Norm
FinStrG §231Rechtssatz
Die österreichische Strafprozeßordnung kennt einen "Zustellungsbevollmächtigten" (im Sinne der §§ 94 - 99 ZPO) nicht. Durch die Zustellung der Ladung des im Ausland wohnenden Angeklagten zur Hauptverhandlung in erster Instanz an dessen als inländischer Zustellungsbevollmächtigter einschreitenden Wahlverteidiger wird dem von § 427 Abs 1 StPO aufgestellten Erfordernis der Zustellung der bezüglichen Vorladung an den Angeklagten persönlich (zu eigenen Handen) gemäß § 79 Abs 1 und 3 StPO nicht entsprochen. Auch im § 235 FinStrG ist die Vorladung zur Hauptverhandlung von der Regelung ausgenommen, wonach die Zustellung von Gerichtsstücken an den Flüchtigen (§ 231 FinStrG) als bewirkt gilt, sobald sie seinem Verteidiger zugestellt sind. Einen flüchtigen Beschuldigten im Finanzstrafverfahren kraft dieser Vorschrift dann als gehörig geladen anzusehen, falls die Ladung zur Hauptverhandlung in erster Instanz an einen von ihm vorher bestellten Verteidiger zugestellt wurde, geht daher nicht an. Gegen einen Abwesenden kann demnach wegen eines Finanzdeliktes erstinstanzlich nur verhandelt werden, wenn er entweder nach § 79 Abs 1 und 3 StPO persönlich zu eigenen Handen oder im Sinne des § 234 FinStrG öffentlich geladen worden ist. Eine anderweitige Verständigung vom Hauptverhandlungstermin (in erster Instanz) ist rechtlich irrelevant. Sie bewirkt auch keine Heilung eines Zustellungsmangels nach der sonst im Strafverfahren analog anwendbaren Bestimmung des § 108 ZPO.
Entscheidungstexte
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1972:RS0036350Dokumentnummer
JJR_19720817_OGH0002_0130OS00080_7200000_001