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L44107 Feuerpolizei Kehrordnung Tirol;Norm
AVG §52 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des OB in E, vertreten durch Dr. Robert Kerschbaumer, Rechtsanwalt in 9900 Lienz, Burghard-Breitner-Straße 4, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 26. April 2000, Zl. Ib-1571/3-2000, betreffend einen feuerpolizeilichen Auftrag (mitbeteiligte Partei:
Gemeinde St. Veit im Defereggen, vertreten durch den Bürgermeister, dieser vertreten durch Dr. Gernot Gasser, Rechtsanwalt in 9900 Lienz, Beda Weber-Gasse 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich seines Spruchpunktes 1. im Umfang des Spruchpunktes 10. des Bescheides der mitbeteiligten Gemeinde vom 11. Februar 2000, Zl. 131-4/00 ("Der Stubenofen ist von einem befugten Ofenbauer instandzusetzen."), wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist - gemeinsam mit seinem Bruder Dipl. Ing. HB - Miteigentümer eines im Gemeindegebiet der mitbeteiligten Gemeinde gelegenen Gebäudes. Mit Schreiben vom 5. August 1999 stellte der Rauchfangkehrermeister F verschiedene feuerpolizeiliche Mängel in diesem Gebäude fest, darunter auch (Pkt. 10.): "Der Stubenofen im Erdgeschoss weist Sprünge auf (O)". Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 9. August 1999 wurde dem Beschwerdeführer und seinem Bruder gemäß § 19 der Tiroler Feuerpolizeiordnung 1998, LGBl. Nr. 111, vorgeschrieben, die festgestellten Mängel, darunter auch den Mangel 10.: "Der Stubenofen im Erdgeschoss weist Sprünge auf (O)", "durch geeignete Maßnahmen", und zwar den angeführten Mangel "bis spätestens 31. Oktober 1999 (vor Beginn der Heizperiode) zu erledigen".
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er im Wesentlichen ausführte, die Mängel seien im Bescheid des Bürgermeisters nicht ausreichend konkretisiert, sodass nicht ersichtlich sei, durch welche geeigneten Maßnahmen sie zu beseitigen seien. Der Mangel 10. existiere nicht. Die Verkleidung des Ofens weise Setzungsrisse auf, die die feuerpolizeilichen Erfordernisse "in keinster Weise" beeinträchtigten. Eine nähere Untersuchung dieses Ofens sei bei der feuerpolizeilichen Beschau unterblieben, eine solche hätte ergeben, dass die konstatierten Sprünge gar nicht bestünden.
Ein undatiertes, bei der mitbeteiligten Gemeinde am 20. September 1999 eingelangtes "Ergänzendes Gutachten" des Rauchfangkehrermeisters F enthält u. a. die Ausführungen:
"6. Feuerstätten münden aus verschiedenen Geschossen in einen Rauchfang (Stubenrauchfang - H)". Als Sanierungsvorschläge wird darin diesbezüglich empfohlen: "6. An einen Fang dürfen höchstens drei Feuerstätten der gleichen Wohn- oder Betriebseinheit angeschlossen werden. Die Einmündungen müssen im gleichen Geschoss liegen. Stubenofen im Erdgeschoss muss an einen eigenen Rauchfang angeschlossen werden. Stubenofen im Erdgeschoss wurde von einem Ofenbauer fachgerecht aufgestellt!" Hinsichtlich des - offensichtlich weiteren, vom Beschwerdeführer benützten - Stubenofens im Erdgeschoss führt der Rauchfangkehrermeister aus:
"10.
Der Stubenofen im Erdgeschoss weist Sprünge auf (O)" und:
"10.
Der Stubenofen ist von einem befugten Ofenbauer instandzusetzen".
Dazu gab der Beschwerdeführer die Stellungnahme ab, zu Punkt 6. sei ausschließlich vorzuschreiben, dass der vom Miteigentümer eigenmächtig im Erdgeschoss errichtete Ofen zu entfernen sei. Hinsichtlich des Punktes 10. führte der Beschwerdeführer neuerlich aus, dass der Stubenofen keine Sprünge aufweise, sondern lediglich der Verputz Setzungsrisse, eine Sanierung des Ofens sei überhaupt nicht erforderlich.
Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 11. Februar 2000 wurde der Berufung des Beschwerdeführers "Folge gegeben" und in Abänderung des Bescheides des Bürgermeisters u. a. zu den Punkten 6. und 10. folgender Mängelbehebungsauftrag erteilt: "6. An einen Fang dürfen höchstens drei Feuerstätten der gleichen Wohn- oder Betriebseinheit angeschlossen werden. Die Einmündungen müssen im gleichen Geschoss liegen. Der Stubenofen im Erdgeschoss muss an einen eigenen Rauchfang angeschlossen werden (H)", und "10. Der Stubenofen ist von einem befugten Ofenbauer instandzusetzen". Dieser Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer mit seiner Berufung teilweise im Recht sei, sodass die Vorschreibungen entsprechend abzuändern gewesen seien. Zu Punkt 10. werde "nochmals auf die Vorschreibungen des Sachverständigen hingewiesen", wonach die Sprünge des Stubenofens im Erdgeschoss (O) von einem befugten Ofenbauer in Stand zu setzen seien.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung an die belangte Behörde, in der er geltend machte, dass in Punkt 6. bloß die Beseitigung des - vom Miteigentümer - errichteten Ofens, nicht aber dessen Anschluss an einen eigenen Rauchfang hätte vorgeschrieben werden dürfen. Gegen die Vorschreibung in Punkt 10. des Bescheides des Gemeindevorstandes führte der Beschwerdeführer aus, dass der gegenständliche Ofen im Erdgeschoss lediglich - wie in der Berufungsschrift ausgeführt - unbedeutende Setzungsrisse aufweise. Der bloße Hinweis im Gutachten, "der Stubenofen im Erdgeschoss weist Sprünge auf" sei unrichtig und könne mangels näherer Erläuterungen auch nicht als Gutachten betrachtet werden, dem auf gleicher fachlicher (gutachterlicher) Ebene entgegengetreten werden müsse.
In einem an die mitbeteiligte Gemeinde gerichteten Schreiben vom 6. März 2000 gab der Miteigentümer des verfahrensgegenständlichen Gebäudes hinsichtlich des Stubenofens des Beschwerdeführers an, dass Setzungsrisse gar nicht hätten entstehen können, da der Ofen auf einer Betondecke errichtet sei, die Sanierung habe durch einen Fachmann zu erfolgen. Dazu führte der Beschwerdeführer in einer Stellungnahme vom 27. März 2000 aus, dass Sprünge gar nicht aufgetreten seien, da der Ofen durch einen gelernten Hafner und Fliesenlegermeister aus Schamottziegeln gemauert und außen verputzt sei. Eine nähere Begutachtung des Ofens sei unterblieben.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 26. April 2000 wurde in Spruchpunkt 1. die Vorstellung des Beschwerdeführers gemäß § 112 Abs. 5 der Tiroler Gemeindeordnung 1966 abgewiesen und in einem Spruchpunkt 2. das als Vorstellung gewertete Schreiben des Miteigentümers vom 6. März 2000 zurückgewiesen. Hinsichtlich seines Spruchpunktes 1. wird der angefochtene Bescheid im Wesentlichen damit begründet, dass der in Punkt 6. angesprochene Ofen fachgerecht aufgestellt worden sei und keine Mängel aufweise. Allfällige Streitigkeiten zwischen den Miteigentümern hinsichtlich seines Anschlusses an einen eigenen Rauchfang wären allenfalls mit den Mitteln des Zivilrechts durchzusetzen.
Hinsichtlich des Spruchpunktes 10. führte die belangte Behörde aus, dass der von den Gemeindebehörden beigezogene Rauchfangkehrer zweifelsohne als Sachverständiger auf dem Gebiet der Brandsicherheit und des Brandschutzes zu qualifizieren sei, sein Gutachten bestehe aus einem Befund (Tatsachenerhebung) und den aus diesen Tatsachen auf Grund besonderer Fachkundigkeit gezogenen Schlussfolgerungen. Ein von einem tauglichen Sachverständigen erstelltes schlüssiges Gutachten könne nur durch ein gleichwertiges Gutachten ersetzt werden. Der Beschwerdeführer sei dem schlüssigen Gutachten des Sachverständigen nicht auf gleichem fachlichem Niveau entgegengetreten, seine Einwendungen insbesondere hinsichtlich des Punktes 10. seien daher als reine Schutzbehauptungen zu qualifizieren.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem - erkennbar auf dessen Spruchpunkt 1. eingeschränkten Antrag, diesen aufzuheben. Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil sich die Gemeindebehörden hinsichtlich des Punktes 10. ausschließlich auf die Aussage des Rauchfangkehrermeisters F, der weder gerichtlich beeideter Sachverständiger noch Amtssachverständiger sei, gestützt habe: "Der Stubenofen im Erdgeschoss weist Sprünge auf (O)". Der Sachverständige und ihm folgend auch die Gemeindebehörden und die belangte Behörde hätten die diesbezüglichen Hinweise des Beschwerdeführers, es handle sich nur um Setzungsrisse der Verkleidung des Ofens, und dass eine nähere Begutachtung des Ofens unterblieben sei, nicht berücksichtigt, vielmehr habe der Sachverständige seine Aussage betreffend den Ofen im ergänzenden Gutachten vom 5. August 1999 neuerlich bloß wie folgt beschrieben:
"10. Der Stubenofen im Erdgeschoss weist Sprünge auf (O).", dem sei der Gemeindevorstand ohne Weiteres gefolgt. Auch sei der Ofen von den Gemeindebehörden nicht neuerlich besichtigt worden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, auch die mitbeteiligte Gemeinde gab eine Stellungnahme ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 19 Abs. 1 der Tiroler Feuerpolizeiordnung 1998 hat die Behörde dem Eigentümer des Grundstückes, der baulichen Anlage bzw. der Feuerungsanlage oder dem sonst hierüber Verfügungsberechtigten, wenn sie bei einer Hauptüberprüfung oder einer Feuerbeschau oder sonst im Rahmen der feuerpolizeilichen Aufsicht auf einem Grundstück an einer baulichen Anlage oder an einer Feuerungsanlage Mängel oder sonstige Zustände im Sinne des § 2 Abs. 1 festgestellt hat, deren Behebung innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist oder, wenn Interessen der Brandsicherheit dies erfordern, deren sofortige Behebung aufzutragen. In § 2 Abs. 1 leg. cit. ist festgelegt, dass die feuerpolizeiliche Aufsicht der Überwachung der Einhaltung dieses Gesetzes sowie allgemein der Feststellung von Zuständen, die eine Brandgefahr herbeiführen oder vergrößern oder die Brandbekämpfung oder die Durchführung von Rettungsarbeiten erschweren oder verhindern können, dient.
Zwar ist es Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Heranziehung eines nicht amtlichen Sachverständigen, der nicht formell zum Gutachter bestellt wurde, für sich allein keinen wesentlichen, zur Aufhebung führenden Mangel jenes Bescheides darstellt, der sich auf das Gutachten dieses Sachverständigen stützt; auch das Fehlen der Beeidigung des Sachverständigen bewirkt für sich allein nicht die Rechtswidrigkeit des Bescheides (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Juni 1994, Zl. 93/06/0174). Mit dem Argument, dass der von den Gemeindebehörden herangezogene Rauchfangkehrermeister weder gerichtlich beeideter Sachverständiger noch Amtssachverständiger sei, zeigt der Beschwerdeführer daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Aber auch wenn man im vorliegenden Fall davon ausgeht, dass es sich bei den vom Gemeindevorstand der Entscheidung zu Grunde gelegten Ausführungen des herangezogenen Rauchfangkehrermeisters um ein zunächst ausreichendes Gutachten handelte, in dem aus dem Befund, "der Stubenofen im Erdgeschoss weist Sprünge auf", die Schlussfolgerung gezogen wird, "der Stubenofen ist von einem befugten Ofenbauer instandzusetzen", ist im vorliegenden Fall doch zu beachten, dass im Verwaltungsverfahren einem Sachverständigengutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegnet werden kann und dass dies nicht nur in Form eines Gegengutachtens sondern auch durch ein sonstiges fundiertes Vorbringen auf gleicher fachlicher Ebene geschehen kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/07/0118, und vom 11. September 1997, Zl. 94/07/0166, Slg. Nr. 14.731/A, m.w.N.). Mit seinem Vorbringen, dass es sich bei den Sprüngen bloß um Setzungsrisse in der Verkleidung des Ofens handle, hat der Beschwerdeführer die fachliche Ebene des von den Gemeindebehörden als Gutachter herangezogenen Rauchfangkehrermeisters durchaus erreicht. Der Gemeindevorstand hätte sich mit diesem Vorbringen daher auseinander setzen und der Frage näher nachgehen müssen, welcher Art die Sprünge im Stubenofen des Beschwerdeführers sind, und die belangte Behörde hätte die Ausführungen des Beschwerdeführers nicht als reine Schutzbehauptung abqualifizieren dürfen. Dass Setzungsrisse bloß in der Verkleidung eines Ofens im Sinne des § 2 Abs. 1 des Tiroler Feuerpolizeigesetzes 1998 eine Brandgefahr herbeiführen oder vergrößern oder die Brandbekämpfung oder die Durchführung von Rettungsarbeiten erschweren oder verhindern können, wurde aber weder vom Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde noch auch von der belangten Behörde dargelegt. Dieser Begründungsmangel hinsichtlich des Punktes 10. des Bescheides des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde wäre von der belangten Behörde aufzugreifen gewesen, weshalb der angefochtene Bescheid in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.
Im Übrigen war aber die Beschwerde abzuweisen, weil der Beschwerdeführer keine sonstige Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigt und auch eine vom Amts wegen aufzugreifende nicht zu erkennen ist. Insbesondere kann der Beschwerdeführer aus der Tiroler Feuerpolizeiordnung 1998 kein Recht darauf ableiten, dass nur die Abtragung eines in seinem Miteigentum stehenden Ofens vorgeschrieben wird, wenn andere Mittel zur Herstellung eines gesetzmäßigen Zustandes, nämlich der Anschluss an einen eigenen Rauchfang, möglich sind.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Die Verzeichnung eines Schriftsatzaufwandes von S 22.500,-- wird vom Verwaltungsgerichtshof als Schreibfehler gewertet.
Wien, am 24. Oktober 2002
Schlagworte
Allgemein Rechtliche Wertung fehlerhafter Berufungsentscheidungen Rechtsverletzung durch solche Entscheidungen Verhältnis zu anderen Materien und Normen VwGG (siehe auch Heilung von Verfahrensmängeln der Vorinstanz im Berufungsverfahren)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2000060087.X00Im RIS seit
20.01.2003