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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §863;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des JN in A, vertreten durch Dr. Josef Lindlbauer, Rechtsanwalt in Enns, Bräuergasse 3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungsgerichtshofes des Landes Oberösterreich vom 20. Juni 2000, Zl. VwSen-107004/17/Br/Bk, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 20. Juni 2000 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 1. September 1998 gegen 05.00 Uhr im Ortsgebiet von Haid auf der Kremstalbundesstraße B 139 bei Strkm. 13,200 von Neuhofen kommend in Richtung Traun einen dem Kennzeichen nach näher bezeichneten PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt, wobei der Alkoholisierungsgrad 1,95 Promille (Blutalkohol) betragen habe; hiefür wurde über ihn gemäß § 99 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 5 Abs. 1 StVO eine Geldstrafe in der Höhe von S 17.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 22 Tage) verhängt.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde u.a. aus, der Beschwerdeführer habe sich am 1. September 1998 kurz vor 05.00 Uhr spontan zur Inbetriebnahme seines Fahrzeuges entschlossen. Er habe sich mit seinem Fahrzeug entfernt, ohne "vorerst" das Licht einzuschalten. Kurze Zeit später sei der Beschwerdeführer aus nicht geklärten Umständen - vermutlich jedoch auf Grund seiner Alkoholbeeinträchtigung - auf die linke Straßenseite gelangt und dort mit einem entgegenkommenden Sattelschlepper kollidiert. Dabei habe er mehrere Schnittverletzungen im Schädelbereich erlitten, wobei ihm auch ein Ohr amputiert worden sei. Die um 08.30 Uhr mit seiner Zustimmung im Krankenhaus vorgenommene Blutabnahme habe - auf den Unfallzeitpunkt rückgerechnet - einen Blutalkoholwert in der Höhe von 1,95 Promille ergeben. Diese Blutabnahme sei über Anregung eines Straßenaufsichtsorgans erfolgt, weil der Verdacht einer Alkoholbeeinträchtigung des Beschwerdeführers bereits am Tatort bestanden habe. Eine Untersuchung seiner Atemluft mittels Alkomaten sei auf Grund der offenkundigen Verletzungsfolgen nicht möglich gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
§ 5 StVO in der auf den Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der 20. StVO-Novelle, BGBl. I Nr. 92/1998, lautet (auszugsweise):
".....
4a) Die Organe der Straßenaufsicht sind weiters berechtigt, Personen, bei denen eine Untersuchung gemäß Abs. 2 aus Gründen, die in der Person des Probanden gelegen sind, nicht möglich war und die verdächtig sind, sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand zu befinden, zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden, bei einer Bundespolizeibehörde tätigen oder bei einer öffentlichen Krankenanstalt Dienst habenden Arzt zur Blutabnahme zum Zweck der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes zu bringen.
.....
6) (Verfassungsbestimmung) An Personen, die gemäß Abs. 4a zu einem Arzt gebracht werden, ist eine Blutabnahme zum Zweck der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes vorzunehmen; die Betroffenen haben diese Blutabnahme vornehmen zu lassen."
Der Beschwerdeführer macht geltend, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Vornahme einer Blutabnahme nicht gegeben gewesen seien und beruft sich auf das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 1981, Zl. 02/2524/79; aus diesem ergebe sich, dass eine Blutabnahme nur bei Erteilung seiner ausdrücklichen Zustimmung zulässig gewesen wäre. Dass er diese Zustimmung ausdrücklich erteilt hätte, habe die belangte Behörde nicht festgestellt und seine Unterschrift sei auf dem "Erhebungsbogen zur Feststellung des Grades der Alkoholbeeinträchtigung" auch nicht enthalten.
Dem ist zu entgegnen, dass der auf dem genannten Erhebungsbogen fehlenden Unterschrift des Beschwerdeführers in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zukommt, weil keine Vorschrift die Blutabnahme ohne eine solche Unterfertigung verbietet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 1990, Slg. Nr. 13.194/A). Eine Zustimmungserklärung zur Blutabnahme kann nach der ständigen hg. Rechtsprechung auch konkludent (§ 863 ABGB) erfolgen, dafür ist aber erforderlich, dass dem Beschwerdeführer vorher zur Kenntnis gebracht wurde, aus welchem Grunde man ihm Blut abnehmen wolle (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. April 1988, Slg. Nr. 12.706/A, und vom 14. Juli 1993, Zl. 92/03/0043). Soweit sich aus dem oben zitierten hg. Erkenntnis vom 15. Mai 1981, Zl. 02/2524/79, anderes ergibt, vermag der Verwaltungsgerichtshof dies nicht aufrecht zu erhalten. Einer Beschlussfassung nach § 13 VwGG bedurfte es dazu nicht, weil - so die ständige hg. Rechtsprechung - § 5 Abs. 6 StVO inzwischen novelliert wurde.
Aus dem angefochtenen Bescheid ergibt sich zur konkludenten Zustimmung, dass der Beschwerdeführer bereits während der Behandlung im Schockraum des Krankenhauses von 05.55 Uhr bis 06.20 Uhr wach und ansprechbar war. Anschließend wurde er um
8.30 Uhr vom Turnusarzt Dr. W. über den Zweck der Blutabnahme, deren medizinische Unbedenklichkeit und über die "Verweigerungsmöglichkeit" aufgeklärt. Diesem Eingriff hat der Beschwerdeführer nicht widersprochen. In dieser Phase war er nach der Einschätzung des Arztes dispositionsfähig und in der Lage, das Wesen einer Blutabnahme zu erfassen. Der Beschwerdeführer vermochte den Vorgängen um ihn zu folgen, hat auf Fragen klar geantwortet und auch Behandlungsvorgänge bewusst wahrgenommen. So hat der Beschwerdeführer nach Aufklärung über den Zweck der Blutabnahme und die Möglichkeit, diese zu verweigern, den Arm ausgestreckt. In der Folge wurde sein Oberarm mit der üblichen Binde abgebunden und die Nadel gesetzt. Da der Beschwerdeführer dieser Vorgangsweise auch nicht widersprochen hat, ist der behandelnde Arzt davon ausgegangen, dass die Blutabnahme nicht gegen den Willen des Beschwerdeführers erfolge. Auf Grund dieser Feststellungen konnte die belangte Behörde somit frei von Rechtsirrtum annehmen, dass der Beschwerdeführer im Sinne der vorzitierten Rechtsprechung konkludent der Blutabnahme zugestimmt hat.
Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, dass er zum Zeitpunkt der Blutabnahme ein Schädel-Hirn-Trauma der Klasse I aufgewiesen habe und derart verletzt gewesen sei, dass er den Sinngehalt einer Erläuterung vor der Blutabnahme nicht verstehen habe können und auch nicht in der Lage gewesen sei, Willensentscheidungen zu treffen. Auch dieses Vorbringen vermag jedoch der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil im Hinblick auf das geschilderte situationsbezogene Verhalten des Beschwerdeführers für die belangte Behörde keinerlei Veranlassung bestand, an der Zurechnungs(Dispositions)fähigkeit des Beschwerdeführers zu zweifeln und zu dieser Frage ein Gutachten eines medizinischen Sachverständigen einzuholen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2000, Zl. 99/02/0042).
Der Beschwerdeführer vermisst schließlich Feststellungen darüber, wie der behandelnde Arzt Kenntnis erlangt habe, dass er eine Blutabnahme zur Blutalkoholbestimmung vornehmen solle bzw. wer die Blutabnahme gesetzmäßig veranlasst habe. Dem ist zu erwidern, dass das mit der Amtshandlung betraute Straßenaufsichtsorgan nach der Aktenlage bereits an der Unfallstelle den Verdacht einer Alkoholbeeinträchtigung des Beschwerdeführers hatte und die Notärztin - die in der Folge offenbar dieses Ersuchen an einen im Krankenhaus Dienst habenden Arzt weiterleitete - um die Vornahme einer Blutabnahme ersuchte. Damit wurde der Beschwerdeführer mit einem Arzt im Sinne des § 5 Abs. 4a StVO zum Zweck der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes "in Verbindung gebracht" (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 5. September 2002, Zl. 2002/02/0084), sodass es nicht mehr darauf ankommt, in welch konkreter Form dieser Auftrag innerhalb der Organisation des Krankenhauses den die Blutabnahme durchführenden Arzt erreicht hat.
Da gegen die Verwertung des durch die Analyse des dem Beschwerdeführer abgenommenen Blutes erzielten Messergebnisses keine Bedenken bestehen, erweist sich die vorliegende Beschwerde als unbegründet; sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Wien, am 6. November 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2000020231.X00Im RIS seit
20.01.2003Zuletzt aktualisiert am
24.02.2011