TE Vwgh Erkenntnis 2002/11/12 2002/05/0756

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Veröffentlicht am 12.11.2002
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauO Wr §134 Abs3;
BauO Wr §63 Abs1 litc;
BauO Wr §63 Abs1;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde des Ing. Rudolf Knapp in Wien, vertreten durch Dr. Horst Auer, Rechtsanwalt in Wien I, Börseplatz-Börsegasse 10, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 25. April 2002, Zl. MD-VfR - B X - 31/01, betreffend die Zurückweisung eines Baugesuches, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird insofern wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, als damit die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen wurde.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist nebst anderen Personen Miteigentümer (Wohnungseigentümer) einer bebauten Liegenschaft in Wien, auf welcher sich ein Haus befindet.

Mit Schriftsatz vom 3. November 1997 beantragte die Wohnungseigentümergemeinschaft dieser Liegenschaft, vertreten durch den Beschwerdeführer, die baubehördliche Bewilligung für den Einbau eines Aufzuges (zu einem früheren Verfahren siehe das hg. Erkenntnis vom 16. September 1997, Zl. 97/05/0167).

Nach verschiedenen Verfahrensschritten wies die Behörde erster Instanz mit Bescheid vom 11. Mai 2001 das Baugesuch vom 5. November 1997 (vermeintlich) des Beschwerdeführers zurück, weil er nicht den Nachweis der Zustimmung sämtlicher Miteigentümer der Liegenschaft erbracht habe. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung. Mit Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 29. August 2001 wurde dieser Berufung Folge gegeben und dieser erstinstanzliche Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG behoben. In der Begründung heißt es dazu, mit Ansuchen vom 3. November 1997 hätten die "Wohnungseigentümer" dieser Liegenschaft, vertreten durch den Beschwerdeführer, ein Ansuchen um Erteilung der Baubewilligung für einen Aufzug eingebracht. Mit dem bekämpften erstinstanzlichen Bescheid sei allerdings ein (vermeintlich) vom Beschwerdeführer stammendes Baugesuch zurückgewiesen worden. Dieser sei aber im Verfahren nur als Vertreter der einzelnen Wohnungseigentümer aufgetreten. Deshalb könne auch nur das Ansuchen der einzelnen Wohnungseigentümer zurückgewiesen werden. Zuvor wäre allerdings eine Aufforderung gemäß § 13 Abs. 3 AVG an die namentlich zu bezeichnenden einzelnen Wohnungseigentümer zu Handen ihrer Vertreter zu richten.

Demgemäß erging mit Erledigung der Behörde erster Instanz vom 26. September 2001 ein Verbesserungsauftrag an eine Reihe von Personen, darunter auch an den Beschwerdeführer (hinsichtlich aller Personen letztlich (zum Teil liegen Vollmachtsketten vor) zu Handen des Beschwerdevertreters).

Als Reaktion hierauf erstatteten die "Wohnungseigentümer" dieser Liegenschaft, vertreten durch den Beschwerdeführer, dieser vertreten durch den Beschwerdevertreter, ein diesbezügliches Vorbringen.

Mit Erledigung vom 17. Oktober 2001 erging an den Beschwerdeführer und weitere Personen (letztlich alle zu Handen des Beschwerdevertreters) die Aufforderung, binnen vierzehn Tagen die Zustimmung "der fehlenden Grundmiteigentümer" gemäß einer beliegenden Kopie einer Grundbuchsabschrift beizubringen. Dem erwiderten "die Wohnungseigentümer" dieser Liegenschaft, vertreten durch den Beschwerdeführer, dieser vertreten durch den Beschwerdevertreter, diese Aufforderung sei zu Unrecht ergangen. Die Zustimmung von Personen, die erst im Zuge des Bauverfahrens Miteigentümer der Liegenschaft geworden seien, sei nicht beizubringen (wurde näher ausgeführt).

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 9. November 2001 wurde das Baugesuch vom 3. November 1997 des Beschwerdeführers und einer Reihe weiterer, namentlich genannter Personen, mit der wesentlichen Begründung zurückgewiesen, es hätten sich seit der Einbringung des Antrages Änderungen bei den Eigentumsverhältnissen ergeben und es seien trotz Verbesserungsversuches nicht die Zustimmungen der (aller) "neu hinzugekommenen" Grundeigentümer beigebracht worden.

Dagegen erhoben M.P. "und Miteigentümer" dieser Liegenschaft (so das Rubrum des Schriftsatzes) Berufung.

Mit dem angfochtenen Bescheid wurde die Berufung der namentlich genannten Miteigentumer als unbegründet abgewiesen; zusammenfassend billigte sie die Auffassung der erstinstanzlichen Behörde.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zunächst ist festzuhalten, dass ein rechtlicher Unterschied zwischen der Summe der einzelnen Miteigentümer/Wohnungseigentümer einer Liegenschaft und der Wohnungseigentümergemeinschaft dieser Liegenschaft besteht; Letztere kann gemäß § 13c WEG 1975 in Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft als solche Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen sowie klagen und am Ort der gelegenen Sache geklagt werden. Das Baugesuch wurde ursprünglich von der Wohnungseigentümergemeinschaft dieser Liegenschaft eingebracht. Die belangte Behörde hat hingegen in ihrem Berufungsbescheid vom 29. August 2001 nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft als Antragstellerin, sondern die Wohnungseigentümer (selbst) als Antragsteller angesehen und es wurde das Verfahren in weiterer Folge demgemäß mit den Wohnungseigentümern dieser Liegenschaft fortgesetzt. Es trat demnach ein Wechsel in der Person des Bewilligungswerbers ein (sodass die Frage nicht weiter zu erörtern ist, ob und inwieweit eine Wohnungseigentümergemeinschaft gemäß § 13c WEG 1975 als Bauwerber auftreten kann). Im Kopf der vom Beschwerdevertreter verfassten Eingaben sind die als Bauwerber auftretenden Wohnungseigentümer allerdings nicht namentlich aufgelistet, sodass unklar sein kann, wer nun konkret Bauwerber ist. Als weitere Unklarheit kommt hinzu, dass im Kopf dieser Eingaben der Beschwerdeführer nur in seiner Eigenschaft als Vertreter angeführt ist, obwohl er unbestritten auch Miteigentümer/Wohnungseigentümer ist. Allerdings ist insgesamt klar, dass - auch - er als Bauwerber auftritt (und nicht bloß als Bevollmächtigter von Bauwerbern), sodass aus diesem Blickwinkel seine Beschwerdelegitimation zu bejahen ist.

§ 63 der Bauordnung für Wien (BO) ist überschrieben mit "Belege für das Baubewilligungsverfahren". Nach Abs. 1 dieses Paragraphen hat der Bauwerber für das Baubewilligungsverfahren im Folgenden aufgelistete Einreichunterlagen vorzulegen, darunter (lit. c) die Zustimmung des Eigentümers (aller Miteigentümer), wenn er nicht selbst Eigentümer oder nur Miteigentümer der Liegenschaft ist; diese Zustimmung kann auch durch Unterfertigung der Baupläne nachgewiesen werden.

Im Beschwerdeverfahren ist ausschließlich strittig, ob die Zustimmung (all) jener Personen vorzulegen bzw. nachzuweisen war, die nach Einreichung des Baugesuches (rechtsgeschäftlich) Miteigentum an dieser Liegenschaft erworben haben. Die belangte Behörde hat dies bejaht (und dabei auf die in Geuder/Hauer, Wiener Bauvorschriften4, bei E 4 zu § 63 BO wiedergegebene hg. Judikatur verwiesen), der Beschwerdeführer verneint dies mit der Argumentation, diese neuen Miteigentümer seien zwar berechtigt, die von ihren Rechtsvorgängern im Eigentum erteilte Zustimmung zu widerrufen, ohne einen solchen Widerruf gelte die Zustimmung ihrer Rechtsvorgänger im Eigentum aber auch für sie.

Die Auffassung der belangten Behörde trifft nicht zu.

Aus den von der belangten Behörde bezogenen hg. Erkenntnissen (zitiert in Geuder/Hauer, a.a.O.) vom 3. März 1959, Zlen. 151, 152/58, Slg. Nr. 4.894/A, und vom 15. Mai 1984, Zl. 83/05/0180, BauSlg. Nr. 259, ist zur Lösung der hier strittigen Rechtsfrage nicht unmittelbar etwas zu gewinnen, weil es dort nicht um eine solche Rechtsnachfolge im Eigentum ging. Vielmehr gilt Folgendes:

§ 63 Abs. 1 lit. c BO fordert die Beibringung der Zustimmung aller Miteigentümer, wenn der Bauwerber nicht selbst Eigentümer oder nur Miteigentümer der Liegenschaft ist, nur in Form eines Beleges als Teil der Einreichunterlagen. Vor diesem Hintergrund ist der Auffassung des Beschwerdeführers beizutreten, dass es diesbezüglich auf die Eigentumsverhältnisse zum Zeitpunkt der Einbringung des Baubewilligungsantrages ankommt und spätere Änderungen in den Eigentumsverhältnissen insofern unbeachtlich sind. Es war daher rechtswidrig, als Beleg im Sinne des § 63 Abs. 1 BO auch Zustimmungserklärungen jener Personen zu verlangen, die erst nach Einbringung des Baugesuches Eigentum (Miteigentum) an dieser Liegenschaft erworben haben. Daran vermag der Umstand nichts zu ändern, dass gemäß § 134 Abs. 3 BO im Baubewilligungsverfahren außer dem Antragsteller (Bauwerber) die Eigentümer (Miteigentümer) der Liegenschaft Parteistellung genießen und daher eine Änderung der Eigentumsverhältnisse an der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft nach Einbringung des Baugesuches zur Beurteilung der Frage, wer jeweils Partei ist, bedeutsam ist. Dadurch, dass die jeweiligen Miteigentümer Parteistellung genießen, werden auch diejenigen Personen, die erst im Zuge des Bauverfahrens Eigentum (Miteigentum) an der Liegenschaft erworben haben (und deren Zustimmung daher nach dem zuvor Gesagten nicht als Beleg dem Baugesuch anzuschließen war) in die Lage versetzt, ihre Interessen als Eigentümer (Miteigentümer) entsprechend wahrzunehmen. Insbesondere können sie das von ihrem jeweiligen Rechtsvorgänger eingebrachte Baugesuch widerrufen und die Zustimmung zur Bauführung verweigern.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, sodass er - insoweit er den Beschwerdeführer betrifft - gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war. Daraus ergibt sich für das fortgesetzte Verfahren, dass - ex post betrachtet - zwar nur der Beschwerdeführer ein Bauansuchen eingebracht hat, dass aber die übrigen - zurückgewiesenen - Ansuchen als Beleg im Sinne des § 63 Abs. 1 lit. c BO anzusehen sind.

Diese Entscheidung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG ohne Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung erfolgen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 12. November 2002

Schlagworte

Bauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Parteien BauRallg11/1 Baubewilligung BauRallg6 Baurecht Nachbar

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002050756.X00

Im RIS seit

18.02.2003

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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