TE Vwgh Erkenntnis 2002/11/19 97/12/0192

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Veröffentlicht am 19.11.2002
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Index

63/05 Reisegebührenvorschrift;

Norm

RGV 1955 §22;
RGV 1955 §73;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des S in St., vertreten durch Riedl & Ringhofer, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 2. April 1997, Zl. 412.931/5-2.1/97, betreffend Entfall der Nächtigungsgebühr nach § 73 RGV 1955, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang der Abweisung des Antrages auf Auszahlung der Nächtigungsgebühr für den Zeitraum vom 7. November 1995 bis 29. März 1996 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 929,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Vizeleutnant in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist das Heeresnachrichtenamt, sein Dienstort ist Neulengbach, er wohnt in St..

Vom 2. Oktober 1995 bis 29. März 1996 (mit Unterbrechung vom 23. bis 25. Oktober 1995) war er der Heeresversorgungsschule in Wien zwecks Teilnahme an einem Lehrgang dienstzugeteilt. Der zu Grunde liegende Dienstauftrag wies den Vermerk "Amtliche Unterkunft ab 23. Oktober 1995" auf. Der Beschwerdeführer bezog die für ihn reservierte Unterkunft im Amtsgebäude S. bis einschließlich 6. November 1995 ohne Angabe von Gründen nicht. Am 7. November 1995 wurden die vorgesehenen Räumlichkeiten an einen anderen Unterkunftswerber weitergegeben.

In weiterer Folge beantragte der Beschwerdeführer für den gesamten Zeitraum der Dienstzuteilung die Auszahlung der jeweils anfallenden Zuteilungsgebühr einschließlich der Nächtigungsgebühr. Da letztere nur für den Zeitraum vom 2. bis 22. Oktober 1995 zur Auszahlung gebracht wurde, ersuchte er mit Schreiben vom 25. Oktober 1996 um "bescheidmäßige Absprache wegen der Ablehnung des Anspruches auf Nächtigungsgebühr für den Kurs an der HVS".

Mit Schreiben vom 9. Jänner 1997 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer das Ergebnis der von ihr durchgeführten Ermittlungen mit und fasste diese dahingehend zusammen, dass zufolge seiner Untätigkeit (das Zimmer zu übernehmen) am 7. November 1995 die Vergabe der ab 23. Oktober 1995 für ihn reservierten Unterkunft an einen anderen Unterkunftswerber erfolgt sei.

In seiner Stellungnahme vom 29. Jänner 1997 legte der Beschwerdeführer die Gründe dar, aus denen er die reservierte Unterkunft bis 7. November 1995 nicht bezogen habe (Unterbrechung der Dienstzuteilung, Feiertage, Wochenende, dienstfreie Tage etc). Am 7. November 1995 sei ihm anlässlich seines Anrufes wegen der beabsichtigten Schlüsselübernahme mitgeteilt worden, dass die ihm amtlich zugewiesene Unterkunft weitergegeben worden sei. Die amtliche Unterkunft wäre ihm jedoch gemäß einem näher bezeichneten Verordnungsblatt nachweislich zu übergeben gewesen. Zumindest hätte er von der beabsichtigten Weitergabe des Zimmers verständigt werden müssen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag vom 25. Oktober 1996 auf Auszahlung der Nächtigungsgebühr für den Zeitraum der Dienstzuteilung zur Heeresversorgungsschule (eingeschränkt für die Zeit) vom 23. Oktober 1995 bis 29. März 1996 gemäß § 73 der Reisegebührenvorschrift 1955 (RGV 1955), BGBl. Nr. 133, ab. Begründend führte sie nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmung aus, den Ausführungen des Beschwerdeführers, warum er das Zimmer vom 23. Oktober bis 6. November 1995 nicht bezogen habe, sei entgegen zu halten, dass ihn keiner der angeführten Gründe daran gehindert hätte, sich wenigstens fernmündlich mit einem Organ des Wirtschafts- und Unterkunftsgebäudes oder mit dem Offizier vom Tag des Amtsgebäudes S. in Verbindung zu setzen, um eine spätere Verfügung über die Unterkunft zu vereinbaren. Vom 23. Oktober bis 6. November 1995 seien ihm 15 Tage für eine derartige Kontaktaufnahme zur Verfügung gestanden. Von dieser Möglichkeit habe er aus von ihm selbst zu vertretenden Gründen keinen Gebrauch gemacht. Wegen dieser Untätigkeit sei am 7. November 1995 wegen dringenden Bedarfes die Vergabe der reservierten Unterkunft an einen anderen Unterkunftswerber erfolgt; es habe zu Recht davon ausgegangen werden können, dass er auf diese Unterkunft nicht mehr "reflektiere". Hätte er sich im genannten Zeitraum in einer beliebigen Weise geäußert, wäre die Unterkunft bis zum Lehrgangsende für ihn zur Verfügung gestanden. Er habe nicht ernsthaft davon ausgehen dürfen, dass das für ihn reservierte Quartier ohne zeitliche Begrenzung für ihn bereitgehalten werde, während andere Unterkunftswerber unter Auszahlung der Nächtigungsgebühr hätten abgewiesen werden müssen. Der vom Beschwerdeführer behauptete Anruf vom 7. November 1995 sei nach 15 Tagen nicht mehr zu erwarten gewesen. Eine an ihn gerichtete Verständigung über die Weitergabe der Unterkunft sei wegen des beschriebenen Sachverhaltes nicht erforderlich gewesen.

Im Anwendungsbereich des § 73 RGV entfalle der Anspruch auf Nächtigungsgebühr, wenn dem Lehrgangsteilnehmer eine unentgeltliche Nächtigungsmöglichkeit zur Verfügung gestellt werde. Eine Anweisung, wie dies § 70 RGV vorschreibe, sei nicht erforderlich. Unbestritten stehe fest, dass dem Beschwerdeführer ab dem 23. Oktober 1995 eine unentgeltliche Nächtigungsmöglichkeit zur Verfügung gestanden sei, wovon er rechtzeitig vor Antritt der Dienstzuteilung nach Aushändigung des Dienstauftrages vom 20. September 1995 Kenntnis gehabt habe. Die Entfallsbestimmungen des § 73 RGV seien somit anzuwenden. Es sei richtig, dass die Zuweisung einer amtlichen Unterkunft nicht bedeute, dass diese tatsächlich benützt werden müsse. Eine dahingehende Behauptung sei jedoch im Verwaltungsverfahren nicht aufgestellt worden, sodass ein weiteres Eingehen darauf entbehrlich sei. Die vom Beschwerdeführer behauptete Reaktion am 7. November 1995 (Telefonat wegen Schlüsselübergabe) werde als zu spät angesehen, um die beschriebenen Versäumnisse sanieren zu können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem subjektiv öffentlichen Recht auf Zuteilungsgebühr inkl. Nächtigungsgebühr nach § 22 RGV 1955 durch unrichtige Anwendung des § 73 dieses Gesetzes verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung wegen Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Entsprechend dem dem Verfahren zu Grunde liegenden Antrag des Beschwerdeführers vom 25. Oktober 1996 auf bescheidmäßigen Abspruch über die Berechtigung des Entfalles der Nächtigungsgebühr "für den Kurs an der HVS" wurde nur über den Anspruch auf Nächtigungsgebühr abgesprochen. Insoweit in der Beschwerde "Zuteilungsgebühr inkl. NG" geltend gemacht wird, geht dieses im Beschwerdepunkt formulierte Begehren über den Verfahrensgegenstand hinaus. Mangels diesbezüglicher Anträge in der Beschwerde erübrigt sich eine Zurückweisung.

Die RGV, BGBl. Nr. 133/1955, stand auf Grund des § 92 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes, BGBl. Nr. 54/1956, als Bundesgesetz in Geltung, woran sich auch durch die ersatzlose Aufhebung der letztgenannten Bestimmung durch die Novelle BGBl. Nr. 518/1973 nichts geändert hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. September 1997, Zl. 96/12/0252).

§ 73 (mit Ausnahme des zweiten Satzes idF des Art. I Z. 15 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1983, BGBl. Nr.658/1983, die Wortfolge "oder Wohnortes" idF des Art. IV Z. 1 des Bundesgesetzes vom 8. August 1995, BGBl. Nr. 522/1995, der zweite Satz idF des Art. X Z. 27 des Bundesgesetzes vom 23. August 1994, BGBl. Nr. 665/1994) lautet:

"Die Teilnahme an Lehrveranstaltungen (Kursen) zum Zwecke der eigenen Aus- und Fortbildung begründet nur dann einen Anspruch auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz, wenn diese Teilnahme auf Grund eines Dienstauftrages und darüber hinaus außerhalb des Dienst- oder Wohnortes erfolgt. Wird dem Teilnehmer die Verpflegung unentgeltlich beigestellt, ist § 17 Abs. 3 anzuwenden. Wird dem Teilnehmer eine unentgeltliche Nächtigungsmöglichkeit zur Verfügung gestellt, entfällt der Anspruch auf Nächtigungsgebühr."

Der weiters maßgebliche § 22 Abs. 1 RGV lautet:

"Bei einer Dienstzuteilung erhält der Beamte eine Zuteilungsgebühr; sie umfasst die Tagesgebühr und die Nächtigungsgebühr. Der Anspruch auf die Zuteilungsgebühr beginnt mit der Ankunft im Zuteilungsort und endet mit der Abreise vom Zuteilungsort oder, wenn der Beamte in den Zuteilungsort versetzt wird, mit dem Ablauf des letzten Tages der Dienstzuteilung. § 17 findet sinngemäß Anwendung."

Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer für die Zeit vom 2. Oktober 1995 bis 29. März 1996 zwecks Teilnahme an einem Lehrgang nach Wien dienstzugeteilt war und dass für ihn im Amtsgebäude S. von Amts wegen eine unentgeltliche Unterkunft ab dem 23. Oktober 1995 reserviert war, was dem Beschwerdeführer auch bekannt war. Ebenso unstrittig ist, dass er sich bis 6. November 1995 nicht im Amtsgebäude S. zur Schlüsselübergabe bzw. Übernahme des Zimmers einfand, ohne die hiefür zuständige Stelle zu informieren, ob bzw. wann er dies beabsichtige. Am 7. November 1995 wurde die Unterkunft anderweitig vergeben.

§ 73 RGV zielt im Ergebnis darauf ab, dem Beamten einen Mehraufwand durch die unentgeltliche Gewährung von entsprechenden Sachleistungen in Form der Verpflegung (zweiter Satz) und der Nächtigungsmöglichkeit (dritter Satz) gar nicht erst entstehen zu lassen. Durch § 73 letzter Satz sollte vermieden werden, dass Beamte, die unentgeltlich eine Unterkunft zur Verfügung gestellt erhalten, noch durch den Anspruch auf Nächtigungsgebühr weiter begünstigt werden.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt die Ansicht, dass der Beschwerdeführer für den Zeitraum vom 23. Oktober bis 6. November 1995 iS des § 73 RGV schon deshalb keinen Anspruch auf Nächtigungsgebühr hat, weil er in diesem Zeitraum eine Nächtigungsmöglichkeit zur Verfügung gestellt erhalten hat, die er in Anspruch hätte nehmen können.

Hingegen ist der Anspruch des Beschwerdeführers auf Nächtigungsgebühr für den Zeitraum ab dem 7. November 1995 - entgegen der Auffassung der belangten Behörde - nicht auf Grundlage des § 73 RGV in Abrede zu stellen, weil für ihn ab diesem Zeitpunkt keine unentgeltliche Nächtigungsmöglichkeit (mehr) zur Verfügung stand. Dem Umstand, dass der Verlust der Reservierung dieser unentgeltlichen Nächtigungsmöglichkeit auf seine Untätigkeit zurückzuführen ist, die für ihn bereitgehaltene Unterkunft (durch Aushändigung der Schlüssel etc.) zu übernehmen, kommt keine entscheidende Bedeutung zu. Wenn die belangte Behörde in diesem Zusammenhang die Ansicht vertritt, sie habe aus Gründen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit die vom Beschwerdeführer nicht übernommene Unterkunft an einen anderen Interessenten weitergeben müssen, so kann ihr diesbezüglich zwar nicht entgegengetreten werden. Ihrer weiteren Argumentation, der Beschwerdeführer habe nicht ernsthaft davon ausgehen dürfen, das Quartier werde für ihn ohne zeitliche Begrenzung bereitgehalten, "während andere Unterkunftswerber unter Auszahlung der Nächtigungsgebühr abgewiesen werden müssten", muss sie sich jedoch entgegenhalten lassen, dass im Fall der Weitergabe einer (ursprünglich) reservierten, aber nicht übernommenen Unterkunft an einen anderen Unterkunftswerber (mit der Konsequenz, dass sie sich für diesen die Auszahlung der Nächtigungsgebühr erspart), der erste Unterkunftswerber, dem ab Weitergabe keine Unterkunft mehr zur Verfügung gestellt werden kann, möglicherweise - wenn die Voraussetzungen nach § 22 RGV erfüllt sind - (wieder) Anspruch auf Nächtigungsgebühr hat.

Aus diesen Gründen war der angefochtene Bescheid insoweit, als mit ihm der Antrag auf Nächtigungsgebühr für den Zeitraum vom 7. November 1995 bis 29. März 1996 gemäß § 73 RGV abgewiesen worden war, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben. Im Übrigen war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Die verzeichneten Barauslagen waren mit dem Betrag von EUR 21,80 zuzusprechen.

Wien, am 19. November 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1997120192.X00

Im RIS seit

05.03.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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