TE Vwgh Erkenntnis 2002/10/11 99/02/0065

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Veröffentlicht am 11.10.2002
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Index

L67008 Ausländergrunderwerb Grundverkehr Vorarlberg;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

GVG Vlbg 1993 §18 Abs1;
GVG Vlbg 1993 §18 Abs2;
GVG Vlbg 1993 §29;
GVG Vlbg 1993 §4 Abs1;
VwGG §42 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des AH in L, vertreten durch Dr. Alexander Matt, Rechtsanwalt in Bregenz, Belruptstraße 8, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 27. Jänner 1999, Zl. 3-1-03/99/K4, betreffend Negativbescheinigung nach dem Vorarlberger GVG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 332.-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 13. Oktober 1997 stellten H. G. als Veräußerin und der Beschwerdeführer als Erwerber ein "Grundverkehrs-Ansuchen" auf Genehmigung eines Grundverkehrs hinsichtlich eines näher bezeichneten Grundstücks in der KG L gemäß § 4 des Vorarlberger Grundverkehrsgesetzes (kurz: GVG), LGBl. Nr. 61/1993. Als Rechtsgrund wurde Kauf dieses Grundstücks angegeben. Ferner gaben die Parteien u.a. an, dass das Grundstück ein Ausmaß von 3226 m2 habe, aktuell land- und forstwirtschaftlich genutzt werde und nach dem rechtsgültigen Flächenwidmungsplan als Freifläche gewidmet sei.

Die Grundverkehrs-Landeskommission versagte mit Bescheid vom 23. März 1998 gemäß § 5 Abs. 1 lit. a i.V.m. Abs. 2 lit. a GVG die beantragte Genehmigung.

Die belangte Behörde gab der gegen diesen Bescheid von H. G. und vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung mit Bescheid vom 23. Juni 1998 keine Folge.

Mit Eingabe vom 1. Dezember 1998 stellte der Beschwerdeführer den Antrag, ihm gemäß § 18 GVG hinsichtlich des Erwerbs des Pachtrechtes an dem vorgenannten Grundstück in der KG L (Pachtvertrag vom 17. August 1998) eine Negativbescheinigung auszustellen.

Mit Bescheid vom 31. Dezember 1998 stellte der Vorsitzende der Grundverkehrs-Landeskommission gemäß § 18 Abs. 1 i.V.m. § 29 GVG fest, dass der Pachtvertrag vom 17. August 1998 "der Genehmigungspflicht nach dem Grundverkehrsgesetz unterliegt".

In der Begründung dieses erstinstanzlichen Bescheides wird u. a. ausgeführt, die Nicht-Genehmigung des beantragten Kaufvertrages für das gegenständlichen Grundstück solle offensichtlich in seinen Auswirkungen durch den vorliegenden Pachtvertrag umgangen werden. Die Bestimmungen im Pachtvertrag kämen einem Kauf nahe, weil es vollkommen unüblich sei, dass Pachtverträge für kleine Grundstücke auf 90 Jahre abgeschlossen würden, dass der Pachtpreis für die gesamte Periode im Voraus bezahlt werde und dass dieser Pachtpreis etwa der Höhe des Kaufpreises entspreche. Es werde daher versucht, durch den vorliegenden Pachtvertrag, welcher für sich allein nicht genehmigungspflichtig sei, einen Zustand zu erreichen, wie er für einen genehmigungspflichtigen Kaufvertrag gegeben wäre. Die ungünstige rechtliche Situation, welche durch die Nicht-Genehmigung des Kaufvertrages entstanden sei, werde durch den vorliegenden Pachtvertrag derart manipuliert, dass keine Genehmigung erforderlich sei, aber andererseits doch eine Grundbuchseintragung und damit eine Absicherung des Pächters erreicht werden könne. Es werde daher durch den vorliegenden Pachtvertrag dem Pächter eine eigentümerähnliche Stellung eingeräumt. Der Pachtvertrag vom 17. August 1998 komme damit einem Kaufvertrag gleich, sodass hiefür eine grundverkehrsbehördliche Genehmigung erforderlich sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung. Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 27. Jänner 1999 wurde der Berufung keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch wie folgt zu lauten habe:

"Der Antrag auf Ausstellung einer Negativbescheinigung hinsichtlich des Erwerbs des Pachtrechts auf dem GST-NR ....., KG L, wird gemäß § 18 Abs. 2 des Grundverkehrsgesetzes abgewiesen."

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wurde u.a. ausgeführt, dass es sich bei der gegenständlichen Liegenschaft in der KG L um eine Fläche handle, die im rechtskräftigen Flächenwidmungsplan der Gemeinde L als "Freifläche-Landwirtschaftsgebiet" ausgewiesen sei. Darüber hinaus liege das Grundstück im Geltungsbereich der Verordnung der Vorarlberger Landesregierung über das Naturschutzgebiet "Gsieg-Obere Mähder" in L, LGBl. Nr. 23/1994. Im Grundstücksverzeichnis dieser Verordnung sei die Liegenschaft als Fettwiese ausgewiesen.

Am 17. August 1998 sei zwischen H. G. und dem Beschwerdeführer ein Pachtvertrag abgeschlossen worden, nach dem das gegenständliche Grundstück von H. G. an den Beschwerdeführer verpachtet werden solle. Dieser Pachtertrag weise u.a. folgende Vereinbarungen auf:

-

Der Pachtvertrag sei auf 90 aufeinander folgende Jahre geschlossen worden.

-

Der Pachtzins sei vom Pächter bereits für die gesamte Pachtdauer mit dem Betrag von 180.000 S (2.000 S pro Jahr) bezahlt worden, worüber die Verpächterin rechtsverbindlich quittiert habe.

-

Die auf das Pachtobjekt entfallenden Steuern und sonstigen öffentlichen Abgaben habe der Pächter zu entrichten.

-

Eine allfällige auf das Grundeigentum des Pachtobjektes fallende bzw. damit verbundene Feuchtigkeitsprämie werde von der Verpächterin dem Pächter abgetreten.

-

"Misswachs" oder durch Elementarereignisse herbeigeführte Schäden würden für den Pächter keinen Anspruch auf Nachlass oder Minderung des Pachtzinses begründen.

-

Unterverpachtung sei gestattet, wenn auf den Unterpächter alle Rechte und Pflichten nach dem Inhalt des Vertrags übergingen und der Pächter für die Einhaltung des Vertrags solidarisch mit dem Unterpächter hafte.

-

Dieser Vertrag sei auch für die Rechtsnachfolger beider Vertragsparteien verbindlich.

-

Die Vertragsparteien würden die ausdrückliche Einwilligung erteilen, dass das gegenständliche Pachtrecht für den Beschwerdeführer einverleibt werde.

Nach Ansicht der belangten Behörde sei eine Bewilligungspflicht des Pachtvertrages gegeben, weil dieser dem Pächter eine eigentümerähnliche Stellung einräume, somit ein Umgehungsgeschäft darstelle. Für ein Umgehungsgeschäft sei kennzeichnend, dass die Parteien, um den Zweck der Gesetzesumgehung zu erreichen, vielfach rechtliche Wirkungen in Kauf nähmen, die ihren wahren wirtschaftlichen Zwecken nicht entsprächen, anders sei aber der angestrebte Erfolg, die Umgehung des Gesetzes, nicht zu erreichen. Wollten aber die Parteien das Gesetz umgehen, so seien sie gezwungen, die tatsächlichen Verhältnisse so zu manipulieren, dass der Sachverhalt dem Gesetz nicht unterstellt werden könne. Die Parteien würden versuchen, bestimmten, für sie ungünstigen Rechtssätzen durch Umgestaltung (Manipulation) des Sachverhalts auszuweichen.

Auf Grund der näher dargelegten wesentlichen Vertragsbestimmungen des gegenständlichen Pachtvertrages in Verbindung mit der zuvor abgelehnten grundverkehrsbehördlichen Genehmigung des Kaufs der Liegenschaft könne von einer Verpachtung nicht die Rede sein. Vielmehr sei es offensichtlich das Ziel, dem Beschwerdeführer Eigentum zu verschaffen bzw. eine eigentümerähnliche Nutzung zu ermöglichen. Es könne nicht von einer selbständigen, nicht auf den Eigentumserwerb durch den Beschwerdeführer abzielenden Pachtvereinbarung die Rede sein. Der Beschwerdeführer sollte so gestellt werden, als hätte er die Liegenschaft erworben. Der Erwerb des Eigentums an einer landwirtschaftlichen Liegenschaft bedürfe jedoch nach § 4 Abs. 1 lit. a GVG der Genehmigung der Behörde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer bringt u.a. vor, dass der gegenständliche Pachtvertrag nicht der im § 4 GVG normierten Genehmigungspflicht unterliege, weil diese nach Abs. 1 lit. d leg. cit. nur für das Pachtrecht an landwirtschaftlichen Betrieben vorgesehen sei. Da es offenkundig sei, dass dieser Grundverkehr nicht der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung oder einer Erklärung nach § 7 GVG bedürfe, habe der Beschwerdeführer beim Vorsitzenden der Grundverkehrs-Landeskommission den Antrag auf Ausstellung einer Negativbescheinigung eingebracht. Es seien im angefochtenen Bescheid Ausführungen darüber, worin die eigentümerähnliche Stellung des Beschwerdeführers erblickt werde, unterblieben. Bei Prüfung dieser Frage könne allerdings allein davon ausgegangen werden, dass der abgeschlossene Pachtvertrag dem Beschwerdeführer unzweifelhaft ausschließlich die Rechtsstellung eines Pächters im Rahmen der Bestimmungen des 25. Hauptstücks des ABGB einräume, weil darin von keiner dieser Bestimmungen in unzulässiger Weise abgewichen worden sei. Es sei somit denkunmöglich, dass der gegenständliche Pachtvertrag den Beschwerdeführer auch nur in die Nähe der Rechtstellung des Eigentümers des Grundstückes zu rücken vermöge. Der Beschwerdeführer habe seine Absicht, das Eigentum am gegenständlichen Grundstück zu erwerben, aufgegeben und sich mit dem Erwerb eines ganz anderen Rechtes daran begnügt, nämlich dem ihm gesetzlich nicht verwehrten Erwerb des Pachtrechtes, weil das nicht der Genehmigungspflicht nach § 4 GVG unterliege. Der Beschwerdeführer habe sich nämlich davor noch durch Anfrage bei der Grundverkehrs-Landeskommission vergewissert, dass keine Verordnung bestehe, die "für den Erwerb dieses Grundstückes" die grundverkehrsbehördliche Genehmigung vorsehe. Die Ausführungen zum Schein- und Umgehungsrecht, welche die belangte Behörde zitiert habe, würden auf den vorliegenden Sachverhalt nicht zutreffen. Ihnen sei zu entnehmen, dass der Pachtvertrag an sich ungeeignet sei, die ursprüngliche Absicht auf Eigentumsübertragung zu realisieren. Der Pachtvertrag enthalte keine einzige Bestimmung, die auf die Überführung des Grundstückes in das Eigentum des Beschwerdeführers abziele. Der einzige Bezug, der zwischen den Absichten zu kaufen und zu pachten hergestellt werden könne, sei die Begründung des Nutzungsrechtes des Beschwerdeführers am Vertragsgegenstand. Dieser ergebe sich aber daraus, dass im Eigentumsrecht und im Pachtrecht das Nutzungsrecht am Vertragsgegenstand impliziert sei. Das gestatte aber nicht den Schluss, dass beide Verträge auf den Eigentumserwerb abzielen würden.

§ 4 des im Beschwerdefall noch anzuwendenden Vorarlberger Grundverkehrsgesetzes (kurz: GVG), LGBl. Nr. 61/1993, lautet:

"(1) Der Verkehr mit land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken bedarf der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung, wenn er eines der nachstehenden Rechte zum Gegenstand hat:

a)

das Eigentum,

b)

das Baurecht im Sinne des Baurechtsgesetzes sowie andere Rechte,

welche die Errichtung baulicher Anlagen auf fremdem Grund gestatten,

c)

das Gebrauchsrecht oder das Fruchtnießungsrecht,

d)

das Pachtrecht an landwirtschaftlichen Betrieben,

e)

sonstige Rechte zur Nutzung von Wohnungen und Wohnräumen zu

Ferienzwecken.

(2) Für Gebiete, in welchen große Nachfrage nach Pachtgrundstücken besteht, kann zur Sicherung der Bedürfnisse der bäuerlichen Betriebe durch Verordnung bestimmt werden, dass die Pachtung landwirtschaftlicher Grundstücke der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bedarf."

§ 18 Abs. 1 und 2 leg. cit. lauten:

"(1) Der Vorsitzende der Grundverkehrs-Landeskommission hat auf Antrag festzustellen, ob ein Rechtserwerb der Genehmigungspflicht unterliegt oder nicht oder ob ein Erwerb gemäß § 7 zulässig ist.

(2) Wenn offenkundig ist, dass ein Grundverkehr nicht der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung oder einer Erklärung gemäß § 7 bedarf, so hat dies der Vorsitzende der Grundverkehrs-Landeskommission zu bescheinigen (Negativbescheinigung)."

Die Behörde hat nach § 29 leg. cit. Schein- und Umgehungsgeschäfte nach ihrer wahren Beschaffenheit bzw. dem beabsichtigten Rechtsgeschäft zu beurteilen. Diese unterliegen, so wie das wahre Rechtsgeschäft abgeschlossen worden ist, den Bestimmungen dieses Gesetzes.

Unbestritten ist, dass es sich bei der gegenständlichen Liegenschaft um ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück handelt. Nach § 4 Abs. 1 GVG unterliegt insbesondere der Erwerb des Eigentums an land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken der grundverkehrsbehördlichen Genehmigungspflicht.

Der im Beschwerdefall zu beurteilende "Pachtvertrag" sieht - wie der Beschwerdeführer zutreffend darlegt - nach seinem objektiven Erklärungswert keine Übertragung der gegenständlichen Liegenschaft in das Eigentum des Beschwerdeführers vor.

Die belangte Behörde zeigt jedoch in der dargestellten Begründung des angefochtenen Bescheides unter Hinweis auf den ursprünglich abgeschlossenen Kaufvertrag sowie auf die unüblichen Vertragsbestimmungen des vorgelegten "Pachtvertrages" (sehr lange Laufzeit, gänzliche Vorauszahlung des Entgelts, grundbücherliche Absicherung etc.) Umstände auf, die auf das Vorliegen eines Umgehungsgeschäftes (Pachtvertrag statt Kaufvertrag) hindeuten.

§ 18 Abs. 2 GVG lässt die Ausstellung einer Negativbescheinigung jedoch nur dann zu, wenn es "offenkundig" ist, dass ein Grundverkehr u.a. der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung nicht bedarf. Ist jedoch - wie im Beschwerdefall - der begründete Verdacht gegeben, dass die Vertragsparteien ein Umgehungsgeschäft zwecks Vermeidung einer Genehmigungspflicht nach dem GVG abgeschlossen haben, so ist eben gerade nicht "offenkundig", dass ein derartiger Grundverkehr keiner grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bedarf. Unter diesen Umständen war es der Behörde nach § 18 Abs. 2 GVG verwehrt, eine Negativbescheinigung auszustellen.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 11. Oktober 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1999020065.X00

Im RIS seit

21.11.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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