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62 Arbeitsmarktverwaltung;Norm
AlVG 1977 §15 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Gall, Dr. Bernegger und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des W in Wien, vertreten durch DDr. Georg Bahn, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Seilergasse 16, dieser vertreten durch Dr. Romana Zeh-Gindl, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5/10, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 9. September 1998, Zl. LGSW/Abt. 10-AlV/1218/56/1998-865, betreffend Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Versicherungsdienste (Wien) vom 30. März 1998 wurde dem Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung des Arbeitslosengeldes vom 9. Februar 1998 gemäß § 7 Abs. 1 Z. 2 i.V.m. § 14 AlVG mangels Erfüllung der Anwartschaft keine Folge gegeben.
In der Begründung dieses Bescheides heißt es (nach Bezugnahme auf § 7 Abs. 1 Z. 2 und § 14 AlVG), dass dem Beschwerdeführer noch 162 Tage arbeitslosenversicherungspflichtiger Beschäftigung fehlten.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid.
Zur Begründung wird - nach Zitierung u.a. des § 19 Abs. 1 AlVG - ausgeführt, der Beschwerdeführer habe sich in seiner Berufung u.a. dagegen gewendet, dass es sich bei ihm keinesfalls um eine erstmalige Inanspruchnahme des Arbeitslosengeldes handle, sondern dass er sich im April 1991 vom Leistungsbezug abgemeldet habe, weil er zur Arbeitssuche ins Ausland gefahren sei. Der negative erstinstanzliche Bescheid stelle eine Ungleichbehandlung dar, weil Personen, die ohne Unterbrechung im Leistungsbezug, im Besonderen der Notstandshilfe, stünden, diese unbegrenzt erhielten. Dem sei zu erwidern, dass es im Grunde des Art. 18 B-VG der Behörde nicht offen stehe, einzelne Bestimmungen nach Gutdünken anzuwenden oder nicht. Dem Beschwerdeführer seien im Berufungsverfahren die gesetzlichen Bestimmungen zur Kenntnis gebracht und es sei die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt worden, wovon allerdings kein Gebrauch gemacht worden sei. Es sei nicht Aufgabe der Behörde, eine allenfalls vorliegende Gleichheitswidrigkeit eines Gesetzes zu überprüfen. Auch seien keine neuen Tatsachen bekannt geworden (so habe das letzte arbeitslosenversicherungspflichtige Dienstverhältnis mit 30. April 1990 geendet).
Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen diesen Bescheid zunächst vor ihm erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 8. Juni 1999, B 1895/98-12, ab. Mit Beschluss vom 21. August 1999, B 1895/98-14, wurde über nachträglichen Antrag die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 7 Abs. 1 AlVG hat Anspruch auf Arbeitslosengeld, wer
1.
der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht,
2.
die Anwartschaft erfüllt und
3.
die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat.
Nach § 14 Abs. 1 erster Satz AlVG ist bei der erstmaligen Inanspruchnahme des Arbeitslosengeldes die Anwartschaft erfüllt, wenn der Arbeitslose in den letzten 24 Monaten vor Geltendmachung des Anspruches (Rahmenfrist) insgesamt 52 Wochen im Inland arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war.
Im Grunde des § 14 Abs. 2 AlVG ist bei jeder weiteren Inanspruchnahme des Arbeitslosengeldes die Anwartschaft erfüllt, wenn der Arbeitslose in den letzten 12 Monaten vor Geltendmachung des Anspruches (Rahmenfrist) insgesamt 26 Wochen im Inland arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war. Die Anwartschaft ist im Falle einer weiteren Inanspruchnahme auch dann erfüllt, wenn der Arbeitslose die Anwartschaft gemäß § 14 Abs. 1 erster Satz erfüllt.
§ 15 Abs. 1 und 2 AlVG enthält einen Katalog von Tatbeständen, die die Rahmenfristen nach § 14 Abs. 1 bis 3 verlängern. § 15 Abs. 2 AlVG hat dabei folgenden Wortlaut:
"Die Rahmenfrist verlängert sich um höchstens drei Jahre um Zeiträume, in denen der Arbeitslose im Ausland
1. sich einer Ausbildung unterzogen hat, durch die er überwiegend in Anspruch genommen wurde;
2. eine der in Abs. 1 angeführten vergleichbaren Leistungen wegen Arbeitslosigkeit oder Kindererziehung bezogen hat, soweit mit dem betreffenden Staat zwischenstaatliche Regelungen über Arbeitslosenversicherung getroffen wurden oder dies in internationalen Verträgen festgelegt ist."
Im Grunde des § 19 Abs. 1 AlVG - in der hier zeitraumbezogen anzuwendenden Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201 - ist Arbeitslosen, die das zuerkannte Arbeitslosengeld nicht bis zur zulässigen Höchstdauer in Anspruch nehmen, der Fortbezug des Arbeitslosengeldes für die restliche zulässige Bezugsdauer zu gewähren,
a) wenn die Geltendmachung innerhalb eines Zeitraumes von drei Jahren, gerechnet vom Tag des letzten Bezuges des Arbeitslosengeldes, erfolgt und
b) wenn, abgesehen von der Anwartschaft, die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt sind. Die Frist nach lit. a verlängert sich darüber hinaus um Zeiträume gemäß § 15 Abs. 2. Liegt der für die Bemessung der Höhe des Fortbezuges maßgebliche Verdienst weiter als drei Jahre vor dem Tag der Geltendmachung des Fortbezuges zurück, so findet § 21 Abs. 2 (Vervielfachung des seinerzeitigen Entgeltes) sinngemäß Anwendung, ausgenommen es ist § 21 Abs. 9 (Vervielfachung des Arbeitslosengeldes) anzuwenden.
Der Beschwerdeführer macht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltend, er erfülle "alle Voraussetzungen gem. §§ 7, 14, 19, 16 und 15 AlVG". Es handle sich keinesfalls um eine erstmalige Inanspruchnahme des Arbeitslosengeldes. Im April 1991 habe sich der Beschwerdeführer ordnungsgemäß vom Leistungsbezug abgemeldet, weil er zur Arbeitssuche ins Ausland gefahren sei. Er sei ordnungsgemäß seiner Verpflichtung zur Meldung der Auslandsfahrt nachgekommen. Es habe sohin nur "eine Unterbrechung des Leistungsbezuges" stattgefunden und sei daher der gegenständliche Antrag nicht als Erstantrag zu behandeln. Es sei auch eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung, Notstandshilfe unbefristet zu gewähren, und in der Folge Personen, welche sich ordnungsgemäß für einen Auslandsaufenthalt abmelden, der Art zu bestrafen, dass ordnungsgemäße Abmeldungen zwecks Auslandsaufenthaltes dazu führten, dass die entsprechenden Anträge wieder als Erstanträge zu gelten hätten. Es sei sohin nicht nur eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung von Personen gegeben, sondern auch eine Rechtswidrigkeit.
Danach wird vom Beschwerdeführer gar nicht behauptet, dass im vorliegenden Fall die (von der belangten Behörde verneinte) Anwartschaft im Grunde des § 14 Abs. 1 oder 2 AlVG erfüllt sei. Das Beschwerdevorbringen ist vielmehr so verstehen, dass ein Fortbezugsanspruch nach § 19 Abs. 1 AlVG geltend gemacht wird, und zwar unter dem Gesichtspunkt, es sei beim (behaupteten) Auslandsaufenthalt des Beschwerdeführers zu einer Verlängerung der Fortbezugsfrist gekommen.
Der Beschwerdeführer verkennt dabei, dass das Gesetz (in der hier anzuwendenden Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996) für den Fall eines Auslandsaufenthaltes eine Verlängerung der Fortbezugsfrist nach § 19 Abs. 1 AlVG nicht (allgemein) vorsieht, sondern nur unter den im § 15 Abs. 2 AlVG genannten Voraussetzungen. Dass diese vorgelegen seien, wird gar nicht behauptet und bietet die Aktenlage auch keinen Anhaltspunkt. Beim Verwaltungsgerichtshof bestehen aber auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der in Frage stehenden Regelung der Rahmenfristerstreckung. Dabei schließt sich der Verwaltungsgerichtshof der Auffassung des Verfassungsgerichtshofes im zitierten Beschluss vom 8. Juni 1999, B 1895/98-12, an, dass im Falle eines Auslandsaufenthaltes der Arbeitslose weder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, noch seine Tätigkeit festgestellt werden kann und die gegebenen Fälle der Rahmenfristerstreckung damit nicht vergleichbar sind. Schon deshalb ist aber auch kein Raum für eine vom Beschwerdeführer offenkundig intendierte verfassungskonforme Interpretation, dass auch (allgemein) ein Auslandsaufenthalt zu einer Rahmenfristerstreckung zu führen hat
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 13. November 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1999030368.X00Im RIS seit
18.02.2003