TE Vwgh Erkenntnis 2002/11/6 2002/02/0120

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Veröffentlicht am 06.11.2002
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §45 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs4;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des NB in Wien, vertreten durch Dr. Eva Barki, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Landhausgasse 4, gegen Punkt I. des Bescheides des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 13. März 2002, Zl. UVS-03/P/7/8173/2000/23, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Punkt I. des im Instanzenzug ergangenen Bescheides der belangten Behörde vom 13. März 2002 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe sich am 22. Mai 1999, um 04.16 Uhr, als Lenker eines dem Kennzeichen nach näher bestimmten Kraftfahrzeuges in 1080 Wien, Strozzigasse 10 (Wachzimmer), trotz Aufforderung durch ein besonders geschultes und von der Behörde dazu ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl habe vermutet werden können, dass er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe, da kein verwertbarer Messversuch zustande gekommen sei. Er habe eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 4 StVO iVm § 5 Abs. 2 letzter Satz StVO iVm § 99 Abs. 1 lit. b StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe von "vormals ATS 16.000,-- (nunmehr: 1.162,77 Euro)", im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Wochen verhängt.

In der Begründung stellte die belangte Behörde fest, der Beschwerdeführer sei auf Grund von Alkoholisierungssymptomen zur Ableistung einer Atemluftuntersuchung mittels Alkomat aufgefordert worden. Da er bei fünf Testdurchgängen jeweils maximal zwei Sekunden in das Teströhrchen des Alkomaten geblasen habe und dabei ein Blasvolumen von lediglich zwischen 0,4 und 1,3 Liter erzielt habe, weshalb eine gültige Atemluftuntersuchung nicht zustandegekommen sei, und das Ermittlungsverfahren nicht ergeben habe, dass der Beschwerdeführer zur ordnungsgemäßen Durchführung im Hinblick auf eine Einschränkung seiner Lungenfunktion tatsächlich nicht in der Lage gewesen wäre, drei Sekunden lang kontinuierlich auszuatmen und dabei ein Atemvolumen von 1,5 Liter zu erzielen - was für die Erzielung eines Ergebnisses notwendig wäre -, sei die Übertretung sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht als erwiesen anzusehen. Die belangte Behörde stützte sich hiebei im Wesentlichen auf zwei eingeholte ärztliche Sachverständigenäußerungen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer rügt zunächst, im Straferkenntnis der Behörde erster Instanz sei er in der wörtlichen Tatumschreibung zu Punkt 5 der gegenständlichen Übertretung schuldig erkannt worden. Im weiteren Spruchteil, in welchem die verletzten Rechtsvorschriften aufgezählt seien, sei Punkt 5 nicht enthalten, sondern es seien die Rechtsvorschriften nur zu den Punkten 1 bis 4 aufgezählt. Dem gemäß sei auch nur zu den Punkten 1 bis 4 eine Strafe verhängt worden. Durch die von der belangten Behörde vorgenommene Änderung handle es sich um keine Abänderung des Straferkenntnisses, sondern um eine Neufassung. Mit der Begründung, der erstinstanzliche Schuldspruch sei zu bestätigen gewesen, "wobei die irrtümlich bei der Strafbemessung unter 4) angeführte Strafe im Sinne einer Spruchänderung dem Punkt 6)" (richtig im angefochtenen Bescheid: 5)) "zuzuordnen war" übersehe sie, dass die Zuordnung einer Strafe zu einem anderen Tatbestand keine Abänderung darstelle, sondern ein neues Straferkenntnis nach Ablauf der Verjährungsfrist beinhalte.

Damit übersieht der Beschwerdeführer zunächst, dass in einer Verfolgungshandlung die rechtliche Qualifikation der Tat und die zu verhängende Strafe gar nicht enthalten sein muss, sondern sich die (verbale) Tatumschreibung auf alle die Tat betreffenden Sachverhaltselemente zu beziehen hat (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des Verwaltungsverfahrens5, Seite 923 sowie Seite 929 E 24 f, wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Dass im Straferkenntnis der Behörde erster Instanz vom 8. August 2000 auf Grund der Textierung bei verständiger Würdigung klar erkennbar - offenbar auf einem Versehen beruhend - die verletzten Rechtsvorschriften und die verhängte Strafe fälschlich zu Punkt "4.)" statt im Hinblick auf die verbale Tatumschreibung zu Punkt "5.)" zugeordnet wurden, war von der belangten Behörde als Berufungsbehörde zu berichtigen.

Sodann rügt der Beschwerdeführer, er habe im gesamten Verfahren vorgebracht, dass er auf Grund einer Lungenoperation nach einem Unfall nicht in der Lage gewesen sei, den Alkomattest ordnungsgemäß durchzuführen, da er keine genügende Vitalkapazität habe und auch eine Blasdauer von drei Sekunden nicht durchhalten könne.

Die belangte Behörde hat sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht damit auseinandergesetzt und demnach offengelassen, ob der Beschwerdeführer tatsächlich, wie er und die in der mündlichen Verhandlung vom 14. November 2001 einvernommene Zeugin W. im Gegensatz zu den Angaben der amtshandelnden Sicherheitswachebeamten behaupten, bereits bei Aufforderung zur Ableistung der Atemluftuntersuchung mittels Alkomat auf sein Lungenleiden hingewiesen habe oder nicht. Die belangte Behörde hat sich hingegen auf die, auf den vom Beschwerdeführer anlässlich seiner Stellungnahme vom 1. September 1999 vorgelegten medizinischen Unterlagen vom 5. Juli 1999 (Diagnose des Allgemeinen Krankenhauses der Stadt Wien) und vom 31. August 1999 (Lungenfunktionsuntersuchung im Allgemeinen Krankenhaus der Stadt Wien) beruhenden, "aktenmäßigen Stellungnahme" des Chefarztes der Bundespolizeidirektion Wien vom 28. Dezember 1999 sowie das Gutachten der Lungenfachärztin des Magistrates der Stadt Wien vom 28. September 2001 gestützt. Beide genannten Ärzte gelangten zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer zum Vorfallszeitpunkt in der Lage gewesen sein musste, den Alkomattest durchzuführen. Die erstgenannte ärztliche Stellungnahme ist dem Beschwerdeführer spätestens anlässlich seiner Akteneinsicht vom 5. Mai 2000 zur Kenntnis gelangt, er legte aber erst am 28. November 2001 - sohin mehr als eineinhalb Jahre nach Kenntnis der ersten ärztlichen Stellungnahme - weitere Unterlagen vor. Diese beinhalteten Berichte aus dem Jahr 1994 über die Behandlung nach einem erlittenen Unfall sowie eine Lungenfunktionsuntersuchung vom 23. November 2001. Da sich die genannten ärztlichen Äußerungen aber auf jene relativ tatnahen medizinischen Unterlagen stützten, auf die sich der Beschwerdeführer seit seiner Verantwortung vom 1. September 1999 berief, wäre es am Beschwerdeführer gelegen, diesen ärztlichen Sachverständigenäußerungen auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten und auf diese Weise darzutun, aus welchem Grund sich aus den später vorgelegten, wesentlich tatferneren ärztlichen Unterlagen ein gegenüber den beiden genannten ärztlichen Sachverständigenäußerungen abweichendes Gutachten ergeben könnte.

Da die im Beschwerdefall herangezogenen amtlichen Sachverständigenäußerungen weder mit den Denkgesetzen noch mit den Erfahrungen des Lebens in Widerspruch stehen, die auch von einem Laien ohne fachkundige Stütze eingewendet werden können und der Beschwerdeführer ihnen auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten ist, war die Einholung weiterer ergänzender Sachverständigengutachten, insbesondere auch die Befassung nichtamtlicher Sachverständiger, im Beschwerdefall entbehrlich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. November 2000, Zl. 98/12/0036, mwN).

Es ist im gegenständlichen Fall auch nicht wesentlich, wie sich der Beschwerdeführer bei einer Amtshandlung, welche nach seinen Angaben eine Woche zuvor stattgefunden habe, verhalten und verantwortet hat und ob ihm von den dort amtshandelnden Polizeibeamten - sohin keinen ärztlichen Sachverständigen - auf Grund des behaupteten Einwandes einer Lungenbeeinträchtigung die Möglichkeit einer amtsärztlichen Untersuchung im Sinne des § 5 Abs. 5 StVO an Stelle einer Atemluftuntersuchung mittels Alkomat zugebilligt worden sei, weil der Beschwerdeführer gar nicht behauptet, dass anlässlich dieser Amtshandlung konkret auf Grund des Ergebnisses einer ärztlichen Untersuchung die Unmöglichkeit der Durchführung einer Atemluftuntersuchung mittels Alkomat zu Tage getreten wäre.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Wien, am 6. November 2002

Schlagworte

Alkotest Verweigerung Alkotest Wahlrecht Besondere Rechtsgebiete Alkoholisierung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002020120.X00

Im RIS seit

17.03.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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