TE Vfgh Beschluss 1999/10/6 G29/99

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Veröffentlicht am 06.10.1999
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Index

41 Innere Angelegenheiten
41/02 Staatsbürgerschaft, Paß- und Melderecht, Fremdenrecht

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
FremdenG 1997 §10 Abs1
FremdenG 1997 §15 Abs3

Leitsatz

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung von Bestimmungen des FremdenG 1997 betreffend die formlose Einstellung des Verfahrens über einen Antrag auf Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels im Fall einer rechtskräftigen Aufenthaltsbeendigung wegen zumutbaren Umwegs

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Mit dem auf Art140 Abs1 (letzter Satz) B-VG gestützten (Individual-)Antrag vom 26. Februar 1999 begehrt der Einschreiter, §15 Abs3 Fremdengesetz 1997, BGBl. I Nr. 75 (im folgenden: FremdenG 1997), in eventu §15 Abs3 erster Satz FremdenG 1997, in eventu die Worte "in Rechtskraft" sowie formlos einzustellen" im ersten Satz des §15 Abs3 FremdenG 1997 und §10 Abs1 Z1 FremdenG 1997, in eventu das Wort "rechtskräftiges" in §10 Abs1 Z1 FremdenG 1997 als verfassungswidrig aufzuheben.

2. §10 Abs1 Z1 und §15 Abs3 FremdenG 1997 lauten:

"§10.(1) Die Erteilung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn

1. gegen den Fremden ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot besteht; ...

§15. ...

(3) Erwächst jedoch eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, so ist das Verfahren über den Antrag auf Erteilung des weiteren Aufenthaltstitels formlos einzustellen. Dieses Verfahren ist fortzusetzen, sobald nach einer Aufhebung der Ausweisung oder des Aufenthaltsverbotes durch den Verfassungsgerichtshof oder Verwaltungsgerichtshof feststeht, daß deren Verhängung nunmehr unterbleibt."

3. Der Antragsteller, welcher im Jahr 1994 als Staatsangehöriger Bosnien/Herzegowinas nach Desertion aus dem Militärdienst zu seinen Angehörigen nach Österreich geflohen war, verfügte in der Zeit vom 8. September 1994 bis 31. August 1997 über Aufenthaltsberechtigungen aufgrund von Verordnungen nach §12 Aufenthaltsgesetz. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 8. Mai 1998 wurde gegen ihn ein zehnjähriges Aufenthaltsverbot gem. §36 Abs1 iVm Abs2 Z1 FremdenG 1997 erlassen. Der dagegen beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachten Beschwerde wurde gemäß §30 Abs2 VwGG aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Zur Begründung der Antragslegitimation führt der Antragsteller folgendes aus:

"Am 10.09.1998 brachte ich beim Magistrat der Stadt Wien (...) einen Antrag auf Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels gem. §1 des Bundesgesetzes zur Sicherung des weiteren Aufenthaltsrechts integrierter Vertriebener aus Bosnien und Herzegowina, BGBl.I/1998/85 iVm §14 Abs2 FrG unter Berufung auf den Beschluß des VwGH gem. §30 Abs2 VwGG ein, in welchem Verfahren ich mich zusätzlich auf den mir mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien (...) vom 30.09.1998 gewährten Abschiebungsaufschub gem. §56 Abs2 FrG stützen konnte, sodaß meine Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet doppelt abgesichert war. Unabhängig von diesem Sachverhalt hat die angerufene Behörde

1. Instanz ein Verfahren nach §15 Abs1 FrG eingeleitet, in welchem die Bundespolizeidirektion Wien (...) über erfolgte Anfrage mit Aktenvermerk vom 10.11.1998 expressis verbis auf die Bestimmung des §16 Abs2 FrG verwies, wobei aber gleichzeitig wegen bestehender Rechtsunsicherheit angeregt wurde, das Verfahren gem. §15 Abs3 FrG formlos einzustellen. Diese formlose Verfahrenseinstellung erfolgte am 23.11.1998.

Gegen die vom Gesetzgeber normierte Verfahrensbeendigung, welche weder als Bescheid, noch Verfahrensanordnung im weitesten Sinn deklariert werden kann, besteht kein wie immer geartetes Rechtsmittel und versagen auch die vom AVG normierten Rechtsbehelfe, nachdem eine derartige Vorgangsweise dem AVG vollkommen fremd ist. Darüber hinaus besteht für mich auch nicht die Möglichkeit der Erzwingung eines Bescheides durch Einbringung eines Devolutionsantrages gem. §73 Abs2 AVG, weil diese formlose Einstellung nach Meinung der Berufungsbehörde gemäß dem in Kopie beiliegenden Bescheid vom 30.11.1998, gegen welchen ein hg Verfahren zu GZ. B2460/98, G269/98 anhängig ist, eine Entscheidung gem. §73 AVG darstellt, welche bloß nicht anfechtbar ist, wodurch der mir verfassungsmäßig zugesicherte Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung gem. §18 AVG iVm §73 leg cit meines Antrags vernichtet wird.

Zusammenfassend ergibt sich sohin, daß ich durch die von §15 Abs3 FrG normierte Art der Verfahrensbeendigung, und sei sie auch bloß interimistisch, von einer gesetzeskonformen und bescheidmäßigen Erledigung meines Antrags ausgeschlossen bin, sodaß mir kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung steht, als sowohl diese Gesetzesbestimmung als auch die einschränkende Formulierung des §10 Abs1 Z1 FrG anzufechten, wodurch meine Antragslegitimation gegeben ist."

4. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie in erster Linie die Zurückweisung des Antrags begehrt.

II. Der Individualantrag ist nicht zulässig.

1. Der Verfassungsgerichtshof vertritt seit dem Beschluß VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt, die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 B-VG setze voraus, daß durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und daß der durch Art140 Abs1 B-VG dem einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB. VfSlg. 11684/1988, 13871/1994, 14752/1997).

2. Im gegebenen Zusammenhang steht es dem Antragsteller offen, im Wege eines Devolutionsantrags - welchen er tatsächlich, wie sich aus der Äußerung der Bundesregierung ergibt, bereits am 18. März 1999 beim Bundesminister für Inneres eingebracht hat - entweder einen letztinstanzlichen Bescheid zu erwirken, gegen den er in der Folge eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof erheben und darin die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die in Rede stehenden Bestimmungen geltend machen kann, oder - sollte der Devolutionsantrag nicht erledigt werden - beim Verwaltungsgerichtshof eine Säumnisbeschwerde einzubringen, der, wenn die verfassungsrechtlichen Bedenken des Einschreiters geteilt werden sollten, beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf Gesetzesprüfung zu stellen hätte.

Für die Zumutbarkeit eines Weges kommt es nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes auf die Erfolgsaussichten der Parteien in der Sache nicht an (vgl. VfSlg. 12914/1991, 13226/1992 und 13754/1994).

3. Daraus ergibt sich, daß dem Antragsteller ein zumutbarer Weg zur Verfügung steht, die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die von ihm angefochtenen Gesetzesbestimmungen auf eine andere Weise geltend zu machen.

III. Der Antrag war daher mangels

Legitimation gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne weiteres Verfahren als unzulässig zurückzuweisen.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Fremdenrecht, Devolution

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1999:G29.1999

Dokumentnummer

JFT_10008994_99G00029_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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