Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §46 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2002/13/0185Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Fuchs und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, 1. über den Antrag des Dr. G in W, vertreten durch H F P Wirtschaftsprüfungsgesellschaft m.b.H. in 1030 Wien, Beatrixgasse 32, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat II) vom 10. Juli 2002, Zl. RV/445- 15/2001, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1999, und 2. über diese Beschwerde, den Beschluss gefasst:
Spruch
1. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben.
2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit Schriftsatz vom 3. September 2002 (beim Verwaltungsgerichtshof eingelangt am 3. September 2002) erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof. Mit einem ebenfalls mit 3. September 2002 datierten (beim Verwaltungsgerichtshof am 4. September 2002 eingelangten) Schreiben stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist gegen den angefochtenen Bescheid "vom 10. Juli 2002 bei uns eingelangt am 22. Juli 2002". Die Beschwerdefrist sei am 2. September 2002 "auf Grund eines unabwendbaren Ereignisses" abgelaufen.
Zur Begründung wird im Wiedereinsetzungsantrag seitens der vor dem Verwaltungsgerichtshof als Vertreterin einschreitenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ausgeführt, sie habe dem Beschwerdeführer nach Vorliegen der Berufungsentscheidung betreffend Einkommensteuer 1999 empfohlen, eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Der Beschwerdeführer habe die Vertreterin telefonisch informiert, dass er sich dies überlegen und nach seinem Urlaub Bescheid geben werde. Um nochmals alle Vor- und Nachteile einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde abzuwägen und der Vertreterin auch die entsprechende Bevollmächtigung sowie den Auftrag zur Einbringung der Beschwerde zu erteilen, sei für 2. September 2002 "gegen Mittag eine Besprechung in unserer Kanzlei vereinbart" gewesen. Diese Besprechung sei auf Grund eines für den Beschwerdeführer unvorhergesehenen und unabwendbaren Ereignisses nicht zu Stande gekommen. Der Beschwerdeführer habe in seiner Funktion als Facharzt für Augenheilkunde und Vorstand der Augenabteilung im Krankenhaus L am Montag, dem 2. September 2002, entsprechend dem Operationsplan mehrere Augenoperationen durchführen müssen. Ungeplanter Weise sei es zu einer nichtverschiebbaren, von ihm selbst geleiteten Notoperation in der Augenabteilung dieses Krankenhauses gekommen. Nur wegen dieses Notfalls habe der Beschwerdeführer den Besprechungstermin nicht wahrnehmen können. In der Folge sei der Beschwerdeführer für die Beschwerdevertreterin auch nicht telefonisch erreichbar gewesen, weil er sich am Nachmittag bereits in der Privatklinik J. befunden habe, um dort entsprechend dem Operationsplan Augenlaseroperationen durchzuführen. Telefonate während Operationen seien strengstens verboten. Der Beschwerdeführer habe in der Folge "ab abend versucht uns zu erreichen, da war die Kanzlei aber bereits geschlossen". Da die Beschwerdevertreterin vom Beschwerdeführer nicht bevollmächtigt worden sei, habe die Vertreterin die Beschwerde nicht zeitgerecht einreichen können. Die Bevollmächtigung sollte anlässlich der für Montag, den 2. September 2002, fixierten Besprechung erteilt werden. Am 3. September 2002 habe der Beschwerdeführer die Beschwerdevertreterin informiert, dass er ihr den Auftrag zur Einbringung einer Beschwerde erteile. Auf Grund dieses Sachverhaltes sei es nicht möglich gewesen, die Verwaltungsgerichtshofbeschwerde innerhalb offener Frist einzureichen.
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen innerhalb jenes Rahmens zu untersuchen, der durch die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers gesteckt wird (vgl. beispielsweise den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Dezember 1996, 96/13/0173, 0174).
Als Voraussetzungen der Wiedereinsetzung sieht § 46 VwGG zunächst vor, dass ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" eintreten muss. Weiters darf die Fristversäumung, von einem minderen Grad des Versehens abgesehen, von der Partei nicht verschuldet sein.
Nach dem Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer von dem für den 2. September 2002 (gegen Mittag) vereinbarten Besprechungstermin zwecks Auftragserteilung zur Einbringung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wusste. Wenn auch den Beschwerdeführer die Teilnahme an einer nichtverschiebbaren Notoperation in der Augenabteilung des Krankenhauses L als "unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis" hinderte, diesen Besprechungstermin wahrzunehmen, ist damit noch nicht erklärt, warum der Beschwerdeführer insgesamt am 2. September 2002 ohne sein Verschulden gehindert war, den Auftrag zur Beschwerdeerhebung zu erteilen. Selbst wenn der Beschwerdeführer am Nachmittag des 2. September 2002 wiederum Operationen in einer anderen Klinik durchzuführen hatte, wird damit nicht dargelegt, warum er nicht in der Lage gewesen wäre, zwischenzeitlich der Beschwerdevertreterin etwa fernmündlich (oder auf einem anderen Weg der Telekommunikation) bereits am 2. September 2002 die Information zukommen zu lassen, dass er ihr den Auftrag zur Einbringung der Beschwerde erteile.
Dem Wiedereinsetzungsantrag musste somit ein Erfolg versagt werden.
Die außerhalb der Beschwerdefrist überreichte Beschwerde war dementsprechend gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 16. Oktober 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002130184.X00Im RIS seit
18.02.2003