TE Vwgh Erkenntnis 2002/10/11 99/02/0105

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Veröffentlicht am 11.10.2002
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Index

L67001 Ausländergrunderwerb Grundverkehr Burgenland;
L67004 Ausländergrunderwerb Grundverkehr Oberösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §68 Abs1;
GVG Bgld 1995 §4 Abs2 Z1;
GVG Bgld 1995 §4 Abs3;
GVG Bgld 1995 §4 Abs4 Z2;
GVG OÖ 1975 §4 Abs1;
GVG OÖ 1975 §4 Abs3;
GVG OÖ 1975 §6 litd;
GVG OÖ 1975 §8;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde 1. des SS und 2. der MS, beide in B und beide vertreten durch Dr. Karl-Heinz Götz und Dr. Rudolf Tobler jun., Rechtsanwälte in Neusiedl am See, Untere Hauptstraße 72, gegen den Bescheid der Grundverkehrslandeskommission für das Burgenland vom 15. Dezember 1998, Zl. 4a-A-B115/2-1998, betreffend Zurückweisung eines Antrags auf grundverkehrsbehördliche Genehmigung nach dem Burgenländischen GVG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Burgenland hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Grundverkehrsbezirkskommission bei der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung wies mit Bescheid vom 9. September 1998 einen Antrag der Beschwerdeführer betreffend die Übertragung des Eigentums an die Beschwerdeführer auf Grund eines Kaufvertrages vom 21. Jänner 1998 betreffend vier näher genannte landwirtschaftliche Liegenschaften in der KG B gemäß § 4 Abs. 2 Z. 1 i.V.m. Abs. 3 und Abs. 4 Z. 2 des Burgenländischen Grundverkehrsgesetzes 1995 (kurz: GVG), LGBl. Nr. 42/1996, ab. Die Behörde begründete diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass aufgrund einer Mitteilung der Sozialversicherungsanstalt der Bauern weder der Erstbeschwerdeführer noch die Zweitbeschwerdeführerin als Bewirtschafter von Grundstücken aufscheinen würden. Die Bewirtschaftung sei seit März 1996 aufgegeben worden.

Vier näher genannte Grundstücke der Beschwerdeführer seien an zwei verschiedene Pächter verpachtet worden. Daraus ergebe sich, dass die Beschwerdeführer ihre Grundstücke (zumindest seit März 1996) nicht mehr bewirtschaftet hätten. Die im Schriftsatz vom 8. Juli 1998 geäußerte Absicht, die zu erwerbenden beiden Weingärten selbst im Rahmen des landwirtschaftlichen Betriebes der Beschwerdeführer zu bewirtschaften, sei unglaubwürdig. Die in der Erstbegründung des Antrages geäußerte Absicht, die Nachbargrundstücke "zwecks Schaffung einer größeren Weingartenparzelle" zu erwerben, lasse vielmehr den Schluss zu, eine bloße Besitzvergrößerung ohne jede Bewirtschaftungsabsicht ins Auge zu fassen. Gemäß § 4 Abs. 4 Z. 2 GVG sei ein Rechtserwerb dann zu versagen, wenn anzunehmen sei, dass die Selbstbewirtschaftung längerfristig nicht gesichert sei. Diese Annahme sei durch das durchgeführte Verfahren bestätigt worden, sodass die Genehmigung des Kaufvertrages zu verweigern sei.

Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Mit Eingabe vom 5. Oktober 1998 stellten die Beschwerdeführer aufgrund des Kaufvertrages vom 21. Jänner 1998 neuerlich an die Grundverkehrsbezirkskommission bei der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung hinsichtlich des Kaufes derselben vier Liegenschaften den Antrag auf grundverkehrsbehördliche Bewilligung. Ergänzend teilten die Beschwerdeführer mit, dass der Pachtvertrag hinsichtlich einer näher genannten Pächterin zwischenzeitig aufgelöst worden sei und die Beschwerdeführer auch im Weinbaukataster "als Bewirtschafter der genannten Grundstücke" aufscheinen würden. Der Verkäufer sei Pensionist und zufolge seiner beengten finanziellen Verhältnisse nicht mehr in der Lage, die kaufgegenständlichen Weingartenparzellen selbst zu bewirtschaften; beim gegenständlichen Verkauf handle es sich um einen Notverkauf zur Abwendung einer Zwangsversteigerung.

Mit Bescheid vom 30. Oktober 1998 wies die Grundverkehrsbezirkskommission bei der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung den Antrag der Beschwerdeführer auf grundverkehrsbehördliche Genehmigung des Kaufvertrages vom 21. Jänner 1998 betreffend vier näher genannte Grundstücke in der KG B wegen entschiedener Sache zurück.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 15. Dezember 1998 wurde der Berufung von der belangten Behörde keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. In der Begründung dieses Bescheides wird u.a. ausgeführt, ergänzende Ermittlungen der belangten Behörde bei der Gemeinde B hätten ergeben, dass der Pachtvertrag hinsichtlich dreier näher genannter Grundstücke der Beschwerdeführer mit 30. September 1998 aufgelöst worden sei und dass diese Grundstücke seit 1. Oktober 1998 von der Zweitbeschwerdeführerin bewirtschaftet würden. Ein näher genanntes Grundstück der Beschwerdeführer sei weiterhin an B. L. verpachtet. Die belangte Behörde nehme aufgrund des ergänzenden Ermittlungsverfahrens als gegeben an, dass die näher genannten drei Grundstücke in der KG B ab 1. Oktober 1998 von der Zweitbeschwerdeführerin selbst bewirtschaftet würden. Damit sei zwar eine Änderung des maßgebenden Sachverhalts eingetreten. Diese Änderung sei dennoch nicht geeignet, eine andere Entscheidung wie jene vom 9. September 1998 herbeizuführen.

Die Genehmigung für einen Rechtserwerb - so die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiter - dürfe nämlich gemäß § 4 Abs. 2 Z. 1 GVG nur erteilt werden, wenn der Rechtserwerber das zu erwerbende Grundstück im Rahmen seines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes selbst bewirtschafte. Eine ordnungsgemäße Selbstbewirtschaftung sei dann anzunehmen, wenn der Rechtserwerber Landwirt sei und das erworbene Grundstück selbst oder gemeinsam mit seinen Familienangehörigen oder landwirtschaftlichen Dienstnehmern bewirtschafte.

Aus dem Erhebungsbericht der Gemeinde B gehe hervor, dass die Käufer (=Beschwerdeführer) ein näher genanntes und in ihrem Eigentum stehendes Grundstück nach wie vor an B. L. verpachtet hätten. Für die belangte Behörde sei dieser Umstand Indiz dafür, dass die im Gesetz geforderte ordnungsgemäße Selbstbewirtschaftung der näher genannten Grundstücke des Verkäufers nicht gewährleistet sei. Die Behörde erster Instanz sei daher zu Recht davon ausgegangen, dass auch bei geändertem Sachverhalt ein von der ursprünglichen Entscheidung inhaltlich abweichender Bescheid nicht zu erlassen sei. Zu dem behaupteten Notverkauf zur Abwendung einer Zwangsversteigerung auf Seite des Verkäufers sei zu bemerken, dass die Rechtswohltat des § 6 GVG ausschließlich dem Verkäufer zukomme. Das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen wäre vom Verkäufer im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht geltend zu machen gewesen. Ein derartiger Antrag seitens des Verkäufers sei jedoch aufgrund der Aktenlage nicht gestellt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Insoweit die Beschwerdeführer rügen, die belangte Behörde habe ihnen keine Gelegenheit gegeben, vom Ergebnis der ergänzenden Beweisaufnahme Kenntnis zu erlangen und dazu Stellung zu nehmen, zeigen sie nicht die Wesentlichkeit eines der belangten Behörde unterlaufenen Verfahrensmangels auf, zumal die belangte Behörde nicht nur von der Auflösung der Pachtverträge und anschließender Selbstbewirtschaftung zweier verpachteter Grundstücke, sondern auch noch eines weiteren Grundstücks (somit insgesamt von drei Grundstücken) zu Gunsten der Beschwerdeführer ausgeht. Die von den Beschwerdeführern nicht in Abrede gestellte Verpachtung eines vierten, näher genannten Grundstücks wurde - unbeschadet der sich noch auf die Verpachtung von zwei Grundstücken der Beschwerdeführer beziehenden Ausführungen im Berufungsschriftsatz -

durch diese ergänzenden Ermittlungen nur bestätigt.

Der weiters in der Beschwerde geltend gemachte Umstand, dass der Erstbeschwerdeführer Pensionist sei und nicht als Bewirtschafter dreier näher genannter Grundstücke aufscheine, wurde von der Behörde nicht als Grund für die Zulässigkeit einer Zurückweisung des gegenständlichen Begehrens wegen entschiedener Sache herangezogen und ist daher gleichfalls nicht relevant.

Die Beschwerdeführer wenden schließlich ein, der Umstand, dass die Zweitbeschwerdeführerin als Nebenerwerbsweinbäuerin nur Weingärten zu bewirtschaften beabsichtige (wofür auch die erforderlichen Geräte vorhanden seien), nicht hingegen ein (verpachtetes) Ackergrundstück, schließe die Absicht zur Selbstbewirtschaftung keineswegs aus. Die gegenteilige Ansicht der belangten Behörde sei rechtlich verfehlt, zumal zwischen als Acker genutzten Grundstücken und solchen Grundstücken, die als Weingärten genutzt würden, streng zu trennen sei und getrennt werden könne.

Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 des Burgenländischen Grundverkehrsgesetzes 1995 (kurz: GVG), LGBl. Nr. 42/1996, bedarf der Erwerb des Eigentums an land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken, soweit nicht die Voraussetzungen des § 5 vorliegen, der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung.

Nach § 4 Abs. 2 Z. 1 GVG darf eine Genehmigung für einen Rechtserwerb nach Abs. 1 nur erteilt werden, wenn der Erwerb dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung, Stärkung oder Schaffung eines leistungsfähigen Bauernstandes oder eines wirtschaftlich gesunden landwirtschaftlichen Grundbesitzes nicht widerspricht und der Erwerber glaubhaft macht, dass er das zu erwerbende Grundstück selbst im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes bewirtschaften wird.

Gemäß § 4 Abs. 3 GVG ist Selbstbewirtschaftung im Sinne des Abs. 2 Z. 1 dann anzunehmen, wenn der Erwerber

1. seinen Hauptwohnsitz (Art. 6 Abs. 3 B-VG) in einer solchen Nähe zum Grundstück oder Betrieb hat, dass eine regelmäßige persönliche Anwesenheit im Betrieb und eine Bewirtschaftung des Grundstückes oder Betriebes durch ihn selbst oder unter seiner Anleitung erwartet werden kann und

2. über eine hinreichende Befähigung zur Führung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes verfügt.

Ein Rechtserwerb nach Abs. 1 ist gemäß § 4 Abs. 4 Z. 2 GVG zu untersagen, wenn die Selbstbewirtschaftung längerfristig nicht gesichert ist oder die zur Selbstbewirtschaftung erforderlichen Fachkenntnisse fehlen.

Wesentlicher Grund für die Bestätigung der erfolgten Zurückweisung des neuerlichen Ansuchens der Beschwerdeführer auf grundverkehrsbehördliche Bewilligung des Erwerbs von Eigentum an weiteren vier landwirtschaftlichen Grundstücken (Weingärten) war, dass die Beschwerdeführer - unbeschadet der auch von der belangten Behörde angenommenen Selbstbewirtschaftung von drei Grundstücken nach Auflösung des entsprechenden Pachtverhältnisses per 30. September 1998 - ein näher genanntes und in ihrem Eigentum stehendes landwirtschaftliches Grundstück weiterhin verpachtet hatten. Die belangte Behörde vertritt nämlich die Auffassung, dass eine ordnungsgemäße Selbstbewirtschaftung im Sinne des § 4 Abs. 2 Z. 1 GVG auch im Falle einer Verpachtung eines Teils des land- und forstwirtschaftlichen Eigengrundes nicht gewährleistet sei, weshalb sie zu dem Ergebnis kommt, dass auch unter den gegebenen Umständen kein von der ursprünglichen Entscheidung (= Bescheid vom 9. September 1998) inhaltlich abweichender Bescheid zu erlassen wäre, weshalb die Annahme des Vorliegens einer entschiedenen Sache gerechtfertigt sei.

Nach der ständigen hg. Judikatur erfasst die Rechtskraft eines Bescheides nicht einen Sachverhalt, der sich nach der Erlassung des Bescheides geändert hat, es sei denn, dass sich das neue Parteibegehren von dem mit dem rechtskräftigen Bescheid erledigten nur dadurch unterscheidet, dass es in für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unwesentlichen Nebenumständen modifiziert worden ist. Einer neuen Sachentscheidung steht die Rechtskraft eines früher ergangenen Bescheides dann nicht entgegen, wenn in den für die Entscheidung maßgebenden Umständen eine Änderung eingetreten ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Mai 1992, VwSlg. Nr. 13.639/A m.w.N.).

In der Literatur (Schneider, Handbuch Österreichisches Grundverkehrsrecht, S. 159 f) wird unter Bezugnahme auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofs die - auch vom Verwaltungsgerichtshof geteilte - Auffassung vertreten, es deute bei land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken auf mangelnde Selbstbewirtschaftung hin, wenn der Erwerber schon bisher seinen Eigengrund an einen Dritten verpachtet oder zur faktischen Nutzung überlassen habe, ohne dass Anhaltspunkte für eine Änderung dieses Zustandes erkennbar seien. Ein diesbezüglicher Sachverhalt (Verpachtung sämtlicher landwirtschaftlicher Eigenflächen durch die Beschwerdeführer) lag dem ursprünglichen Bescheid vom 9. September 1998 zu Grunde.

Vom Verfassungsgerichtshof wurde in dem zum O.Ö. GVG 1975 ergangenen Erkenntnis vom 25. Februar 1991, VfSlg. Nr. 12.597, die Annahme mangelnder Selbstbewirtschaftung bestätigt, weil der Beschwerdeführer "die in seinem Eigentum stehende Grundfläche weitgehend (Unterstreichung durch den Verwaltungsgerichtshof) nicht selbst" nutzte.

Allein die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid herangezogenen Tatsache, dass ein einziges im Eigentum der Beschwerdeführer stehendes (Acker-)Grundstück verpachtet geblieben ist, lässt für sich allein jedoch noch nicht den Schluss zu, dass eine ordnungsgemäße Selbstbewirtschaftung der landwirtschaftlichen Grundstücke (Weingärten) nicht gewährleistet und daher auch kein von der ursprünglichen Entscheidung inhaltlich abweichender Bescheid zu erwarten sei.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG als inhaltlich rechtswidrig.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 11. Oktober 2002

Schlagworte

Rechtskraft Besondere Rechtsprobleme BerufungsverfahrenDefinition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7Besondere RechtsgebieteRechtskraft Rechtsgebiete KriegsopferversorgungZurückweisung wegen entschiedener SacheRechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1999020105.X00

Im RIS seit

21.11.2002

Zuletzt aktualisiert am

23.08.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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