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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
FSG 1997 §26 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. Erwin Dick, Rechtsanwalt in 1120 Wien, Hilschergasse 25/15, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 29. November 2001, Zl. MA 65 - 8/556/2001, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Angelegenheit nach dem Führerscheingesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 7. September 2001 drohte die Bundespolizeidirektion Wien dem Beschwerdeführer gemäß § 26 Abs. 4 letzter Satz des Führerscheingesetzes die Entziehung seiner Lenkberechtigung an. Nach den Angaben auf dem im Verwaltungsakt erliegenden Rückschein erfolgte am 11. September 2001 ein erster Zustellversuch an der Adresse des Beschwerdeführers (nebst einer Ankündigung eines zweiten Zustellversuches), sodann ein zweiter Zustellversuch am 12. September 2001 (nebst einer Einlegung der Verständigung über die Hinterlegung in das Hausbrieffach) sowie anschließend eine Hinterlegung beim Zustellpostamt 1152 Wien. Als Beginn der Abholfrist ist der 13. September 2001 angegeben.
Mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2001, am selben Tag zur Post gegeben, erhob der Beschwerdeführer, anwaltlich vertreten, Berufung "innerhalb offener Frist", wobei er darauf hinwies, das Schriftstück der Bundespolizeidirektion Wien am 1. Oktober 2001 "bei der Post behoben" zu haben.
Mit Schreiben vom 15. Oktober 2001 brachte der Landeshauptmann von Wien dem Beschwerdeführer zur Kenntnis, dass die Berufung offensichtlich verspätet eingebracht worden sei. Das Schriftstück sei nach einem Zustellversuch am 11. September 2001 und einem zweiten Zustellversuch am 12. September 2001 an diesem Tag beim Postamt 1152 Wien hinterlegt und ab 13. September 2001 zur Abholung bereitgehalten worden. Die Rechtsmittelfrist habe daher am 13. September 2001 begonnen und am 27. September 2001 geendet. Die Berufung sei jedoch erst am 1. Oktober 2001 zur Post gegeben worden. Der Beschwerdeführer habe nunmehr Gelegenheit, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens hiezu schriftlich Stellung zu nehmen und allfällige für die Rechtzeitigkeit sprechende Unterlagen, insbesondere für seine Abwesenheit von der Abgabestelle im Zeitraum der Zustellung, vorzulegen.
Mit Schreiben seines Rechtsvertreters vom 31. Oktober 2001 nahm der Beschwerdeführer zu diesem Vorhalt Stellung. Er brachte vor, von der Hinterlegung des Bescheides erst am 1. Oktober 2001 Kenntnis erlangt zu haben, da er "zum Zeitpunkt des ersten und zweiten Zustellversuchs und der anschließenden Hinterlegungszeit privat ortsabwesend" gewesen sei. Da es sich um keine Geschäftsangelegenheit handle, sei er auch nicht verpflichtet gewesen, der Post seine kurzfristige Ortsabwesenheit (Urlaub) bekannt zu geben. Allenfalls möge er noch zu diesem Thema von der Behörde ergänzend einvernommen werden.
Der Landeshauptmann von Wien wies die Berufung mit Bescheid vom 29. November 2001 gemäß § 66 Abs. 4 iVm § 63 Abs. 5 AVG als verspätet zurück. In der Begründung führte der Landeshauptmann von Wien aus, dem Rückschein der Post zufolge sei der Bescheid nach einem ersten Zustellversuch am 11. September 2001 und einem zweiten Zustellversuch am 12. September 2001 am Postamt 1152 Wien hinterlegt und ab 13. September 2001 zur Abholung bereitgehalten worden. Da gemäß § 17 Abs. 3 des Zustellgesetzes hinterlegte Sendungen mit dem ersten Tage, an dem sie zur Abholung bereitgehalten werden, als zugestellt gelten, wenn ein Zustellmangel nicht unterlaufen sei und sich auch nicht ergeben habe, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle vom Zustellvorgang nicht rechtzeitig habe Kenntnis erlangen können, habe die Rechtsmittelfrist daher am 13. September 2001 begonnen und am 27. September 2001 geendet. Die mit 1. Oktober 2001 datierte Berufung sei jedoch trotzt richtiger und vollständiger Rechtsmittelbelehrung erst an diesem Tag zur Post gegeben worden. Der Beschwerdeführer habe sich zum Vorhalt der Verspätung zwar insofern geäußert, als er eine urlaubsbedingte Abwesenheit von der Abgabestelle ins Treffen geführt habe, er habe es jedoch unterlassen, dieses Vorbringen zu konkretisieren und durch entsprechende Bescheinigungsmittel zu belegen. Mit der bloßen Behauptung einer Ortsabwesenheit ohne nähere Angaben und ohne Anbot entsprechender Bescheinigungsmittel könne das Vorliegen einer unwirksamen Zustellung durch Hinterlegung jedoch nicht dargetan werden. Das Beweismittelangebot der persönlichen Vernehmung, ohne diese durch schriftliche Unterlagen oder Zeugenangaben objektivieren zu können, reiche hiezu jedenfalls nicht aus. Die Behörde sei daher bei dieser Verfahrenslage nicht gehalten gewesen, von Amts wegen Nachforschungen über den Aufenthalt des Beschwerdeführers zur Hinterlegungszeit anzustellen. Es sei daher davon auszugehen gewesen, dass die Bescheidzustellung durch Hinterlegung vorschriftsgemäß und rechtswirksam erfolgt sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Maßgeblich für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ist, ob durch die Hinterlegung des Bescheides der Behörde erster Instanz am 12. September 2001 dessen Zustellung bewirkt wurde oder ob diese Zustellung durch Hinterlegung wegen Ortsabwesenheit des Beschwerdeführers unwirksam war und der Bescheid dem Beschwerdeführer erst nach dessen Rückkehr an die Abgabestelle zugestellt wurde.
Nach § 17 Abs. 3 vierter Satz des Zustellgesetzes gelten hinterlegte Sendungen nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 leg. cit. wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.
Behauptet ein Empfänger einer Sendung die Unwirksamkeit einer Zustellung durch Hinterlegung wegen Abwesenheit von der Abgabestelle, so obliegt es ihm, ein konkretes Vorbringen über Beginn und Ende seiner Ortsabwesenheit zu erstatten und für dieses Vorbringen Beweise anzubieten. Unsubstantiierte und in keiner Weise belegte Behauptungen genügen dazu nicht (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2000, Zl. 99/11/0373). Erst ein entsprechendes Vorbringen mit Beweisanboten verpflichtet die Behörde zur Durchführung der angebotenen (und anderer geeigneter) Beweise im Rahmen ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht.
Der Obliegenheit zur Mitwirkung am entscheidungserheblichen Sachverhalt ist der Beschwerdeführer jedoch nicht nachgekommen. Es wäre an ihm gelegen gewesen, konkrete Umstände vorzubringen, bei deren Zutreffen rechtlich zu folgern wäre, dass eine wirksame Zustellung durch Hinterlegung infolge Abwesenheit des Beschwerdeführers von der Abgabestelle nicht bereits am 13. September 2001 (Beginn der Abholfrist) erfolgt ist. Der Beschwerdeführer hat jedoch weder in der Berufung selbst noch über Vorhalt der belangten Behörde ein entsprechend konkretes Vorbringen über seine Ortsabwesenheit erstattet, sondern sich mit der Rechtsbehauptung begnügt, privat ortsabwesend gewesen zu sein. Dieses Vorbringen, dem nicht einmal andeutungsweise zu entnehmen ist, wo sich der Beschwerdeführer im maßgeblichen Zeitraum aufgehalten hat, ist nach dem bisher Gesagten nicht geeignet, eine amtswegige Ermittlungspflicht der Behörde auszulösen. War aber bereits das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht ausreichend konkretisiert, so kann auch im Unterlassen der vom Beschwerdeführer ohne konkrete Angabe des Beweisthemas angebotenen Einvernahme seiner Person kein Verfahrensmangel erblickt werden.
Da nach den bisherigen Ausführungen die Annahme der Behörde nicht zu beanstanden ist, dass der Bescheid der Behörde erster Instanz wirksam durch Hinterlegung, und zwar am 13. September 2001, zugestellt wurde, kann auch die rechtliche Beurteilung, die unbestritten erst am 1. Oktober 2001 zur Post gegebene Berufung sei verspätet und demnach zurückzuweisen gewesen, nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501.
Wien, am 22. Oktober 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002110018.X00Im RIS seit
20.01.2003