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14/01 Verwaltungsorganisation;Norm
AWG 1990 §7 Abs2a;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde der e-Fleischwaren Gesellschaft m.b.H. in H, vertreten durch Dr. Wolfgang Blum, Dr. Michael Brandauer und Mag. Johannes Blum, Rechtsanwälte in 6800 Feldkirch, Marktplatz 8, gegen den Bescheid des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie (nunmehr: Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) vom 24. Juni 1999, Zl. 31 3591/18-III/1/99-Ga, betreffend Feststellung gemäß § 7 Abs. 2a AWG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 22. Dezember 1998 stellte die Beschwerdeführerin an die belangte Behörde einen Antrag auf Feststellung, dass es sich bei näher umschriebenen Fleischverpackungsfolien um Verpackung im Sinne des § 7 Abs. 2 der Verpackungsverordnung 1996 (kurz: VerpackVO 1996) handle. Die Beschwerdeführerin sei Erzeugerin und Vertreiberin von Fleisch und Fleischwaren. Dabei würden Einzelhandelsunternehmen u.a. mit Verpackungsmaterial beliefert, mit welchem Fleisch und Fleischwaren für den Letztverbraucher verpackt würden. Dabei würden die Verpackungen durch Blut- und Fleischanhaftungen verunreinigt. Die Verpackung bestehe aus Papier und Folie, wobei die Folie vom Papier getrennt werden könne. Auf der Verpackung würden die Konsumenten ersucht, die Folie dem Restmüll und das Papier gesondert der Wiederverwertung zuzuführen. Im Zuge der Überprüfung des Unternehmens der Beschwerdeführerin durch die Altstoff Recycling Austria (ARA) AG sei die Streitfrage aufgetreten, ob es sich bei den Folien um Verpackungen handle, welche voll umfänglich der Verpackungsverordnung unterliegen würden. Auf Grund der Verschmutzungen würden die Verpackungsfolien nach Ansicht der Beschwerdeführerin unter die Ausnahmebestimmung des § 7 Abs. 2 VerpackVO 1996 fallen. Eine Wiederverwendung oder Wiederverwertung der verschmutzten Folien sei keinesfalls möglich. Auf Grund dieser Meinungsverschiedenheit werde der Antrag gestellt, die belangte Behörde wolle feststellen, dass es sich bei den Verpackungsfolien um Verpackungen im Sinne des § 7 Abs. 2 VerpackVO 1996 handle.
Mit Schreiben vom 26. Jänner 1999 forderte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin gemäß § 13 Abs. 3 AVG auf, die konkrete Menge der gegenständlichen Verpackungsfolien, deren Besitzer und den Ort der Lagerung bekannt zu geben.
Nachdem die Beschwerdeführerin in einem Schreiben an die belangte Behörde mitgeteilt hatte, dass es sich bei den Fleischverpackungsfolien um je einen Karton im Viertelbogenformat und einen Karton im Achtelbogenformat handle, die Kartons ein Gewicht von je 12,5 kg hätten, sich bei der Beschwerdeführerin befänden und die Papiere dem dem Antrag beigelegten Muster entsprechen würden, erließ die belangte Behörde unter Hinweis auf § 7 Abs. 2a AWG den nunmehr angefochtenen Bescheid vom 24. Juni 1999, mit welchem sie aussprach, dass die in Rede stehenden Fleischverpackungen nicht unter die Ausnahmebestimmung des § 7 Abs. 2 VerpackVO 1996 fielen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, dass lediglich die im gewerblichen bzw. industriellen Bereich der Fleischbe- und - verarbeitung anfallenden - grundsätzlich thermisch verwertbaren - Verpackungsfolien in der Regel in größeren Mengen anfallen würden und so stark verunreinigt seien, dass diese Kunststoffe für eine spätere thermische Verwertung in gesonderten Containern gekühlt zwischengelagert werden müssten. Diese Zwischenlagerung sei ebenso wie eine entsprechende Vorbehandlung als unverhältnismäßig anzusehen. Fleischverpackungsfolien jedoch, die für private Letztverbraucher bestimmt seien, wiesen hingegen einen weitaus geringeren Grad an Verschmutzung auf und fielen im Haushalt auch nicht in größeren Mengen an, sodass die Erfassung und zumindest eine thermische Verwertung (gegebenenfalls auch eine stoffliche Verwertung des Papieranteils) weder verhindert noch unverhältnismäßig erschwert würde.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin die vorliegende Beschwerde, in der sie ausführt, dass die - gemeinschaftsrechtlich vorgeschriebene - Wiederverwendung und Wiederverwertung dort ihre Grenzen finden müssten, wo das Rückführen von Verpackungsmaterial zu hygienischen Missständen führen könnte. Folgerichtig regle § 7 Abs. 2 VerpackVO 1996, dass §§ 3 Abs. 1, 4, 6 und 9 und § 4 leg.cit. u.a. nicht für Verpackungen gelte, welche mit Anhaftungen in einer Weise verunreinigt seien, die eine Wiederverwendung oder -verwertung verhindern oder unverhältnismäßig erschweren würden. Eine Wiederverwendung von gebrauchter Fleischverpackung sei selbstverständlich nicht möglich. Jedoch sei auch die Wiederverwertung unverhältnismäßig erschwert. Eine stoffliche Wiederverwertung, also ein Recycling der Verpackung sei nicht möglich, da schon die Trennung von Papier und Kunststofffolie einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde und eine artenreine Sammlung, welche Voraussetzung für die stoffliche Wiederverwertung sei, unmöglich sei. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde sei jedoch eine thermische Verwertung unverhältnismäßig erschwert. Voraussetzung für die thermische Verwertung sei es zunächst, dass die Verpackungen in einer hygienisch einwandfreien Art und Weise gesammelt und dann der Thermik zugeführt würden. Fleischanhaftungen und Blut auf Verpackungen würden zwingend zu unhaltbaren hygienischen Zuständen führen. § 1 Abs. 3 AWG erkläre es zum Ziel der Abfallwirtschaft u. a., dass das Auftreten und die Vermehrung von schädlichen Tieren und Pflanzen sowie von Krankheitserregern hintangehalten werde und die Gesundheit des Menschen nicht gefährdet und unzumutbare Belästigungen verhindert würden. Das Sammeln von mit Blut und Fleischanhaftungen verunreinigtem Verpackungsmaterial führe zum Auftreten von Verwesungsgerüchen, welche an sich schon eine unzumutbare Belästigung darstellen würden. Im Sammelsystem würden mit organischem Material verunreinigte Verpackungen auch das Auftreten von Insekten aller Art bewirken. Vor allem bei warmer Umgebungstemperatur sei das Auftreten von Krankheitserregern in keiner Weise auszuschließen. Wenngleich das verunreinigte Verpackungsmaterial grundsätzlich natürlich thermisch verwertet werden könne, bedeute das Sammeln und Zurückführen dieser Verpackung zur thermischen Verwertung ein hygienisch in keiner Weise zu rechtfertigendes Vorgehen. Aus diesen Gründen hätte die belangte Behörde feststellen müssen, dass die gegenständlichen Verpackungen solche im Sinne des § 7 Abs. 2 VerpackVO 1996 seien.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
In Ergänzung ihrer Beschwerde legte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 13. Mai 2002 die Aussendung "Leitfaden zum richtigen Trennen von Kunststoffverpackungen in Vorarlberg" der ARGEV GmbH in Kopie vor, aus der hervorgeht, dass Fleischfolien nicht dem Sammelsystem unterliegen würden und nicht in den gelben Sack eingebracht werden dürften. Somit würden Fleischfolien nach den Ausführungen der zuständigen Einrichtung selbst nicht der VerpackVO 1996 unterliegen und das Sammelsystem selbst damit die Richtigkeit des Beschwerdevorbringens erklären.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 7 Abs. 2a AWG hat der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie (nunmehr Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft), wenn Zweifel bestehen, ob eine bestimmte Sache (Ware, Warenrest, Gebinde, Verpackungsmaterial u.dgl.) einer Verordnung gemäß Abs. 2 unterliegt, darüber auf Antrag eines Verpflichteten oder von Amts wegen einen Feststellungsbescheid zu erlassen.
Gemäß Abs. 3 Z. 3 des mit "Maßnahmen zur Abfallvermeidung" überschriebenen § 7 AWG kann als Maßnahme u.a. die Pflicht zur Zurücknahme, zur Wiederverwendung oder Verwertung der nach der bestimmungsgemäßen Verwendung einer Ware verbleibenden Abfälle, wie Warenreste, Gebinde, Verpackungsmaterial und anderes durch Hersteller und Vertreiber von Waren solcher Art oder durch bestimmte Dritte (insbesondere durch Sammel- und Verwertungssysteme gemäß § 7a) sowie die entsprechende Pflicht der Abfallbesitzer zur Rückgabe, Wiederverwendung oder Verwertung angeordnet werden.
Gemäß § 7 Abs. 2 VerpackVO 1996 unterliegen Hersteller, Importeure, Abpacker und Vertreiber von Verpackungen, die mit gefährlichen Abfällen im Sinne des Abfallwirtschaftsgesetzes oder mit Anhaftungen in einer Weise verunreinigt sind, dass sie die Wiederverwendung oder Verwertung verhindern oder unverhältnismäßig erschweren, hinsichtlich dieser Verpackungen nicht dem § 3 Abs. 1, Abs. 4, 6 und 9, und dem § 4. Aus diesen Bestimmungen ergeben sich für Hersteller, Importeure, Abpacker und Vertreiber von Transport- oder Verkaufsverpackungen Verpflichtungen, solche Verpackungen unentgeltlich zurückzunehmen, sich an Sammel- und Verwertungssystemen zu beteiligen und Meldepflichten.
Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass die Wiederverwertung unverhältnismäßig erschwert sei, weil schon die Trennung von Papier und Kunststofffolie einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordere, ist entgegen zu halten, dass die beschwerdeführende Partei selbst - wie aus ihrem Antrag vom 22. Dezember 1998 hervorgeht - von der Trennbarkeit von Papier und Folie ausgeht und dem Antrag ein Muster des Verpackungsmaterials beigelegt hat, aus dem die leichte Trennbarkeit von Papier und Folie zu ersehen ist. Ein unverhältnismäßiger Aufwand bezüglich der Trennbarkeit ist daher nicht zu erkennen.
Auch dem Argument, dass die thermische Verwertung des Verpackungsmaterials unverhältnismäßig erschwert sei, weil es eine Voraussetzung sei, dass die Verpackungsfolien in einer hygienisch einwandfreien Art und Weise gesammelt werden müssten, was bei Fleisch- und Blutanhaftungen nicht der Fall sein könne, kann nicht gefolgt werden. Wie die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausführte, weisen Verpackungsfolien, die für Letztverbraucher bestimmt sind, gegenüber Verpackungsfolien aus dem gewerblichen und industriellen Bereich der Fleischbe- und - verarbeitung einen weitaus geringeren Grad an Verschmutzung auf und fallen im Haushalt auch nicht in größeren Mengen an. Der Beschwerdeführer hat nichts vorgebracht, was diese Argumentation der Behörde im Beschwerdefall zu entkräften vermag. Es ist daher für den Verwaltungsgerichtshof nicht einsichtig, dass - wie von der Beschwerdeführerin behauptet wird - von den gegenständlichen Verpackungen (im Gegensatz zu dem sonst anfallenden Hausmüll) besondere Gefahren oder Belästigungen ausgingen, welche eine Ausnahme im Sinne des § 7 Abs. 2 VerpackVO 1996 rechtfertigen könnten. Auch die beschwerdeführende Partei selbst räumt in der Beschwerde die grundsätzlich gegebene Möglichkeit einer thermischen Verwertung dieses Verpackungsmaterials ein. Es trifft daher auch entgegen den Beschwerdebehauptungen nicht zu, dass die thermische Verwertung dieses Verpackungsmaterials "ein hygienisch in keiner Weise zu rechtfertigendes Vorgehen" darstellen würde.
Insoweit die Beschwerdeführerin ergänzend vorbringt, dass sich die Abfallsammel- und -verwertungsgesellschaft ARGEV selbst gegen die Sammlung von Fleischfolien ausspreche, so ist dem zu entgegnen, dass es in einem Verfahren gemäß § 7 Abs. 2a AWG in Verbindung mit § 7 Abs. 2 VerpackVO 1996 ausschließlich auf eine rechtliche Beurteilung ankommt und das Ergebnis dieser Beurteilung mit der Auffassung eines Abfallsammlers und -verwerters nicht zwingend übereinstimmen muss.
Die Beurteilung der belangten Behörde, dass die Verpackung nicht unter die Ausnahmebestimmung des § 7 Abs. 2 VerpackVO 1996 fallen, sondern von dieser voll umfänglich erfasst sind, vermag der Verwaltungsgerichtshof daher nicht als rechtswidrig zu erkennen.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 17. Oktober 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1999070119.X00Im RIS seit
30.01.2003