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L55004 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Oberösterreich;Norm
AVG §52;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2001/10/0052Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, über die Beschwerden 1) des Johann W und 2) der Christa W, beide in Loibichl, beide vertreten durch Dr. Christian Harisch, Dr. Christian Brugger, Mag. Franz J. Teufl und Mag. Bernhard Wimmer, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hofhaymerallee 42, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 23. Jänner 2001, Zl. N-104847/10-2000-Pin/Rau, betreffend naturschutzbehördliche Untersagung und Entfernungsauftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 15. Mai 2000 erstatteten die Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck (BH) eine nachträgliche Anzeige betreffend die Errichtung von zwei Gebäuden auf dem Grundstück Nr. 2934 KG. I. und legten gleichzeitig Pläne vor.
Die Gemeinde I. brachte in ihrer Stellungnahme gemäß § 32 O.ö. NSchG vor, das betroffene Grundstück sei im Flächenwidmungsplan als landwirtschaftliches Grünland ausgewiesen, das Vorhaben der Beschwerdeführer stimme mit dieser Widmung nicht überein. Es sei den Beschwerdeführern mit Bescheid vom 13. April 2000 eine Baubewilligung für die Errichtung eines Schafstalles an Stelle der bestehenden Bienenhütte erteilt worden, die Beschwerdeführer hätten jedoch nicht den Schafstall errichtet, sondern die den Gegenstand des Verfahrens bildenden baulichen Maßnahmen gesetzt. Es sei daher ein - noch nicht rechtskräftiger - Abbruchbescheid erlassen worden.
Die BH beraumte eine mündliche Verhandlung an, in der vom Verhandlungsleiter dargelegt wurde, die Beschwerdeführer hätten früher einen landwirtschaftlichen Betrieb gehabt, diesen aber übergeben. Ihr landwirtschaftlicher Grundbesitz beschränke sich auf das Grundstück Nr. 2934 KG. I. mit einer Gesamtgröße von
4.185 m2. Die Ausführung der in Rede stehenden Gebäude sei nicht in der für den (genehmigten) Schafstall entsprechenden Form erfolgt. Vielmehr sei ein Gebäude mit den Abmessungen 11,2 x 4 x 4 m errichtet worden und sei der Raum zwischen dem (neuen) Holzgebäude und dem bestehenden alten Gebäude überdacht worden. Weiters sei südöstlich noch ein Gebäude mit den Hauptabmessungen von 8,2 x 4,2 x 4 m errichtet worden, das zur Unterbringung von Holz diene. Die im Bewilligungsbescheid betreffend den Schafstall enthaltene Auflage, dass talseits keine Steinschlichtung errichtet werde, sei missachtet worden; es sei eine Steinschlichtung errichtet worden.
Der Regionsbeauftragte für Natur- und Landschaftsschutz führte aus, die Bebauung stelle sich im Vergleich zum Schafstall, einem eigenständigen, kleinen Wirtschaftsgebäude, als optisch wesentlich größer wirkendes Bauwerk mit offensichtlich nicht mehr land- und forstwirtschaftlicher, sondern mit Wohnfunktion dar. Die geschaffene Bebauung übersteige den genehmigten Umfang bei weitem. Sie führe zu einer fachlich nicht mehr vertretbaren Ausweitung der Störwirkung im Landschaftsbild.
Mit Bescheid vom 3. Juli 2000 untersagte die BH gemäß § 5a Abs. 3 des O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1995 die Ausführung des angezeigten Vorhabens und trug den Beschwerdeführern auf, die beiden errichteten Nebengebäude (näher beschriebener Ausführung) binnen festgesetzter Frist zu entfernen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Regionsbeauftragte für Natur- und Landschaftsschutz habe in seinem Gutachten dargelegt, dass durch die widerrechtlich errichteten baulichen Anlagen eine maßgebliche Ausweitung der Störung des Landschaftsbildes erfolge, die aus naturschutzfachlicher Sicht nicht vertreten werden könne. Bei den beiden Gebäuden handle es sich um einen maßgeblich störenden Eingriff in das Landschaftsbild. Öffentliche oder private Interessen, die das öffentliche Interesse am Natur- und Landschaftsschutz im konkreten Fall überwiegen könnten, seien nicht vorgebracht worden. Vielmehr sei davon auszugehen, dass keine Übereinstimmung des Vorhabens mit der Flächenwidmung gegeben sei und daher keine öffentlichen Interessen an den beiden Gebäuden bestünden. Das geltend gemachte private Interesse der Beschwerdeführer, die Gebäude zur Veredelung landwirtschaftlicher Erzeugnisse für den Tourismusbetrieb zu verwenden, sei nicht ausreichend, das hohe Interesse des Naturschutzes an der Erhaltung eines ungestörten Landschaftsbildes zu überwiegen. Da die beiden Gebäude ohne die erforderliche naturschutzrechtliche Genehmigung bzw. Anzeige ausgeführt worden seien, sei den Beschwerdeführern die Entfernung des Eingriffes aufzutragen gewesen.
Mit Schriftsatz vom 20. Juli 2000 brachte der Erstbeschwerdeführer vor, der Bescheid der BH vom 3. Juli 2000 sei sowohl an ihn wie an die Zweitbeschwerdeführerin adressiert und mit einem einzigen Zustellvorgang der Zweitbeschwerdeführerin ausgefolgt worden. Eine Zustellung an ihn sei unterblieben, der Bescheid sei ihm gegenüber nicht erlassen worden. Es werde daher beantragt, ihm diesen Bescheid zuzustellen. Von der Zweitbeschwerdeführerin habe er den wesentlichen Inhalt des Bescheides erfahren und er erhebe für den Fall, dass dem Antrag auf Bescheidzustellung keine Folge gegeben werde, Berufung. In dieser Berufung bestritt der Erstbeschwerdeführer u.a., dass die beiden Gebäude als Störung des Landschaftsbildes angesehen werden könnten. Es fehle an jeder "öffentlichen Einsichtmöglichkeit". Die Abmessungen des an Stelle des genehmigten Schafstalles errichteten Gebäudes seien nur unwesentlich größer als jene des Schafstalles. Die Gebäude würden sich harmonisch in das Landschaftsbild einfügen, zumal sie sich an Baulichkeiten anpassten, die schon seit Jahrzehnten vorhanden seien.
Die Zweitbeschwerdeführerin erhob gleichfalls Berufung, deren Inhalt der Berufung des Erstbeschwerdeführers entspricht.
Die Berufungsbehörde holte das Gutachten der Landesbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz ein. In diesem Gutachten werden die beiden Gebäude und das Bild der umgebenden Landschaft dargestellt, das - wie näher beschrieben - durch die Abfolge von offenen Agrarflächen und diese umgebende bewaldete Zonen auf einem steilen Hang gekennzeichnet sei. Durch die direkte Anbindung des Nebengebäudes, das an Stelle des Schafstalles errichtet worden sei, im Dachbereich an den eineinhalbgeschossigen Altbestand werde der Eindruck einer zusammengehörigen Gebäudeeinheit mit Wohnfunktion erweckt. Dieser Eindruck werde durch die vorgenommene Ausführung mit geschlossener Außenfassade und vier Fensteröffnungen mit Sprossenteilung Richtung Südwesten noch verstärkt. Der genehmigte Schafstall wäre vom Wohnhausaltbestand 3 m Richtung Südosten abgesetzt in Erscheinung getreten und im nördlichen Bereich an zwei Seiten offen gewesen. Der Schafstall wäre - wie näher dargelegt - als deutlich kleineres Objekt in Erscheinung getreten. Überdies sei mit der so genannten Holzhütte ein weiteres Objekt errichtet worden, das sowohl im Nahwie im Fernbereich im Landschaftsraum in Erscheinung trete. Die Firstrichtung sei senkrecht zur Längsentwicklung des Gebäudes gewählt worden, was eine ausgesprochen ungünstige Gebäudeproportion zur Folge habe. Gebäude, die giebelständig zum Tal errichtet würden, träten bekanntermaßen optisch wesentlich dominanter in Erscheinung als solche, deren Traufen- und Firstlinie parallel zu den Hangschichtlinien verlaufe. Es sei eine Ausführung gewählt worden, die einerseits optisch relativ auffällig in Erscheinung trete und andererseits auch keine harmonische Gesamtproportion bewirke. Zusätzlich falle bei gleicher Dachneigung die Höhenentwicklung bei dieser Firstausrichtung deutlich höher aus, als bei einer Ausrichtung parallel zur größeren Gebäudeerstreckung. Auch die Ausführung der Außenwände in Sichtbetonbauweise sei nicht unbedingt als üblich für Objekte anzusehen, die lediglich der Holzlagerung dienten. In Summe ergebe sich durch die vorgenommene Bauausführung ein deutlich geändertes Erscheinungsbild gegenüber dem genehmigten Baukörper, zum einen wegen der Vergrößerung der Baumasse und zum andern wegen der geänderten architektonischen Ausführung. Neben der optischen Verstärkung der Wohnnutzung im landwirtschaftlich gewidmeten Grünland ergebe sich auch fernwirksam eine wesentlich längere, durchgehende Dachausbildung von 21,5 m. Es sei eindeutig von einer Störung des Landschaftsbildes auszugehen, weil Gebäude errichtet worden seien, die in Ansehung ihrer Größe und ihrer architektonischen Ausbildung nicht mit der vor Ort gegebenen Prägung eines agrar- und forstwirtschaftlich genutzten Landschaftsraumes in Einklang gebracht werden könnten. Die Genehmigung der Objekte in der von einer weiteren Verbauung deutlich abgesetzten Lage, in der bereits der Altbestand einen Siedlungssplitter darstelle, würde zu einer weiteren Umgestaltung und damit zu einem gravierenden negativen Eingriff in das Landschaftsbild auf Dauer führen, der auch durch die Vorschreibung von Nebenbestimmungen weder ausgeschlossen noch ausreichend minimiert werden könne. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer könne sich das Vorhaben nicht harmonisch in das Landschaftsbild einfügen, weil sich durch die Verlängerung des bestehenden Wohngebäudes eine Riegelwirkung im Landschaftsbild ergebe, die durch die helle Holzfarbe weiträumig verstärkt werde. Eine Bienenhütte bzw. ein Schafstall würden sich, eine der Funktion entsprechende Gestaltung vorausgesetzt, wesentlich anders im Landschaftsbild manifestieren als die errichteten Objekte.
Die Beschwerdeführer wiesen in ihrer Stellungnahme zum Gutachten auf die "nahezu idente Kubatur" des errichteten Gebäudes wie des Schafstalles und die "Ortsüblichkeit" der Holzhütte hin. Sie bemängelten, dass eine Abwägung des Naturschutzinteresses mit ihrem privaten Interesse nicht vorgenommen worden sei. Selbst wenn man von einer Landschaftsbildstörung ausgehen wollte, sei diese so unerheblich, dass sie gegenüber den privaten Interessen der Beschwerdeführer völlig in den Hintergrund träte. Der Erstbeschwerdeführer wies neuerlich auf seinen Antrag hin, ihm den erstbehördlichen Bescheid zuzustellen.
Mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 23. Jänner 2001 wurden die Berufungen der Beschwerdeführer abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe einer Neufestsetzung der Entfernungsfrist bestätigt. Begründend wurde zunächst dargelegt, dass der erstbehördliche Bescheid zwar lediglich "mittels eines Rückscheines" zugestellt worden sei, obwohl die Zustellung "mittels zweier Zustellnachweise" erforderlich gewesen wäre. Die Zustellung an den Erstbeschwerdeführer sei daher mangelhaft erfolgt, dieser Mangel sei allerdings als im Sinne des § 7 Zustellgesetz geheilt anzusehen, weil der erstbehördliche Bescheid dem Erstbeschwerdeführer tatsächlich zugekommen sei. Dies könne dem Inhalt der von ihm erhobenen Berufung entnommen werden, weil darin auf die einzelnen Spruchabschnitte des erstbehördlichen Bescheides Bezug genommen werde. Dies wäre nicht möglich gewesen, hätte der Erstbeschwerdeführer vom Inhalt dieses Bescheides bloß Kenntnis erlangt. Auch inhaltlich seien die beiden Berufungen ident. Im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführer ergäben die beiden Objekte eine eindeutige Störung des Landschaftsbildes, wie den eingeholten Gutachten zu entnehmen sei. Ob die Einsehbarkeit der Objekte nur über einen Privatweg ohne Öffentlichkeitsrecht gegeben sei, sei nicht entscheidend. Dass die Kubatur des einen der beiden Gebäude jener des Schafstalles entspreche, sei unrichtig; überdies sei ein weiteres Gebäude errichtet worden. Durch die Anbindung eines Nebengebäudes im Dachbereich an das bestehende kleine Wohnhaus werde die Dachfläche zusätzlich vergrößert und ein in sich geschlossenes Erscheinungsbild der Objekte hervorgerufen, das zu einer massiven Störung des Landschaftsbildes führe. Die beiden Gebäude fügten sich nicht harmonisch in das Landschaftsbild ein, weil sich durch die Verlängerung des bestehenden Wohngebäudes eine Riegelwirkung ergebe, die durch die helle Holzfarbe noch verstärkt werde. Im Gutachten sei auch berücksichtigt worden, dass sich oberhalb der beiden Objekte ein großes Wohnhaus mit dunkler Fassade befinde. Die Ausführungen der Beschwerdeführer seien nicht geeignet, Zweifel an den schlüssigen Darlegungen der Amtssachverständigen erster und zweiter Instanz zu wecken. In Ansehung der vorgenommenen Interessenabwägung werde darauf hingewiesen, dass die Landschaft zunehmend zerschnitten, aufgebrochen, mit unterschiedlichen Objekten möbliert und das Erscheinungsbild der Kulturlandschaft durch das Überhandnehmen künstlicher Elemente immer mehr entwertet werde. Noch weitgehend intakte Kulturlebensräume müssten daher erhalten bleiben. Es zähle zu den vordringlichsten Aufgaben des Natur- und Landschaftsschutzes, unter Berücksichtigung vorhandener Naturstrukturen ein Überhandnehmen von künstlichen Elementen in weitgehend intakten Landschaftsbereichen zu vermeiden und die von Vielfalt und Schönheit bestimmte Kulturlandschaft in ihrer Eigenheit zu erhalten. Es bestehe daher großes Interesse daran, weitgehend unberührte, exponierte Waldrandlagen vor Verbauung zu schützen. Auch das Unterbleiben von weiteren Belastungen des Landschaftsbildes liege im öffentlichen Interesse. Im Lichte dieser Ausführungen könne nicht bezweifelt werden, dass hervorragende öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes im betroffenen Bereich bestehen. Was nun die privaten Interessen der Beschwerdeführer anlange, so sei nicht einzusehen, wie die vorgelegten Einreichpläne mit dem behaupteten Gebäudezweck der "Veredelung landwirtschaftlicher Erzeugnisse" vereinbar seien. Im Einreichplan seien die Räume im Erdgeschoss mit "Wellnessbereich", "Stüberl" und "Aufenthaltsraum" bezeichnet worden. Im Obergeschoss befinde sich ein Schlafzimmer. Die Gebäude dürften also vielmehr der Privatzimmervermietung dienen. Auch in Ansehung der Größe des landwirtschaftlichen Grundstückes der Beschwerdeführer (4.185 m2) seien die beiden Gebäude für einen bestimmungsgemäße Grünlandnutzung nicht nötig. Das geltend gemachte private Interesse liege also offenkundig nicht vor. Die Errichtung der beiden Gebäude sei somit zu untersagen und den Beschwerdeführern gemäß § 44 NatSchG ein Entfernungsauftrag zu erteilen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vom Erstbeschwerdeführer erhobene und unter der hg. Zl. 2001/10/0051 protokollierte Beschwerde, ebenso wie die von der Zweitbeschwerdeführerin erhobene und unter der hg. Zl. 2001/10/0052 protokollierte Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen die beiden Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden.
Er hat sodann erwogen:
Gemäß § 5a Abs. 1 des im Beschwerdefall anzuwendenden O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1995 (NatSchG) sind der Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden sowie die Errichtung von Stützmauern und freistehenden Mauern mit einer Höhe von mehr als 1,5 m
1. im Grünland (§ 30 O.ö. ROG 1994) außerhalb von geschlossenen Ortschaften oder
2. auf Grundflächen, die im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde mit einer Sternsignatur gekennzeichnet sind, vor ihrer Ausführung der Behörde anzuzeigen.
Gemäß § 5a Abs. 3 NatSchG hat die Behörde innerhalb von acht Wochen ab Einlangen der vollständigen und ordnungsgemäß belegten Anzeige die Ausführung des Vorhabens zu untersagen, wenn das angezeigte Vorhaben den Interessen am Natur- und Landschaftsschutz zuwiderläuft (§ 12 Abs. 1 Z. 1). Die Untersagungsfrist ist gewahrt, wenn die Behörde den Bescheid am letzten Tag der achtwöchigen Frist nachweisbar abfertigt, z.B. der Post zur Zustellung übergibt. Das Vorhaben ist nicht zu untersagen, wenn der Anzeigende öffentliche oder private Interessen glaubhaft macht, die das öffentliche Interesse am Natur- und Landschaftsschutz überwiegen.
Das Vorhaben läuft im Sinne des § 12 Abs. 1 NatSchG den öffentlichen Interessen am Natur- und Landschaftsschutz nicht zuwider, wenn es weder den Naturhaushalt oder die Grundlagen von Lebensgemeinschaften von Pflanzen- und Tierarten in einer Weise schädigt, noch den Erholungswert der Landschaft in einer Weise beeinträchtigt noch das Landschaftsbild in einer Weise stört, die dem öffentlichen Interesse am Natur- und Landschaftsschutz zuwiderläuft.
Das öffentliche Interesse am Natur- und Landschaftsschutz legt § 1 Abs. 1 NatSchG mit der Zielsetzung fest, die heimische Natur und Landschaft in ihren Lebens- und Erscheinungsformen zu erhalten, sie zu gestalten und zu pflegen und dadurch dem Menschen eine ihm angemessene bestmögliche Lebensgrundlage zu sichern.
Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, die beiden von den Beschwerdeführern errichteten und nachträglich im Sinne des § 5a Abs. 1 NatSchG angezeigten Gebäude würden das Landschaftsbild in einer Weise stören, die dem öffentlichen Interesse am Natur- und Landschaftsschutz zuwiderlaufe.
Die Beschwerdeführer bringen dagegen im Wesentlichen gleich lautend vor, die dem Gutachten der Landesbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz beigelegten Fotos seien nicht ausreichend, um einen Eindruck von den örtlichen Gegebenheiten zu vermitteln. Es wäre daher die Vornahme eines Lokalaugenscheins geboten gewesen. Ein entsprechender Antrag sei von der belangten Behörde jedoch begründungslos übergangen worden. In die Beurteilung sei das oberhalb der verfahrensgegenständlichen Objekte situierte Wohnhaus nicht hinreichend einbezogen worden, obwohl entscheidungswesentlich sei, wie sich die Gebäude in die durch bereits vorhandene menschliche Eingriffe mitbestimmte Landschaft einfügten. Überdies hätte eine Untersagung innerhalb der achtwöchigen Frist des § 5a Abs. 3 NatSchG an beide Beschwerdeführer als die Miteigentümer erfolgen müssen. Tatsächlich sei aber dem Erstbeschwerdeführer die erstbehördliche Entscheidung nicht zugestellt worden. Eine Heilung dieses Zustellmangels - so der Erstbeschwerdeführer - sei nicht erfolgt, die Annahme der belangten Behörde, dieser Bescheid sei dem Erstbeschwerdeführer tatsächlich zugekommen, sei reine Spekulation. Im Übrigen komme eine Heilung des Zustellmangels schon deshalb nicht in Betracht, weil nur eine einzige Bescheidausfertigung - an beide Beschwerdeführer adressiert - zugestellt worden sei und zwar durch Ausfolgung an die Zweitbeschwerdeführerin. Der Umstand, dass der Erstbeschwerdeführer Berufung erhoben habe, lasse nicht den Schluss zu, der Bescheid sei ihm auch zugestellt worden. Weil er seine Berufung aber nur "in eventu" erhoben habe, sei die belangte Behörde gar nicht zuständig gewesen, darüber zu entscheiden. Schließlich hätte sie, was den Entfernungsauftrag anlangt, höchstens den Auftrag erteilen dürfen, den bescheidmäßigen Zustand herzustellen.
Was zunächst das Beschwerdevorbringen betreffend die Zustellung des erstbehördlichen Bescheides an den Erstbeschwerdeführer anlangt, so ist es zwar erforderlich, in einer Anzeige nach § 5a Abs. 1 NatSchG die Zustimmung der Mehrheit der Miteigentümer (bei Hälfteeigentum der Zustimmung des anderen Miteigentümers) nachzuweisen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 15. Juni 1992, Zl. 91/10/0133, und die dort zitierte Vorjudikatur). Diesem Erfordernis ist entsprochen, wenn die Anzeige von den Miteigentümern gemeinsam erstattet wird. Daraus folgt allerdings nicht, dass in einem solchen Fall die Untersagung des angezeigten Vorhabens gegenüber allen Miteigentümern innerhalb der achtwöchigen Untersagungsfrist erfolgen müsste. Weder trifft nämlich das NatSchG eine solche Anordnung, noch ändert der Umstand, dass die Anzeige von mehreren Personen gemeinsam erstattet wird, etwas daran, dass in der durch die Anzeige bestimmten Sache nur eine Entscheidung über das in der Anzeige umschriebene Vorhaben zu ergehen hat. Wird daher innerhalb der achtwöchigen Frist einem der anzeigenden Miteigentümer ein Untersagungsbescheid zugestellt bzw. im Sinne des § 5a Abs. 3 NatSchG "nachweisbar abgefertigt", so liegt in der Sache eine Untersagung des angezeigten Vorhabens vor. Die Untersagungsfrist ist damit gewahrt; die Zustellung (Abfertigung) des Untersagungsbescheides an die übrigen anzeigenden Miteigentümer ist nicht (mehr) an die achtwöchige Frist gebunden.
Nun ist nach hg. Judikatur (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), 1197 f, dargestellte Judikatur) die Einbringung einer Berufung gegen einen Bescheid, der dem Berufungswerber zwar noch nicht zugestellt wurde, ihm aber bereits zur Kenntnis gelangt ist, zulässig. Ab Kenntnis vom Inhalt eines (erlassenen) Bescheides kann mit Berufung von der Berufungsbehörde eine Aufhebung oder Abänderung dieses Bescheides verlangt werden. Der belangten Behörde lag daher mit der Berufung des Erstbeschwerdeführers eine zulässige Berufung vor, die im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG ihre Verpflichtung zur Entscheidung in der Sache auslöste. Dass der erstbehördliche Bescheid (mangels Erlassung) nicht existent geworden wäre, behauptet der Erstbeschwerdeführer, der davon ausgeht, der Bescheid sei der Zweitbeschwerdeführerin ordnungsgemäß zugestellt worden, selbst nicht. Seine Behauptung, die belangte Behörde sei unzuständig gewesen, auf Grund seiner Berufung eine Sachentscheidung zu treffen, ist also unrichtig.
Soweit der Erstbeschwerdeführer aber geltend macht, die Berufung sei von ihm nur "in eventu" erhoben worden, zeigt er nicht auf, in welchem Recht er durch die meritorische Behandlung seiner Berufung verletzt worden sein könnte.
Betreffend die Rechtmäßigkeit der dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Annahme, die beiden Gebäude würden zu einer Störung des Landschaftsbildes führen, ist zunächst auf die hg. Judikatur hinzuweisen, wonach eine solche Beurteilung im Allgemeinen einer Beschreibung des Landschaftsbildes bedarf, wie es vor und nach Ausführung der betreffenden Maßnahme bestanden hat. Dabei sind alle jene Elemente und Faktoren zu beschreiben, die dem jeweiligen Landschaftsbild ihr Gepräge geben. Durch den Vergleich der (unterschiedlichen) Landschaftsbilder eröffnet sich die Möglichkeit einer sachverhaltsmäßig gesicherten Aussage darüber, ob eine unter dem Gesichtspunkt des Landschaftsschutzes maßgebende Veränderung eingetreten ist, die als Störung des Landschaftsbildes zu qualifizieren ist (vgl. dazu z.B. das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 2001, Zl. 98/10/0304, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Die Beurteilung eines Objektes als Störung des Landschaftsbildes setzt nicht voraus, dass noch keinerlei Verbauung besteht. Vielmehr ist im Falle des Vorhandenseins von das Landschaftsbild mitprägenden menschlichen Eingriffen entscheidend, wie sich die betreffende Maßnahme in das gegebene, durch die bereits vorhandenen menschlichen Eingriffe mitbestimmte Wirkungsgefüge der bestehenden Geofaktoren einpasst (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 9. März 1998, Zl. 95/10/0107, und die dort zitierte Vorjudikatur). In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass auch das Unterbleiben der Verstärkung einer das Landschaftsbild bereits beeinträchtigenden Wirkung im öffentlichen Interesse an der Erhaltung des Landschaftsbildes liegt.
Die fachliche Beurteilung der Auswirkungen eines Vorhabens auf das Landschaftsbild ist Gegenstand des Beweises durch Sachverständige, die darüber auf Grund ihres Fachwissens ein Gutachten abzugeben haben (vgl. nochmals das zitierte Erkenntnis vom 10. Dezember 2001 und die dort zitierte Vorjudikatur).
Die belangte Behörde ist - dem eingeholten Gutachten folgend -
zur Auffassung gelangt, die beiden Gebäude hätten durch ihre Größe, Lage und architektonische Gestaltung im näher beschriebenen Bild der Landschaft unverhältnismäßigen Auffälligkeitswert und würden durch diese optische Dominanz den Blick auf sich ziehen. Dadurch und durch ihre besondere Lage am Waldrand würde die bestehende und das Bild der Landschaft prägende Abfolge von offenen Agrarflächen und bewaldeten Zonen auffällig und störend ("Riegelwirkung") unterbrochen. Die beiden Gebäude hätten daher eine optisch erheblich nachteilige Auswirkung auf das bestehende Bild der Landschaft. Diese werde durch die Gesamtproportion der Gebäude noch verstärkt.
Der Verwaltungsgerichtshof kann nicht finden, dass dieses Gutachten mit Mängeln behaftet oder unschlüssig wäre. Die Beschwerdeführer sind dem Gutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.
Das oberhalb der beiden Gebäude gelegene Wohnhaus mit dunkelbrauner Fassade im Obergeschoss wurde im Gutachten berücksichtigt. Wenn die Beschwerdeführer meinen, dass die Existenz dieses Hauses zu einer anderen Beurteilung der von ihnen errichteten Gebäude hätte führen müssen, wäre es an ihnen gelegen, im Verwaltungsverfahren ein diesbezüglich fachlich fundiertes Vorbringen zu erstatten. Dies ist - wie dargelegt - nicht geschehen.
Soweit die Beschwerdeführer jedoch das Unterbleiben des von ihnen beantragten Lokalaugescheins rügen, haben sie nicht zugleich auch konkret dargelegt, zu welchem im Ergebnis anderen Bescheid die belangte Behörde bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensmangels gelangt wäre.
Schließlich zeigen die Beschwerdeführer auch mit dem Vorbringen, die belangte Behörde hätte ihnen lediglich den Auftrag erteilen dürfen, den bescheidmäßigen Zustand herzustellen, keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit auf. Es wird nämlich übersehen, dass den Beschwerdeführern im angefochtenen Bescheid zwar die Entfernung der von ihnen widerrechtlich errichteten Gebäude aufgetragen wird, dass ihre Berechtigung zur Errichtung eines Schafstalles jedoch unberührt geblieben ist.
Die sich somit als unbegründet erweisenden Beschwerde waren gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Wien, am 4. November 2002
Schlagworte
Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Besonderes FachgebietEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2001100051.X00Im RIS seit
05.02.2003Zuletzt aktualisiert am
28.03.2018