TE Vwgh Erkenntnis 2002/11/6 2002/04/0081

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Veröffentlicht am 06.11.2002
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §1 Abs4 Satz2 impl;
GewO 1994 §1 Abs4 Satz2;
GewO 1994 §124 Z16;
GewO 1994 §172;
GewO 1994 §366 Abs1 Z1;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2002/04/0080 E 6. November 2002

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des E in S, vertreten durch Dr. Christoph Rogler, Rechtsanwalt in 4400 Steyr, Stehlzhamerstraße 9, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 22. April 2002, Zl. VwSen-221834/2/Ga/Mm, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

In einem Zeitungsartikel in den o.ö. Kammernachrichten vom 6. Juli 2001 heißt es:

"Unternehmensberatung L. hilft z.B. bei Schulden, Exekutionen

oder Konkursabweisung

Partner bei Konkurs und Ausgleich

Die Unternehmensberatung L. sieht sich als Partner bei Schulden, Exekutionen, Konkursabweisung mangels Vermögen und dergleichen. 'Die Unternehmensberatung L. war schon bei zahlreichen Firmeninhabern der Strohhalm in der Brandung', so E und M.

Die Unternehmensberatung L. wird in Österreich in ihrem Büro in S von E und M geleitet und ist eine Tochtergesellschaft der Vermögens- und Immobilienverwaltung L. Die beiden Persönlichkeiten zählen mit ihrem Unternehmen zu den aufstrebendsten Unternehmern Österreichs.

Ständige Zusammenarbeit mit Rechtsanwaltskanzlei 'durch die ständige Zusammenarbeit in Konkurs- und Ausgleichsangelegenheiten mit einer hervorragenden Rechtsanwaltskanzlei sind wir in der Lage, das Beste für unsere Kunden herauszuholen. Auch bei anderen Problemen können wir sowie unsere Rechtsanwaltskanzlei weiterhelfen. Kein Problem ist für uns zu groß, wir helfen dort, wo andere nicht mehr können', sind E und M überzeugt.

Nähere Informationen ..."

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 19. Februar 2002 wurde der Beschwerdeführer wie folgt schuldig erkannt:

"Sie haben es zu vertreten, dass Sie zumindest am 6.7. 2001 die Tätigkeit der Unternehmensberatung - welche eine Tätigkeit ist, die den Gegenstand eines Gewerbes bildet - in einem Zeitungsartikel in den o.ö. Kammernachrichten, Folge 27, auf Seite 26, einem größeren Kreis von Personen anboten und somit das Gewerbe 'Unternehmensberatung einschließlich der Unternehmensorganisation' ausübten, ohne dass sie über die hiefür erforderliche Gewerbeberechtigung verfügten.

Da das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen der Ausübung des Gewerbes gleich gehalten wird, stellt dies eine Übertretung der Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 dar."

Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wurde mit der Maßgabe abgewiesen, dass das im Schuldspruch angeführte Gewerbe "Unternehmensberater einschließlich der Unternehmensorganisatoren" zu lauten hat. Als verletzte Verwaltungsvorschrift wurde angegeben "§ 366 Abs. 1 Z1 iVm § 1 Abs. 4 2. Satz, § 124 Z16 und § 172 GewO 1994 idF der Gewerberechtsnovelle 1997".

In der Begründung dieses Bescheides vertritt die belangte Behörde die Auffassung, sie würdige - wie die Behörde erster Instanz - die Annonce dahin, dass der Beschwerdeführer - zusammen mit seinem Bruder - als Ankündigender aufgetreten sei. Dies sei durch den objektiven Wortlaut (worauf es nach der einschlägigen ständigen Judikatur ankomme) belegt, der in eindeutiger Weise den Beschwerdeführer und seinen Bruder als Anbieter von verschiedenen Beratungstätigkeiten namentlich nenne ("die beiden Persönlichkeiten zählen mit ihrem Unternehmen zu den aufstrebendsten Unternehmern Österreichs"; "durch die ständige Zusammenarbeit in Konkurs- und Ausgleichsangelegenheiten mit einer hervorragenden Rechtsanwaltskanzlei sind wir in der Lage, das Beste für unsere Kunden herauszuholen"; "auch bei anderen Problemen können wir sowie unsere Rechtsanwaltskanzlei weiterhelfen"; "kein Problem ist für uns zu groß, wir helfen dort, wo andere nicht mehr können", "sind E und M überzeugt"). Soweit die Berufung die Auffassung erkennen lasse, dass Anbieter der Unternehmensberater-Tätigkeiten nicht der Beschwerdeführer, sondern eine andere Rechtsperson, nämlich die in England registrierte "Unternehmensberatung L." gewesen sei, gehe dies, trotz mehrfacher Erwähnung der Firmenbezeichnung "Unternehmensberatung L." aus dem Anzeigentext insgesamt gerade nicht hervor und es könne daher auf sich beruhen, ob ein solcher Eindruck in den angesprochenen Verkehrskreisen möglicherweise erweckt werden sollte.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen diesen Bescheid zunächst vor ihm erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 26. Juni 2002, B 1015/02-3, ab; antragsgemäß wurde die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 1 Abs. 4 zweiter Satz GewO 1994 wird das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen oder bei Ausschreibungen der Ausübung des Gewerbes gleich gehalten.

Zum normativen Gehalt der Bestimmung des § 1 Abs. 4 zweiter Satz GewO 1994 ist festzuhalten, dass es beim - bei Ausübung des Gewerbes gleich zu haltenden - Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit auf den in diesem Zusammenhang zu prüfenden objektiven Wortlaut und nicht etwa auf die Absicht des Anbietenden ankommt. Der Tatbestand des Anbietens einer gewerblichen Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 4 zweiter Satz leg. cit. ist dann erfüllt, wenn einer an einen größeren Kreis von Personen gerichteten Ankündigung die Eignung zukommt, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, dass eine unter den Wortlaut der Ankündigung fallende gewerbliche Tätigkeit entfaltet wird (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 10. Juni 1992, Zl. 92/04/0044, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Der Beschwerdeführer macht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltend, aus dem Text des Inserates gehe eindeutig hervor, der Beschwerdeführer und sein Bruder hätten lediglich für die Unternehmensberatung L. geworben. Ein Anlocken eigener Kunden sei vom Beschwerdeführer und dessen Bruder nicht vorgenommen worden.

Der Beschwerdeführer ist damit im Recht.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag die in der Begründung des angefochtenen Bescheides vertretene Auffassung der belangten Behörde, das Anbieten der Unternehmensberater-Tätigkeiten sei nicht der "Unternehmensberatung L.", sondern E und M zuzurechnen, nicht zu teilen. Bei der anzustellenden objektiven Betrachtung lässt sich aus dem Text der Annonce vielmehr erkennen, dass als Anbieter die "Unternehmensberatung L." auftritt. Dafür spricht nicht nur der Einleitungssatz "Unternehmensberatung L. hilft ...", sondern auch die Formulierung "Die Unternehmensberatung L. sieht sich als Partner ...". In die selbe Richtung weist aber auch der Umstand, dass darauf hingewiesen wird, die "Unternehmensberatung L." werde von E und M "geleitet". Daraus ist nämlich abzuleiten, dass dann, wenn im Text die "WIR-Form" verwendet wird, die dabei angesprochene geschäftliche Tätigkeit nicht vom Beschwerdeführer und seinem Bruder für ihre Person, sondern als Organe der Gesellschaft - also im Rahmen der Gesellschaft - ausgeübt wird.

Da die belangte Behörde dies verkannte, war der angefochtene Bescheid schon deshalb wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. § 1 Z. 1 der vorgenannten Pauschalierungsverordnung sieht lediglich einen Schriftsatzaufwand von EUR 908,-- vor. In diesem Schriftsatzaufwand ist auch bereits die Mehrwertsteuer enthalten. Das Mehrbegehren war daher abzuweisen.

Wien, am 6. November 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002040081.X00

Im RIS seit

04.02.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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