TE Vwgh Erkenntnis 2002/11/14 2001/09/0110

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Veröffentlicht am 14.11.2002
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §4 Abs1;
AuslBG §4 Abs6;
AuslBG §4b Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde der V reg. Genossenschaft mbH in F, vertreten durch Dr. Farhad Paya, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Herrengasse 12/1, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Kärnten vom 23. April 2001, Zl. LGS/Abt. 4/1311/2001, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Arbeitsmarktservice hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei beantragte am 7. Dezember 2000 beim Arbeitsmarktservice Klagenfurt die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für eine namentlich bezeichnete bosnische Staatsangehörige für die Tätigkeit einer Bedienerin im Ausmaß von 15 Wochenstunden.

Mit Bescheid vom 18. Januar 2001 lehnte das Arbeitsmarktservice Klagenfurt die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung für die beantragte bosnische Staatsangehörige gemäß § 4 Abs. 6 Z. 3 AuslBG ab. Begründend wurde von der Behörde erster Rechtsstufe nach Zitat des § 4 Abs. 6 AuslBG lediglich auf die Überschreitung der Landeshöchstzahl und - infolge des Nichtvorliegens einer einhelligen Befürwortung durch den Regionalbeirat - auf das Nichtvorliegen der Voraussetzungen nach Z. 3 lit. a bis e dieser Gesetzesstelle Bezug genommen.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Berufung, in welcher sie zunächst die von der beantragten Ausländerin erwartete Tätigkeit in "Hausmeisterin" korrigierte und vorbrachte, wichtiger Punkt für die Bekleidung der Stelle als Hausmeister(in) sei die kurzfristige Verfügbarkeit (z.B. für Schneeräumungen); die Beantragte erfülle diese Voraussetzung, während es dem Arbeitsmarktservice bisher nicht gelungen sei, die freie Stelle eines Hausmeisters durch eine geeignete inländische Arbeitskraft zu besetzen. Der Regionalbeirat möge dies nochmals prüfen.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 14. Februar 2001 wurde die beschwerdeführende Partei zur Stellungnahme (bis 23. Februar 2001) zum "Ergebnis der Beweisaufnahme" aufgefordert, es sei für den effektiv in Aussicht genommenen Arbeitsplatz eine geeignete - und namentlich bezeichnete - Ersatzkraft vermittelt, jedoch nicht eingestellt, sondern lediglich vorgemerkt worden. Infolge der Vormerkung könne davon ausgegangen werden, dass diese, einen höheren Integrationsgrad als die beantragte besitzende Ersatzkraft, für die Stelle (grundsätzlich) als geeignet erachtet worden sei. Es müsse daher von der Tatsache ausgegangen werden, dass geeignete Ersatzkräfte zur Verfügung stünden und somit die Voraussetzung des § 4 Abs. 1 AuslBG nicht vorliege.

In ihrer Stellungnahme vom 21. Februar 2001 erklärte die beschwerdeführende Partei, es sei unrichtig, dass eine geeignete Ersatzkraft hätte stellig gemacht werden können, da die namentlich genannte Ersatzkraft zwar bis zum 30. Januar 2001 in Vormerk genommen worden sei, sich aber entgegen der mit ihr getroffenen Vereinbarung auch über schriftliche Aufforderung hin nicht mehr gemeldet habe. Auch weitere vermittelte Ersatzkräfte hätten kein Interesse an der Arbeit (Verdienst, Arbeitszeit usw.) gezeigt.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 23. April 2001 gab die belangte Behörde der Berufung der beschwerdeführenden Partei gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 4 Abs. 1, § 4 Abs. 6 AuslBG keine Folge.

Nach Darstellung des Verfahrensganges und Zitierung der §§ 4 Abs. 1 und 4b AuslBG führte sie im Wesentlichen begründend aus, das Arbeitsmarktservice habe zu überprüfen, ob die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulasse und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen der Erteilung nicht entgegenstünden. Es sei von der persönlichen und fachlichen Qualifikation des in Aussicht genommenen Ausländers für den konkreten Arbeitsplatz auszugehen und zu prüfen, ob gleich geeignete, aber auf dem Arbeitsmarkt bevorzugte Arbeitnehmer (Ersatzkräfte) vorhanden seien. Sei dies der Fall, so habe die Behörde dem Arbeitgeber solche Ersatzkräfte anzubieten. Lehne dieser die Beschäftigung der Ersatzkraft ohne zureichende Gründe ab, so sei der Antrag auf Beschäftigungsbewilligung ebenfalls abzuweisen. Im Beschwerdefall habe das AMS Klagenfurt für den effektiv in Aussicht genommenen Arbeitsplatz eine geeignete Ersatzkraft vermittelt, welche jedoch nicht eingestellt, sondern lediglich vorgemerkt worden sei. Dadurch könne davon ausgegangen werden, dass diese für die Stelle als geeignet angesehen worden sei. Die vermittelte Ersatzkraft besitze einen höheren Integrationsgrad als die beantragte Ausländerin, da sie bereits über eine Arbeitserlaubnis und einen Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung verfüge. Da somit geeignete Ersatzkräfte zur Verfügung stünden, läge die Voraussetzung des § 4 Abs. 1 AuslBG nicht vor. Die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme sei unwidersprochen geblieben. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage seien die Einwände der beschwerdeführenden Partei nicht geeignet gewesen, eine andere Entscheidung herbeizuführen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die beschwerdeführende Partei macht im Wesentlichen die Verletzung ihres Rechtes auf Parteiengehör, ihres Rechtes auf ein mängelfreies Ermittlungsverfahren und auf nachvollziehbare Bescheidbegründung geltend.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird, und legte die Verwaltungsakten vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes BGBl. Nr. 218/1975, in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 78/1997, ist die Beschäftigungsbewilligung, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist, zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulässt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.

Nach § 4b Abs. 1 AuslBG, in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 120/1999, lässt die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes im Sinne des § 4 Abs. 1 die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung, insbesondere auch im Rahmen von Verordnungen gemäß § 9 des Fremdengesetzes 1997 für Saisonkräfte, nur zu, wenn für den zu besetzenden Arbeitsplatz keine Arbeitskräfte in folgender Reihenfolge vermittelt werden können:

1.

Inländer oder Flüchtlinge gemäß § 1 Abs. 2 lit. a;

2.

Befreiungsscheininhaber;

3.

Ausländer, die einen Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung ausschließlich durch Beschäftigungsverhältnisse im Inland erworben haben;

              4. a)              jugendliche Ausländer, sofern sie das letzte volle Schuljahr vor Beendigung ihrer Schulpflicht gemäß dem Schulpflichtgesetz 1985, BGBl. Nr. 76, in Österreich absolviert haben und wenigstens ein Elternteil, der nach dem Fremdengesetz 1997 niedergelassen ist, während der letzten fünf Jahre mindestens drei Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet erwerbstätig war, oder b) Ausländer, die seit mindestens acht Jahren in Österreich gemäß dem Fremdengesetz 1997 niedergelassen sind;

              5.              Ausländer, die, sofern sie nicht bereits einer der vorgenannten Personengruppen zuzurechnen sind, von einer Verordnung gemäß § 12a Abs. 2 erfasst sind und für eine Vermittlung in Betracht kommen;

              6.              Ausländer, die nach mindestens dreijähriger erlaubter Beschäftigung im Inland einen Leistungsanspruch gemäß Z 3 erschöpft haben und seitdem durchgehend beim Arbeitsmarktservice zur Vermittlung vorgemerkt sind;

              7.              Ausländer, die sich länger als drei Jahre erlaubt im Bundesgebiet aufhalten und deren Beschäftigung zur Sicherung des Lebensunterhaltes von Ehegatten und minderjährigen Kindern, die von ihnen wirtschaftlich abhängig sind und sich ebensolang im Bundesgebiet rechtmäßig aufhalten, notwendig ist;

              8.              Ausländer, die sich länger als fünf Jahre erlaubt im Bundesgebiet aufhalten und deren Vermittlung auf offene Stellen nicht aussichtslos erscheint;

              9.              Asylwerber gemäß § 19 des Asylgesetzes 1997 (AsylG), BGBl. I Nr. 76.

Nach § 4 Abs. 6 AuslBG darf über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung festgelegter Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) eine Beschäftigungsbewilligung nur erteilt werden, wenn

              1.              der Antrag für einen im § 4b Abs. 1 Z 3 bis 9 genannten oder einen von einer Verordnung gemäß § 12a Abs. 2 erfassten Ausländer eingebracht wird und

2.

die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und

3. a)

der Regionalbeirat einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet oder

              b)              die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer oder als nachweislich qualifizierte Arbeitskraft im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege, notwendig ist oder

              c)              überbetriebliche gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern oder

d)

die Voraussetzungen des § 18 gegeben sind oder

e)

die Beschäftigung auf Grund einer Verordnung gemäß § 9 des Fremdengesetzes 1997 erfolgen soll.

Die belangte Behörde hat die Versagung der von der beschwerdeführenden Partei beantragten Beschäftigungsbewilligung zwar auf § 4 Abs. 1 und 6 AuslBG in Zusammenhalt mit der Landeshöchstzahlenverordnung 2001, BGBl. II Nr. 369/2000, gestützt, wobei schon die Berechtigung auch nur eines dieser Versagungsgründe die Abweisung der Beschwerde rechtfertigen würde, sie hat jedoch im angefochtenen Bescheid außer dem bloßen Paragraphenzitat im Spruch keine weitere Begründung in Hinblick auf die über die nach § 4 Abs. 1 AuslBG zu prüfende Frage hinausgehende Bestimmung des § 4 Abs. 6 AuslBG gegeben. Bescheide sind nach § 58 Abs. 2 AVG zu begründen. In der Begründung sind die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen (§ 60 AVG). Der Erlassung eines Bescheides hat gemäß § 56 AVG grundsätzlich die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes nach den Vorschriften der §§ 37 und 39 leg. cit. voranzugehen. Soweit in der Gegenschrift diesbezüglich über den angefochtenen Bescheid hinausgehende Begründungselemente enthalten sind, genügt es darauf hinzuweisen, dass eine fehlende Bescheidbegründung in der Gegenschrift nicht nachgeholt werden kann (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 607).

Zur Prüfung der Lage und Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt im Sinne des § 4 Abs. 1 AuslBG wird von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid lediglich darauf hingewiesen, dass die angebotene Ersatzkraft zwar in Vormerk genommen, jedoch nicht eingestellt worden sei. Auf das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei in ihrer Stellungnahme vom 21. Februar 2001, wonach sich die angebotene Ersatzkraft zum vereinbarten Termin nicht mehr gemeldet habe, geht sie mit keinem Wort inhaltlich ein. Ohne nähere Auseinandersetzung mit dem erwähnten Vorbringen der beschwerdeführenden Partei lässt sich aber nicht sagen, ob Ersatzarbeitskräfte tatsächlich vorhanden waren, die bereit und fähig gewesen wären, die Arbeit zu den gestellten (gesetzlich zulässigen) Bedingungen (vgl. zur zulässigen Gestaltung des Anforderungsprofils etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. März 1994, 93/09/0424) auszuüben.

Damit fehlt dem angefochtenen Bescheid aber auch eine hinreichende Begründung zur Frage, ob die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung der beantragten Ausländerin zulässt (§ 4 Abs. 1 AuslBG).

Der angefochtene Bescheid war daher insgesamt gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff (insbesondere § 59 Abs. 1) VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001. Die Pauschalgebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG war mit EUR 181,68 zuzusprechen.

Wien, am 14. November 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001090110.X00

Im RIS seit

18.02.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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