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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art7 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde der R in W, vertreten durch Riedl & Ringhofer, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 25. Juli 1997, Zl. MA 2/215/96, betreffend Karenzurlaubsgeld bei Teilzeitbeschäftigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Das Land Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin steht als Hauptschullehrerin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Wien. Nach der Geburt einer Tochter am 21. Februar 1994 wurde ihr auf Grund ihres Antrages mit Bescheid des Stadtschulrates für Wien vom 31. März 1994 gemäß § 15c des Mutterschutzgesetzes 1979 (MSchG) ein Karenzurlaub vom 4. Mai 1994 bis zum 21. Februar 1996 gewährt.
Mit Schreiben vom 28. Februar 1995 beantragte die Beschwerdeführerin beim Stadtschulrat für Wien (im Folgenden: Stadtschulrat) die (nachträgliche) Bewilligung einer Teilzeitbeschäftigung bis zum dritten Geburtstag ihres Kindes. Dies erfolge aus finanziellen Gründen entgegen ihrer ursprünglichen Absicht, zwei volle Karenzjahre in Anspruch zu nehmen. Nach Rücksprache mit dem Stadtschulrat änderte die Beschwerdeführerin diesen Antrag handschriftlich und beantragte nunmehr die Beendigung des Karenzurlaubes mit 30. April 1995 sowie die Bewilligung einer Herabsetzung der Lehrverpflichtung auf die Hälfte gemäß § 44b Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 (LDG 1984).
Mit Bescheid vom 27. April 1995 setzte der Stadtschulrat die Lehrverpflichtung der Beschwerdeführerin gemäß § 44b LDG 1984 für die Zeit vom 1. Mai 1995 bis zum 31. August 1996 auf die Hälfte herab.
Mit Schreiben vom 27. Dezember 1995 forderte die Beschwerdeführerin den Stadtschulrat zur Nachzahlung bzw. aliquoten laufenden Auszahlung von vermindertem Karenzurlaubsgeld auf. Sie brachte vor, entgegen den Auskünften des Stadtschulrates bestehe ein Anspruch auf vermindertes Karenzurlaubsgeld bei Teilzeitbeschäftigung, dies gehe aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 30. Juni 1993, B 1579/92, hervor.
Mit Dienstrechtsmandat vom 2. Februar 1996 gab der Stadtschulrat dem Antrag vom 27. Dezember 1995 auf Gewährung eines Karenzurlaubsgeldes im halben Ausmaß gemäß § 11c des Karenzurlaubsgeldgesetzes 1974 (in der Folge: KUG), BGBl. Nr. 395, iVm § 9 Abs. 1 DVG keine Folge, weil die Beschwerdeführerin nicht in Teilzeitbeschäftigung gemäß § 15c MSchG stehe.
In ihrer Vorstellung vom 6. März 1996 führte die Beschwerdeführerin aus, die Inanspruchnahme einer Teilzeitbeschäftigung gemäß LDG 1984 stelle eine Teilzeitbeschäftigung nach einer anderen gleichartigen österreichischen "Mutterschutzvorschrift" im Sinn des § 11c Abs. 2 KUG dar, es sei ihr daher Karenzurlaubsgeld im halben Ausmaß nach § 11c Abs. 2 KUG zuzuerkennen.
Mit Bescheid vom 9. Mai 1996 gab der Stadtschulrat dem Antrag der Beschwerdeführerin vom 27. Dezember 1995 auf Gewährung eines Karenzurlaubsgeldes im halben Ausmaß gemäß § 12 Abs. 2 KUG keine Folge. Er vertrat die Ansicht, aus der Zitierung der Inanspruchnahme von Teilzeitbeschäftigungen nach dem Mutterschutzgesetz und dem Karenzurlaubsgesetz gehe hervor, dass unter "gleichartigen österreichischen Rechtsvorschriften" jedenfalls solche Vorschriften zu verstehen seien, die mutterschutzrechtliche und nicht sonstige Bestimmungen über Teilzeit enthielten. Solche gleichartigen mutterschutzrechtlichen oder dem Elternkarenzurlaubsgeld vergleichbare Regelungen seien z. B. das Landarbeitergesetz oder Landesgesetze wie z. B. die Wiener Dienstordnung, LGBl. Nr. 56/1994, für die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zu einem Land stehenden Personen. § 44b LDG 1984 enthalte hingegen keinerlei mutterschutzrechtliche Bestimmungen, weshalb dem Antrag nicht Folge zu geben gewesen sei.
In ihrer Berufung brachte die (nunmehr gewerkschaftlich vertretene) Beschwerdeführerin vor, der Geltungsbereich von Landesgesetzen wie der Wiener Dienstordnung stimme nicht mit dem Geltungsbereich des Karenzurlaubsgesetzes überein. Die Wiener Dienstordnung regle Teilzeitbestimmungen für Personen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zu einem Land stünden, während der Anwendungsbereich des Karenzurlaubsgesetzes gemäß § 1 KUG sich auf Dienstnehmerinnen erstrecke, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund oder in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zu einem Land stünden. Derartige Landesgesetze könne also das Karenzurlaubsgeldgesetz mit dem Begriff "gleichartige österreichische Rechtsvorschrift" nicht meinen. Auch eine Überschneidung der Anwendungsbereiche des Landarbeitergesetzes und des Karenzurlaubsgeldgesetzes sei (generell) fraglich.
Das MSchG bestehe grob gesprochen aus zwei großen Teilbereichen, nämlich einerseits den Schutzbestimmungen für werdende und stillende Mütter und andererseits der Einräumung von Karenzurlaub und Teilzeitmöglichkeiten für Mütter. Auch wenn im MSchG sowohl Schutzbestimmungen als auch Karenzmöglichkeiten geregelt seien, könne unter dem Begriff "mutterschutzrechtliche Bestimmungen" wohl nur der erste Teil des MSchG verstanden werden. Sonst würde nämlich auch das EKUG, welches quasi den zweiten Teil des MSchG - hier aber für Väter - regle, keine derartige "mutterschutzrechtliche Bestimmung" sein. Es sei daher davon auszugehen, dass § 11c Abs. 2 (jetzt § 12 Abs. 2) KUG auf jene Regelungen abstelle, welche Eltern die Möglichkeit einer Teilzeitbeschäftigung zur Betreuung ihrer Kleinkinder einräume. Nun regelten § 15c MSchG, § 8 EKUG und auch § 44b LDG 1984 die Möglichkeit einer Gewährung von Teilzeitbeschäftigung zur Betreuung von Kleinkindern. Diese Teilzeitbeschäftigung solle den Eltern durch die Gewährung von Karenzurlaubsgeld im Falle des § 11c Abs. 2 (jetzt § 12 Abs. 2) KUG bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes erleichtert werden. Ein Elternteil, dem eine Teilzeitbeschäftigung nach § 15c MSchG oder gemäß § 8 EKUG gewährt worden sei, arbeite ebenso im halben Ausmaß wie Eltern, denen eine Teilzeitbeschäftigung gemäß § 44b LDG 1984 gewährt worden sei. Alle diese Eltern hätten die Teilzeitbeschäftigung nur aus dem Grund der Kinderbetreuung gewährt bekommen. Auch wenn nun die Gewährung von Teilzeitbeschäftigung gemäß § 44b LDG 1984 ursprünglich nur im Anschluss an einen Karenzurlaub vom Gesetzgeber vorgesehen gewesen sei, so sei diese Bestimmung heute auch auf Eltern von noch jüngeren Kindern anwendbar. Gemeinsam sei all diesen Bestimmungen (§ 15c MSchG, § 8 EKUG, § 50 BDG und § 44b LDG 1984), dass Eltern teilweise Freizeit zur Kinderbetreuung gewährt werde. Es ergebe sich daher zwingend, dass der Gesetzgeber unter dem Begriff " gleichartige österreichische Rechtsvorschrift" auch die Bestimmung des § 44b LDG 1984 subsumiert haben wolle.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 25. Juli 1997 wies die belangte Behörde diese Berufung als unbegründet ab. Sie führte begründend aus, es stehe fest, dass die Beschwerdeführerin in der Zeit vom 1. Mai 1995 bis zum 31. August 1996 keine Teilzeitbeschäftigung nach § 15c MSchG oder § 8 EKUG, sondern vielmehr eine Herabsetzung der Lehrverpflichtung auf die Hälfte gemäß § 44b LDG 1984 in Anspruch genommen habe. Zu klären sei in diesem Zusammenhang ausschließlich, ob § 44b LDG 1984 als "gleichartige österreichische Rechtsvorschrift" (im Sinne des § 12 Abs. 2 KUG) anzusehen sei. Welche anderen Bestimmungen sonst noch als gleichartige Rechtsvorschriften gelten, sei im Anlassfall rechtlich ohne Bedeutung.
Nach Wiedergabe des § 15c MSchG führte die belangte Behörde weiter aus, § 8 EKUG regle die Teilzeitbeschäftigung des Vaters, deren Beginn und Beschäftigungsausmaß gleich geregelt seien wie in § 15c Abs. 4 MSchG. Hingegen sei dem § 44b LDG 1984 sowohl ein vorgeschriebener Beginn als auch ein frei gestaltbares Arbeitsausmaß fremd. Die Herabsetzung der Lehrverpflichtung zwischen dem vollendeten ersten Lebensjahr und dem Beginn der Schulpflicht des Kindes könne - zeitgerechte Antragstellung vorausgesetzt - zu jedem beliebigem Zeitpunkt beginnen. Wie schon in der Bezeichnung zum Ausdruck komme, könne gemäß § 44b LDG 1984 die Lehrverpflichtung bloß auf die Hälfte herabgesetzt werden, ein darüber hinausgehendes Gestaltungsrecht hinsichtlich des Beschäftigungsausmaßes bestünde nicht. § 44b LDG 1984 sei somit keine gleichartige österreichische Rechtsvorschrift im Sinne des § 12 Abs. 2 KUG.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Karenzurlaubsgeld bei Teilzeitbeschäftigung nach §§ 11 ff KUG durch unrichtige Anwendung dieser Bestimmungen, insbesondere des nunmehrigen § 12 Abs. 2 und des früheren § 11c Abs. 2 leg. cit. verletzt.
Sie bringt vor, die Ansicht der belangten Behörde, es läge ein Widerspruch zwischen § 15c MSchG und § 44b LDG 1984 bezüglich des Ausmaßes der Arbeitszeitreduzierung vor, sei verfehlt. Gemäß § 23 Abs. 4 Z 1 MSchG komme auch bei Landeslehrern eine Reduzierung um bloß zwei Fünftel nicht in Betracht, sondern von vornherein nur eine - wie auch in ihrem Fall - Reduzierung um die Hälfte. Somit sei nicht nur § 44b LDG 1984, sondern auch dem MSchG in Bezug auf (u.a.) Landeslehrer "ein frei gestaltbares Arbeitsausmaß fremd". Richtig sei, dass § 44b LDG 1984 anders als § 15c MSchG nicht an Vollkarenzurlaube nach dem MSchG anknüpfe und auch keine Befristung in Verbindung mit dem Ende der Schutzfrist nach § 5 MSchG nenne. Hier sei jedoch der Regelungszweck und dessen Bedeutung für den gegenständlichen Zusammenhang zu beachten: das Mutterschutzgesetz gelte grundsätzlich für alle Dienstverhältnisse und regle demgemäß den Interessenausgleich zwischen Dienstnehmerinnen und Dienstgebern danach, was der Gesetzgeber allen Dienstgebern als zumutbar angesehen habe. Wenn der Dienstgeber selbst oder der Gesetzgeber für bestimmte Dienstverhältnisse eine aus der Sicht der Dienstnehmerinnen großzügigere Regelung treffe, könne dies kein Grund dafür sein, die Gleichartigkeit einer solchen Regelung mit jener des § 15c MSchG oder des § 8 EKUG in Frage zu stellen.
Im Übrigen verschweige die belangte Behörde die entscheidende Übereinstimmung zwischen beiden Normen. Nicht nur nach dem MSchG sei die Ermöglichung der intensiveren Kindespflege der tragende Gesichtspunkt; auch nach § 44b LDG 1984 sei die Kindespflege Voraussetzung für die Herabsetzung der Lehrverpflichtung auf die Hälfte. Die volle Übereinstimmung sei auch dadurch gesichert, dass zu den Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 12 KUG ganz bestimmte Anforderungen in Bezug auf das Kindesalter gehörten.
Die Beschwerdeführerin macht einen zeitraumbezogenen Anspruch - und zwar betreffend die Zeit der Herabsetzung ihrer Lehrverpflichtung vom 1. Mai 1995 bis 31. August 1996 - geltend.
Die Rechtsgrundlage zur Beurteilung dieses Anspruches ist:
a) vom 1. Mai 1995 bis 30. Juni 1996: § 11c Abs. 2 erster Satz KUG idF der Novelle BGBl. Nr. 277/1991, für den Zeitraum vom 1. Jänner bis 30. Juni 1996 auf Grund von Art. VI Z. 6 der Novelle BGBl. Nr. 820/1995, und
b) vom 1. Juli bis 31. August 1996: § 12 Abs. 2 erster Satz KUG idF des Art. 16 Z. 12 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. I Nr. 201.
§ 11c Abs. 2 erster Satz KUG idF BGBl. I Nr. 277/1991 lautet:
"(2) Nimmt jeweils nur ein Elternteil nach dem Ablauf des ersten Lebensjahres des Kindes eine Teilzeitbeschäftigung nach § 15c MSchG oder § 8 EKUG oder nach einer anderen gleichartigen österreichischen Rechtsvorschrift in Anspruch, so gebührt diesem, wenn dieses Bundesgesetz auf ihn anzuwenden ist, auf Antrag das Karenzurlaubsgeld für die Dauer der Teilzeitbeschäftigung höchstens bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes.
..."
§ 12 Abs. 2 erster Satz KUG id vorgenannten Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996 BGBl. I Nr. 201/1996 lautet:
"(2) Nimmt jeweils nur ein Elternteil nach dem Ablauf des ersten Lebensjahres des Kindes eine Teilzeitbeschäftigung gemäß § 15c MSchG oder § 8 EKUG oder nach einer anderen gleichartigen österreichischen Rechtsvorschrift in Anspruch, so gebührt diesem, wenn dieses Bundesgesetz auf ihn anzuwenden ist, auf Antrag das Karenzurlaubsgeld für die Dauer der Teilzeitbeschäftigung höchstens bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres. ..."
Der bis 30. Juni 1991 idF des Karenzurlaubserweiterungsgesetzes BGBl. Nr. 408/1990 in Geltung stehende § 11c Abs. 2 erster Satz KUG lautete:
"(2) Nimmt jeweils nur ein Elternteil nach dem Ablauf des ersten Lebensjahres des Kindes eine Teilzeitbeschäftigung nach § 15c MSchG oder § 8 EKUG oder nach § 50b Abs. 1 und 3 bis 5 BDG 1979, BGBl. Nr. 333, oder nach einer anderen gleichartigen österreichischen Rechtsvorschrift in Anspruch, so gebührt diesem auf Antrag das Karenzurlaubsgeld für die Dauer der Teilzeitbeschäftigung (Herabsetzung der Wochendienstzeit auf die Hälfte) höchstens bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes. ..."
Im Bericht des Ausschusses für soziale Verwaltung (GP XVII AB 1410, S. 1 u. 2) wurde der Gesetzesantrag vom 7. Juni 1990 von den namentlich genannten Abgeordneten im Allgemeinen Teil der Erläuterungen wir folgt begründet:
"Dieser Entwurf beinhaltet den von den Regierungsparteien vereinbarten zweiten Teil des Familienpaketes. Er enthält die Verlängerung des Karenzurlaubes auf zwei Jahre sowie die Möglichkeit für beide Elternteile, im zweiten Lebensjahr des Kindes Teilzeitbeschäftigung in Anspruch zu nehmen, oder für einen Elternteil bis zum dritten Geburtstag des Kindes ...
...
An Stelle eines zweiten Karenzjahres steht es den Eltern frei, Teilzeitbeschäftigung in Anspruch zu nehmen. ... Während der Teilzeitbeschäftigung besteht Anspruch auf Teilkarenzurlaubsgeld maximal in der halben Höhe des Karenzurlaubsgeldes. ..."
§ 15c Abs. 1 bis 6 des Mutterschutzgesetzes 1979, BGBl. Nr. 221 (in der Folge: MSchG) lautet (Abs. 1 idF des Karenzurlaubserweiterungsgesetzes vom 29. Juni 1990, BGBl. Nr. 408/1990, Abs. 2 bis 5 idF des Arbeitsrechtlichen Begleitgesetzes - ArbBG, BGBl. Nr. 833/1992, und Abs. 6 idF des Bundesgesetzes, BGBl. Nr. 434/1995):
"Teilzeitbeschäftigung
§ 15c (1) Teilzeitbeschäftigung, ihr Beginn, ihre Dauer, ihr Ausmaß und ihre Lage sind zwischen Dienstgeber und Dienstnehmerin zu vereinbaren. In Betrieben, in denen ein für die Dienstnehmerin zuständiger Betriebsrat errichtet ist, ist dieser auf Verlangen der Dienstnehmerin den Verhandlungen beizuziehen.
(2) Die Dienstnehmerin kann die Herabsetzung ihrer Arbeitszeit um mindestens zwei Fünftel ihrer gesetzlichen oder in einem Kollektivvertrag festgesetzten wöchentlichen Normalarbeitszeit oder der vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit bis zum Ende des vierten Lebensjahres des Kindes in Anspruch nehmen, wenn im ersten und zweiten Lebensjahr des Kindes kein Karenzurlaub in Anspruch genommen wird. Nimmt gleichzeitig auch der Vater eine Teilzeitbeschäftigung im Anschluss an die Frist gemäß § 5 Abs. 1 in Anspruch, besteht Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung nur bis zum Ablauf des zweiten Lebensjahres des Kindes.
(3) Wird nur im ersten Lebensjahr des Kindes ein Karenzurlaub nach diesem Bundesgesetz, dem EKUG oder gleichartigen österreichischen Rechtsvorschriften in Anspruch genommen, hat die Dienstnehmerin Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung
1. bis zum Ablauf des zweiten Lebensjahres des Kindes, wenn gleichzeitig auch der Vater eine Teilzeitbeschäftigung in Anspruch nimmt;
2. bis zum Ablauf des dritten Lebensjahres des Kindes, wenn entweder nur die Dienstnehmerin oder beide Eltern abwechselnd eine Teilzeitbeschäftigung in Anspruch nehmen.
(4) Die Teilzeitbeschäftigung kann nur einmal zwischen den Eltern geteilt werden. Sie muss mindestens drei Monate dauern und beginnt entweder
1.
im Anschluss an die Frist gemäß § 5 Abs. 1 und 2 oder
2.
einen daran anschließenden Gebührenurlaub oder eine Dienstverhinderung wegen Krankheit (Unglücksfall) oder
3. im Anschluss an einen Karenzurlaub im ersten Lebensjahr des Kindes nach diesem Bundesgesetz, dem EKUG oder anderen österreichischen Rechtsvorschriften oder
4. im Anschluss an eine Teilzeitbeschäftigung des Vaters.
(5) Erfolgt die Annahme an Kindes statt oder die Übernahme in unentgeltliche Pflege (§ 15 Abs. 6) im ersten, zweiten, dritten oder vierten Lebensjahr des Kindes, kann die Dienstnehmerin
1. eine Teilzeitbeschäftigung bis zum Ablauf des vierten Lebensjahres in Anspruch nehmen, wenn von ihr oder dem Vater im ersten und zweiten Lebensjahr des Kindes kein Karenzurlaub in Anspruch genommen wird, oder
2. eine Teilzeitbeschäftigung bis zum Ablauf des dritten Lebensjahres des Kindes in Anspruch nehmen, wenn im zweiten Lebensjahr des Kindes von ihr oder dem Vater weder Karenzurlaub noch von beiden gleichzeitig Teilzeitbeschäftigung in Anspruch genommen wird oder
3. eine Teilzeitbeschäftigung gleichzeitig mit dem Vater bis zum Ablauf des zweiten Lebensjahres des Kindes in Anspruch nehmen.
(6) Die Dienstnehmerin hat ihrem Dienstgeber die Absicht, Teilzeitbeschäftigung in Anspruch zu nehmen und deren Dauer, Ausmaß und Lage
1. bei Inanspruchnahme durch die Dienstnehmerin im zweiten oder dritten Lebensjahr des Kindes spätestens bis zum Ende der Frist nach § 5 Abs. 1,
2. bei Inanspruchnahme im ersten Lebensjahr des Kindes, bei Teilung der Teilzeitbeschäftigung mit dem Vater und bei gleichzeitiger Inanspruchnahme der Teilzeitbeschäftigung beider Elternteile spätestens vier Wochen nach der Entbindung,
3. bei Annahme an Kindes statt oder Übernahme in unentgeltliche Pflege (§ 15 Abs. 6) unverzüglich
bekannt zu geben und dem Dienstgeber nachzuweisen, dass der Vater keinen Karenzurlaub in Anspruch nimmt. Lehnt der Dienstgeber die begehrte Teilzeitbeschäftigung innerhalb von zwei Wochen nach der Meldung ab, so hat die Dienstnehmerin bis zum Ende der Schutzfrist, in den Fällen der Z 1 und 3 binnen weiteren zwei Wochen bekannt zu geben, ob sie an Stelle der Teilzeitbeschäftigung einen Karenzurlaub in Anspruch nehmen will."
§ 8 Abs. 1 bis 6 des Eltern-Karenzurlaubsgesetzes - EKUG, BGBl. Nr. 651/1989, (Abs. 1 idF des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 408/1990 und Abs. 2 bis 6 idF des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 833/1992) enthält die für männliche Arbeitnehmer dem § 15c MSchG inhaltsgleiche Bestimmung.
§ 44b des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 302 (in der Folge: LDG 1984) idF des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 277/1991 lautet, soweit dem für den Beschwerdefall Bedeutung zukommt:
"§ 44b. (1) Die Lehrverpflichtung des vollbeschäftigten Landeslehrers ist auf seinen Antrag zur Pflege
1.
eines eigenen Kindes,
2.
eines Wahl- oder Pflegekindes oder
3.
eines sonstigen Kindes, das dem Haushalt des Landeslehrers angehört und für dessen Unterhalt überwiegend er und (oder) sein Ehegatte aufkommt,
auf die Hälfte herabzusetzen.
(2) Die Lehrverpflichtung darf aus diesem Anlass - ausgenommen im Falle des § 44e Abs. 3 - nur auf die Dauer eines Jahres oder des Vielfachen eines Jahres oder bis zum Schuleintritt des Kindes herabgesetzt werden. Die Herabsetzung nach Abs. 1 endet spätestens mit dem Schuleintritt des Kindes.
(3) Diese Herabsetzung der Lehrverpflichtung ist nur zulässig, wenn
1. das Kind das erste Lebensjahr vollendet hat und noch nicht schulpflichtig ist,
2.
das Kind dem Haushalt des Landeslehrers angehört und
3.
der Landeslehrer das Kind überwiegend selbst betreuen will.
(4) Der Landeslehrer hat den Antrag auf Herabsetzung der Lehrverpflichtung spätestens zwei Monate vor dem gewollten Wirksamkeitsbeginn zu stellen.
(5) ..."
§ 23 Abs. 4 Z 1 und Abs. 5 MSchG, idF BGBl. 277/1991 lautet (auszugsweise):
"(4) § 15c Abs. 1, 7 und 10 letzter Satz ist auf Bundesbeamte, Landeslehrer (§ 1 LDG 1984) und Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer (§ 1 LLDG 1985) nicht anzuwenden. Die übrigen Bestimmungen des § 15c sind auf diese Beamten mit folgenden Abweichungen anzuwenden:
1. Eine Teilzeitbeschäftigung ist nur im Ausmaß der halben regelmäßigen Wochendienstzeit (Lehrverpflichtung) zulässig."
2. ...
(5) Lassen bei den im Abs. 4 angeführten Beamten die besonderen Umstände des Dienstes eine genaue Einhaltung der halben Wochendienstzeit (Lehrverpflichtung) nicht zu, so kann sie soweit überschritten werden, als es nötig ist, um ihre Unterschreitung zu vermeiden. ..."
In den Erläuterungen (RV Blg. 101 NR 18. GP, S. 21) zu diesem Bundesgesetz, mit dem u.a. das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz (Einfügung des § 44b LDG 1984), das Mutterschutzgesetz 1979 (Änderung des § 23 MSchG) sowie das Karenzurlaubsgeldgesetz geändert wurden, wurde u.a. Folgendes, soweit für den Beschwerdefall relevant, ausgeführt (Unterstreichungen nicht im Original):
" ... Der Entwurf sieht vor, dass die Regelungen des § 15c MSchG und des § 8 EKUG über die Teilzeitbeschäftigung auch auf Bundesbeamte und beamtete Landeslehrer unmittelbar - wenn auch mit den sachlich erforderlichen Anpassungen - anzuwenden sind.
Schon auf Grund der bisherigen Regelung hätten Bundesbeamte und beamtete Landeslehrer für die Zeit ab dem 1. Juli 1991 bei einer entsprechenden Herabsetzung der Wochendienstzeit auf die Hälfte die Möglichkeit gehabt, das halbe Karenzurlaubsgeld in Anspruch zu nehmen. Mit der Neuregelung wird ihnen nicht nur die Möglichkeit der Inanspruchnahme des halben Karenzurlaubsgeldes gewahrt, sondern auch der Kündigungsschutz des MSchG und des EKUG auf sie anwendbar, was für Beamte von Bedeutung ist, die sich im provisorischen Dienstverhältnis befinden. ..."
Im Beschwerdefall ist die Frage strittig, ob die Beschwerdeführerin mit der Herabsetzung ihrer Lehrverpflichtung nach § 44b LDG 1984 eine Teilzeitbeschäftigung nach einer anderen gleichartigen österreichischen Rechtsvorschrift im Sinne des § 12 Abs. 2 erster Satz KUG in Anspruch genommen hat, wobei ihr bei Bejahung dieser Frage ein Anspruch auf Teilkarenzurlaubsgeld zustünde.
Die belangte Behörde steht auf dem Standpunkt, im Vergleich mit § 15c MSchG und § 8 EKUG sei § 44b LDG 1984 deshalb nicht im vorgenannten Sinne gleichartig, weil § 44b LDG 1984 sowohl ein vorgeschriebener Beginn als auch ein frei gestaltbares Arbeitsausmaß fremd sei, die Herabsetzung der Lehrverpflichtung zwischen dem vollendeten ersten Lebensjahr und der Beginn der Schulpflicht des Kindes - zeitgerechte Antragstellung vorausgesetzt - zu jedem beliebigem Zeitpunkt beginnen und die Lehrverpflichtung bloß auf die Hälfte herabgesetzt werden könne, ein darüber hinausgehendes Gestaltungsrecht hinsichtlich des Beschäftigungsausmaßes aber nicht bestehe.
Der Verfassungsgerichtsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 30. Juni 1993, Slg. Nr. 13 486, zu der mit § 11c Abs. 2 erster Satz KUG idF BGBl. Nr. 408/1990 wortidenten Bestimmung des § 31a Abs. 3 erster Satz des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 - AlVG, BGBl. Nr. 609, gleichfalls idF BGBl. 408/1990, folgende Aussagen getroffen:
"Auf den ersten Blick scheint es zwar, dass § 31a AlVG, wenn er in Abs. 3 von einer "Teilzeitbeschäftigung gemäß §15c des Mutterschutzgesetzes ..." spricht, in dieser Frage an die Regelung des arbeitsrechtlichen Anspruches auf Teilzeitbeschäftigung anknüpft. Ob er mit dieser Wortfolge allerdings tatsächlich alle in § 15c MSchG enthaltenen Tatbestandsmerkmale meint, die in ihrer Summe den arbeitsrechtlichen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung begründen, ist zweifelhaft. Die Materialien geben dazu keinen Hinweis. Dass eine "Teilzeitbeschäftigung gemäß § 15c des Mutterschutzgesetzes" im Sinne des § 31a AlVG etwa erst dann vorläge, wenn sie durch Klage nach § 15c Abs. 7 erzwungen ist, lässt sich ausschließen. Grundlegend ist nämlich die Vorschrift des § 15c Abs. 1 MSchG, wonach die Teilzeitbeschäftigung, ihr Beginn, ihre Dauer, ihr Ausmaß und ihre Lage zwischen Dienstgeber und Dienstnehmerin zu vereinbaren sind. Eine "Teilzeitbeschäftigung gemäß § 15c des Mutterschutzgesetzes ..."
liegt also vor, wenn sie gemäß dieser Gesetzesstelle vereinbart ist."
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 29. März 2000, Zl. 97/08/0567, unter Bezugnahme auf dieses Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, ausgeführt, dass die insgesamt schwer überschaubaren Voraussetzungen, die der Gesetzgeber in § 31a AlVG für das Karenzurlaubsgeld bei Teilzeitbeschäftigung vorgesehen hat, gerade in Bezug auf Einzelheiten der Anknüpfung an den arbeitsrechtlichen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung nicht in jedem Punkt wörtlich genommen werden dürfen, wenn ein gleichheitswidriges Ergebnis vermieden werden soll.
Auch bei der hier strittigen Frage, ob § 44b LDG 1984 eine "gleichartige österreichische Rechtsvorschrift" im Sinn des § 12 Abs. 2 Satz 1 KUG ist, kommt es nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nicht darauf an, ob § 44b LDG 1984 eine inhaltlich (nahezu) gleich lautende Regelung der Teilzeitbeschäftigung wie in § 15c MSchG bzw. des § 8 EKUG enthält. Entscheidend ist vielmehr die Möglichkeit einer Teilzeitbeschäftigung unter typischerweise gleichen Voraussetzungen:
Der Gesetzgeber des Karenzurlaubserweiterungsgesetzes BGBl. I Nr. 408/1990, hat mit der Schaffung des § 11c Abs. 2 KUG es beiden Elternteilen nach Ablauf des ersten Lebensjahres des Kindes ermöglicht, Teilzeitbeschäftigung (und Teilkarenzurlaubsgeld) in Anspruch zu nehmen, und zwar entweder beiden Elternteilen gleichzeitig bis zum zweiten Geburtstag des Kindes oder einem Elternteil bis zum dritten Geburtstag des Kindes. Auch nach § 44b LDG 1984 besteht die Möglichkeit der Teilzeitbeschäftigung für den vollbeschäftigten Landeslehrer unter diesen Voraussetzungen. Zunächst ist nach § 44b Abs. 3 Z 1 LDG 1984 die Herabsetzung der Lehrverpflichtung des vollbeschäftigten Landeslehrers nur zulässig, wenn das Kind das erste Lebensjahr vollendet hat. Weiters ist die Lehrverpflichtung des vollbeschäftigten Landeslehrers auf seinen Antrag gemäß § 44b Abs. 1 LDG 1984 ausschließlich zur Pflege eines Kindes (auf die Hälfte) herabzusetzen. Schließlich ist auch der Zeitraum des Bezuges des teilweisen Karenzurlaubsgeldes bereits durch § 11c Abs. 2 erster Satz (bzw. § 12 Abs. 2 Satz 1 ) KUG zeitlich eingegrenzt (bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes bzw. ab 1. Juli 1996 bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres des Kindes mit der Möglichkeit der Ausdehnung bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes unter bestimmten im Strukturanpassungsgesetz 1996 näher definierten Voraussetzungen). Dass einerseits die Teilzeitbeschäftigung des Landeslehrers, soweit § 15c MSchG anzuwenden ist, auf Grund ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung (§ 23 Abs. 4 Z. 1 MSchG) grundsätzlich nur im Ausmaß der halben Lehrverpflichtung zulässig ist (ein davon abweichendes Ausmaß im gegebenen Zusammenhang nicht vereinbart werden darf, die Regelung demnach enger ist als § 15c MSchG und § 8 EKUG) und andererseits § 44 LDG 1984 die Möglichkeit der Herabsetzung der Lehrverpflichtung zur Betreuung eines Kindes bei zeitgerechter Antragstellung auch für Zeiträume vorsieht, die über § 11c Abs. 2 erster Satz bzw. § 12 Abs. 2 erster Satz KUG hinausgehen (und in denen ein Bezug von (Teil-)Karenzurlaubsgeld ohnehin nicht in Frage kommt), nimmt dieser Norm nicht den Charakter der Gleichartigkeit.
Indem die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhalts, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Die Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG war mit dem Betrag von EUR 181,68 zuzusprechen.
Wien, am 19. November 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1997120314.X00Im RIS seit
05.03.2003Zuletzt aktualisiert am
22.09.2008