TE Vwgh Erkenntnis 2002/10/17 2000/20/0246

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Veröffentlicht am 17.10.2002
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Index

23/04 Exekutionsordnung;
25/02 Strafvollzug;

Norm

EO §291a Abs1 Z1;
StVG §150 Abs3;
StVG §156 Abs3;
StVG §54 Abs5;
StVG §54 Abs6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Sulzbacher, Dr. Grünstäudl und Dr. Berger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des TR in W, vertreten durch Dr. Josef Milchram, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Singerstraße 12/9, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Krems an der Donau vom 9. Februar 2000, Zl. Jv 3476-17/99, betreffend Höhe der finanziellen Entlassungshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer verbüßte in der Justizanstalt Krems an der Donau eine zehnmonatige Freiheitsstrafe, aus der er (offenbar gemäß § 148 Abs. 2 StVG) am 23. April 1999 entlassen wurde. Am 22. April 1999 wurde ihm vom Anstaltsleiter eine Entlassungshilfe gemäß §§ 150 Abs. 3, 156 Abs. 3 StVG in der Höhe von S 2.500,-- bewilligt. Hiezu wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass sein Eigengeld S 14,35 und sein Hausgeld S 177,30 betrage und keine Rücklage vorhanden sei. Es sei aber "festgestellt" worden, dass "regelmäßig Eigengeldanweisungen durch Angehörige" erfolgt seien. Deshalb sei es "als erwiesen anzusehen, dass für den Unterhalt nach der Entlassung anderweitig, zumindest teilweise, gesorgt" sei. Die Entlassungshilfe werde "somit ebenfalls nur zu einem Teil gewährt" und in der Höhe von S 2.500,-- ausbezahlt.

In seiner am Entlassungstag überreichten Administrativbeschwerde gegen die seines Erachtens zu geringe Bemessung der finanziellen Entlassungshilfe machte der Beschwerdeführer unter anderem geltend, er habe nach dem schon länger zurückliegenden Tod mehrerer Familienmitglieder keine Angehörigen mehr. Die "paar belanglosen" Geldüberweisungen, die er (von anderer Seite) "vielleicht erhalten" habe, hätten lediglich dem Ankauf von Bahnkarten im Zusammenhang mit Ausgängen gedient. Die Annahme, für seinen Unterhalt werde in der ersten Zeit nach der Entlassung zumindest teilweise anderweitig gesorgt sein, sei "frucht- und haltlos".

Die belangte Behörde holte zu dieser vom Beschwerdeführer mit dem Primärantrag, ihr (im Sinne des § 121 Abs. 1 StVG) selbst abzuhelfen, an den Anstaltsleiter gerichteten und von diesem zunächst nicht weitergeleiteten Beschwerde nach Urgenzen des Beschwerdeführers mit Verfügung vom 10. Dezember 1999 einen Bericht des Anstaltsleiters ein. Diesem Bericht, mit dem auch eine Kopie der Beschwerde vorgelegt wurde, war im Wesentlichen zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer mit einer gewissen Regelmäßigkeit Geldzuwendungen erhalten hatte (je S 500,-- am 6. Oktober, 20. Oktober, 4. November und 4. Dezember 1998 sowie am 7. Jänner, 3. Februar, 3. März und 6. April 1999; weiters S 200,-- am 7. Dezember 1998 und S 905,-- am 25. Jänner 1999) und diese offenbar vorwiegend für den Ankauf von Bedarfsgegenständen verwendet hatte. Eine Einräumung des Parteiengehörs zu diesem Ermittlungsergebnis unterblieb.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Administrativbeschwerde nicht Folge. Sie vertrat zu den §§ 150 Abs. 3, 156 Abs. 3 StVG folgende Rechtsauffassung:

"Nach dem klaren Wortlaut dieser Normen handelt es sich demnach bei der Entlassungshilfe um Zuschüsse, deren maximale Höhe durch den unpfändbaren Freibetrag nach § 291a Abs 1 Z 1 EO begrenzt ist. Aus der eigentümlichen Bedeutung des Wortes 'Zuschuss' ergibt sich, dass ein Strafgefangener nicht automatisch Anspruch auf diesen Maximalbetrag hat. Der Gesetzgeber selbst hat zwei Einschränkungen normiert, nämlich dass die ihm anlässlich seiner Entlassung auszufolgenden Eigengelder abzuziehen sind und weiters dass eine Reduzierung zu erfolgen hat, wenn für den Unterhalt des Strafgefangenen in der ersten Zeit nach der Entlassung ausreichend vorgesorgt ist.

Im April 1999 betrug das Existenzminimum S 7.990,-- monatlich, somit der Maximalbetrag an Entlassenenhilfe für den Beschwerdeführer S 5.992,50. Von diesem Betrag war sein Eigengeld in der Höhe von S 191,65 abzuziehen, sodass ihm ein Zuschuss von maximal S 5.800,85 gewährt hätte werden können."

Hieran schlossen sich in der Begründung der angefochtenen Entscheidung Feststellungen über die Höhe der Zuwendungen, die der Beschwerdeführer "durch justizfremde, ihm offenbar nahestehende Personen" erhalten habe, sowie darüber, wie er sie verwendet habe. Erwähnt wurde auch, dass es für die Bewilligung der Ausgänge des Beschwerdeführers jeweils Voraussetzung gewesen sei, dass sich jemand verpflichtet habe, während der Zeit des Ausganges für Quartier und Unterhalt zu sorgen. Abschließend führte die belangte Behörde aus:

"Aus den fast regelmäßigen Geldüberweisungen und seiner Versorgung während der Ausgänge musste zwingend der Schluss gezogen werden, dass auch in der ersten Zeit nach seiner Entlassung für seinen Unterhalt zumindest zum Teil gesorgt wird. Es war daher geboten, den maximalen Zuschuss in angemessener Weise zu kürzen. Diese Kürzung um S 2.300,85 erfolgte in einem durchaus angemessenen Umfange, sodass T. J. durch die Bewilligung von 'nur' S 2.500,-- an Entlassungshilfe in gesetzlichen Rechten nicht verletzt wurde."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

In der Gegenschrift räumt die belangte Behörde ein, der allgemeine Grundbetrag des Existenzminimus habe nicht S 7.990,--, sondern S 8.110,-- betragen, sodass der im angefochtenen Bescheid genannte "Maximalbetrag" in der Höhe von drei Vierteln dieses Grundbetrages für den Beschwerdeführer richtig S 6.082,50 (statt S 5.992,50) betragen habe. Dem komme aber "im konkreten Falle keine Relevanz zu". Richtig sei auch, dass es sich bei den gemäß § 54 Abs. 5 StVG bei der Entlassung auszufolgenden und deshalb von der Entlassungshilfe in Abzug zu bringenden Beträgen (im angefochtenen Bescheid als "Eigengelder" bzw. "Eigengeld" bezeichnet; rechnerisch die Summe aus Eigengeld und Hausgeld des Beschwerdeführers) nach § 150 Abs. 3 StVG um das Hausgeld und die (beim Beschwerdeführer nicht vorhandene) Rücklage, aber nicht um das Eigengeld handle. Letzteres könne der Strafgefangene, da es ihm bei der Entlassung auszufolgen sei, aber gleichfalls für seinen Unterhalt verwenden. Davon abgesehen hält die belangte Behörde an der dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Rechtsauffassung fest. In Bezug auf die (teilweise) Vorsorge für den Unterhalt des Beschwerdeführers in der ersten Zeit nach der Entlassung wird ausgeführt, T.H. und M.H., die sich jeweils im Zusammenhang mit den Ausgängen des Beschwerdeführers verpflichtet hätten, ihm Unterkunft und Unterhalt zu gewähren, hätten mit diesem Verhalten "die Annahme gerechtfertigt, dass sie ihn auch in der ersten Zeit nach der Haftentlassung in gleicher Weise unterstützen". Zum Vorwurf unzureichender Ermittlungen heißt es in der Gegenschrift:

"Die Vollzugsbehörden I. und II. Instanz haben alle ihnen zur Verfügung stehenden Unterlagen voll ausgeschöpft. Eine Ermittlungsausweitung war teils wegen fehlender Angaben des Beschwerdeführers, teils aus zeitlichen Gründen (Entscheidung I. Instanz am 22.4.1999, Haftende 25.4.1999) nicht möglich. Durch weitere Erhebungen z.B. Vernehmung von M.H. wäre der Zweck der Entlassungshilfe ('in der ersten Zeit nach der Entlassung') vereitelt worden und dem Beschwerdeführer hätte später nicht einmal ein Zuschuss gewährt werden dürfen, sofern man aus der zeitlichen Beschränkung der Entlassungshilfe (entgegen der nun gesicherten Rechtsprechung in allgemeinen Unterhaltssachen) schließt, dass noch immer gilt 'nemo pro praeterito alitur'.

Es war daher insbesonders von den Erklärungen des Beschwerdeführers und der dritten Personen anlässlich der Ausgänge auszugehen. Der Beschwerdeführer war über den Inhalt der den Behörden zur Verfügung stehenden Unterlagen immer informiert."

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1. Den zuletzt wiedergegebenen Ausführungen der belangten Behörde zur Frage einer "Ermittlungsausweitung" kann nicht gefolgt werden. Was zunächst die erstinstanzliche Entscheidung anlangt, so heißt es in den bei Holzbauer/Brugger (Strafvollzugsgesetz (1996),

630) wiedergegebenen Ausführungen von Pilgram, über die Gewährung der Entlassungshilfe werde von den Anstaltsverwaltungen "im buchstäblich letzten Moment entschieden, sodass der Eindruck entsteht, dass die Anwendungspraxis, ja die Ermessensentscheidung selbst nicht nur von der sozialen Lage des Entlassenen, sondern auch von Disziplinierungserwägungen bestimmt wird". Gründe dafür, die Entscheidung nicht rechtzeitig vor der Entlassung ausreichend vorzubereiten, sind aber nicht erkennbar. Was im Besonderen den Hinweis auf "fehlende Angaben des Beschwerdeführers" betrifft, so geht weder aus den Ausführungen der belangten Behörde noch aus den vorgelegten Akten hervor, dass der Beschwerdeführer vor der Entlassung jemals gefragt worden wäre, inwieweit und wodurch in der ersten Zeit danach für seinen Unterhalt vorgesorgt sein werde.

Zur Frage ergänzender Ermittlungen aufgrund der Administrativbeschwerde ist dem Hinweis der belangten Behörde auf den "Zweck der Entlassungshilfe" zunächst entgegenzuhalten, dass diesem Zweck jedenfalls nicht damit gedient war, dass die am Tag der Entlassung erhobene Beschwerde in der Justizanstalt unbearbeitet liegen blieb. Die weitere Überlegung der belangten Behörde, es könnte "entgegen der nun gesicherten Rechtsprechung in allgemeinen Unterhaltssachen" der Grundsatz gelten, dass eine Gewährung von Entlassungshilfe nach dem Verstreichen der "ersten Zeit nach der Entlassung" nicht mehr zulässig sei, ist gleichfalls nicht zu billigen. Wird die Entlassungshilfe zunächst zu niedrig bemessen und eine Administrativbeschwerde dagegen monatelang nicht bearbeitet, so wird die gesetzlich angeordnete Leistung im Ausmaß der schließlich nachzuzahlenden Differenz ihren Zweck zwar nur mehr weniger gut als vom Gesetzgeber beabsichtigt (nämlich diesfalls durch die Ermöglichung der Reduktion in der Zwischenzeit aufgelaufener Schulden) erfüllen können. Eine Rechtsgrundlage dafür, von der Nachzahlung unter solchen Umständen gleich ganz abzusehen, gibt es aber nicht.

2. § 150 Abs. 3 StVG hatte in der Stammfassung folgenden Wortlaut:

"Erreichen die dem Strafgefangenen bei der Entlassung nach § 54 Abs. 6 auszuzahlenden Beträge ohne sein Verschulden nicht den Betrag, der auszuzahlen wäre, wenn ihm für ein Jahr die Hälfte der niedersten Arbeitsvergütung als Rücklage gutgeschrieben worden wäre, und ist für den Unterhalt des Strafgefangenen in der ersten Zeit nach der Entlassung nicht anderweitig ausreichend vorgesorgt, so ist ihm ein Zuschuss bis zur Höhe dieses Betrages zu gewähren."

In der Regierungsvorlage (511 BlgNR 11. GP 93) wurde dazu ausgeführt:

"Danach wird einem Gefangenen, der eine Freiheitsstrafe von über einem Jahr verbüßt hat, bei seiner Entlassung mindestens so viel auszubezahlen sein, als ihm auszubezahlen wäre, wenn ihm das ganze Jahr hindurch die Hälfte der niedersten Arbeitsbelohnung als Rücklage gutgeschrieben worden wäre."

Der Regierungsvorlage ist - im Zusammenhang mit den anteiligen Zuschüssen bei kürzeren Strafzeiten - auch entnehmbar, weshalb sich das Gesetz des Ausdruckes "Zuschuss" bedient (vgl. a. a.O. die Bezugnahme auf die "Gewährung eines Zuschusses zu den bei der Entlassung im Hinblick auf die von den Gefangenen geleistete Arbeit auszuzahlenden Beträgen an bedürftige Gefangene").

Nach dem Willen des Gesetzgebers hatte dieser "Zuschuss" im Falle der Bedürftigkeit des zu Entlassenden (nämlich bei Fehlen "ausreichender" Vorsorge für die erste Zeit nach der Entlassung) sicherzustellen, dass bei der Entlassung aus einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe "mindestens" der in § 150 Abs. 3 StVG genannte Betrag zur Auszahlung kam.

Durch die Strafvollzugsnovelle 1993, BGBl. Nr. 799, erhielt § 150 Abs. 3 StVG folgende geltende Fassung:

"Erreichen die dem Strafgefangenen bei der Entlassung nach § 54 Abs. 5 auszuzahlenden Beträge ohne sein Verschulden nicht den unpfändbaren Freibetrag nach § 291a Abs. 1 Z 1 der Exekutionsordnung, RGBl. Nr. 79/1896 in der jeweils geltenden Fassung, und ist für den Unterhalt des Strafgefangenen in der ersten Zeit nach der Entlassung nicht anderweitig ausreichend vorgesorgt, so ist ihm ein Zuschuss bis zur Höhe dieses Betrages zu gewähren."

Diese Änderung wurde im Bericht des Justizausschusses (1253 BlgNR 18. GP 9) wie folgt erläutert:

"Nach der geltenden Fassung ist einem Strafgefangenen mit einer Strafzeit von mehr als einem Jahr eine finanzielle Entlassungshilfe bis zu dem Betrag zu gewähren, der auszuzahlen wäre, wenn ihm für ein Jahr die Hälfte der niedrigsten Arbeitsvergütung als Rücklage gutgeschrieben worden wäre. Die Umstellung des Systems der Arbeitsvergütung bedingt auch hier eine Anpassung, die - zugleich vereinfachend - in der Weise vorgenommen werden soll, dass künftig auf das allgemeine monatliche Existenzminimum nach der Exekutionsordnung (derzeit 7 000 S) abzustellen ist."

Gemäß § 156 Abs. 3 StVG ist Strafgefangenen bei der Entlassung aus einer neun Monate (aber nicht ein Jahr) übersteigenden Freiheitsstrafe unter den in § 150 Abs. 3 StVG bezeichneten Voraussetzungen ein Zuschuss bis zur Höhe von drei Vierteln des dort genannten Geldbetrages zu gewähren.

Diese Rechtslage lässt in Verbindung mit den Erläuterungen zur Stammfassung - die in ihrer Bezugnahme auf einen "mindestens" auszuzahlenden Betrag durch die Strafvollzugsnovelle 1993 und deren Erläuterungen in keiner Weise relativiert wurden - nicht die Deutung zu, dass es sich bei diesem Betrag, abgesehen von der noch zu erörternden Frage anderweitiger Vorsorge, um einen "Maximalbetrag" handle und es etwa im Ermessen der Behörde stehe, nur einen Teil davon zur Auszahlung zu bringen. Unter einem "Zuschuss bis zur Höhe" des in § 150 Abs. 3 StVG genannten Betrages ist vielmehr ein solcher zu verstehen, durch den sich als Summe aus den gemäß § 54 Abs. 5 (in der Stammfassung: Abs. 6) StVG auszuzahlenden Beträgen (Hausgeld und Rücklage) und dem "Zuschuss" der in § 150 Abs. 3 StVG genannte, "mindestens" auszuzahlende Betrag ergibt. Dies alles gilt, wie der Vollständigkeit halber zu erwähnen ist, nur unter der im vorliegenden Fall nicht strittigen Voraussetzung, dass den zu Entlassenden am Fehlen einer nicht einmal das Existenzminimum für einen Monat erreichenden Summe aus Hausgeld und Rücklage kein Verschulden trifft.

Der Gesetzgeber hat - im Gegensatz zur Ansicht der belangten Behörde - auch nicht "normiert, ... dass eine Reduzierung zu erfolgen hat, wenn für den Unterhalt des Strafgefangenen in der ersten Zeit nach der Entlassung ausreichend vorgesorgt ist". Ist letzteres der Fall, so ist der zu Entlassende nicht im Sinne der Erläuterungen zur Stammfassung der Regelung "bedürftig" und die Gewährung eines Zuschusses hat zu unterbleiben. Was die belangte Behörde in Wahrheit meint, ist ein Abzug nicht ausreichender Vorsorgen bzw. - soweit es sich um Sachleistungen handelt - wohl ihres Gegenwertes von der gesetzlich angeordneten Entlassungshilfe. Das Gesetz sieht dies allerdings nicht vor, was angesichts der Schwierigkeiten, die eine solche Anrechnung bereiten kann (vgl. dazu aus der sozialhilferechtlichen Rechtsprechung etwa das hg. Erkenntnis vom 1. Juli 1997, Zl. 96/08/0246, Slg. Nr. 14.715/A), sowie der geringen Höhe des als Berechnungsgrundlage heranzuziehenden Pauschalbetrages gemäß § 291a Abs. 1 Z 1 EO und des Umstandes, dass der auf dieser Basis zu ermittelnde Differenzbetrag nur ein einziges Mal zur Auszahlung kommt, wohl auch gute Gründe hat.

Auf Zuwendungen Dritter ist - ebenso wie auf die eigene Leistungsfähigkeit des zu Entlassenden, soweit es nicht um die Summe aus Hausgeld und Rücklage geht - bei der Entscheidung über die Entlassungshilfe gemäß § 150 Abs. 3 (hier: in Verbindung mit § 156 Abs. 3) StVG daher nur im Zusammenhang mit der Prüfung der Frage, ob für den Unterhalt in der ersten Zeit nach der Entlassung schon "ausreichend" vorgesorgt ist, Bedacht zu nehmen. Sie bilden aber - wie etwa auch das in § 54 Abs. 5 StVG nicht erwähnte und von der Bezugnahme darauf in § 150 Abs. 3 StVG daher nicht erfasste Eigengeld - in den Fällen, in denen die erwähnte Frage zu verneinen ist, keinen Abzugsposten von der gesetzlichen Entlassungshilfe, deren Bemessung - wie zur Klarstellung gegenüber den zitierten Ausführungen Pilgrams und einem mit den Verwaltungsakten vorgelegten Erlass des Justizministers vom 25. Februar 1994 nochmals festzuhalten ist - auch keine Ausübung von "Ermessen" darstellt.

Da die belangte Behörde die diesbezügliche Rechtslage nicht richtig beurteilt hat, kommt es auf den Rest ihrer Überlegungen im Ergebnis nicht mehr an. Es ist aber anzumerken, dass die von der belangten Behörde vorgenommene "Teilprivatisierung" der in der Fachliteratur ohnehin nicht als übertrieben großzügig kritisierten Entlassungshilfe (vgl. etwa Kunst, Strafvollzugsgesetz (1979), 245, und Holzbauer/Brugger, a.a.O., 628) in der Schlussfolgerung von in der Vergangenheit ohne ersichtliche Rechtsgrundlage erbrachten Leistungen auf künftige Leistungen im vorliegenden Fall auch beweismäßig keine solide Grundlage hat. Der Vollständigkeit halber sei noch hinzugefügt, dass die Anrechnung der erwarteten Leistungen Dritter - ausgehend von der nicht zutreffenden Rechtsmeinung der belangten Behörde - in Bezug auf die in § 150 Abs. 3 StVG vorgegebene monatliche Bemessungsgröße nur drei Viertel eines Betrages in der Größenordnung von etwa S 500,-- zu betragen gehabt hätte und der Abzug eines Mehrfachen davon auf jeden Fall rechtswidrig war.

Der angefochtene Bescheid war aus den dargestellten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.

Wien, am 17. Oktober 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2000200246.X00

Im RIS seit

09.01.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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