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60/04 Arbeitsrecht allgemein;Norm
AuslBG §2 Abs2 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. Walter Panzer, Rechtsanwalt in 1020 Wien, Praterstraße 9/6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 5. April 2001, Zl. UVS-07/A/23/143/1998/19, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien:
Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 5. April 2001 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der R GesmbH mit Sitz in W zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin am 6. Dezember 1996 um 17.30 Uhr in dem Gastgewerbebetrieb in der Betriebsart einer Bar mit Standort W, H-Straße 30 drei namentlich genannte ausländische Staatsbürgerinnen ohne entsprechende arbeitsmarktrechtliche Bewilligungen beschäftigt habe; er habe dadurch § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a i.V.m. § 3 Abs. 1 AuslBG verletzt und sei hierfür mit drei Geldstrafen in der Höhe von jeweils S 15.000,-- zu bestrafen gewesen.
Die belangte Behörde ging auf Grund der Ergebnisse der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung davon aus, die drei Ausländerinnen seien, in einem zumindest arbeitnehmerähnlichen Verhältnis zur genannten Gesellschaft stehend, für diese als Animierdamen tätig gewesen. Sie seien zum Teil spärlich bekleidet in der Bar und zum Teil unbekleidet in einem Separee derselben angetroffen worden und hätten ihre Straßenkleidung und ihre Dokumente in versperrten Spinden aufbewahrt. Die Ges.m.b.H. des Beschwerdeführers habe aus der Anwesenheit der Ausländerinnen in der Bar einen wirtschaftlichen Nutzen gezogen, dies reiche zur Qualifikation ihrer Tätigkeit als Beschäftigung aus.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Nichtbestrafung bei Nichtvorliegen der Tatbestandsvoraussetzung eines Beschäftigungsverhältnisses verletzt.
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer im Wesentlichen geltend, die belangte Behörde habe keine für die erschöpfende Beurteilung des Falles ausreichenden Feststellungen getroffen, sondern lediglich die Beweisergebnisse wiederholt. Auch die Beweiswürdigung sei unzureichend erfolgt. Aus dem "Parallelakt" (gemeint: aus dem Verwaltungsstrafakt betreffend die Bestrafung des Beschwerdeführers nach § 111 ASVG) seien keine Feststellungen getroffen worden. Die Korrektur des Tatortes (gemeint: statt "H-Straße 2" "H-Straße 30") sei unzulässig gewesen, durch die dadurch bewirkte Änderung der ihm vorgeworfenen Tat sei diese bereits verjährt.
Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit macht der Beschwerdeführer im Wesentlichen geltend, die drei Ausländerinnen seien freiberuflich tätig gewesen, die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses mit ihnen entbehre jeder Grundlage.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde, nahm jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.
Als Beschäftigung gilt § 2 Abs. 2 AuslBG zu Folge die Verwendung a) in einem Arbeitsverhältnis, b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird, c) in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs. 5, d) nach den Bestimmungen des § 18 oder e) überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988. Für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliegt, ist gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.
Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975, i. d.F. BGBl. Nr. 201/1996, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 3 leg. cit. einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (oder Entsendebewilligung) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde, und der Ausländer für diese Beschäftigung auch keine gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt, bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafen von 10.000 S bis zu 60.000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 20.000 S bis zu 120.000 S, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 20.000 S bis zu 120.000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 40.000 S bis zu 240.000 S.
Aus § 2 Abs. 2 und Abs. 3 AuslBG folgt, dass der Begriff "Beschäftigung" im AuslBG nicht nur Arbeitsvertragsverhältnisse umfasst, und dass unter Arbeitgeber nicht nur der Vertragspartner eines (schriftlichen oder mündlichen) Arbeitsvertrages zu verstehen ist. Die Verpflichtung zur Einholung einer Beschäftigungsbewilligung vor der Beschäftigung eines Ausländers trifft vielmehr nach § 3 Abs. 1 AuslBG auch den Inhaber eines Betriebes, der Leistungen einer als arbeitnehmerähnlich zu qualifizierenden Arbeitskraft entgegen nimmt. Entscheidend für die Frage der Arbeitnehmerähnlichkeit ist die wirtschaftliche Unselbständigkeit, derentwegen eine Person, die im Auftrag und für Rechnung einer anderen Person Arbeit leistet, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, sich in einer einem Arbeitnehmer ähnlichen wirtschaftlichen Abhängigkeit befindet. Der "Arbeitnehmerähnliche" ist jedenfalls nicht persönlich vom Empfänger der Arbeitsleistung abhängig. Seine wirtschaftliche Unselbständigkeit, derentwegen er als arbeitnehmerähnlich zu qualifizieren ist, muss eher darin erblickt werden, dass er unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie ein Arbeitnehmer tätig und daher insofern vom Empfänger der Arbeitsleistung wirtschaftlich abhängig ist. Bei der Beurteilung der Arbeitnehmerähnlichkeit unter dem "finanziellen" Gesichtspunkt ist nicht konkret zu prüfen, ob der "Arbeitnehmerähnliche" auf die Gegenleistungen aus dem Rechtsverhältnis mit dem Empfänger der Arbeitsleistung zur Bestreitung seines Lebensunterhalts angewiesen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Februar 1986, Zl. 84/11/0234, VwSlg 12015 A/1986 und das hg. Erkenntnis vom 17. November 1994, Zl. 94/09/0195).
Sowohl für eine Beschäftigung gemäß § 2 Abs. 2 lit. a als auch gemäß § 2 Abs. 2 lit. b AuslBG ist aber die Entgeltlichkeit ein wesentliches Merkmal, wobei sich der Anspruch des Arbeitenden auf Bezahlung aus einer mit dem Arbeitgeber getroffenen Vereinbarung, allenfalls aber auch unmittelbar aus arbeitsrechtlichen Vorschriften (so etwa aus § 29 AuslBG oder aus kollektivvertraglichen Regelungen) ergibt (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 26. Juni 1991, Zl. 91/09/0038, vom 10. März 1999, Zl. 97/09/0046, und vom 18. April 2001, Zl. 99/09/0180). Zwar kann dieses Merkmal grundsätzlich auch durch andere als finanzielle Gegenleistungen erfüllt sein, etwa durch die Erbringung von Naturalleistungen (vgl. 26. Mai 1999, Zl. 97/09/0089). Jedoch muss - manifestiert auch in einer Gegenleistung - ein Mindestmaß an wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit der Arbeitskraft bestehen, um vom Vorliegen einer Beschäftigung sprechen zu können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. September 2002, Zl. 99/09/0083).
Dies hat die belangte Behörde im vorliegenden Fall mit ihrer Auffassung verkannt, die Beschäftigung der spärlich bekleideten ausländischen Frauen im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG könne schon deswegen bejaht werden, weil das Unternehmen, für das der Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer bestellt war, von deren Anwesenheit in der Bar einen wirtschaftlichen Nutzen hatte. Ausgehend von dieser als unrichtig erkannten Rechtsauffassung sind ausreichende Feststellungen zur wirtschaftlichen bzw. persönlichen Abhängigkeit der betretenen Ausländerinnen unterblieben.
Daher war der angefochtene Bescheid ungeachtet des Umstandes, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Verfolgungsverjährung zu verneinen war, weil die Umschreibung des Tatortes im angefochtenen Bescheid auf zulässige Weise ohne Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Beschuldigten und ohne Gefahr einer Doppelbestrafung konkretisiert wurde (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 2001, Zl. 2000/02/0171), gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 14. November 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2001090103.X00Im RIS seit
21.02.2003Zuletzt aktualisiert am
17.12.2009