TE Vwgh Erkenntnis 2002/11/19 2002/12/0155

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Veröffentlicht am 19.11.2002
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13 Abs3 idF 1998/I/158;
AVG §13 Abs3;
AVG §63 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des S in M, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 19. Februar 2002, Zl. 8141/413-II/4/01, betreffend Zurückweisung einer Berufung i.A. Fahrtkostenzuschuss, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Gruppeninspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; seine Dienststelle ist der Gendarmerieposten Kirchdorf a.d. Krems.

Mit Bescheid vom 14. September 2001 stellte das Landesgendarmeriekommando für Oberösterreich fest, dass dem Beschwerdeführer gemäß § 20b Abs. 2 des Gehaltsgesetzes 1956 (GehG) ab 1. September 2001 ein monatlicher Fahrtkostenzuschuss in der Höhe von S 55,-- gebühre. Begründend wurde ausgeführt, auf Grund der Fahrplanumstellungen bei den öffentlichen Verkehrsmitteln mit 10. Juni 2001 seien bestehende Fahrtkostenzuschüsse "auf die weitere Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel überprüft" worden. Dabei sei festgestellt worden, dass im Falle des Beschwerdeführers bei der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel "mehr als die Hälfte der Wegstrecke fiktiv" zurückgelegt werden müsse, weshalb sein Fahrtkostenzuschuss "auf die Zweckmäßigkeit hinsichtlich der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel" habe überprüft werden müssen. Als Ergebnis dieser Überprüfung sei dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 22. August 2001 mitgeteilt worden, dass sein "Fahrtkostenzuschuss als nicht zweckmäßig" im Sinn des § 20b GehG angesehen werden könne. Weiters sei dem Beschwerdeführer mitgeteilt worden, dass sein Fahrtkostenzuschuss deshalb nach den genannten Bestimmungen neu bemessen worden sei und ihm ab 1. September 2001 ein monatlicher Betrag von S 55,-- gebühre. In seinem Antwortschreiben vom 5. Dezember 2001 habe der Beschwerdeführer ohne Begründung die Ausstellung eines Feststellungsbescheides verlangt.

Mit Schreiben vom 20. September 2001 erhob der Beschwerdeführer gegen den nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Bescheid der Dienstbehörde erster Instanz Berufung. Unter der Überschrift "Begründung" führte der Beschwerdeführer anschließend Folgendes aus:

"Ich bezog bis September 2001 einen Fahrtkostenzuschuss in der Höhe von 257,- Schilling. Soweit es mir erinnerlich ist, kam es in den letzten Monaten zu keiner Änderung des § 20b des Gehaltgesetzes.

Es ist daher für mich nicht nachvollziehbar, warum es urplötzlich zu einer Kürzung meines Fahrtkostenzuschusses gekommen ist, obwohl ich den Fahrtkostenzuschuss in der alten Form seit einigen Jahren bezogen habe."

Anschließend führte der Beschwerdeführer in der Berufung aus, dass er § 20b GehG im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz für bedenklich halte.

Die belangte Behörde wies die Berufung mit dem angefochtenen Bescheid als unzulässig zurück. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, die Berufung bezeichne zwar den Bescheid, gegen den sie sich richte, enthalte jedoch keinen begründeten Berufungsantrag. Der Mangel eines begründeten Berufungsantrages könne, vorbehaltlich des § 61 Abs. 5 AVG, weil im § 63 Abs. 3 AVG ein solcher Antrag als ein wesentlicher sachlicher Bestandteil jeder Berufung vorgeschrieben sei, nicht als ein Formgebrechen im Sinn des § 13 Abs. 3 AVG angesehen werden, welches auf dem dort vorgesehenen Wege nachträglich behoben werden könnte. Anbringen, die diesen Mangel aufwiesen, fehle der Charakter einer dem Gesetz entsprechenden Berufung. Die Berufung müsse daher ohne weiteres Verfahren gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig zurückgewiesen werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 63 Abs. 3 AVG hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag enthalten.

Bis zur Neuregelung des AVG durch die Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 stellte das Fehlen eines begründeten Berufungsantrags einen nicht behebbaren, zur Zurückweisung einer Berufung führenden Mangel dar. Durch die mit 1. Jänner 1999 in Kraft getretene Novellierung erhielt § 13 Abs. 3 AVG eine neue Fassung. Nach dieser ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht. § 13 Abs. 3 AVG in der neuen Fassung stellt im Gegensatz bis zur bis dahin geltenden Rechtslage nicht mehr auf Formgebrechen ab, sondern ganz allgemein auf "Mängel". Damit sind auch solche Mängel, die bisher zur Zurückweisung zu führen hatten, wie etwa das Fehlen eines begründeten Berufungsantrages, einer Verbesserung zuzuführen. Fehlt ein begründender Berufungsantrag, ist die Berufung nach § 13 Abs. 3 AVG zur Verbesserung zurückzustellen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2000, Zl. 2000/10/0154, mwN).

Selbst wenn man daher im vorliegenden Fall vom Fehlen eines begründeten Berufungsantrages ausginge, berechtigte dies die Behörde nicht zur Zurückweisung der Berufung ohne vorhergehenden Verbesserungsauftrag.

Im Übrigen liegt aber ohnehin ein begründeter Berufungsantrag im Sinne des § 63 Abs. 3 AVG vor. Aus dem Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers ist erkennbar, was er erreichen wollte, nämlich den Entfall der Neufestsetzung seines Fahrtkostenzuschusses. Es ist aber auch (gerade noch) erkennbar, womit er seinen Standpunkt, diese Neufestsetzung habe zu entfallen, stützen zu können glaubt, nämlich damit, dass es zu keiner Änderung der maßgeblichen Rechtslage gekommen sei. Ob diese dem Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers zugrunde liegende Auffassung richtig oder unrichtig ist, mag sich auf die Erfolgsaussichten der Berufung auswirken, hindert aber nicht das Vorliegen eines begründeten Berufungsantrages. Das Erfordernis eines solchen ist nicht gleichzusetzen mit einem "richtigen" Berufungsvorbringen (vgl. auch hiezu das bereits erwähnte hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2000 sowie das hg. Erkenntnis vom 21. Juni 2001, Zl. 99/20/0462).

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501.

Wien, am 19. November 2002

Schlagworte

Allgemein Verbesserungsauftrag Bejahung Berufungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002120155.X00

Im RIS seit

05.03.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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