TE Vwgh Beschluss 2002/10/16 2002/03/0217

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.10.2002
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
92 Luftverkehr;

Norm

AVG §58 Abs1;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
FlUG 1999 §21;
VwGG §34 Abs1;
ZSV §32 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des J in 1230 Wien, gegen ein Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie vom 10. Juli 2002, Zl. 84157/1-FUS/02, in einer Luftfahrtangelegenheit, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Mit einem am 7. August 2002 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Schriftsatz beantragte der Beschwerdeführer unter anderem, "den Bescheid vom 10.7.2002 aufzuheben".

Dieser aus den Beilagen dieses Schriftsatzes ersichtliche "Bescheid" vom 10. Juli 2002 hat folgenden Wortlaut:

"Flugunfall mit Hubschrauber Type Hughes 369 D, Kennzeichen OE, am 7. März 1985 auf der Bürgeralm, Gemeinde Mariazell, Steiermark

Sehr geehrter Herr Magister!

Mit ho. Bescheid vom 2. Februar 2000 wurde klargestellt, dass das am 1. Oktober 1999 in Kraft getretene Flugunfall-Untersuchungs-Gesetz (FlUG), BGBl. I Nr. 105/1999, auf den Unfall vom 7. März 1985 nicht anzuwenden ist.

Der gegenständliche Flugunfall ist im Sinne des § 21 FlUG 1999 in der geltenden Fassung nach den vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes geltenden Vorschriften zu behandeln.

Demzufolge ist eine Wiederaufnahme der Untersuchung des gegenständlichen Flugunfalles anzuordnen, wenn die Bedingung nach § 32 Abs. 3 Zivilluftfahrt-Störungsverordnung (ZSV), BGBl. Nr. 152/78, in der jeweils geltenden Fassung, erfüllt ist, welche als alleinigen Grund für eine Wiederaufnahme der Untersuchung das Bekanntwerden neuer Tatsachen, auf Grund deren ein anderes Untersuchungsergebnis zu erwarten ist, nennt.

Da die bisher dem ho. Bundesministerium zur Prüfung vorgelegten Unterlagen keine neuen Tatsachen enthalten, die ein anderes Untersuchungsergebnis als jenes der Flugunfallkommission, die gegenständlichen Flugunfall zu untersuchen hatte, erwarten lassen, ist eine Wiederaufnahme der Untersuchung des gegenständlichen Flugunfalles nicht anzuordnen.

Auf das ho. Schreiben vom 21. März 2000 an Frau Volksanwältin

Krammer wird verwiesen.

Für den Bundesminister:"

2. Die gegen dieses Schreiben erhobene Beschwerde ist nicht zulässig.

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges.

Im vorliegenden Fall stellt sich zunächst die Frage, ob trotz fehlender Bezeichnung der angefochtenen Erledigung als Bescheid vom Vorliegen eines Bescheides auszugehen ist.

Nach der hg. Rechtsprechung kann auf die ausdrückliche Bezeichnung einer Erledigung als Bescheid dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Der normative Inhalt muss sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung, also in diesem Sinne auch aus der Form der Erledigung, ergeben. Ergibt sich aus dem Wortlaut der behördlichen Erledigung, insbesondere aus der Verwendung der verba legalia der Verfahrensgesetze und der Verwaltungsvorschriften für jedermann eindeutig, dass ein rechtsverbindlicher Abspruch vorliegt, dann ist ungeachtet des Fehlens der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid ein solcher als gegeben anzunehmen. Insbesondere in jedem Fall, in dem der Inhalt einer behördlichen Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen lässt, ist die ausdrückliche Bezeichnung für den Bescheidcharakter der Erledigung essenziell. Nur dann, wenn der Inhalt einer behördlichen Erledigung, also ihr Wortlaut und ihre sprachliche Gestaltung, keinen Zweifel darüber aufkommen lassen, dass die Behörde die Rechtsform des Bescheides gewählt hat, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nach der für sich allein gesehen unabdingbaren Norm des § 58 Abs. 1 AVG für das Vorliegen eines Bescheides nicht wesentlich. (Vgl. zum Ganzen etwa der hg. Beschluss vom 10. Oktober 2001, Zl. 2001/03/0291.)

Vor diesem Hintergrund besteht kein Zweifel, dass es sich bei dem in Beschwerde gezogenen vorstehenden Schreiben vom 10. Juli 2002 nicht um einen Bescheid handelt, fehlt doch darin - abgesehen von der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid - jeder normative behördliche Abspruch im Sinn des Vorgesagten. Vielmehr wird dort lediglich auf den Inhalt eines bereits erlassenen Bescheides des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 2. Februar 2000 Bezug genommen, und auf ein Schreiben des genannten Bundesministeriums vom 21. März 2000 an die genannte Volksanwältin verwiesen.

Da nach dem Gesagten das vorliegende Schreiben vom 10. Juli 2002 nicht als Bescheid qualifiziert werden kann, war die dagegen gerichtete Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Vorliegens eines tauglichen Beschwerdegegenstandes vor dem Verwaltungsgerichtshof zurückzuweisen.

Wien, am 16. Oktober 2002

Schlagworte

Einhaltung der Formvorschriften Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Bescheidbegriff Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002030217.X00

Im RIS seit

30.01.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten