TE Vwgh Beschluss 2002/10/23 2002/12/0273

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Veröffentlicht am 23.10.2002
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/06 Dienstrechtsverfahren;

Norm

AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
DVG 1984 §2 Abs2 idF 1991/362;
DVV 1981 §1 Abs1 Z24;
DVV 1981 §1 Abs1 Z32;
DVV 1981 §1;
DVV 1981 §2 Z6;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, in der Beschwerdesache des Dr. G in E, vertreten durch Dr. Walter Stefan Funovics, Rechtsanwalt in 7000 Eisenstadt, Fanny Elßler-Gasse 4, gegen den Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien wegen Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend Reisekosten, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Richter des Landesgerichtes X in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

Zum weiteren Sachverhalt und zur Vorgeschichte dieser Beschwerdesache wird zur Vermeidung entbehrlicher Wiederholungen auf das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 2002, Zl. 98/12/0144 verwiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat den damals angefochtenen Bescheid, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf bescheidmäßige Erledigung seines Antrages auf Zuerkennung der Aufenthaltskosten im Rahmen eines Betriebspraktikums (bei einer Institution der Europäischen Union) vom Bundesminister für Justiz zurückgewiesen worden war, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben. Ausgehend von der vom Beschwerdeführer aufgestellten Behauptung eines öffentlichrechtlichen Anspruches auf Ersatz der Aufenthaltskosten sei es der belangten Behörde verwehrt gewesen, im Vorgriff auf eine allfällige Aussichtslosigkeit einer solchen Behauptung das Begehren des Beschwerdeführers auf bescheidmäßigen Abspruch als solches auf Setzung eines Aktes der Privatwirtschaftsverwaltung zu deuten und daraus die Unzulässigkeit des Antrages abzuleiten, zumal darin eine Abkehr vom Wesenskern des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses liege, dass das Dienstverhältnis durch Gesetz bestimmt werde und besoldungsrechtliche Ansprüche nur nach besoldungsrechtlichen Vorschriften (Gesetz, Verordnung) geltend gemacht werden könnten. Der Beschwerdeführer habe in seiner Eingabe vom 5. September 1997 - wie schon in jener vom 20. Juni 1997 - einen besoldungsrechtlichen Anspruch auf die Vergütung von Reisekosten behauptet, der - so der Beschwerdepunkt -

nach der Reisegebührenvorschrift 1955 zu beurteilen wäre. Mit seinem Antrag auf Auszahlung von Aufenthaltskosten, subsidiär auf bescheidmäßigen Abspruch über sein Begehren, habe der Beschwerdeführer Feststellungen und Verfügungen in Reisegebührenangelegenheiten (§ 1 Abs. 1 Z. 32 der Dienstrechtsverfahrensverordnung 1981 - DVV 1981) bzw. in Angelegenheiten der Geldbezüge (§ 1 Abs. 1 Z. 24 DVV 1981) beantragt. Gemäß § 2 Abs. 1 erster Satz DVG iVm § 2 Z. 6 lit. c DVV 1981 wäre daher zur Entscheidung über den behaupteten Anspruch der Präsident des Oberlandesgerichtes als nachgeordnete Dienstbehörde zuständig gewesen.

In seiner am 17. September 2002 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Säumnisbeschwerde bringt der Beschwerdeführer unter Hinweis auf dieses Erkenntnis im Wesentlichen vor, er habe mit einer im Dienstweg vorgelegten Eingabe vom 20. Juni 1997 den Ersatz der ihm im Juli 1997 bei der EU (gemeint: Generalsekretariat des Rates der Europäischen Union) entstandenen Aufenthaltskosten beantragt. Nach seiner Rückkehr aus Brüssel habe er unter Vorlage von Originalbelegen diese Kosten im Detail aufgeschlüsselt und ihre Überweisung auf sein Konto beantragt. Es sei Sache der belangten Behörde, ihre Kompetenzen von Amts wegen wahrzunehmen, wenn ihr ein Antrag im Dienstweg vorgelegt werde. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass das Bundesministerium für Justiz rechtswidrig in die Kompetenzen der belangten Behörde eingegriffen und gleichfalls rechtswidrig, statt im Bereich der Hoheitsverwaltung im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung, entschieden habe. Der Verwaltungsgerichtshof habe festgestellt, dass zur Entscheidung über seinen geltend gemachten Anspruch die belangte Behörde als nachgeordnete Dienstbehörde zuständig sei. Die belangte Behörde sei abermals ihrer gesetzlichen Entscheidungspflicht nicht fristgerecht nachgekommen. Das Vorerkenntnis sei ihr bekannt, weil er es ihr übermittelt habe bzw. vom Bundesministerium für Justiz übermittelt worden sei. Er habe im Februar 2002 nochmals bei der belangten Behörde den bescheidmäßigen Anspruch seines seit 1997 unerledigten Antrages urgiert, dies ohne Erfolg.

§ 2 Abs. 1 und 2 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984, BGBl. Nr. 29/1984 (dessen Abs. 1 in der Fassung der Wiederverlautbarung BGBl. Nr. 29/1984 und dessen Abs. 2 in der Fassung BGBl. Nr. 362/1991) lautet:

"§ 2. (1) Die Zuständigkeit in Dienstrechtsangelegenheiten richtet sich nach den einschlägigen Gesetzen und Verordnungen. Soweit in diesen Rechtsvorschriften keine Bestimmungen über die Zuständigkeit enthalten sind, gelten die folgenden Absätze.

(2) Die obersten Verwaltungsorgane sind innerhalb ihres Wirkungsbereiches als oberste Dienstbehörde in erster Instanz zuständig. Solche Zuständigkeiten können mit Verordnung ganz oder zum Teil einer unmittelbar nachgeordneten Dienststelle als nachgeordneter Dienstbehörde übertragen werden, sofern dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis gelegen ist und die Dienststelle nach ihrer Organisation und personellen Besetzung zur Durchführung der zu übertragenden Aufgaben geeignet ist. Im Fall einer solchen Übertragung ist die nachgeordnete Dienstbehörde in erster Instanz und die oberste Dienstbehörde in zweiter Instanz zuständig."

Gemäß Art. 132 B-VG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war. Gemäß § 27 VwGG kann Säumnisbeschwerde erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, oder der unabhängige Verwaltungssenat, der nach Erschöpfung des Instanzenzuges, sei es durch Berufung oder im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist, und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine kürzere oder längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat. Diese Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.

Gemäß dem im Dienstrechtsverfahren anwendbaren § 73 Abs. 1 AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anders bestimmt ist, über Anträge der Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.

"Sachlich in Betracht kommende Oberbehörde" ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in jedem Fall die Berufungsbehörde, darüber hinaus auch jede sonstige Behörde, die - bei Ausschluss eines ordentlichen Rechtsmittels - durch Ausübung des Weisungs- oder Aufsichtsrechts den Inhalt der unterbliebenen Entscheidung hätte bestimmen können. Ob eine Behörde Oberbehörde ist, richtet sich nur nach der Rechtslage, die in Bezug auf das konkret gestellte und unerledigt gebliebene Sachbegehren gegeben ist. Unerheblich ist hingegen, ob die "Oberbehörde" im Organisationsaufbau der Behörden zu der zunächst säumig gewordenen Behörde allgemein gesehen in einem Verhältnis eines Vorgesetzten zum nachgeordneten Organ steht (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, unter E 210 f zu § 73 AVG wiedergegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).

Da nach § 2 Abs. 2 zweiter Satz DVG in Verbindung mit § 1 und § 2 Z. 6 DVV 1981 im Bereich des Bundesministeriums für Justiz die Präsidenten der Oberlandesgerichte nachgeordnete Dienstbehörden sind und nach § 2 Abs. 2 letzter Satz DVG im Fall einer solchen Übertragung (hier nach § 1 Abs. 1 Z 24 u. Z 32 DVV 1981) in erster Instanz die nachgeordnete Dienstbehörde und in zweiter Instanz die oberste Dienstbehörde zuständig ist, ist im vorliegenden Fall der Bundesminister für Justiz schon als Berufungsbehörde sachlich in Betracht kommende Oberbehörde.

Demnach kann eine Partei im Rahmen eines Dienstrechtsverfahrens nach § 73 Abs. 2 AVG den Übergang der Entscheidungspflicht an den genannten Bundesminister verlangen.

Da die Entscheidungspflicht nach § 73 Abs. 2 AVG noch nicht auf den genannten Bundesminister übergegangen ist, war die Säumnisbeschwerde wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 23. Oktober 2002

Schlagworte

Offenbare Unzuständigkeit des VwGH DiversesVerletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - EinstellungBesondere Rechtsgebiete Dienstrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002120273.X00

Im RIS seit

03.02.2003

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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