Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §69 Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der M in S, vertreten durch die Rechtsanwälte Berger & Aichlreiter in 5020 Salzburg, Sterneckstraße 55/1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 14. Februar 2000, Zl. UVS-4/10141/3-2000, betreffend Wiederaufnahme eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 27. Oktober 1999 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe es als die gemäß § 370 GewO 1994 verantwortliche gewerberechtliche Geschäftsführerin einer näher bezeichneten Gesellschaft mbH zu verantworten, dass von dieser Gesellschaft von zumindest 7. Mai 1998 bis 20. Oktober 1998 eine nach den Bestimmungen der Gewerbeordnung genehmigungspflichtige Betriebsanlage zur Ausübung des Gewerbes "Handel mit Landmaschinen aller Art samt Zubehör und Ersatzteile" an einem näher bezeichneten Standort betrieben worden sei (so seien z.B. sämtliche Betriebsräume wie Werkstätte, Ersatzteillagerraum und Abstellraum voll betriebsfähig gewesen, diverse Freiflächen im südlichen und westlichen Bereich des Betriebsgebäudes seien für das Abstellen von Traktoren und landwirtschaftlichen Geräten genutzt worden usw.), ohne im Besitz einer hiefür erforderlichen gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung gewesen zu sein, obwohl der Betrieb der Anlage geeignet gewesen sei, die Nachbarn im Bereich G.- Weg 28A und 32 durch die erhöhte Explosionsgefahr, verursacht durch die verwendete Flüssiggasheizanlage, zu gefährden. Sie habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 2 zweiter Fall iVm § 74 Abs. 2 Z. 1 und Z. 2 GewO 1994 begangen, weshalb über sie gemäß § 366 Abs. 1 Einleitungssatz leg. cit. eine Geldstrafe in der Höhe von S 12.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage, 12 Stunden) verhängt wurde.
Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. Mai 2000, Zl. 99/04/0222, wurde die gegen den genannten Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 14. Februar 2000 wurde dem (am 26. Jänner 2000 bei der Behörde erster Instanz eingelangte) Antrag der Beschwerdeführerin, das mit Bescheid vom 27. Oktober 1999 abgeschlossene Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 69 Abs. 1 Z 2 AVG in Verbindung mit § 24 VStG wieder aufzunehmen, nicht stattgegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Wiederaufnahme des vorangegangenen (mit Bescheid vom 27. Oktober 1999 abgeschlossenen) Verwaltungsstrafverfahren verletzt. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften - "erforderlichenfalls nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung" - kostenpflichtig aufzuheben.
Nach der (im Wiederaufnahmeantrag und in der Beschwerde herangezogenen) Bestimmung des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten.
Voraussetzung für die angestrebte Wiederaufnahme ist (auch) die Entscheidungsrelevanz der neu hervorgekommenen Tatsachen oder Beweismittel. Die Wiederaufnahme kann daher nur in Betracht kommen, wenn der herangezogene Wiederaufnahmegrund einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 15. April 1998, Zl. 98/09/0051, sowie die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I, zweite Auflage, Seite 1490, E 114f wiedergegebene hg. Judikatur).
In dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshof vom 31. Mai 2000, Zl. 99/04/0222, dem das rechtskräftig abgeschlossene Verwaltungsstrafverfahren betreffend die Bestrafung der Beschwerdeführerin zugrundelag, wurde unter anderem folgendes ausgeführt:
"Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen hat, begründet die grundsätzliche Eignung einer Betriebsanlage, die in den Z. 1 bis 5 des § 74 GewO 1994 genannten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen herbeizuführen, die Genehmigungspflicht. Hingegen ist die Frage, ob von der konkreten geplanten oder bereits errichteten Betriebsanlage solche Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstige nachteilige Einwirkungen im konkreten Einzelfall tatsächlich ausgehen, im Genehmigungsverfahren zu prüfen und, je nach dem Ergebnis dieser Prüfungen - allenfalls unter Vorschreibung von Auflagen - die Genehmigung nach § 77 GewO 1973 zu erteilen oder zu versagen (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 23. November 1993, Zl. 93/04/0131 und vom 28. November 1995, Zl. 93/04/0049). Ausgehend von dieser Rechtslage ist für die Beurteilung der Genehmigungspflicht der in Rede stehenden Betriebsanlage unter dem Gesichtspunkt einer von der Flüssiggasanlage ausgehenden Explosionsgefahr allein entscheidend, ob die Verwendung von Flüssiggas in Verbindung mit einem halb in die Erde eingegrabenen Flüssiggas-Tank ohne besondere Sicherheitsvorkehrungen die Gefahr einer Explosion und damit verbunden die Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit der in einer Entfernung von 44 m lebenden Nachbarn mit sich bringt. Nicht bedeutsam ist in diesem Zusammenhang, ob eine solche Gefahr auch mit jener Anlage verbunden ist, die tatsächlich und unter Einhaltung verschiedener Sicherheitseinrichtungen errichtet wurde. ... Es ist daher auch für die Strafbarkeit des der Beschwerdeführerin zur Last gelegten Verhaltens ohne jede rechtliche Bedeutung, ob sie gegebenenfalls über die Gefährlichkeit der tatsächlich errichteten Anlage im Irrtum war. Sie vermag daher auch mit den diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerde eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun. Ähnliches gilt für das die Befragung des Zeugen Ing. S betreffende Beschwerdevorbringen. Da der Verwaltungsgerichtshof von der durch die Verwendung der Flüssiggasanlage bedingten Offenkundigkeit der Tatbestandsvoraussetzungen der Genehmigungspflicht der in Rede stehenden Betriebsanlage ausgeht, kann in allfälligen bei Vernehmung dieses Zeugen (der das Bestehen dieser Gefährdung bestätigte) unterlaufenen Verfahrensverstößen eine Verletzung von Verteidigungsrechten der Beschwerdeführerin nicht gelegen sein."
Den Ausführungen des Wiederaufnahmeantrages und der Beschwerde ist kein Sachverhalt oder Beweismittel zu entnehmen, die geeignet wären, die Strafbarkeit bzw. den Ausgang des Verwaltungsstrafverfahrens zu ändern. Den Behauptungen der Beschwerdeführerin, die Nachbarn würden durch die tatsächlich errichtete Anlage nicht gefährdet bzw. die Aussage des (sachverständigen) Zeugen Ing. S sei durch die angebotenen Ausführungen der Fachfirma widerlegt, kommt keine Entscheidungsrelevanz zu. Auch wenn die Beschwerdeführerin diesen Sachverhalt nachgewiesen bzw. die dafür im Wiederaufnahmeantrag angebotenen Beweise im Strafverfahren vorgelegt hätte, bliebe ihr Verhalten unverändert strafbar (vgl. das genannte Erkenntnis 99/04/0222). Die Widerlegung der Aussage des Zeugen Ing. S bzw. der Nachweis einer fehlenden tatsächlichen Nachbargefährdung durch die konkrete Anlage würde an der Genehmigungspflicht der Betriebsanlage jedenfalls nichts ändern und demnach nicht zu einem Freispruch bzw. einer Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens führen.
Die von der Beschwerdeführer als "neu" angesehenen Tatsachen oder Beweismittel hätten somit einen anders lautenden Bescheid nicht herbeigeführt. Es kann - weil daher schon aus diesem Grund der Wiederaufnahmegrund des § 69 Abs. 2 Z 2 AVG nicht vorliegt - unbeantwortet bleiben, ob die Beschwerdeführerin ein Verschulden daran trifft, dass die als Wiederaufnahmegrund gebrauchten Tatsachen oder Beweismittel nicht schon früher geltend gemacht wurden.
Da der Inhalt des Wiederaufnahmeantrages erkennen lässt, dass der darin behauptete Wiederaufnahmegrund nicht vorliegt, war es nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde keine mündliche Verhandlung durchführte. Die Entscheidung über den Wiederaufnahmeantrag der Beschwerdeführerin erforderte nämlich keine Sachverhaltsfeststellungen (vgl. § 51e Abs. 3 Z 1 VStG; Walter/Thienel, a.a.O. Band II, zweite Auflage 2000, Seite 1030, Anm. 10).
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Von einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 9. Oktober 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2000040077.X00Im RIS seit
20.01.2003