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16/01 Medien;Norm
MedienG §49;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Pelant, Dr. Köller und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Nichtowitz, über die Beschwerde des S in Wien, vertreten durch Mag. Wilfried Embacher, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Ring 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 15. November 2000, betreffend Bestrafung nach § 49 des Mediengesetzes (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien vom 13. September 1999 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe am 5. Mai 1999 um ca. 00.50 Uhr, gemeinsam mit S. N. in Wien 7, Siebensterngasse 16, auf einem Schaltkasten ein Plakat und in Wien 7, Siebensterngasse 31, im Stationsuntergang fünf Plakate angebracht, obwohl das Anschlagen (Plakatieren) von Druckwerken an Anlagen, die der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Versorgung mit Energie, dem öffentlichen Verkehr oder dem Post- und Fernmeldewesen dienen, unzulässig sei, und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 1 Abs. 2 der Verordnung der Bundespolizeidirektion Wien vom 31. Jänner 1983 betreffend das Anschlagen von Druckwerken an öffentlichen Orten begangen, weshalb über ihn gemäß § 2 der zitierten Verordnung in Verbindung mit § 49 des Mediengesetzes zwei Geldstrafen in Höhe von je S 1.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit je 50 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt und ein Verfahrenskostenbeitrag vorgeschrieben wurden.
In seiner dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer unter anderem vor, der Erstbescheid leide an Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weil ein ausreichendes Ermittlungsverfahren nicht durchgeführt worden sei und die Erstbehörde das Recht des Beschwerdeführers auf Parteiengehör verletzt habe. Sie habe sich nämlich mit seinem Vorbringen nicht hinreichend auseinander gesetzt. Zum Vorwurf der Anbringung von fünf Plakaten im Stationsuntergang sei auszuführen, dass diese nicht vom Beschwerdeführer angebracht worden seien. Auch diesbezüglich sei kein ausreichendes Ermittlungsverfahren durchgeführt worden. Der Beschwerdeführer beantragte abschließend, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen und nach deren Durchführung den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben und das Verwaltungsverfahren einzustellen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab der Unabhängige Verwaltungssenat Wien (die belangte Behörde) der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge und bestätigte das angefochtene Straferkenntnis. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Straferkenntnisses aus, auf Grund der Aktenlage sei als erwiesen anzusehen, dass der Beschwerdeführer gemeinsam mit S. N. betreten worden sei, als er entgegen den Bestimmungen der Plakatierverordnung im Verein mit den Bestimmungen des Mediengesetzes vorschriftswidrig Plakate an einem öffentlichen Schaltkasten an der "Tatörtlichkeit" angeklebt und plakatiert habe. Dieser Sachverhalt sei unbestritten und habe der Entscheidung zu Grunde gelegt werden können, sodass von der Aufnahme weiterer Beweise zur Sachverhaltsfeststellung habe abgesehen werden können. Weitere Einwände des Beschwerdeführers bezüglich der Unzulässigkeit einer Doppelbestrafung und gegen die Höhe der Strafe seien unzutreffend.
Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer sieht eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften darin, dass die belangte Behörde entgegen dem Antrag in der Berufung und damit entgegen § 67d AVG von einer Berufungsverhandlung abgesehen habe.
Damit zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:
§ 51e Abs. 1 bis 5 VStG in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 lautet:
"(1) Der unabhängige Verwaltungssenat hat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
(2) Die Verhandlung entfällt, wenn
1. der Antrag der Partei oder die Berufung zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist;
2. der Devolutionsantrag zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
(3) Der unabhängige Verwaltungssenat kann von einer Berufungsverhandlung absehen, wenn
1. in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder
2.
sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder
3.
im angefochtenen Bescheid eine 3.000,-- S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde oder
4. sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet
und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Der Berufungswerber hat die Durchführung einer Verhandlung in der Berufung zu beantragen. Etwaigen Berufungsgegnern ist Gelegenheit zu geben, einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
(4) Der unabhängige Verwaltungssenat kann ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn er einen verfahrensrechtlichen Bescheid zu erlassen hat, die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt, und dem nicht Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, entgegensteht.
(5) Der unabhängige Verwaltungssenat kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden."
Der Beschwerdeführer weist im Ergebnis zutreffend darauf hin, dass er in seiner Berufung die Durchführung einer Verhandlung beantragt hatte, sodass - da im angefochtenen Bescheid nicht dargelegt wurde, dass etwa ein Fall des § 51e Abs. 4 oder 5 VStG vorläge - die belangte Behörde im Beschwerdefall verpflichtet war, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde bei Durchführung derselben zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.
Wien, am 12. November 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2001010202.X00Im RIS seit
04.02.2003