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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §22 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Karger und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch über die Beschwerde der D GmbH in E, vertreten durch Dr. Sepp Manhart und Dr. Meinrad Einsle, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Römerstraße 19, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg vom 14. Juni 2002, RV 1591/1- V6/02, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum 1. Jänner 1997 bis 31. Dezember 2000, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
JW ist seit April 1997 Geschäftsführer und seit Februar 1998 zudem Alleingesellschafter der beschwerdeführenden GmbH. Seit November 1998 übt JW seine Geschäftsführertätigkeit aufgrund von "Werkverträgen" aus, in welchen eine Jahreshonorar von 552.000 S festgelegt ist, das in monatlichen Teilbeträgen von 46.000 S ausbezahlt wird.
Im Zuge einer für den Zeitraum Jänner 1997 bis Dezember 2000 durchgeführten Lohnsteuerprüfung stellte der Prüfer fest, dass die Beschwerdeführerin für Zeiträume ab November 1998 die Bezüge des Geschäftsführers nicht in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag nach § 41 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (im Folgenden kurz: FLAG) und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag einbezogen hatte. Mit Bescheid vom 9. Oktober 2001 kam es sodann zur Vorschreibung von Nachforderungen an Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag, wobei das Finanzamt von folgenden Bezügen des Geschäftsführers ausging:
1998: 58.000 S
1999: 552.000 S
2000: 552.000 S
Die gegen diese Vorschreibung erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Begründend wird ausgeführt, die beschwerdeführende GmbH sei im Jahr 1991 gegründet worden. JW sei nunmehr Geschäftsführer und Alleingesellschafter. Seine Eingliederung in den betrieblichen Organismus der Beschwerdeführerin werde von dieser selber in der Berufung behauptet. Der Jahresbezug des Geschäftsführers betrage 552.000 S und werde in monatlichen Raten von 46.000 S ausbezahlt. Damit sei klar, dass der Geschäftsführer kein Unternehmerwagnis trage. Auf den Unternehmenserfolg der Beschwerdeführerin komme es nicht an; im Hinblick auf das Trennungsprinzip sei zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter zu unterscheiden. Somit lägen die von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Kriterien für eine der Beitragspflicht unterliegende Geschäftsführertätigkeit vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 41 Abs. 2 FLAG sind Dienstnehmer alle Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z. 2 EStG 1988.
Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG ist der Beitrag des Dienstgebers von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die im Abs. 1 genannten Dienstnehmer gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht (Beitragsgrundlage). Arbeitslöhne sind Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z. 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z. 2 EStG 1988.
Die gesetzliche Grundlage für die Erhebung eines Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag bildet § 57 Abs. 7 und 8 Handelskammergesetz bzw - ab dem Jahr 1999 - § 122 Abs. 7 und 8 des Wirtschaftskammergesetzes 1998.
Im Erkenntnis vom 1. März 2001, G 109/00, hat der Verfassungsgerichtshof den Antrag des Verwaltungsgerichtshofes auf Aufhebung bestimmter, auch im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen, insbesondere des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988, abgewiesen. Er hat dazu u.a. ausgeführt, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein Dienstverhältnis seien, im Fall der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit eines Gesellschafter-Geschäftsführers ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung zur Bestimmung des durch eine Mehrzahl von Merkmalen gekennzeichneten Typusbegriffes des steuerlichen Dienstverhältnisses verlieren, gehören vor allem fixe Arbeitszeit, fixer Arbeitsort, arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit, Anwendbarkeit typischer arbeitsrechtlicher Vorschriften wie Abfertigungs- und Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz sowie die Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten Arbeiten (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 23. April 2001, 2001/14/0052, 2001/14/0054, und vom 10. Mai 2001, 2001/15/0061, jeweils mwN).
Insgesamt stellt somit das in § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 für wesentlich beteiligte Gesellschafter normierte Vorliegen der sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses - abgesehen vom hinzuzudenkenden Merkmal der Weisungsgebundenheit - vor allem auf die Kriterien der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Kapitalgesellschaft und das Fehlen des Unternehmerwagnisses ab. Von Bedeutung ist noch das Merkmal der laufenden (wenn auch nicht notwendig monatlichen) Entlohnung. Eine laufende Entlohnung liegt auch dann vor, wenn der Jahresbezug nicht in monatlich gleich bleibenden Monatsbeträgen ausbezahlt wird.
Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss. Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spricht für die Eingliederung (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis vom 23. April 2001, 2001/14/0052, 2001/14/0054).
Unternehmerwagnis liegt vor, wenn der Erfolg der Tätigkeit des Steuerpflichtigen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der persönlichen Geschicklichkeit sowie von den Zufälligkeiten des Wirtschaftslebens abhängt und der Steuerpflichtige für die mit seiner Tätigkeit verbundenen Aufwendungen selbst aufkommen muss.
Vor dem Hintergrund dieser in der Rechtsprechung sowohl des Verfassungs- als auch des Verwaltungsgerichtshofes herausgearbeiteten Beurteilung in Bezug auf die Erfüllung der Voraussetzungen des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988, die unter Hinweis auf § 43 Abs. 2 Satz 2 VwGG auch dem gegenständlichen Beschwerdefall zu Grunde zu legen ist, kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, dass die belangte Behörde im Beschwerdefall die Betätigung des Geschäftsführers zu Unrecht als solche iSd § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 qualifiziert und daraus die Rechtsfolgen hinsichtlich Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag gezogen hat. Die für die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin wesentliche kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung ist im Beschwerdefall unbestritten gegeben. Daran ändert nichts, wenn, wie in der Beschwerde vorgetragen wird, der "Werkvertrag" zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Geschäftsführer jährlich neu geschlossen worden ist. Unbestritten ist die kontinuierliche (monatliche) Entlohnung des Geschäftsführers mit Fixbezügen. Wenn die belangte Behörde vor diesem Hintergrund ein ins Gewicht fallendes einnahmenseitiges Unternehmerrisiko ausgeschlossen hat, kann dies nicht als rechtswidrig erkannt werden. Die Beschwerde behauptet im Übrigen auch nicht, dass der Geschäftsführer die ihm erwachsenen Aufwendungen aus eigenem habe tragen müssen.
Die Beschwerde bringt auch vor, es gebe keinen Unterschied zwischen einem Einzelkaufmann und einem Kaufmann, der seinen Betrieb in Form einer Ein-Mann-GmbH führe. Es könne nicht zwischen dem Unternehmerrisiko der Gesellschaft einerseits und jenem des - für Kredite der Gesellschaft haftenden - Gesellschafters anderseits unterschieden werden.
Damit verkennt die Beschwerde, dass sich für das Steuerrecht aus der Rechtspersönlichkeit der Kapitalgesellschaft das Trennungsprinzip ableitet, das steuerlich wirksame Leistungsbeziehungen zwischen dem Gesellschafter (allenfalls auch dem Alleingesellschafter) und der Kapitalgesellschaft ermöglicht. Der Gesellschafter-Geschäftsführer ist nicht für den eigenen Betrieb, sondern für den der Kapitalgesellschaft und somit für einen fremden Betrieb tätig. Der Gesellschafter ist daher in seiner Funktion als Geschäftsführer der GmbH in keiner Weise als "Einzelkaufmann" für den Betrieb der GmbH tätig (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2002, 2001/14/0216).
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 24. Oktober 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002150130.X00Im RIS seit
18.02.2003Zuletzt aktualisiert am
11.05.2011