TE Vwgh Erkenntnis 2002/10/31 2002/18/0229

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Veröffentlicht am 31.10.2002
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §23 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des J, geboren 1946, vertreten durch Dr. Erich Proksch, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Auhofstraße 1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. September 2002, Zl. 312.522/2- III/11/02, betreffend Versagung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 5. September 2002 wurde der vom Beschwerdeführer, seinem Vorbringen zufolge ein jugoslawischer Staatsangehöriger, am 27. Juni 2001 beim Amt der Wiener Landesregierung gestellte Antrag auf Erteilung einer "weiteren" Niederlassungsbewilligung für den Zweck "Privat" gemäß § 14 Abs. 2 und § 10 Abs. 1 Z. 2 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, abgewiesen.

Die Erstbehörde habe diesen Antrag als Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gewertet und ihn mit Bescheid vom 13. Dezember 2001 abgewiesen. Nach Wiedergabe des wesentlichen Berufungsvorbringens und der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen führte die belangte Behörde weiter aus, dass der Beschwerdeführer jedenfalls von Februar 1972 bis Juli 1992 legal im Bundesgebiet aufhältig und laut einem "Sozialversicherungsauszug" im Zeitraum von 1993 bis August 1995 erwerbstätig sowie bis 30. November 1995 im Besitz einer arbeitsrechtlichen Bewilligung gewesen sei. Bei seiner Vernehmung am 18. Oktober 2001 habe er angegeben, im September 1995 nach Jugoslawien auf Urlaub gefahren zu sein, um sich dort um sein Haus zu kümmern, und in weiterer Folge zum Militär eingezogen worden zu sein. Danach hätte er in Jugoslawien von seinem ersparten Geld gelebt und nicht gearbeitet. Schon im Jahr 2000 hätte er ein Visum C von der österreichischen Botschaft in Belgrad erhalten.

Der vorliegende, nach einem ca. sechsjährigen Auslandsaufenthalt gestellte Antrag des Beschwerdeführers sei daher als Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zu werten. Auf den fehlenden Niederlassungswillen des Beschwerdeführers (gemeint: während seines Auslandsaufenthaltes) deute auch die Tatsache hin, dass eine Antragstellung bis 2001 nicht erfolgt sei, obwohl er bereits im Jahr 2000 einen Touristensichtvermerk erhalten habe. Der Beschwerdeführer sei mit einem von 7. Juni 2001 bis 6. Juli 2001 gültigen Touristensichtvermerk in Österreich eingereist und habe während dieses Aufenthalts durch seinen Rechtsvertreter im Inland den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gestellt. Daraus ergebe sich, dass der beantragte Aufenthaltstitel zeitlich an den durch ein Reisevisum ermöglichten Aufenthalt anschließen und nach der Einreise erteilt werden sollte. Der Beschwerdeführer sei seit 13. Juni 2001 polizeilich aufrecht im Bundesgebiet gemeldet.

Da § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG zwingend die Erteilung eines Aufenthaltstitels ausschließe, wenn ein Versagungsgrund im Sinn dieses Gesetzes vorliege, und sich der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Antragstellung im österreichischen Bundesgebiet aufgehalten habe, sodass er das gesetzliche Erfordernis einer Antragstellung von Ausland aus nicht erfülle, sei sein Antrag "negativ zu finalisieren" gewesen. Die Antragstellung vor der Einreise vom Ausland aus sei als Erfolgsvoraussetzung zu werten, deren Nichterfüllung zwingend die Abweisung eines Antrages nach sich ziehe. Hiebei sei ein weiteres Eingehen auf die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers, auch im Hinblick auf Art. 8 EMRK, entbehrlich.

Wenn in der Berufung ausgeführt werde, dass im Fall des Beschwerdeführers die Ausnahmebestimmung des § 10 Abs. 4 FrG zur Anwendung käme und ihm von Amts wegen eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen wäre, weil er im Rahmen seines Aufenthalts in Bosnien von den jugoslawischen Behörden erniedrigend behandelt worden wäre, so werde von einer solchen Erteilung Abstand genommen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. § 23 Abs. 1 erster Satz, § 10 Abs. 1 Z. 2 und § 14 Abs. 2 erster und zweiter Satz FrG haben folgenden Wortlaut:

"§ 23. (1) Fremden, die nach Ablauf der Gültigkeitsdauer ihrer Niederlassungsbewilligung auf Dauer niedergelassen bleiben, ist - sofern die Voraussetzungen des 2. Abschnittes weiterhin gesichert erscheinen - auf Antrag eine weitere Niederlassungsbewilligung mit demselben Zweckumfang zu erteilen.

§ 10. (1) Die Erteilung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn

....

2. der Aufenthaltstitel zeitlich an den durch ein Reise- oder Durchreisevisum ermöglichten Aufenthalt anschließen und nach der Einreise erteilt werden soll;

§ 14. (2) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels sind vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen. Der Antrag kann im Inland gestellt werden, wenn der Antragsteller bereits niedergelassen ist, und entweder bisher für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes keinen Aufenthaltstitel benötigte oder bereits über einen Aufenthaltstitel verfügt hat; dies gilt nach Ablauf der Gültigkeit des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels dann nicht, wenn der weitere Aufenthaltstitel eine Erwerbstätigkeit zulassen soll, für die der zuletzt erteilte Aufenthaltstitel nicht erteilt hätte werden können (§ 13 Abs. 3)."

2. Die Beschwerde bringt vor, dass zwar der Beschwerdeführer Ende 1995 Österreich urlaubsbedingt verlassen habe, in Jugoslawien sofort zwangsweise zum Militärdienst eingezogen worden sei und nach seiner Entlassung im Jahr 1996 nach ca. vier bzw. viereinhalb Jahren wegen des nach dem Krieg erforderlichen Wiederaufbaus und zuletzt wegen des Hauses seiner Eltern in Jugoslawien verblieben sei, er jedoch in dieser Zeit regelmäßig nach Österreich gekommen sei, um seine sozialen Kontakte (insbesondere zu seinem frühren Arbeitgeber und zu Bekannten) zu pflegen, und sein Lebensmittelpunkt nach wie vor hier gelegen sei. "Erkennbar" habe er sich am 18. August 2000 in Wien (polizeilich) gemeldet und sich "um diesen Zeitpunkt" im Bundesgebiet aufgehalten. Sein Auslandsaufenthalt habe somit nicht - wie von der belangten Behörde festgestellt - sechs Jahre, sondern lediglich viereinhalb Jahre gedauert. Die belangte Behörde hätte bei ordnungsgemäßer Sachverhaltsfeststellung davon ausgehen müssen, dass er in Österreich voll integriert sei, er seinen Niederlassungswillen im Bundesgebiet nie aufgegeben habe und daher von seiner Aufenthaltsverfestigung im Sinn des § 35 FrG auszugehen sei, und ihm eine weitere Niederlassungsbewilligung erteilen müssen.

3. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 8. September 2000, Zl. 99/19/0119, und vom 24. Mai 2002, Zl. 2002/18/0004), liegen die Voraussetzungen für die Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung gemäß § 23 Abs. 1 FrG nur dann vor, wenn der Fremde nach Ablauf der Gültigkeitsdauer der ihm erteilten Niederlassungsbewilligung weiterhin auf Dauer niedergelassen bleibt, wobei die nach dem Aufenthaltsgesetz erteilte Aufenthaltsbewilligung einer Niederlassungsbewilligung gleichzuhalten ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2000, Zl. 99/19/0226, mwN). Ein Fremder kann jedoch nicht durch bloße Aufrechterhaltung seines Niederlassungswillens eine Niederlassung im Bundesgebiet auf Dauer beibehalten. Maßgebend ist vielmehr, dass er seine tatsächliche Niederlassung, sei es auch mit kurzfristigen Unterbrechungen seiner körperlichen Anwesenheit, aufrechterhält.

Im vorliegenden Fall kann, selbst wenn sich der Beschwerdeführer nicht, wie im angefochtenen Bescheid festgestellt, ca. sechs Jahre, sondern, wie von der Beschwerde behauptet, lediglich ca. vier bzw. viereinhalb Jahre im Ausland aufgehalten haben sollte, von einer Aufrechterhaltung der Niederlassung auf Dauer im vorgenannten Sinn keine Rede sein, und zwar auch dann nicht, wenn er, um seinen früheren Arbeitgeber und Bekannte zu besuchen, regelmäßig nach Österreich gekommen sein sollte. Diese von der Beschwerde behaupteten Sozialkontakte des Beschwerdeführers in Österreich können für sich allein nicht die Annahme begründen, dass er nach seiner Ausreise Ende 1995 auf Dauer hier niedergelassen geblieben sei. Auch behauptet die Beschwerde nicht, dass er während seines Auslandsaufenthaltes etwa in Österreich eine Wohnung beibehalten habe. Ferner ist für den Standpunkt der Beschwerde durch ihren Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 8. September 2000, Zl. 2000/19/0017, schon deshalb nichts gewonnen, weil in dem diesem Erkenntnis zugrunde liegenden Beschwerdefall sich die langjährig in Österreich niedergelassene Beschwerdeführerin nur ca. ein Dreivierteljahr in Jugoslawien aufgehalten hatte und sie ihre (gesundheitsbedingte) Abhängigkeit von ihrer in Österreich zurückgebliebenen Familie behauptet hatte, weshalb nicht ohne weitere Ermittlungen von einer Aufgabe ihrer Niederlassung in Österreich ausgegangen werden konnte. Dieser Beschwerdefall ist daher mit dem vorliegenden nicht vergleichbar.

Auf dem Boden der vorstehenden Erwägungen ist die in der Beschwerde erhobene Verfahrensrüge, die belangte Behörde hätte Feststellungen über die Integration, die vorhandenen Versicherungsmonate, die Sozialkontakte und den Niederlassungswillen des Beschwerdeführers treffen müssen, und ihm Gelegenheit bieten müssen, weitere Beweisanträge zu stellen, nicht zielführend.

4. Da der Beschwerdeführer nach Ablauf der Gültigkeitsdauer der ihm zuletzt erteilten Aufenthaltsbewilligung -  den Beschwerdebehauptungen zufolge habe der Beschwerdeführer bis Ende 1995 über Aufenthaltsbewilligungen verfügt - nicht weiterhin auf Dauer im Bundesgebiet niedergelassen geblieben war, hat die belangte Behörde zutreffend den von ihm im Juni (laut den Bescheidfeststellungen am 27. Juni, laut den Beschwerdebehauptungen am 21. Juni) 2001 gestellten Antrag auf Erteilung einer "weiteren" Niederlassungsbewilligung als solchen auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gewertet, für den die Bestimmung des § 14 Abs. 2 FrG maßgebend ist.

Die Beschwerde bestreitet nicht die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung, dass der Beschwerdeführer nach seiner auf Grund eines ihm erteilten Touristensichtvermerks erfolgten Einreise in das Bundesgebiet diesen Antrag durch seinen Rechtsvertreter im Inland gestellt hat. Ob diese Einreise, wie im angefochtenen Bescheid festgestellt, im Jahr 2001 oder, wie aus den Beschwerdebehauptungen, wonach sich der Beschwerdeführer "um" den 18. August 2000 in Österreich aufgehalten habe, geschlossen werden könnte, bereits im Jahr 2000 erfolgte, ist hiebei nicht von Bedeutung.

Die Bestimmung des § 14 Abs. 2 erster Satz FrG ist eine Anordnung an die Behörde, die beantragte Rechtsgestaltung durch Erteilung eines Aufenthaltstitels nur dann vorzunehmen, wenn der Antrag vor der Einreise des Antragstellers in das Bundesgebiet vom Ausland aus gestellt wurde, wobei die Erledigung grundsätzlich vom Ausland aus abzuwarten ist. Da der Beschwerdeführer der Voraussetzung des § 14 Abs. 2 erster Satz FrG nicht Genüge getan hat, war sein Antrag abzuweisen, wobei eine Ermessensentscheidung gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. unter Bedachtnahme auf die in Abs. 3 leg. cit. genannten Kriterien nicht in Betracht kam (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 5. April 2002, Zl. 2002/18/0021, mwN).

5. Da es sich bei dem gegenständlichen Verwaltungsverfahren nicht um ein Verfahren zur Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels handelt, kommt § 15 Abs. 2 zweiter Satz FrG - nach dieser Bestimmung hat die Behörde den weiteren Aufenthaltstitel zu erteilen, sobald sich ergibt, dass eine Aufenthaltsbeendigung unzulässig ist - nicht ins Blickfeld. Schon deshalb war - entgegen der Beschwerdeansicht - die Frage, ob eine Aufenthaltsverfestigung des Beschwerdeführers im Sinn des § 35 FrG anzunehmen und seine Ausweisung wegen seiner persönlichen Interessen unzulässig sei, nicht zu prüfen.

6. Ferner ist auch das Beschwerdevorbringen, es hätte dem Beschwerdeführer die Ausnahmebestimmung des § 10 Abs. 4 FrG "zuteil" (somit aus humanitären Gründen von Amts wegen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt) werden müssen, nicht zielführend. Die Beschwerde verkennt, dass diese der Fremdenpolizeibehörde (und nicht der Niederlassungsbehörde) eingeräumte Möglichkeit der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis einer Versagung der Niederlassungsbewilligung nicht entgegensteht, zumal ein subjektives Recht des Fremden auf Erteilung einer solchen Aufenthaltserlaubnis nicht besteht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. April 2002, Zl. 2002/18/0038, mwN).

7. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

8. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 31. Oktober 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002180229.X00

Im RIS seit

30.01.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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