TE Vwgh Erkenntnis 2002/10/23 2001/16/0300

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Veröffentlicht am 23.10.2002
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
35/02 Zollgesetz;

Norm

BAO §4;
BAO §85 Abs2;
BAO §85 Abs4;
ZollRDG 1994 §2 Abs1;
ZollRDG 1994 §85c Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat V der Region Innsbruck bei der Finanzlandesdirektion für Tirol mit Sitz in Innsbruck) vom 14. März 2001, ZRV 371-I5/99, betreffend Aufhebung einer zu einem Säumniszuschlag ergangenen Berufungsvorentscheidung (mitbeteiligte Partei: T Handels GmbH in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

Mit Bescheid des Hauptzollamtes Wien vom 31. März 1999 wurde der mitbeteiligten GmbH ein Säumniszuschlag in Höhe von S 5.174,-- vorgeschrieben.

Auf einem Briefpapier der A Aktiengesellschaft, wurde ein Schriftsatz eingebracht, der eine Berufung gegen diesen Säumniszuschlagbescheid enthielt. Unterfertigt war der Schriftsatz unter Beisetzung des Firmenwortlauts der Mitbeteiligten handschriftlich mit den maschinschriftlich beigefügten Wortfolgen "i.V. R" und "i.V. L".

In den Akten erliegt ein Umbuchungsantrag der A AG vom 23. März 1999, der mit "i.V. R" und "i.V. L" unterfertigt war.

Mit Berufungsvorentscheidung des Hauptzollamtes Wien vom 15. Oktober 1999 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Gegen diese Berufungsvorentscheidung wurde (ebenfalls) auf Briefpapier der A AG am 17. November 1999 Beschwerde an den Berufungssenat erhoben. Unterfertigt war der Schriftsatz unter Beisetzung des Firmenwortlauts der Mitbeteiligten handschriftlich mit den maschinschriftlich beigefügten Wortfolgen "IV R" und "IV A".

In einem in den Akten erliegenden, mit 13. März 2001 datierten Firmenbuchauszug wurden als Geschäftsführer der Mitbeteiligten Dr. Robert L (seit 1. Juli 2000) und Mag. Peter L (seit 1. Juli 2000) sowie als Prokurist Dr. Erich P (seit 1. Jänner 2001) ausgewiesen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerde - ohne weiteres Verfahren - "stattgegeben" und die Berufungsvorentscheidung aufgehoben. In der Begründung wurde ausgeführt, die Berufung vom 13. April 1999 sei von Angestellten der Firma A AG erhoben worden. Es gebe keine Indizien einer Vertretung im Rechtsbehelfsverfahren und auch keine formelle Vollmacht. Wenn der Einschreiter sich nicht durch eine schriftliche Vollmacht ausweisen könne, sei ein Mängelbehebungsauftrag zu erteilen. Die Unterlassung einer solchen Mängelbehebung sei ein gravierender Verfahrensmangel, der zur Bescheidbehebung führen müsse.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wird vom Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 85c Abs 1 ZollR-DG in der auf den Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl Nr I 61/2001 ist gegen Berufungsvorentscheidungen als Rechtsbehelf der zweiten Stufe die Beschwerde an den Berufungssenat zulässig. Zur Einbringung der Beschwerde ist jeder befugt, an den die Berufungsvorentscheidung ergangen ist.

Nach § 85 Abs 2 der gemäß § 2 Abs 1 ZollR-DG auch für die Erhebung der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben (subsidiär) anzuwendenden Bundesabgabenordnung berechtigen Formgebrechen von Eingaben wie auch das Fehlen einer Unterschrift die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung. Sie hat dem Einschreiter die Behebung der Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden Frist als zurückgenommen gilt. Werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.

Wird ein Anbringen nicht vom Abgabepflichtigen selbst vorgebracht, ohne dass sich der Einschreiter durch eine schriftliche Vollmacht ausweisen kann, gelten nach § 85 Abs 4 BAO für die nachträgliche Beibringung der Vollmacht die Bestimmungen des Abs 2 sinngemäß.

Im Beschwerdefall ist aus den vorgelegten Akten nicht erkennbar, dass die Administrativbeschwerde gegen die vom Hauptzollamt erlassene Berufungsvorentscheidung von zur Vertretung der Mitbeteiligten berufenen Personen eingebracht worden ist. Die Funktion der Personen, die die Beschwerde unterfertigt haben, ist aus der Eingabe und dem sonstigen Akteninhalt nicht erkennbar. Dass ein Umbuchungsantrag einer anderen juristischen Person von einer dieser Personen unterfertigt wurde, lässt keinerlei Rückschlüsse auf die Vertretungsbefugnis zu. Auch der im Rechtsbehelfsverfahren eingeholte Firmenbuchauszug ist für die Beurteilung, ob die Mitbeteiligte von befugten Personen vertreten wurde, nicht geeignet, weil er keinen Aufschluss über Geschäftsführung oder Erteilung einer Prokura für die Zeit der Einbringung der Beschwerde (17. November 1999) gibt und keinen Aufschluss über das allfällige Vorliegen einer Spezialvollmacht geben kann.

Dadurch, dass die belangte Behörde eine aufhebende - damit aus ihrem Gesichtspunkt meritorische - Entscheidung getroffen hat, ohne die zwingend nach § 85 Abs 2 iVm Abs 4 BAO erforderliche Klärung der Person des Einschreiters bzw der Vertretungsbefugnis der die Beschwerde unterfertigenden Personen vorgenommen zu haben, hat sie das Gesetz verletzt. Daran vermag die in der Gegenschrift der belangten Behörde aufgezeigte Konsequenz des Nichtgelingens eines Vollmachtsnachweises (Rechtskraft der erstinstanzlichen Entscheidung) nichts zu ändern.

Entsprechend dem Antrag des beschwerdeführenden Präsidenten war daher der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Wien, am 23. Oktober 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001160300.X00

Im RIS seit

18.02.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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