Index
L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Verfassungswidrigkeit der Regelungen des Salzburger Raumordnungsrechts über die sogenannte Vertragsraumordnung; zwingende Verknüpfung von privatwirtschaftlichen Maßnahmen der Gemeinde zur Verwirklichung der in der Gemeinde angestrebten Entwicklungsziele mit hoheitlichen Maßnahmen der Gemeinde, nämlich der Erlassung von Raumordnungsplänen in Verordnungsform, vom System der Bundesverfassung nicht vorgesehen; Verstoß gegen das Legalitätsprinzip angesichts der zwingenden Voraussetzung einer privatwirtschaftlichen Vereinbarung mit den Grundeigentümern für eine zukünftige Flächenwidmung; Verstoß gegen das Rechtsstaatsgebot mangels eines ausreichendenden Rechtsschutzes des Grundeigentümers; unverhältnismäßiger Eigentumseingriff angesichts einer möglichen Rückwidmung des Grundstücks in Grünland bei Weigerung des Grundeigentümers zum Abschluß einer Übertragungsvereinbarung bzw im Hinblick auf fehlende effektive Rechtsschutzmöglichkeiten gegen die unter dem Druck der drohenden Rückwidmung zustandegekommene Vereinbarung; Verletzung des Gleichheitssatzes durch das Verbot der Ausweisung einer Grundfläche als Bauland im Falle der Weigerung des Grundeigentümers zum Abschluß einer Vereinbarung auch bei Bestehen eines raumordnungsfachlichen Interesses an einer Verbauung; Aufhebung der aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen erlassenen Richtlinienverordnung für VereinbarungenSpruch
1. §14, §17 Abs12 dritter Satz sowie §22 Abs2 litd des Gesetzes vom 21. Oktober 1992 über die Raumordnung im Land Salzburg (Salzburger Raumordnungsgesetz 1992 - ROG 1992), LGBl. Nr. 98/1992, waren verfassungswidrig.
2. §14, §17 Abs12 dritter Satz sowie §22 Abs2 litd leg. cit. in der Fassung der Kundmachung der Salzburger Landesregierung vom 1. April 1998, LGBl. Nr. 44/1998, werden als verfassungswidrig aufgehoben. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.
3. Die Verordnung der Salzburger Landesregierung vom 20. September 1993, mit der Richtlinien für Vereinbarungen nach §14 Abs2 ROG 1992 erlassen werden (Richtlinienverordnung für Vereinbarungen nach §14 Abs2 ROG 1992), wird als gesetzwidrig aufgehoben.
Der Landeshauptmann von Salzburg ist verpflichtet, diese Aussprüche unverzüglich im Landesgesetzblatt kundzumachen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof sind zu den Zahlen B986/97 und B987/97 Verfahren über Beschwerden (Art144 B-VG) gegen im Instanzenzug ergangene Bescheide anhängig, mit denen Anträge auf Bauplatzerklärung für die Grundstücke 56/11 und 56/18, beide KG Thurnberg, Gemeinde Puch bei Hallein, gemäß §14 Abs1 lita des Salzburger Bebauungsgrundlagengesetzes, LGBl. 69/1968 idF LGBl. 13/1995 wegen Widerspruches zum Flächenwidmungsplan der Gemeinde Puch bei Hallein abgewiesen wurden, weil sie als "Grünland-ländliches Gebiet" ausgewiesen sind.
2. Aus Anlaß dieser Beschwerden hat der Verfassungsgerichtshof am 27. Juni 1998 beschlossen, die Gesetzmäßigkeit der Verordnung des Gemeinderates (Gemeindevertretung) der Gemeinde Puch bei Hallein betreffend die generelle Überarbeitung des Flächenwidmungsplanes (Beschlüsse der Gemeindevertretung vom 5. Mai 1994, 7. Juli 1994, 5. März 1996 und 9. Mai 1996, genehmigt mit Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 13. Juni 1996, Zl. 7/03-209801/45-1996, kundgemacht in der Zeit vom 17. Juli 1996 bis 2. August 1996), soweit damit für die Parzellen 56/11 und 56/18, KG Thurnberg, die Widmungs- und Nutzungsart "Grünland-ländliches Gebiet" festgesetzt wurde, von Amts wegen auf seine Gesetzmäßigkeit zu prüfen (V77,78/98).
3. Da im Verordnungsprüfungsverfahren V77,78/98 Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der Regelungen des Salzburger Raumordnungsrechtes über die sogenannte Vertragsraumordnung entstanden sind, hat der Verfassungsgerichtshof am 11. März 1999 beschlossen,
gemäß Art140 Abs1 B-VG die Verfassungsmäßigkeit des §14, des dritten Satzes des §17 Abs12 und des §22 Abs2 (die Nennung des Abs1 ist ein offenkundiges Versehen; davon sind auch alle Parteien ausgegangen) litd des Gesetzes vom 21. Oktober 1992 über die Raumordnung im Land Salzburg (Salzburger Raumordnungsgesetz 1992 - ROG 1992), LGBl. Nr. 98/1992, von Amts wegen und
gemäß Art139 Abs1 B-VG die Gesetzmäßigkeit der Verordnung der Salzburger Landesregierung vom 20. September 1993, mit der Richtlinien für Vereinbarungen nach §14 Abs2 ROG 1992 erlassen werden (Richtlinienverordnung für Vereinbarungen nach §14 Abs2 ROG 1992), zu prüfen.
4. Die Salzburger Landesregierung hat eine schriftliche Äußerung erstattet, in der sie beantragt, die in Prüfung gezogenen Bestimmungen nicht als verfassungswidrig aufzuheben.
5. Die Beschwerdeführer in den Verfahren B986, 987/97 erstatteten eine Äußerung, in der sie die Aufhebung der in Prüfung gezogenen Bestimmungen anregen.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Bestimmungen des Salzburger Raumordnungsrechtes über die sogenannte "Vertragsraumordnung" stehen in folgendem rechtlichen Zusammenhang:
1.1. §14 ROG 1992 verpflichtet die Gemeinde, privatwirtschaftliche Maßnahmen zur Verwirklichung der von der Gemeinde angestrebten Entwicklungsziele zu treffen. Die Bestimmung hatte in der Fassung vor der Raumordnungsgesetz-Novelle 1997, LGBl. Nr. 75, folgenden Wortlaut:
"Privatwirtschaftliche Maßnahmen zur Verwirklichung der
Entwicklungsziele
§14
(1) Jede Gemeinde ist verpflichtet, privatwirtschaftliche Maßnahmen zur Verwirklichung der angestrebten Entwicklungsziele, insbesondere zur Vorsorge für Wohnungen und Betriebsflächen, entsprechend dem zu erwartenden Bedarf zu treffen.
(2) Im Sinne des Abs1 können von der Gemeinde insbesondere Vereinbarungen mit den Grundeigentümern über die Verwendung der Grundstücke innerhalb angemessener Frist entsprechend der beabsichtigten Flächenwidmung und den beabsichtigten Festlegungen des Bebauungsplanes abgeschlossen werden. Der Abschluß solcher Vereinbarungen hat im besonderen die Zurverfügungstellung von geeigneten Grundstücken für den geförderten Wohnbau im Ausmaß bis zur Hälfte der von den Planungsmaßnahmen betroffenen Grundflächen sicherzustellen; auf Angebot des Grundeigentümers kann dieses Ausmaß auch überschritten werden. Dabei ist der nachweisbare Eigenbedarf des Eigentümers oder des Baurechtsberechtigten, für Wohnzwecke auch der unmittelbaren Nachkommen des Eigentümers, innerhalb des Planungszeitraumes von zehn Jahren zu beachten. Die Gemeinde hat bei der Gestaltung der Vereinbarungen auf die Gleichbehandlung der in Betracht kommenden Grundeigentümer zu achten. In den Vereinbarungen ist einerseits deren Einhaltung durch den Grundeigentümer und seine Rechtsnachfolger und andererseits sicherzustellen, daß eine Weitergabe der so erhaltenen Grundstücke innerhalb von zwanzig Jahren ohne Gewinn erfolgt. Die Landesregierung hat durch Verordnung Richtlinien für den Inhalt solcher Vereinbarungen zu erlassen.
(3) Die gemäß Abs2 abgeschlossenen Vereinbarungen stellen Beilagen zum Flächenwidmungsplan bzw. zum Bebauungsplan dar."
1.2. Auf Grund des §14 Abs2 leg. cit. hat die Salzburger Landesregierung die Richtlinienverordnung für Vereinbarungen nach §14 Abs2 ROG 1992, LGBl. Nr. 125/1993, erlassen. Diese Verordnung hat folgenden Wortlaut:
"Verordnung der Salzburger Landesregierung vom 20. September 1993, mit der Richtlinien für Vereinbarungen nach §14 Abs2 ROG
1992 erlassen werden (Richtlinienverordnung für Vereinbarungen nach §14 Abs2 ROG 1992)
Auf Grund des §14 Abs2 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1992 - ROG 1992, LGBl. Nr. 98, in der geltenden Fassung, wird verordnet:
Privatwirtschaftliche Maßnahmen der Gemeinde zur Verwirklichung
der Entwicklungsziele
§1
(1) Zur Verwirklichung der angestrebten Entwicklungsziele, insbesondere zur Vorsorge für Wohnungen und Betriebsflächen, ist jede Gemeinde verpflichtet, entsprechend dem zu erwartenden Bedarf privatwirtschaftliche Maßnahmen zu treffen. Als solche kommen insbesondere in Betracht:
1.
der Abschluß von Vereinbarungen nach §14 Abs2 ROG 1992 durch die Gemeinde nach den Bestimmungen dieser Verordnung;
2.
der Erwerb des Eigentums oder anderer Rechte an geeigneten Grundstücken, insbesondere auch an solchen, die von einer Vereinbarung nach §14 Abs2 ROG 1992 erfaßt sind, durch die Gemeinde; die Gemeinde kann sich hiebei auch der gemäß §43 ROG 1992 gegründeten Baulandsicherungsgesellschaft bedienen.
(2) Die Gemeinde hat bei der Vorlage des beschlossenen Flächenwidmungsplanes oder dessen Änderung gemäß §22 Abs1 ROG 1992 die von ihr im Sinne des Abs1 getroffenen Maßnahmen bekanntzugeben; von den rechtsgeschäftlichen Maßnahmen sind jedenfalls Ablichtungen von den darüber errichteten Urkunden anzuschließen. Dabei ist darzulegen, auf welche Weise die Maßnahmen dem Bedarf gerecht werden. Wurden keine Vereinbarungen nach §14 Abs2 ROG 1992 abgeschlossen, sind die Gründe hiefür darzulegen.
Abschluß von Vereinbarungen nach §14 Abs2 ROG 1992
§2
(1) Der Erlassung oder Abänderung von Flächenwidmungsplänen oder Bebauungsplänen der Grundstufe soll in den Fällen der Abs2 und 3 und verpflichtend im Fall des Abs4 der Abschluß von privatrechtlichen Vereinbarungen nach den Richtlinien der folgenden Bestimmungen zugrunde liegen.
(2) Die Neuausweisung von Bauland soll nur vorgenommen werden, wenn mit den Eigentümern der dafür vorgesehenen Grundfläche Vereinbarungen abgeschlossen sind. Ausgenommen davon ist die Neuausweisung von verhältnismäßig kleinen Flächen zur Gestaltung geschlossener und abgerundeter Baulandflächen; eine verhältnismäßig kleine Fläche liegt in diesem Sinn aber nicht vor, wenn bereits anläßlich einer früheren Ausweisung einer angrenzenden Fläche als Bauland aus den genannten Gründen vom Abschluß einer Vereinbarung abgesehen worden ist. Als Neuausweisung gilt auch eine Ausweisung von bisher als Bauland ausgewiesenen, aber unbebaut gebliebenen Grundflächen im Zuge der Aufstellung eines neuen Flächenwidmungsplanes neuerlich als Bauland sowie eine solche neuerliche Ausweisung, die aus Anlaß einer vorgesehenen Baulandausweisung von anderen, mit den bisherigen Baulandflächen in Zusammenhang stehenden Flächen erfolgt.
(3) Ein Bebauungsplan der Grundstufe soll unbebaute Grundflächen, für die noch keine rechtskräftige Baubewilligung besteht, nur erfassen, wenn mit deren Eigentümern Vereinbarungen abgeschlossen sind. Ausgenommen davon sind 2.000 m2 nicht übersteigende, für eine zweckmäßige Bebauung im Planungsgebiet erforderliche Flächen.
(4) Die neuerliche Erlassung eines Bebauungsplanes für Grundflächen, für die zuvor ein Bebauungsplan der Grundstufe gemäß §28 Abs6 ROG 1992 für unwirksam erklärt worden ist, ist nur zulässig, wenn mit deren Eigentümern Vereinbarungen abgeschlossen sind.
Gegenstand der Vereinbarungen
§3
Die Vereinbarungen, die zwischen der Gemeinde und dem Grundeigentümer abgeschlossen werden, haben die Verwendung der von ihnen erfaßten Grundflächen zur Verwirklichung eines im räumlichen Entwicklungskonzept im Sinne des §13 Abs1 ROG 1992 abgefaßten Entwicklungszieles innerhalb angemessener Frist nach dem Inkrafttreten der dafür erforderlichen Widmung im Flächenwidmungsplan und der Festlegung der erforderlichen Bebauungsgrundlagen im Bebauungsplan festzulegen und sicherzustellen.
Zurverfügungstellung von Grundflächen für den geförderten Wohnbau
§4
(1) Wenn im räumlichen Entwicklungskonzept der Gemeinde der Bedarf an neu zu errichtenden Wohnungen in bezug auf die angestrebte Bevölkerungsentwicklung und das grundsätzliche Ausmaß der dafür erforderlichen Grundflächen bezeichnet sind, haben die Vereinbarungen die Zurverfügungstellung von Grundflächen, die für den geförderten Wohnbau geeignet sind, bis zur Hälfte der von den Planungsmaßnahmen erfaßten Flächen des jeweiligen Eigentümers zum Gegenstand zu haben; auf Angebot des Grundeigentümers kann dieses Ausmaß auch überschritten werden.
(2) Bis zur Anpassung des räumlichen Entwicklungskonzeptes an das Salzburger Raumordnungsgesetz 1992 (§45 Abs6) kann der Wohnungsbedarf auch außerhalb desselben in einem Beschluß der Gemeindevertretung (in der Stadt Salzburg des Gemeinderates) bezeichnet sein.
Beachtung des Eigenbedarfs
§5
(1) Bei der Regelung der Zurverfügungstellung von Grundflächen für den geförderten Wohnbau oder für sonstige Zwecke zur Verwirklichung von anderen Entwicklungszielen ist der geltend gemachte und nachweisbare Eigenbedarf des Eigentümers an den als Gegenstand einer Vereinbarung in Betracht kommenden Grundflächen oder eines daran Baurechtsberechtigten für Wohn- oder auch andere Zwecke, insbesondere für die Errichtung oder Erweiterung von Betrieben, innerhalb des Planungszeitraumes von zehn Jahren zu beachten. Desgleichen ist der Eigenbedarf der vorhandenen unmittelbaren Nachkommen (Verwandte des Eigentümers ersten Grades in gerader absteigender Linie) des Eigentümers für Wohnzwecke zu beachten.
(2) Bei der Beurteilung des Eigenbedarfes für Wohnzwecke ist auf die Größe und Altersstruktur der Familie des Eigentümers Bedacht zu nehmen. Der Umfang des Eigenbedarfes an Grundflächen für Wohnzwecke ist unter Berücksichtigung der beabsichtigten Bebauungsdichte festzulegen.
Inhalt der Vereinbarungen
§6
(1) In der Vereinbarung sind jedenfalls zu regeln:
1.
die Größe der von der Vereinbarung insgesamt erfaßten Grundflächen sowie jener Flächen, die für bestimmte Verwendungen zur Verfügung zu stellen sind und die allenfalls dem Eigenbedarf des Eigentümers oder Baurechtsberechtigten (§5) dienen;
2.
die Verwendung der von der Vereinbarung erfaßten Grundflächen im Sinne des §3;
3.
die zur Verwirklichung der festgelegten Verwendung erforderlichen Planungsfestlegungen, und zwar
a) die Nutzungsart und Widmung;
b)
die erforderlichen Bebauungsgrundlagen, insbesondere die Bebauungsdichte durch Grenzwerte, die nicht über- oder unterschritten werden sollen;
4.
die Fristen, die zur Verwirklichung der festgelegten Verwendung innerhalb des Planungszeitraumes von zehn Jahren erforderlich sind, und zwar
a)
die Frist, innerhalb der der Eigentümer, der die festgelegte Verwendung nicht selbst zu verwirklichen beabsichtigt oder imstande ist, die zur Verfügung zu stellenden Grundflächen an einen Dritten zu veräußern hat. Der Erwerber muß Gewähr für die Verwirklichung der festgelegten Verwendung bieten; dies ist jedenfalls bei einer Veräußerung an die gemäß §43 ROG
1992 gegründete Baulandsicherungsgesellschaft oder an eine gemäß dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz gemeinnützige Bauvereinigung oder an eine Gebietskörperschaft der Fall; anstelle einer Veräußerung kann die ausreichend langfristige Einräumung von Baurechten oder sonstigen geeigneten Nutzungsrechten vereinbart werden;
b)
die Frist, innerhalb der die festgelegte Verwendung durch den Erwerber oder eine im Einvernehmen mit der Gemeinde bestimmte andere Person verwirklicht sein muß;
c)
wenn der Eigentümer die festgelegte Verwendung selbst verwirklichen will, die Frist ab dem im §2
bezeichneten Zeitpunkt zur Einbringung der Ansuchen um Bauplatzerklärung und um Baubewilligung für entsprechende Bauvorhaben sowie bis zum Beginn der Bauausführung ab Rechtskraft der Baubewilligung und bis zur Vollendung des Bauvorhabens;
5. die Rechtswirksamkeit der Vereinbarung;
6.
die Mittel, um die Einhaltung der Vereinbarung durch den Grundeigentümer und dessen Rechtsnachfolger hinsichtlich der Verwendung der betreffenden Grundflächen sicherzustellen (z. B. Einräumung eines Optionsrechtes und Verbücherung eines Vorkaufsrechtes zugunsten der Gemeinde bzw. der gemäß §43 ROG 1992 gegründeten Baulandsicherungsgesellschaft);
7.
die ausdrückliche Festlegung, daß eine allfällige Weitergabe der so erhaltenen Grundstücke durch den Erwerber und dessen Rechtsnachfolger innerhalb von zwanzig Jahren ohne Gewinn zu erfolgen hat. Zur Sicherstellung dieser Verpflichtung kommt insbesondere die Vereinbarung eines Rechtes auf Namhaftmachung von Interessenten für den Rechtserwerb
gegenüber dem jeweiligen Eigentümer durch die Gemeinde in Betracht. Das Rechtsgeschäft ist mit dieser Person abzuschließen, wenn diese bereit und imstande ist, den den Geldverhältnissen entsprechend valorisierten ursprünglichen Preis für das Grundstück und die für die Verwirklichung der vorgesehenen Nutzung erforderlichen Aufwendungen zu bezahlen und ihrerseits eine gleiche Verpflichtung einzugehen. Für den Fall der Nichtbeachtung dieses Rechtes ist weiter eine Vertragsstrafe in der Höhe des unzulässigen Mehrerlöses zugunsten des ursprünglichen Eigentümers der Grundfläche und seiner Rechtsnachfolger sowie der Gemeinde zu vereinbaren. Dies gilt jedoch nur, wenn in der Vereinbarung nach Abs2 ein Preis
festgelegt worden ist, der erheblich unter dem ortsüblichen Preis liegt;
8.
die Tragung der mit dem Abschluß der Vereinbarung verbundenen Kosten.
(2) In die Vereinbarung soll weiter
eine Bestimmung betreffend den Preis der zur Verfügung zu stellenden Grundflächen, insbesondere wenn diese Grundflächen für den geförderten Wohnbau zu verwenden sind, aufgenommen werden. Das Zustandekommen der Vereinbarung darf von der Einigung über eine solche Bestimmung nur abhängig gemacht werden, insoweit dies für die Verwirklichung der angestrebten Entwicklungsziele erforderlich ist.
(3) Unterschiede in den Vereinbarungen, die mit den verschiedenen in Betracht kommenden Eigentümern von der Gemeinde abgeschlossen werden, dürfen ihre Grundlage ausschließlich in unterschiedlichen tatsächlichen Verhältnissen (wie Lage der Grundfläche, Größe, bisherige Nutzung, festgelegte zukünftige Verwendung) haben.
Schriftlichkeit und Auflage der Vereinbarungen
§7
(1) Die Vereinbarungen sind schriftlich abzuschließen.
(2) Die Vereinbarungen bilden Beilagen zum Flächenwidmungsplan bzw. zum Bebauungsplan und sind mit anderen Beilagen (z. B. dem Grundstücksverzeichnis gemäß §15 Abs3 ROG 1992) zur öffentlichen Einsichtnahme aufzulegen.
Nichtzustandekommen einer Vereinbarung
§8
Kommt es zu keiner Vereinbarung, sind sämtliche Gründe dafür schriftlich festzuhalten und möglichst durch entsprechende Nachweise zu belegen."
1.3. §17 Abs12 ROG 1992 enthält eine Sonderregelung für die Ausweisung von Bauland im Flächenwidmungsplan. Sie hat folgenden Wortlaut (der in Prüfung gezogene Teil der Bestimmung ist hervorgehoben):
"(12) Das Ausmaß des Baulandes hat sich nach dem Bedarf zu richten, der in der Gemeinde in einem Planungszeitraum von zehn Jahren voraussichtlich besteht. Der Bedarf ist in einer Beilage zum Flächenwidmungsplan nach Nutzungsarten detailliert zu begründen (Flächenbilanz). Eine Neuausweisung von Bauland soll nur vorgenommen werden, wenn mit den Eigentümern der davon erfaßten Grundstücke Vereinbarungen im Sinne des §14 Abs2 geschlossen sind, ausgenommen die Neuausweisung von verhältnismäßig kleinen Flächen zur Gestaltung geschlossener und abgerundeter Baulandflächen."
1.4. Der Flächenwidmungsplan bedarf gemäß §22 Abs1 ROG 1992 der aufsichtsbehördlichen Genehmigung der Landesregierung. §22 Abs2 leg. cit. regelt die Versagungsgründe und normiert (der in Prüfung gezogene Teil der Bestimmung ist hervorgehoben):
"(2) Die Landesregierung hat die Genehmigung zu versagen:
a)
bei Fehlen der Übereinstimmung des Flächenwidmungsplanes mit Entwicklungsprogrammen des Landes;
b)
bei Fehlen der Abstimmung des Flächenwidmungsplanes mit Planungen der angrenzenden Gemeinden;
c)
bei Fehlen der Bedachtnahme auf die gegebenen oder angestrebten Strukturverhältnisse;
d)
bei Fehlen oder unzulänglicher Umsetzung der nach §14 verpflichtend vorgesehenen Maßnahmen zur Verwirklichung der angestrebten Entwicklungsziele, insbesondere hinsichtlich der Vorsorge für Wohnungen und Betriebsflächen. Eine unzulängliche Umsetzung der Verpflichtungen des §14 liegt vor, wenn die
angestrebten Entwicklungsziele in den abgeschlossenen Vereinbarungen aus Gründen, die von der Gemeinde zu vertreten sind, insbesondere hinsichtlich der Größe und der Bebauungsdichte der betreffenden Flächen und der sonstigen zu ihrer Erreichung wesentlichen Vereinbarungsinhalte, nicht ausreichend verwirklicht werden; oder
e)
bei Nichtbeachtung der sonstigen für die Aufstellung des Flächenwidmungsplanes geltenden Bestimmungen dieses Gesetzes, insbesondere des Grundsatzes des sparsamen Umganges mit Bauland. (...)"
2. Durch die Raumordnungsgesetz-Novelle 1997, LGBl. Nr. 75/1997, wurden die in Prüfung gezogenen Bestimmungen wie folgt geändert:
Im §14 Abs2 leg. cit. wurde nach dem dritten Satz eingefügt:
"Der Eigenbedarf ist grundsätzlich aus jenen Flächen zu decken, die nicht zur Verfügung zu stellen sind."
Mit der Raumordnungsgesetz-Novelle 1997, LGBl. Nr. 75, wurde im §17 Abs12 nach der Wortfolge "Eine Neuausweisung von Bauland" die Wortfolge "oder eine Wiederausweisung von bisher unverbautem Bauland" eingefügt. Die Erläuterungen zu dieser Novelle weisen mit folgenden Worten darauf hin, daß keine Änderung, sondern nur eine Klarstellung der Rechtslage erfolgt ist: "Die Anfügung soll Zweifel daran beseitigen, daß auch die Ausweisung von schon bisher ausgewiesenem, aber unverbaut gebliebenem Bauland unter diese Bestimmung fällt (...)."
Im §22 Abs2 wurde in der lite angefügt: "oder bei fehlender oder unzureichender Interessenabwägung." und im folgenden Text das mehrmals verwendete Wort "Einkaufszentren" jeweils durch das Wort "Handelsgroßbetriebe" in der jeweils grammatikalisch richtigen Form ersetzt.
2. Der Verfassungsgerichtshof nahm vorläufig an, daß die Gemeinde Puch bei Beschlußfassung über die generelle Überarbeitung des Flächenwidmungsplanes §14 Abs2 des ROG 1992 angewendet hat, indem sie einerseits mit verschiedenen Grundeigentümern sogenannte "Eigenbedarfsvereinbarungen" abgeschlossen und andererseits die Baulandgrundstücke 56/11 und 56/18, KG Thurnberg, der Beschwerdeführer (der zu B986/97 und B987/97 protokollierten Beschwerdeverfahren) in "Grünland-ländliches Gebiet" rückgewidmet hat, weil die Beschwerdeführer weder mit der Gemeinde Puch eine "Eigenbedarfsvereinbarung" abgeschlossen noch ihre Grundstücke zu einem ermäßigten Preis an die gemäß §43 ROG 1992 errichtete Baulandsicherungsgesellschaft Land-Invest verkauft haben.
2.1. Die Salzburger Landesregierung bezweifelt, ob sämtliche in Prüfung gezogene Bestimmungen im Verordnungsprüfungsverfahren betreffend den Flächenwidmungsplan der Gemeinde Puch bzw. in den zu B986, 987/97 protokollierten Beschwerdeverfahren präjudiziell sind. Gegenstand der Verhandlungen der Gemeinde Puch mit den Beschwerdeführern sei nicht der Abschluß von §14 Abs2 ROG-Verträgen gewesen. Es habe sich vielmehr um Verhandlungen betreffend den Ankauf einer Liegenschaft und daher um eine allgemeine privatwirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinde im Rahmen ihrer Privatautonomie gehandelt. Aus diesem Grund seien die in Prüfung gezogenen Bestimmungen - mit Ausnahme des §14 Abs1 ROG 1992 - nicht präjudiziell.
Einerseits ergibt sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten, daß die Gemeinde Puch im Zuge der generellen Überarbeitung ihres Flächenwidmungsplans mit verschiedenen Grundeigentümern sogenannte "Eigenbedarfsvereinbarungen" gemäß §14 Abs2 ROG 1992 abgeschlossen und somit bei Erlassung des Flächenwidmungsplanes jedenfalls auch §14 Abs2 ROG 1992 angewendet hat.
Andererseits hat der Verfassungsgerichtshof bereits im Prüfungsbeschluß eingehend den Zusammenhang zwischen der Festlegung der Widmungs- und Nutzungsart "Grünland-ländliches Gebiet" für die Parzellen 56/11 und 56/18 und der Weigerung der Beschwerdeführer, eine Vereinbarung gemäß §14 Abs2 ROG 1992 abzuschließen, wie folgt dargestellt:
"Bezüglich der Grundstücke 56/11 und 56/18, KG Thurnberg, faßte die Gemeindevertretung am 5. März 1996 folgenden Beschluß:
'Die GV beschließt, daß die GP 56/11 und 56/18 unter der Voraussetzung im Bauland belassen werden, daß bis zur Sitzung des Planungsfachbeirates entweder eine Eigenbedarfsvereinbarung nach §14 Abs2 ROG abgeschlossen wird oder die Grundstücke an die Fa. Land-Invest zu einem ermäßigten Preis verkauft werden.'
In der Gemeindevertretungssitzung vom 9. Mai 1996 berichtete der Bürgermeister unter TOP 4 h, daß die Mitglieder des Planungsfachbeirates dem Flächenwidmungsplan unter folgenden Voraussetzungen zugestimmt hätten:
'(...)
- Klarstellung in einzelnen Teilbereichen, welche Flächen nunmehr rückgewidmet werden oder nicht (Vorlage der noch fehlenden Verträge)
dazu wird festgehalten, daß aufgrund von fehlenden Verträgen nur die Grundstücke der Fam. S.K. und E M in Grünland rückgewidmet werden müssen.'
Daraufhin faßte die Gemeindevertretung folgenden Beschluß:
'Die GV anerkennt den Bericht der Aufsichtsbehörde an den Planungsfachbeirat für die generelle Abänderung des FWP und stimmt den dadurch notwendigen Änderungen des FWP zu ..."
Aus dieser Darstellung erhellt, daß die Gemeinde Puch die Widmung der Parzellen 56/11 und 56/18 anläßlich der generellen Überarbeitung des Flächenwidmungsplanes vom Abschluß von §14 Abs2 ROG-Vereinbarungen abhängig gemacht und daher diese Bestimmung im Verfahren zur Erlassung des Flächenwidmungsplanes angewendet hat.
2.2. Der Verfassungsgerichtshof ging im Prüfungsbeschluß ferner vorläufig davon aus, daß §14 ROG 1992 eine untrennbare Einheit darstellt, weshalb er vorläufig alle drei Absätze des §14 ROG 1992 in Prüfung zog.
Weiters nahm er vorläufig an, daß die Bedenken gegen die Regelung des §14 Abs2 ROG 1992 auch auf die Richtlinienverordnung für Vereinbarungen nach §14 Abs2 ROG 1992 (im folgenden: RVO) zutreffen. Denn einerseits ergeben sich erst in Verbindung mit dieser Verordnung die von der Gemeinde zu treffenden privatwirtschaftlichen Maßnahmen (§1 RVO zählt diese demonstrativ auf), die Koppelung von hoheitlichen Maßnahmen der Raumordnung (Flächenwidmungsplan und Bebauungsplan) mit privatrechtlichen Vereinbarungen (§2 RVO), der Gegenstand der Vereinbarungen (§§3 und 4 RVO), die Beachtung des Eigenbedarfs (§5 RVO), der Inhalt (§6 RVO normiert den Mindestinhalt der Vereinbarungen) und die Form der Vereinbarungen (§7 RVO fordert die Schriftlichkeit und die Auflage zur öffentlichen Einsichtnahme) sowie die Verpflichtung der Gemeinde, bei Nichtzustandekommen einer Vereinbarung die Gründe dafür zu dokumentieren (§8 RVO). Der Verfassungsgerichtshof hat daher beschlossen, die insgesamt eine untrennbare Einheit bildende Richtlinienverordnung für Vereinbarungen nach §14 Abs2 ROG 1992 in die Prüfung miteinzubeziehen.
§17 Abs12 dritter Satz ROG 1992 macht die Neuausweisung von Bauland vom Abschluß von Vereinbarungen im Sinne des §14 Abs2 leg. cit. abhängig. Der Verfassungsgerichtshof nahm daher vorläufig an, daß im Falle einer Aufhebung des §14 ROG 1992 durch den Verfassungsgerichtshof eine Neuausweiung von Bauland nur mehr bei Zutreffen der Voraussetzungen des letzten Halbsatzes vorgenommen werden darf. Er bezog daher auch den dritten Satz des §17 Abs12 ROG 1992 in das Gesetzesprüfungsverfahren ein.
Schließlich nahm der Verfassungsgerichtshof auch vorläufig an, daß die Bestimmungen des §22 Abs2 litd ROG 1992 über die Versagung der aufsichtsbehördlichen Bewilligung bei Fehlen oder unzulänglicher Umsetzung der nach §14 leg. cit. verpflichtend vorgesehenen Maßnahmen zur Verwirklichung der angestrebten Entwicklungsziele mit der Regelung des §14 leg. cit. deshalb eine untrennbare Einheit bilden, weil die Landesregierung durch §22 ROG 1992 in die Lage versetzt wird, im Wege der Erteilung und Versagung der aufsichtsbehördlichen Bewilligung des Flächenwidmungsplanes Einfluß auf den Abschluß von Verträgen durch die Gemeinde zu nehmen.
2.4. Der Verfassungsgerichtshof bleibt bei seinen vorläufigen Annahmen, denen auch die Salzburger Landesregierung nicht entgegengetreten ist.
3. Der Verfassungsgerichtshof hegte im Prüfungsbeschluß das Bedenken, daß die Bestimmungen des Salzburger Raumordnungsrechtes über die sogenannte Vertragsraumordnung zwingend eine Verbindung von privatwirtschaftlichen Maßnahmen der Gemeinde zur Verwirklichung der in der Gemeinde angestrebten Entwicklungsziele mit hoheitlichen Maßnahmen der Gemeinde - nämlich der Erlassung von Raumordnungsplänen in Verordnungsform - anordnen und daß eine derartige zwingende Verknüpfung privatwirtschaftlicher Maßnahmen mit hoheitlichen Maßnahmen vom System der Bundesverfassung nicht vorgesehen ist.
3.1. Der Verfassungsgerichtshof hat die Rechtslage im Prüfungsbeschluß wie folgt dargestellt:
"§14 Abs1 ROG 1992 verpflichtet die Gemeinden, privatwirtschaftliche Maßnahmen zur Verwirklichung der angestrebten Entwicklungsziele, insbesondere zur Vorsorge für Wohnungen und Betriebsflächen, entsprechend dem zu erwartenden Bedarf zu treffen, und zwar beispielsweise in Form von * Vereinbarungen mit den Grundeigentümern
über die Verwendung der Grundstücke innerhalb angemessener Frist entsprechend der beabsichtigten Flächenwidmung und den beabsichtigten Festlegungen des Bebauungsplanes (im folgenden Verwendungsvereinbarungen genannt) oder in Form von
* Vereinbarungen der Grundeigentümer
mit der Gemeinde, mit der gemäß §43 ROG 1992
eingerichteten Baulandsicherungsgesellschaft oder mit Dritten, insbesondere über die Zurverfügungstellung von geeigneten Grundstücken für den geförderten Wohnbau (z.B. Erwerb des Eigentums, eines Baurechts oder eines Optionsrechtes) an Grundstücken (im folgenden Übertragungsvereinbarungen genannt).
Der zwingende Inhalt solcher Vereinbarungen ergibt sich aus §6 RVO. In der Vereinbarung müssen jedenfalls geregelt werden * die Größe der von der Vereinbarung insgesamt erfaßten Grundflächen sowie jener Flächen, die für bestimmte Verwendungen (z.B. für den geförderten Wohnbau) zur Verfügung zu stellen sind und die dem Eigenbedarf dienen (§6 Abs1 Z1 RVO)
* die Verwendung der Grundflächen
innerhalb einer angemessenen Frist nach der Widmung (§6 Abs1 Z2 RVO)
* die erforderlichen Festlegungen
der Nutzungsart und Widmung und der Bebauungsgrundlagen, insbesondere der Bebauungsdichte (§6 Abs1 Z3 RVO)
* die Verwirklichungsfristen (§6 Abs1 Z4 RVO)
* die Rechtswirksamkeit der Vereinbarung (§6 Abs1 Z5 RVO) * die Mittel, um die Einhaltung
der Vereinbarung durch den Grundeigentümer und dessen Rechtsnachfolger hinsichtlich der Verwendung der betreffenden Grundflächen sicherzustellen (z. B. Einräumung eines Optionsrechtes und Verbücherung eines Vorkaufsrechtes zugunsten der Gemeinde bzw. der gemäß §43 ROG 1992 gegründeten Baulandsicherungsgesellschaft (§6 Abs1 Z6 RVO)
* die ausdrückliche Festlegung,
daß eine allfällige Weitergabe der so erhaltenen Grundstücke durch den Erwerber und dessen Rechtsnachfolger innerhalb von zwanzig Jahren ohne Gewinn zu erfolgen hat und die Sicherstellung dieser Verpflichtung z. B. durch die Vereinbarung eines Rechtes der Gemeinde auf Namhaftmachung von Interessenten für den Rechtserwerb gegenüber dem jeweiligen Eigentümer (§6 Abs1 Z7 RVO)
* die Tragung der mit dem Abschluß
der Vereinbarung verbundenen Kosten
Das Fehlen oder die unzulängliche Umsetzung der nach §14 ROG 1992 verpflichtend vorgesehenen Maßnahmen zur Verwirklichung der angestrebten Entwicklungsziele, insbesondere hinsichtlich der Vorsorge für Wohnungen und Betriebsflächen, führt gemäß §22 Abs2 litd ROG 1992 zur Versagung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung des Flächenwidmungsplanes.
Der Verfassungsgerichtshof geht auf Grund der geschilderten Rechtslage vorläufig davon aus, daß die dargestellten Bestimmungen des Salzburger Raumordnungsrechtes über die sogenannte Vertragsraumordnung zwingend eine Verbindung von privatwirtschaftlichen Maßnahmen der Gemeinde zur Verwirklichung der in der Gemeinde angestrebten Entwicklungsziele mit hoheitlichen Maßnahmen der Gemeinde - nämlich der Erlassung von Raumordnungsplänen in Verordnungsform - anordnen. Der Verfassungsgerichtshof geht zunächst davon aus, daß eine derartige zwingende Verknüpfung privatwirtschaftlicher Maßnahmen mit hoheitlichen Maßnahmen vom System der Bundesverfassung nicht vorgesehen ist.
An der zwingenden Anordnung privatrechtlicher Vereinbarungen mit Grundeigentümern aus Anlaß raumplanerischer hoheitlicher Maßnahmen scheint auch die Formulierung im §14 Abs2 ROG 1992
"Im Sinne des Abs1 können von der Gemeinde ... Vereinbarungen
... abgeschlossen werden" nichts zu ändern. Denn wenn sich der Grundeigentümer bereit erklärt, mit der Gemeinde eine Verwendungsvereinbarung oder eine Übertragungsvereinbarung zu schließen, so scheint das Gesetz im Effekt als Rechtsfolge die Widmung des betreffenden Grundstücks im Flächenwidmungsplan als Bauland vorzusehen. Schließt der Grundeigentümer hingegen einen derartigen Vertrag nicht, so scheint das Gesetz der Gemeinde zu verbieten, das betreffende Grundstück als Bauland zu widmen."
3.2. Die Salzburger Landesregierung ist der Meinung, daß aus §14 ROG 1992 keine generelle Verpflichtung zum Abschluß von Raumordnungsverträgen ableitbar ist. Sie führt in diesem Zusammenhang aus:
"§14 Abs1 verpflichtet jede Gemeinde, privatwirtschaftliche Maßnahmen zur Verwirklichung der angestrebten Entwicklungsziele, insbesondere zur Vorsorge für Wohnungen und Betriebsflächen entsprechend dem zu erwartenden Bedarf, zu treffen. Damit wird eine allgemeine Pflicht zur aktiven Bodenpolitik der Gemeinde statuiert (vgl Pernthaler/Prantl, Raumordnungsverträge aus verfassungsrechtlicher Sicht, 219, in Möglichkeiten und Grenzen integrierter Bodenpolitik, 1995, ÖROK Schriftenreihe Nr 123).
§14 Abs2 bestimmt: 'Im Sinn des Abs1 können von der Gemeinde insbesondere Vereinbarungen mit den Grundeigentümern über die Verwendung der Grundstücke, innerhalb angemessener Frist, entsprechend der beabsichtigten Flächenwidmung und den beabsichtigten Festlegungen des Bebauungsplanes, abgeschlossen werden.' §14 Abs2 enthält im Folgenden ausschließlich nähere Bestimmungen für den Abschluss solcher im §14 Abs2 erster Satz genannter Vereinbarungen. §14 Abs2 hat damit nicht den Inhalt, dass als privatwirtschaftliche Maßnahme der Gemeinde zur Verwirklichung der angestrebten Entwicklungsziele nur eine Vereinbarung mit den Grundeigentümern über die Verwendung der Grundstücke innerhalb angemessener Frist entsprechend der beabsichtigten Flächenwidmung und den beabsichtigten Festlegungen des Bebauungsplanes abgeschlossen werden könnte. In diesem Sinn nennt §14 Abs2 erster Satz ROG nur ein Instrument, das unter anderen möglichen als privatwirtschaftliche Maßnahme zur Verwirklichung der angestrebten Entwicklungsziele im Sinn des Abs1 in Betracht kommt.
Außer §14 Abs2 - Verträgen sind folgende weitere privatwirtschaftliche Maßnahmen denkbar: Die Gemeinde kann selbst oder im Weg der gemäß §43 ROG gegründeten Baulandsicherungsgesellschaft Grundflächen erwerben, entsprechende Optionen vereinbaren, langfristige Pachtverträge oder Verträge über die Einräumung von Baurechten abschließen; die Vergabe raumordnungspolitisch motivierter Subventionen ist ebenso denkbar wie die Bereitstellung von Infrastruktur (Erschließungsmaßnahmen). §14 Abs2 erster Satz verpflichtet daher schon seinem klaren Wortlaut nach nicht zum Abschluss der im Weiteren geregelten Vereinbarungen.
Dies steht auch mit dem Willen des Gesetzgebers in Einklang:
§14 Abs2 idF der RV (118 BlgLT 4. Sess 10.GP) sah (noch) eine Verpflichtung der Gemeinde zum Abschluss der darin geregelten Vereinbarungen vor. Im Zuge der Ausschussberatungen wurde jedoch auch im Zusammenhang mit den Änderungen der Rechtsfolgen, die an den Abschluss solcher Vereinbarungen geknüpft werden sollen, von dieser Verpflichtung abgegangen (s dazu 56 BlgLT 5. Sess 10.GP und die diesbezüglichen Ausführungen zu §14 Abs2 S 6f, wo - wie hier - zwar von der grundsätzlichen Verpflichtung der Gemeinde zur aktiven Bodenpolitik ausgegangen wird, jedoch betont wird, dass der Abschluss von Verträgen nach Abs2 nur eine von mehreren Möglichkeiten ist, dieser Verpflichtung nachzukommen). Auch Pernthaler/Prantl, Raumordnungsverträge, 219 kommen zum Schluss, dass aus §14 ROG keine generelle Verpflichtung zum Abschluss von Raumordnungsverträgen ableitbar ist.
(...)
Eine solche Verpflichtung, vor Erlassung eines Flächenwidmungsplanes §14 Abs2-Verträge abzuschließen, ergibt sich auch im Zusammenhalt mit der Richtlinienverordnung nicht. Die Richtlinienverordnung wiederholt in ihrem §1 Abs1 erster Satz die grundlegende Anordnung des §14 Abs1 ROG. Sodann zeigt §1 zwei Möglichkeiten von privatwirtschaftlichen Maßnahmen der Gemeinde zur Verwirklichung der Entwicklungsziele auf, nämlich den Abschluss von Vereinbarungen nach §14 Abs2 ROG oder den Erwerb des Eigentums oder anderer Rechte an geeigneten Grundstücken durch die Gemeinde. §2 der Richtlinienverordnung regelt die Frage des Abschlusses von §14 Abs2-Verträgen im Einklang mit dem Gesetz, indem solche im Fall der Neuausweisung von Bauland bzw Wiederausweisung von unbebautem Bauland (vgl §17 Abs12 ROG) und im Fall der Erlassung eines Bebauungsplanes der Grundstufe für unbebaute Grundflächen, für die noch keine rechtskräftige Baubewilligung besteht, abgeschlossen werden sollen (vgl §28 Abs4 ROG) und im Sonderfall der Neuerlassung eines Bebauungsplanes der Grundstufe nach Unwirksamerklärung eines Bebauungsplanes (vgl §28 Abs7 ROG) abgeschlossen werden müssen.
Dass keine Pflicht zum Abschluss von §14 Abs2 ROG 1992-Verträgen vor der Erlassung eines Flächenwidmungsplanes besteht, wird auch dadurch bestätigt, dass die Richtlinienverordnung für den Fall, dass keine Vereinbarung abgeschlossen wird, anordnet, dass sämtliche Gründe hiefür festzuhalten und möglichst durch entsprechende Nachweise zu belegen sind (vgl §8 der Richtlinienverordnung).
(...)
Auch aus §17 Abs12 letzter Satz kann nicht der Schluss gefolgert werden, dass die Gemeinde verpflichtet wäre, mit den Eigentümern jener Grundstücke, welche als Bauland ausgewiesen werden sollen, jedenfalls Vereinbarungen im Sinn des §14 Abs2 ROG abzuschließen. Nach dieser Bestimmung soll nämlich eine Neuausweisung von Bauland bzw Wiederausweisung von bisher unverbautem Bauland (grundsätzlich) nur vorgenommen werden, wenn mit den Eigentümern Vereinbarungen im Sinn des §14 Abs2 geschlossen worden sind. Der Gesetzgeber hat diese Formulierung ('soll') mit Bedacht gewählt und damit keinesfalls mehr verstanden haben wollen (s im Detail zu §17 Abs12 ROG Pkt. 1.2.1).
(...)
Tatbestände zur Versagung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung für Akte der Gemeinden sind vor dem Hintergrund des Selbstverwaltungsrechtes restriktiv zu interpretieren. Aus diesem Versagungstatbestand für die aufsichtsbehördliche Genehmigung des Flächenwidmungsplanes ergibt sich keine andere Verpflichtung zu privatwirtschaftlichen Maßnahmen der Gemeinde im Rahmen der Flächenwidmungsplanung, als sich bereits aus den §§14, 17 ROG und der Richtlinienverordnung ergibt. Nur ganz allgemein wird formuliert 'bei Fehlen oder unzulänglicher Umsetzung der nach §14 verpflichtend angestrebten Entwicklungsziele'. Von fehlenden Vereinbarungen ist nicht die Rede. Der folgende Satz trifft eine Aussage gerade für den Fall, dass Vereinbarungen abgeschlossen worden sind."
Der Verfassungsgerichtshof bleibt bei seiner im Prüfungsbeschluß vertretenen Meinung, daß die Regelungen des Salzburger Raumordnungsrechts zwingend eine Verbindung von privatwirtschaftlichen Maßnahmen der Gemeinde zur Verwirklichung der in der Gemeinde angestrebten Entwicklungsziele mit hoheitlichen Maßnahmen der Gemeinde, nämlich der Widmung von Grundflächen als Bauland oder Grünland in Verordnungsform vorsehen.
Dafür spricht schon der Wortlaut des §14 Abs1 ROG 1992 ("Jede Gemeinde ist verpflichtet, privatwirtschaftliche Maßnahmen zur Verwirklichung der angestrebten Entwicklungsziele, insbesondere zur Vorsorge für Wohnungen und Betriebsflächen, entsprechend dem zu erwartenden Bedarf zu treffen"). Wenn die Landesregierung meint, §14 Abs2 ("Im Sinne des Abs1 können von der Gemeinde insbesondere Vereinbarungen mit den Grundeigentümern über die Verwendung der Grundstücke ... abgeschlossen werden") nenne nur ein Instrument, das unter anderen möglichen als privatwirtschaftliche Maßnahme zur Verwirklichung der angestrebten Entwicklungsziele im Sinne des Abs1 in Betracht komme, so vermag dieses Argument die grundsätzlichen Bedenken des Verfassungsgerichtshofs nicht zu zerstreuen. Denn auch gegen eine Verknüpfung des Erwerbes von Grundflächen durch die Gemeinde oder im Wege der Baulandsicherungsgesellschaft, der Vereinbarung entsprechender Optionen, langfristiger Pachtverträge oder von Verträgen über die Einräumung von Baurechten mit dem Hoheitsakt der Flächenwidmung hegt der Verfassungsgerichtshof dieselben Bedenken wie gegen die Verknüpfung von "Verwendungsvereinbarungen" und "Übertragungsvereinbarungen" mit der hoheitlichen Flächenwidmung. Dazu kommt, daß die zuletzt genannten Vereinbarungen nicht etwa einen seltenen Ausnahmefall, sondern - wie einerseits die Richtlinienverordnung und andererseits die Praxis der Flächenwidmung zeigen - geradezu den Normalfall privatwirtschaftlicher Maßnahmen zur Verwirklichung der angestrebten Entwicklungsziele darstellen.
3.3. Die Salzburger Landesregierung bestreitet weiters, daß das Gesetz im Effekt als Rechtsfolge die Widmung des betreffenden Grundstückes im Flächenwidmungsplan als Bauland anordnet, wenn der Grundeigentümer eine Verwendungs- oder Übertragungsvereinbarung abschließt. Es treffe weiters auch nicht zu, daß das Gesetz der Gemeinde verbietet, das Grundstück als Bauland zu widmen, wenn es zu keinem Vertragsabschluß kommt.
In diesem Zusammenhang führt die Salzburger Landesregierung aus:
Zu §17 Abs12 ROG 1992:
"In dieser Bestimmung wird ein ganz wesentliches Anliegen des ROG 1992 verwirklicht, nämlich der sparsame Umgang mit Bauland (s auch den an erster Stelle genannten Raumordnungsgrundsatz des §2 Abs2 Z1 ROG) iS einer Festschreibung der bedarfsorientierten Baulandplanung. (Vgl im Zusammenhang die in den EB zur RV dargestellten Probleme der Raumordnung, mit denen sich der Gesetzgeber konfrontiert sah, nämlich, dass die Flächenwidmungspläne der Gemeinden teils sehr großzügig, jedenfalls aber ausreichend Baulandflächen ausweisen, diese Flächen in weiten Bereichen aber durch ihre Grundeigentümer weder selbst einer Bebauung zugeführt noch von ihnen zur Verfügung gestellt werden, was zur Folge hat, dass die Siedlungsentwicklung im Grünland abläuft, womit es zur Zersiedelung der Landschaft kommt; 118 BlgLT 4. Sess 10.GP S 61.) Nach dem ersten Satz soll sich daher das Ausmaß von Bauland nach einem Zehn-Jahres-Bedarf richten. Mit der Frage nach dem Bedarf an Bauland steht die Frage nach den tatsächlichen Absichten der Grundeigentümer (Bebauung oder Nichtbebauung, allenfalls auch aus Spekulationsgründen) in unlösbarem faktischen Zusammenhang. Es ist daher wünschenswert, dass eine Baulandausweisung nur dann erfolgt, wenn tatsächlich ein Bedarf an Bauland besteht und auch sichergestellt ist, dass dieser Bedarf befriedigt werden kann, indem es tatsächlich zu einer Bebauung kommt. Dass es zu einer Bebauung kommt, kann mit §14 Abs2-Verträgen sichergestellt werden. Es ist daher wünschenswert, vor einer Neuausweisung von Bauland bzw Wiederausweisung von bisher unverbautem Bauland solche Verträge abzuschließen. Genau dies bringt §17 Abs12 letzter Satz zum Ausdruck.
§17 Abs12 letzter Satz ROG macht aber den Vertragsabschluss ausdrücklich nicht zur grundsätzlichen Voraussetzung für die Baulandausweisung, da diese Bestimmung kein Verbot beinhaltet, auch im Fall, dass kein Vertrag abgeschlossen wird, eine Neuausweisung oder Wiederausweisung von Bauland vorzunehmen. Eine Neuausweisung von Bauland bzw Wiederausweisung von bisher unverbautem Bauland soll eben nur vorgenommen werden, wenn über
§14 Abs2 ROG Verträge die Bebauung sichergestellt ist. Den Charakter des §17 Abs12 letzter Satz als Soll-Vorschrift betonen auch Pernthaler/Prantl, Raumordnungsverträge 220.
Diese Interpretation entspricht auch exakt dem Willen des Gesetzgebers: Die Regierungsvorlage hat (noch) eine Bindung neuer Baulandausweisungen an den Abschluss von Vereinbarungen zwischen der Gemeinde und dem Grundeigentümer vorgesehen (s dazu §17 Abs10 idF der RV 118 Blg LT 4. Sess 10.GP 'eine Neuausweisung darf nur vorgenommen werden' und die EB hiezu S 86f). Im Zuge der Ausschussberatungen zum ROG 1992 wurde von dieser Bindung ausdrücklich abgega