TE Vwgh Erkenntnis 2002/10/9 2002/04/0058

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Veröffentlicht am 09.10.2002
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Index

L72007 Beschaffung Vergabe Tirol;
95/05 Normen Zeitzählung;
97 Öffentliches Auftragswesen;

Norm

ABVV 1994 §8 Abs1;
BVergG 1997 §43;
LVergG Tir 1998 §5 Abs1 litb;
ÖNORM A 2050 Pkt3.2.5 Abs9;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der P GesmbH in G, vertreten durch Dr. Wilfried Mayer, Dr. Michael Schneditz-Bolfras, Dr. Fritz Vierthaler und Dr. Christoph Mizelli, Rechtsanwälte in 4810 Gmunden, Marktplatz 16, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 28. März 2002, Zl. uvs-2002/K11/006-2, betreffend Nachprüfungsverfahren nach dem Tiroler Vergabegesetz (mitbeteiligte Partei: Gemeindeverband des Bezirkskrankenhauses L), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei hat mit Schriftsatz vom 21. März 2002 bei der belangten Behörde die Nachprüfung der von der mitbeteiligten Partei vorgenommenen Ausschreibung "der Trockenbauarbeiten bei Umbau- und Erweiterung des Nordtraktes des Bezirkskrankenhauses L" beantragt und gleichzeitig einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gestellt.

Der - gegenüber der beschwerdeführenden Partei und der mitbeteiligten Partei ergangene - vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtene Bescheid enthält folgenden Spruch:

"Spruch:

Der Antrag, die Entscheidung des Antragsgegners hinsichtlich des Bauvorhabens Umbau- und Erweiterung Nordtrakt, Angebotsgegenstand Trockenbauarbeiten, wonach im Vergabeverfahren die Firma L GesmbH als Bestbieter und die Firma B Vermiet-, Handels- und Baugesellschaft m.b.H. als zweitbester Bieter gereiht wird, als nichtig zu erklären bzw. rechtswidrig aufzuheben, wird als unbegründet abgewiesen."

In der Begründung dieses Bescheides geht die belangte Behörde in sachverhaltsmäßiger Hinsicht - soweit dies zur Beurteilung des vorliegenden Beschwerdefalles von Bedeutung ist - davon aus, dass die beschwerdeführende Partei fristgerecht ein Angebot unterbreitet habe und von der mitbeteiligten Partei an die dritte Stelle gereiht worden sei. In den "Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen" sei unter Position 000002120 eine rechtsgültige Unterfertigung des Angebotes gefordert. Die Rubrik 000005180 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen trage die Überschrift "firmenmäßige Fertigung" und werde darin weiters ausgeführt:

"Bei Auftragserteilung unterzeichnet der Bieter die der Ausschreibung zu Grunde gelegten Pläne und sonstigen Unterlagen rechtsgültig. Wenn diese Unterfertigung nicht spätestens 14 Tage nach Erhalt einer schriftlichen Aufforderung erfolgt, gelten sämtliche Angebotsunterlagen als vom Auftragnehmer in allen Teilen anerkannt und rechtsverbindlich."

Die Angebote der (erstgereihten) Firma L und der (zweitgereihten) Firma B seien jeweils von einer Person unter Beifügung der Firmenstampiglie unterfertigt gewesen.

Wie es sodann weiters heißt, befindet sich das Vergabeverfahren nach wie vor im Stadium vor Zuschlagserteilung. Mit Schreiben vom 28. Februar 2002 seien sämtliche am Verfahren beteiligte Bieter davon in Kenntnis gesetzt worden, dass beabsichtigt sei, der Firma L GesmbH den Zuschlag zu erteilen. Der Zuschlag sei noch nicht erteilt.

In ihrer rechtlichen Beurteilung vertritt die belangte Behörde in der hier entscheidenden Frage die Auffassung, es sei zwar richtig, dass die Position 000005180 die Überschrift "firmenmäßige Unterfertigung" führe, gleichzeitig sei im darauf folgenden Text lediglich von einer rechtsgültigen Unterfertigung von Unterlagen die Rede. Die Position 000005180 beziehe sich jedoch nicht - wie die beschwerdeführende Partei vermeine - auf das Angebot als solches, sondern lediglich auf die Art und Weise der Auftragserteilung nach erfolgter Bestbieterermittlung. Die Auftragserteilung hätte jedoch nach Rechtsansicht der erkennenden Behörde entsprechend der Position 000005180 nicht firmenmäßig sondern lediglich rechtsgültig unterfertigt sein müssen. Die Überschrift "firmenmäßige Unterfertigung" dürfte einer standardisierten Leistungsbeschreibung bzw. der damit verbundenen Vorbemerkung entnommen sein. Aus der daran anschließenden Textierung gehe klar hervor, dass dem Auftraggeber nicht an einer firmenmäßigen Unterfertigung gelegen gewesen sei. Insbesondere aus der Zusammenschau mit der Position 000002120 auf Seite 2 gehe klar und eindeutig hervor, dass dem Auftraggeber lediglich an einer rechtsgültigen Unterfertigung des Angebotes gelegen gewesen sei. Wörtlich werde unter Position 000002120 ausgeführt wie folgt:

"Ein gültiges Angebot liegt vor, wenn rechtzeitig abgegeben werden:

-

das ausgefüllte und rechtsgültig gefertigte Angebot

-

das ausgefüllte Summenblatt, das in den übrigen Teilen nicht ausgefüllte Ausschreibungsleistungsverzeichnis

..."

Die belangte Behörde kommt sodann zum Schluss, dass sowohl das Angebot der Firma L als auch der Firma B im Sinne der ÖNORM A 2050 rechtsgültig gefertigt sei, auch wenn die Voraussetzungen einer firmenmäßigen Fertigung nicht erfüllt seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor. Auf die Erstattung einer Gegenschrift wurde verzichtet. Von Seiten der mitbeteiligten Partei wurde eine Äußerung abgegeben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 5 Abs. 1 lit. b des Tiroler Vergabegesetzes 1998, LGBl. für Tirol Nr. 17 idF LGBl. Nr. 76/1999, bestimmt, dass der 2. Teil mit Ausnahme des § 34 des Bundesvergabegesetzes 1997 auf die Vergabe von Aufträgen sinngemäß anzuwenden ist.

Nach § 43 des Bundesvergabegesetzes 1997 sind hinsichtlich der Form, des Inhaltes und der Einreichung der Angebote durch Verordnung der Bundesregierung die entsprechenden Bestimmungen der ÖNORM A 2050 "Vergabe von Aufträgen über Leistungen - Ausschreibung, Angebot und Zuschlag - Verfahrensnorm" vom 1. Jänner 1993 für bindend zu erklären.

Hinsichtlich der Form und des Inhaltes der Angebote gilt nach § 8 Abs. 1 der Allgemeinen Bundesvergabeverordnung, BGBl. Nr. 17/1997, Punkt 3.2 der ÖNORM A 2050.

Punkt 3.2.5 der ÖNORM A 2050 (vom 1. Jänner 1993) lautet

auszugsweise:

"Jedes Angebot muss insbesondere enthalten:

(1) Firma (Geschäftsbezeichnung, Name) und Geschäftssitz des Bieters; bei Arbeitsgemeinschaften die Nennung eines zum Abschluss und zur Abwicklung des Vertrages bevollmächtigten Vertreters unter Angabe seiner Adresse und die Erklärung, dass sich die Bieter zur Leistungserbringung solidarisch verpflichten; bei Bietergemeinschaften die Erklärung, dass sie im Auftragsfalle die Leistung als Arbeitsgemeinschaft erbringen; schließlich die Anschrift jener Stelle, die zum Empfang der Post berechtigt ist;

...

(9) Datum und rechtsgültige Unterfertigung des Bieters."

Die beschwerdeführende Partei macht geltend, dass der öffentliche Auftraggeber, die mitbeteiligte Partei, in den Angebotsbestimmungen festlege, dass der Bieter sein Angebot gemäß Abschnitt 3 der ÖNORM A 2050 zu erstellen habe und weiters festlege, dass ein gültiges Angebot nur dann vorliege, wenn es rechtsgültig gefertigt worden sei. Die mitbeteiligte Partei verwende also in den Angebotsbestimmungen den gleichen Begriff wie die einschlägige ÖNORM. Bemerkenswert und nicht unwesentlich sei jedoch die Tatsache, dass in den gleichen Angebotsbestimmungen, und zwar auch in Punkt 000005180 unter der Überschrift "firmenmäßige Unterfertigung" vom Bieter Folgendes verlangt werde:

"Bei Auftragserteilung unterzeichnet der Bieter die der Ausschreibung zu Grunde gelegten Pläne und sonstigen Unterlagen rechtsgültig ...". Aus letzterer Formulierung sei abzuleiten, dass im gegenständlichen Fall der öffentliche Auftraggeber unter einer rechtsgültigen Unterfertigung eine firmenmäßige Unterfertigung verstehe.

Die beschwerdeführende Partei ist damit nicht im Recht. Der Verwaltungsgerichtshof folgt vielmehr der Auffassung der belangten Behörde, dass die "firmenmäßige" Fertigung des Angebotes nicht gefordert ist, sondern vielmehr die "rechtsgültige Unterfertigung" des Angebotes im Sinne Punkt 3.2.5. Absatz 9 ÖNORM A 2050. Wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, betrifft die die Überschrift" firmenmäßige Unterfertigung" tragende Position 000005180 lediglich die Art und Weise der Auftragserteilung nach erfolgter Bestbieterermittlung (und ist daher auch nicht darauf näher einzugehen, ob es zutrifft, dass ungeachtet der Überschrift auch nach dieser Position eine "firmenmäßige Fertigung" nicht gefordert sei). Hinsichtlich der Form der Angebote bestimmt vielmehr - und zwar im Einklang mit dem für verbindlich erklärten Punkt 3.2.5 Absatz 9 der ÖNORM A 2050 - die "Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen" unter Position 000002120 (lediglich) das Erfordernis der rechtsgültigen Unterfertigung.

Damit geht aber auch der Beschwerdehinweis auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 19. Mai 1998, 7 Ob 159/97a, schon deshalb ins Leere, weil sich diese Entscheidung auf einen Fall bezog, in dem die firmenmäßige Zeichnung des Anbotes in den Ausschreibungsunterlagen ausdrücklich gefordert war.

Bei einer "rechtsgültigen Unterfertigung" des Angebotes durch den Bieter genügt es, dass der Bieter durch sein Angebot zivilrechtlich gebunden ist. Rechtsgültig unterfertigt ist ein Angebot auch dann, wenn der Unterzeichnende zur Fertigung entweder generell oder auch nur für diese Ausschreibung berechtigt ist. Einer firmenmäßigen Zeichnung bedarf es hiezu nicht (vgl. Platzer/Öhlinger, EU-konforme Ausschreibungen2, 90 f; ebenso Heid, Entscheidungsbesprechung zu OGH vom 19. Mai 1998, 7 Ob 159/97a, ecolex 1999, 16; vgl. in diesem Sinne auch B-VKK vom 16. März 1999, Zl. S-37/99-16, mit Erwägungen zum gemeinschaftsrechtlichen Diskriminierungsverbot und damit weiters zur Inländerdiskriminierung; vgl. weiters Holoubek, Rechtssprechung BVA, B-VKK, ZVB 2002, 56). Prüfungsmaßstab ist somit (lediglich) - unter Heranziehung der gesetzlichen Regeln über die Vertretung - das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Vertretung (vgl. in diesem Sinne zur (deutschen) Rechtslage auch Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB9, 690).

Dass aber im vorliegenden Fall die Angebote der Firma L GesmbH und der Firma B Vermiet-, Handels- und Baugesellschaft m.b.H. nicht rechtsgültig - im Sinne von zivilrechtlich bindend - unterfertigt gewesen seien, wird in der Beschwerde nicht behauptet, sondern (lediglich) dass diese nicht firmenmäßig gefertigt gewesen seien.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Wien, am 9. Oktober 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002040058.X00

Im RIS seit

20.01.2003

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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