TE Vwgh Erkenntnis 2002/10/15 98/21/0516

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Veröffentlicht am 15.10.2002
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
AVG §45 Abs2;
AVG §56;
FrG 1993 §10 Abs1 Z2;
FrG 1997 §10 Abs2 Z1;
FrG 1997 §23 Abs4;
FrG 1997 §34 Abs1 Z2;
FrG 1997 §35 Abs1;
FrG 1997 §7 Abs3;
FrG 1997 §8 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde der M F in D, geboren am 24. März 1964, vertreten durch Dr. Gottfried Waibel, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Schulgasse 7, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 2. Dezember 1998, Zl. Fr-4250b-125/98, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Marokko, gemäß "§ 34 Abs. 1 Z 2 i.V.m. §§ 10, 15, 35 und 37" des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, aus dem Bundesgebiet aus. In der Begründung dieses Bescheides gab die belangte Behörde zunächst die Ausführungen des erstinstanzlichen Bescheides vom 15. Juni 1998 wieder, denen zufolge die Beschwerdeführerin seit 13. Jänner 1998 als Küchenhilfe gearbeitet und dabei ein monatliches Einkommen von S 4.981,- erzielt hätte, welches (nach Abzug von unter anderem Kreditrückzahlungsverpflichtungen) zur Sicherung des Lebensunterhaltes der Beschwerdeführerin nicht ausreichen würde. Sodann stellte die belangte Behörde fest, die Beschwerdeführerin halte sich seit Oktober 1988 in Österreich auf, wo ihr nach erfolgter Eheschließung mit einem österreichischen Staatsangehörigen (von dem die Beschwerdeführerin zwischenzeitig wieder geschieden sei) am 10. November 1988 erstmals ein Sichtvermerk und - mit Unterbrechungen - bis zum 31. Jänner 1998 weitere "Sichtvermerke bzw. Aufenthaltstitel" erteilt worden seien. Am 16. Dezember 1997 habe die Beschwerdeführerin rechtzeitig einen Antrag auf Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis eingebracht und habe sich daher zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten.

Der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels stehe nach Ansicht der belangten Behörde nun "ein Versagungsgrund (mangelnder Unterhalt)" entgegen, der zur Ausweisung der Beschwerdeführerin nach § 34 Abs. 1 Z 2 FrG führe. Wie sich nämlich aus dem seit dem Jahr 1989 gesetzten Verhalten der Beschwerdeführerin und aus einem Auszug der Vorarlberger Gebietskrankenkasse "vom 4. Mai 1995" zeige, sei die Beschwerdeführerin nicht bereit oder nicht in der Lage, einer "kontinuierlichen Arbeit" nachzugehen und sohin für einen ausreichenden Unterhalt über einen "längerfristigen Zeitraum" zu sorgen. Seit ihrer Einreise in das Bundesgebiet habe die Beschwerdeführerin "permanent" die Dienstgeber gewechselt (Beschäftigungen in der Dauer eines halben Jahres schienen bei der Beschwerdeführerin überhaupt nicht auf) und sie könne seit diesem Zeitpunkt lediglich 33 Versicherungsmonate nachweisen. Dem von der Beschwerdeführerin dafür angegebenen Grund, sie habe 1992 einen Verkehrsunfall erlitten und daher längere Zeit nicht arbeiten können, sei entgegenzuhalten, dass sie bereits 1991 Sozialhilfe bezogen habe.

Auch das von der Beschwerdeführerin seit Juli 1998 bezogene monatliche Nettoeinkommen von S 11.000,-- ändere am Vorliegen des Versagungsgrundes nichts, sei doch auf Grund des geschilderten Verhaltens der Beschwerdeführerin in der Vergangenheit davon auszugehen, dass diese ihre Arbeitsstelle "nicht langfristig" behalten werde. Es könne aber nicht angehen, dass Fremde nur während der Zeiten der Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung für kurze Zeit einer Beschäftigung nachgingen und "sodann wiederum" der Sozialhilfe zur Last fielen.

Das letztgenannte Monatseinkommen der Beschwerdeführerin sei aber auch der Höhe nach nicht ausreichend, um den Unterhalt der Beschwerdeführerin abzudecken. Nach den Richtsätzen der Sozialhilfeverordnung (für das Bundesland Vorarlberg) liege der monatliche Bedarf für den Lebensunterhalt von Einzelpersonen nach Abzug von Wohnungskosten und von Kreditbelastungen bei S 5.710,--. Bringe man vom genannten Monatseinkommen der Beschwerdeführerin von S 11.000,-- die sie treffenden Belastungen der genannten Art und die von der Beschwerdeführerin zu leistenden Rückzahlungsraten der von ihr (in den Jahren 1991 bis 1994) bezogenen Sozialhilfe in Abzug, so verbleibe zwar ein über dem genannten Richtsatz liegender Betrag von S 5.920,--. Da die Beschwerdeführerin aber den genannten Rückzahlungsverpflichtungen tatsächlich nicht nachkomme, sei erwiesen, dass sie nicht über ein ausreichendes Einkommen zur Bestreitung ihres Unterhaltes verfüge.

Der Ausweisung stehe § 35 FrG nicht entgegen. Die Beschwerdeführerin halte sich zwar seit 1988 in Österreich auf, ihr Aufenthalt sei aber bis August 1993 zumindest nicht ununterbrochen rechtmäßig gewesen. Ein durchgehend rechtmäßiger Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet sei erst seit dem 9. August 1993 gegeben, sodass dieser "zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung (15.06.1998)" noch nicht fünf Jahre gedauert habe.

In Bezug auf § 37 FrG stellte die belangte Behörde fest, durch die Ausweisung der Beschwerdeführerin werde im Hinblick auf ihren beinahe zehnjährigen Aufenthalt in Österreich sowie auf ihr Zusammenleben mit ihrem türkischen Verlobten in das Privatleben der Beschwerdeführerin eingegriffen. Dem stehe aber gegenüber, dass die Beschwerdeführerin in der Vergangenheit ihren Lebensunterhalt "immer wieder" durch die Sozialhilfe bestritten habe und daher auch künftig mit einem solchen Verhalten zu rechnen sei, sodass die Ausweisung der Beschwerdeführerin schon zur Wahrung des wirtschaftlichen Wohles des Landes dringend geboten sei. Das öffentliche Interesse an der Ausweisung der Beschwerdeführerin werde durch ihre zweimalige gerichtliche Bestrafung (zwei Geldstrafen wegen einerseits § 125 StGB und andererseits § 83 Abs. 1, § 223 Abs. 1 und § 15 i.V.m. § 127 StGB) sowie durch eine Übertretung des § 83 Z 2 lit. a des Fremdengesetzes 1992 verstärkt. Im Übrigen stehe der Ausweisung der Beschwerdeführerin entgegen den Berufungsausführungen weder das Kooperationsabkommen zwischen der EWG und Marokko noch (im Hinblick auf die Lebensgemeinschaft der Beschwerdeführerin mit einem türkischen Staatsangehörigen) das Assoziationsabkommen mit der Türkei entgegen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerde ist zunächst zuzugestehen, dass die belangte Behörde den von ihr für die Ausweisung nach § 34 Abs. 1 Z 2 FrG herangezogenen Versagungstatbestand im angefochtenen Bescheid nur durch Zitierung des § 10 FrG, nicht jedoch absatz- und ziffernmäßig präzisiert hat. Dennoch kann in Anbetracht der wiedergegebenen Begründung des angefochtenen Bescheides entgegen der Beschwerdemeinung kein Zweifel daran bestehen, dass die Ausweisung der Beschwerdeführerin (ausschließlich; vgl. dazu die Gegenschrift der belangten Behörde) auf das Fehlen ausreichender eigener Mittel zu ihrem Unterhalt und somit auf den Versagungstatbestand des § 10 Abs. 2 Z 1 FrG gestützt wurde.

Zunächst ist im Hinblick auf den zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides mehr als zehnjährigen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet die in der Beschwerde aufgeworfene Frage nach der Aufenthaltsverfestigung der Beschwerdeführerin und der Unzulässigkeit ihrer Ausweisung nach § 35 FrG zu prüfen.

§ 35 FrG lautet in seinem Abs. 1 wie folgt:

"(1) Fremde, die vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet auf Dauer niedergelassen waren, dürfen mangels eigener Mittel zu ihrem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft nicht ausgewiesen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn und solange erkennbar ist, dass der Fremde bestrebt ist, die Mittel zu seinem Unterhalt durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern, und dies nicht aussichtslos scheint."

Nach dem diesbezüglich klaren Wortlaut erfordert eine Aufenthaltsverfestigung nach dieser Bestimmung einen fünfjährigen ununterbrochenen und rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet "vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes" und nicht, wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid meint, vor Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides. Dennoch ist die belangte Behörde im Ergebnis im Recht, wenn sie in § 35 FrG kein Hindernis für die Erlassung der Ausweisung gegen die Beschwerdeführerin sah:

Der von der belangten Behörde im vorliegenden Fall für die Ausweisung herangezogene "maßgebliche Sachverhalt" im Sinn der letztgenannten Bestimmung liegt im Fehlen ausreichender eigener Mittel für den Unterhalt der Beschwerdeführerin, somit in einem Zustand, der typischerweise nicht nur in einem bestimmten Zeitpunkt verwirklicht wird, sondern über einen gewissen Zeitraum andauert. In einem solchen Fall ist die aufenthaltsbeendende Maßnahme gemäß § 35 Abs. 1 FrG dann unzulässig, wenn der Fremde zu Beginn des Zeitraumes, in dem er über keine ausreichenden Mittel verfügt und der für die Aufenthaltsbeendigung herangezogen werden soll, bereits mindestens fünf Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet auf Dauer niedergelassen war. Die Beschwerdeführerin durfte gemäß § 35 Abs. 1 FrG daher nur dann ausgewiesen werden, wenn der von der belangten Behörde angenommene Zustand des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel bereits vor dem Ende der fünfjährigen Niederlassungsdauer begonnen hat (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 14. April 2000, Zl. 99/18/0306). Letzteres trifft im vorliegenden Fall zu. Die belangte Behörde hat zwar nicht festgestellt, seit wann die Beschwerdeführerin über nicht ausreichende Mittel für ihren Unterhalt verfügt. Sie hat dem angefochtenen Bescheid aber durch Wiedergabe der behördlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Bescheides, denen sie insoweit nichts hinzufügte, erkennbar zugrunde gelegt, dass die Beschwerdeführerin (vor Aufnahme ihrer noch zu behandelnden Tätigkeit im Juli 1998) zumindest seit 13. Jänner 1998 als Küchenhilfe ein monatliches Einkommen von (bloß) S 4.981,- bezogen und damit unter Berücksichtigung ihrer sonstigen Belastungen den von der Behörde mit S 5.710,- festgestellten monatlichen Unterhaltsbedarf, auf den im Folgenden noch einzugehen sein wird, nicht gedeckt hat. Angesichts des Umstandes, dass die Beschwerdeführerin erst seit 9. August 1993 auf einen durchgehenden und rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich verweisen kann (so war sie nach den unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid etwa unmittelbar vor dem letztgenannten Zeitpunkt über einen Zeitraum von mehr als einen Monat nicht im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung; auch die Beschwerde spricht von "kleinen Unterbrechungen" der Aufenthaltsberechtigungen), war die Beschwerdeführerin, als sie (zumindest) seit Jänner 1998 nicht über ausreichend eigene Mittel zu ihrem Unterhalt verfügte (und damit den "maßgeblichen Sachverhalt" im Sinn des § 35 Abs. 1 FrG verwirklichte), noch nicht fünf Jahre ununterbrochen und rechtmäßig in Österreich. Damit können im vorliegenden Fall aber auch die in der Beschwerde angesprochenen Tatbestandsvoraussetzungen des § 35 Abs. 2 und 3 FrG nicht gegeben sein.

Die Beschwerde wendet sich im Weiteren gegen die Ansicht der belangten Behörde, der Versagungsgrund des § 10 Abs. 2 Z 1 FrG sei erfüllt, weil die Beschwerdeführerin (im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides) über kein ausreichendes Einkommen für ihren Unterhalt verfügt habe. Die Beschwerde führt dazu das seit Juli 1998 von der Beschwerdeführerin bezogene monatliche Nettoeinkommen von S 11.000,- ins Treffen und dass die belangte Behörde auch die der Beschwerdeführerin zustehenden Sonderzahlungen ("13. und 14. Monatsgehalt") berücksichtigen hätte müssen.

Die belangte Behörde ist bei ihrer Beurteilung des Vorliegens des Versagungstatbestandes des § 10 Abs. 2 Z 1 FrG nach Abzug von Wohnungskosten und Kreditrückzahlungsverbindlichkeiten unstrittig von einem monatlichen Unterhaltsbedarf der Beschwerdeführerin von S 5.710,-- ausgegangen und hat sich dabei zutreffend (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 3. Dezember 1999, Zl. 99/19/0094) an den Sozialhilferichtsätzen des entsprechenden Bundeslandes orientiert. Obwohl die Beschwerdeführerin auch nach den Feststellungen der belangten Behörde im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides über ein monatliches Nettoeinkommen von S 11.000,-- und nach Abzug der oben genannten Belastungen über einen monatlichen Betrag von S 5.920,-- verfügte, erachtete die belangte Behörde dieses Einkommen nicht als ausreichend. Dies begründete die belangte Behörde einerseits damit, dass die Beschwerdeführerin ihren Rückzahlungsverpflichtungen (in Bezug auf die erhaltene Sozialhilfe) nicht nachkomme. Andererseits könne selbst dann, wenn man den der Beschwerdeführerin verbleibenden Betrag von S 5.920,-- der Höhe nach als ausreichend ansehe, nicht davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführerin, die schon in der Vergangenheit ihre Dienstgeber permanent gewechselt habe, ihre nunmehrige Arbeitsstelle "langfristig" behalten und damit "längerfristig" einer "geregelten" Beschäftigung nachgehen werde. Vielmehr bestehe die Gefahr, dass die Beschwerdeführerin nur für die kurze Zeit der Verlängerung ihres Aufenthaltstitels einer Beschäftigung nachgehe und "sodann wiederum" der Sozialhilfe zur Last falle.

Zum letztgenannten Argument der belangten Behörde ist freilich anzumerken, dass die Beschwerdeführerin nach der Aktenlage mit Unterbrechungen und zuletzt im Jahre 1994, somit fast vier Jahre vor der Entscheidung durch die belangte Behörde, Sozialhilfe bezogen hat (vgl. die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 19. Mai 1995 und die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides). Soweit die belangte Behörde, wie erwähnt, für das Vorliegen ausreichender eigener Mittel für den Unterhalt der Beschwerdeführerin fordert, die Arbeitsstelle müsse der Beschwerdeführerin "langfristig" zur Verfügung stehen und die Beschwerdeführerin müsse "längerfristig" einer "geregelten Beschäftigung" nachgehen, so übersieht sie, dass dem Fremden nach der hg. Rechtsprechung zu § 10 Abs. 2 Z 1 FrG ausreichende Mittel (nur) im Zeitpunkt der Bescheiderlassung und für die Dauer der angestrebten Bewilligung zur Verfügung stehen müssen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 2001, Zl. 2000/19/0020).

Die Dauer der angestrebten Bewilligung hat die Beschwerdeführerin in ihrem Antrag auf Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung vom 16. Dezember 1997 nicht begrenzt. Da der Beschwerdeführerin nach der Aktenlage bereits (wiederholt) Aufenthaltsbewilligungen für die unselbständige Erwerbstätigkeit erteilt worden waren (zuletzt bis zum 31. Jänner 1998), ist der genannte Antrag vom 16. Dezember 1997, wie bereits die Erstbehörde zutreffend erkannt hat, nach dem Inkrafttreten des FrG zufolge § 112 und § 113 Abs. 5 FrG als Antrag auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung zu behandeln. Da die belangte Behörde bei der Festsetzung der Dauer einer weiteren Niederlassungsbewilligung nicht an den Antrag der Beschwerdeführerin (der, wie erwähnt, dazu keine Angaben enthält) gebunden war, richtet sich die Festlegung der Geltungsdauer des von der Beschwerdeführerin beantragten weiteren Aufenthaltstitels danach, für welchen Zeitraum ihr Einkommen zur Deckung ihres eigenen Unterhaltes (Anhaltspunkte für Unterhaltspflichten der Beschwerdeführerin finden sich im Akt nicht) ausreichen wird. Dabei ist aber jedenfalls, weil eine Niederlassungsbewilligung nach § 7 Abs. 3 FrG die Niederlassung "auf Dauer" im Auge hat, von einem drei Monate übersteigenden Zeitraum auszugehen (vgl. zum Ganzen die hg. Erkenntnisse vom 7. August 2001, Zl. 99/18/0278 und vom 24. Mai 2002, Zl. 99/18/0285). Insofern die belangte Behörde daher bei ihrer Beurteilung nach § 34 Abs. 1 Z 2 i.V.m.

§ 10 Abs. 2 Z 1 FrG die Auffassung vertrat, die Beschwerdeführerin müsse durch eine "geregelte" Erwerbstätigkeit ihren Unterhalt "langfristig" decken können, hat sie die Rechtslage verkannt und den bekämpften Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Sie hat es daher auch unterlassen, Feststellungen darüber zu treffen, für welchen Zeitraum der Unterhaltsbedarf der Beschwerdeführerin auf Grund der von ihr ausgeübten Erwerbstätigkeit voraussichtlich gedeckt werden kann. Dass die Beschwerdeführerin schon in der Vergangenheit (vgl. dazu die aktenkundigen Versicherungszeiten der Beschwerdeführerin in den Jahren 1990, 1995 und 1996) unselbständigen Erwerbstätigkeiten über zusammenhängende Zeiträume von mehr als drei Monaten nachgegangen ist, wird im angefochtenen Bescheid nicht in Abrede gestellt.

Aber auch die Auffassung der belangten Behörde, der der Beschwerdeführerin von ihrem Nettolohn von S 11.000,-- verbleibende Betrag (S 5.920,--) sei trotz des darunterliegenden unstrittigen Unterhaltsbedarfs der Beschwerdeführerin im Bescheiderlassungszeitpunkt (S 5.710,--) der Höhe nach nicht als ausreichend im Sinn des § 10 Abs. 2 Z 1 FrG anzusehen, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu teilen. Abgesehen davon, dass, wie die Beschwerde zu Recht einwendet, die belangte Behörde nicht ohne weitere Ermittlungen davon ausgehen durfte, dass die Beschwerdeführerin den genannten Nettolohn nur 12x im Jahr bezieht (zur Berücksichtigung von Sonderzahlungen vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis Zl. 99/19/0094), ist auch das Argument der belangten Behörde nicht nachvollziehbar, der genannte Betrag von S 5.710,-- sei deshalb unzureichend, weil die Beschwerdeführerin näher genannten Rückzahlungsverpflichtungen nicht nachkomme. Die hinter dieser Ansicht der belangten Behörde offenbar stehende Schlussfolgerung, dass unterlassene Zahlungen nur auf nicht ausreichend vorhandene Mittel zurückzuführen seien, entspricht nicht der allgemeinen Lebenserfahrung.

Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne dass es einer Auseinandersetzung mit den in der Beschwerde auch relevierten "europarechtlichen Vorgaben" bedarf.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.

Wien, am 15. Oktober 2002

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1998210516.X00

Im RIS seit

23.12.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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