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82 GesundheitsrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallLeitsatz
Inkrafttreten der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien in der Fassung der Kundmachung vom "Wiener Arzt" 2b/1999 mit dem Zeitpunkt der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde; keine Rückwirkung mangels entsprechenden Beschlusses der Vollversammlung der Ärztekammer; Quasi-Anlaßfallwirkung der Aufhebung der Satzung in der Fassung vor der Kundmachung im "Wiener Arzt" 2b/1999Spruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit S 18.000,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1. Der Beschwerdeführer ist als Arzt Angehöriger der Ärztekammer für Wien und nach §6 i.V.m. §4 Abs2 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien zu diesem Wohlfahrtsfonds beitragspflichtig. Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid hat der Beschwerdeausschuß des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien den Antrag des Beschwerdeführers auf Rückzahlung von Beiträgen nach Erfüllung der Beitragspflicht abgewiesen.
2. Mit Erkenntnis vom 24. Juni 1999, V15/99, V16/99 und V22/99, hat der Verfassungsgerichtshof die Beitragsordnungen des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien für die Jahre 1996 und 1997 als gesetzwidrig aufgehoben und ausgesprochen, daß die Satzung dieses Wohlfahrtsfonds, kundgemacht durch Aufnahme und Einarbeitung in eine Loseblattsammlung, bis zum Inkrafttreten ihrer Kundmachung im "Wiener Arzt" 2a/1999 gesetzwidrig war.
3. Gemäß Art139 Abs6 B-VG wirkt die Aufhebung einer Verordnung auf den Anlaßfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlaßfalles so vorzugehen, als ob die als gesetzwidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrundeliegenden Tatbestands nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.
Dem in Art139 Abs6 B-VG genannten Anlaßfall (im engeren Sinn), anläßlich dessen das Verordnungsprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Verordnungsprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (vgl. VfSlg. 10616/1985, 10736/1985, 10954/1986).
Die nichtöffentliche Beratung im Verordnungsprüfungsverfahren V 15, V 16 und V22/99 fand am 11. Juni 1999 statt. Die vorliegende Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof am 31. März 1998 eingelangt, war also zum Zeitpunkt der Beratung schon anhängig; der der vorliegenden Beschwerde zugrunde liegende Fall ist somit einem Anlaßfall gleichzuhalten.
4. Die belangte Behörde wendete bei Erlassung des angefochtenen Bescheides als gesetzwidrig erkannte Verordnungen an. Es ist nach Lage des Falles nicht ausgeschlossen, daß die Anwendung der gesetzwidrigen Verordnungen für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers von Nachteil war. Der Beschwerdeführer wurde somit wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt.
Der Bescheid ist daher aufzuheben.
5. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG abgesehen.
6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 3.000,-- enthalten.
Schlagworte
Ärzte Versorgung, Versorgungsrecht, Verordnung, Kundmachung, Geltungsbereich (zeitlicher) einer Verordnung, VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1999:B674.1998Dokumentnummer
JFT_10008989_98B00674_00