Bewilligung zur Inanspruchnahme des Busbahnhofes Wien-Mitte für ihren Werksverkehr sei von der Generaldirektion der österreichischen Bundesbahnen mit dem Hinweis auf die Überlastung des Busbahnhofes verweigert worden. Trotz der Nichterteilung der Benützungsbewilligung durch die österreichischen Bundesbahnen sei der Busbahnhof von den Fahrzeugen der beklagten Partei benutzt worden. Daß es dadurch jedoch zur Behinderung bzw. einer Verspätung der Linienbusse im Linienverkehr der klagenden Partei gekommen sei, habe nicht festgestellt werden können.
1.4. Zur Begründung der Antragslegitimation führt die antragstellende Gesellschaft aus, daß sie bei Benützung der betreffenden öffentlichen Verkehrsfläche straßenpolizeiliche Strafen zu gewärtigen hätte. Weiters sei sie dadurch in ihrer Rechtssphäre betroffen, daß die österreichischen Bundesbahnen unter Hinweis auf die gegenständliche Verordnung privatrechtlich die Zufahrt zum Busbahnhof verwehren würden. Der Antragstellerin bleibe sohin kein anderer Weg, um sich gegen die für rechtswidrig erachtete Verordnung zur Wehr zu setzen. Das Gericht sei der Anregung auf ein Verordnungsprüfungsverfahren nicht gefolgt.
1.5. Die verordnungserlassende Behörde (Magistrat der Stadt Wien) bestreitet in ihrer Äußerung die Antragslegitimation der antragstellenden Gesellschaft und verteidigt im Eventualvorbringen die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verordnung.
2. Der Verfassungsgerichtshof hat zur Frage der Zulässigkeit des Antrages erwogen:
2.1. Gemäß Art139 Abs1 letzter Satz B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer (natürlichen oder juristischen) Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.
Anfechtungsberechtigt ist also nur der Normadressat, in dessen Rechtssphäre in einer nach Art und Ausmaß im Gesetz eindeutig bestimmten Weise nicht bloß potentiell, sondern aktuell eingegriffen wird und dem ein anderer zumutbarer Weg zur Geltendmachung nicht zur Verfügung steht (vgl. VfSlg. 8009/1977, ua.). Dabei ist von jenen Wirkungen der Norm auszugehen, durch die sich der Antragsteller beschwert erachtet (vgl. VfSlg. 8060/1977, ua.).
2.2. Im vorliegenden Fall wird durch die bekämpfte Verordnung ein Fahrverbot in Wien 3., Busbahnhof Wien-Mitte, im Bereich zwischen Marxergasse und Gigergasse, für Fahrzeuge aller Art normiert. In den Busbahnhof einfahren dürfen Linienomnibusse, Omnibusse im Gelegenheitsverkehr mit Einfahrtsberechtigung sowie Fahrzeuge zum Zwecke der Ladetätigkeit und Taxis. Damit wird jedoch eine aktuelle Beeinträchtigung rechtlich geschützter Interessen der antragstellenden Gesellschaft nicht bewirkt:
Weder aus der StVO 1960 noch aus einer sonstigen Vorschrift kann die antragstellende Gesellschaft für sich einen Rechtsanspruch auf ein Zufahrtsrecht in den oben beschriebenen Busbahnhofsbereich ableiten. Auch wenn nicht zu verkennen ist, daß das an alle gerichtete allgemeine Fahrverbot die antragstellende Gesellschaft wirtschaftlich wesentlich härter trifft als einen beliebigen Verkehrsteilnehmer, stellt das Interesse der antragstellenden Gesellschaft an der Teilnahme am Gemeingebrauch (am öffentlichen Verkehr) kein subjektives öffentliches Recht dar (vgl. VwGH 10.6.1983, 83/02/0133, 0134). Steht doch das Recht zum Befahren einer öffentlichen Straße (vgl. dazu VwGH 20.3.1979, 1240/78) jedermann zu und genießt das Interesse des Fahrzeuglenkers an der Teilnahme am Gemeingebrauch rechtlichen Schutz nur in jenem Rahmen, der diesem Gemeingebrauch jeweils allgemein (für alle Verkehrsteilnehmer in gleicher Weise) gezogen ist (vgl. VfSlg. 8757/1980, 9309/1981, 10096/1984, 10491/1985, 13317/1992). Besondere Umstände, die es erlauben würden, einen aktuellen Eingriff in eine rechtlich geschützte Interessenssphäre anzunehmen - wie etwa das Verbot des Anfahrens eines Warenumschlagplatzes (VfSlg. 8984/1980, 9721/1983) oder die Sperre der Zufahrt zu einem Grundstück (VfSlg. 9089/1981) - sind im vorliegenden Fall nicht zu erkennen.
Damit ist es ausgeschlossen, daß durch die angefochtene Verordnung, soweit sie sich auf von der antragstellenden Gesellschaft gehaltene oder benutzte Fahrzeuge bezieht, ein Eingriff in die Rechte der antragstellenden Gesellschaft bewirkt worden sein könnte.
Der Antrag war daher schon aus diesem Grund wegen fehlender Antragslegitimation als unzulässig zurückzuweisen.
3. Dieser Beschluß konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung ergehen.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Straßenpolizei, Fahrverbot, Rechte subjektive öffentlicheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1999:V93.1997Dokumentnummer
JFT_10008994_97V00093_00