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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §39a Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde des JL in L, vertreten durch Dr. Kristina Köck, Rechtsanwalt in 2136 Laa an der Thaya, Stadtplatz 52, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 16. Juli 2002, Zl. Fr 5104/02, betreffend den Ersatz von Barauslagen (Dolmetscherkosten), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach vom 14. Jänner 2002 wurde der Beschwerdeführer - gestützt auf § 76 Abs. 1, 2 und 3 AVG - verpflichtet, den Betrag von EUR 34,52 (ATS 475,--) an Dolmetschgebühren "zur Einzahlung zu bringen". Anlässlich einer Kontrolle am 31. Juli 2001 sei festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer den slowakischen Staatsbürger M. S., ohne dass für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt worden sei, sohin entgegen § 3 Abs. 1 AuslBG beschäftigt habe. Über den angeführten Fremden sei (daher) mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach vom 31. Juli 2001 - nach der Aktenlage ein auf § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z 8 FrG gestütztes - Aufenthaltsverbot erlassen worden. "Hiebei" seien Dolmetschgebühren in der Gesamthöhe von EUR 69,04 (ATS 950,--) "angefallen", von denen auf den Beschwerdeführer die Hälfte, somit EUR 34,52 (ATS 475,--) "fällt", weil er diese Amtshandlung auf Grund seines Verhaltens, welches zur Erlassung des genannten Bescheides (gemeint: des Aufenthaltsverbotes) geführt habe, schuldhaft herbeigeführt habe.
Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. In der rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde zusammenfassend aus, es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer den erwähnten slowakischen Staatsangehörigen illegal beschäftigt habe und somit die Amtshandlung gegen diesen im Sinne des § 76 Abs. 2 AVG schuldhaft herbeigeführt habe. Hätte der Beschwerdeführer M. S. nicht illegal beschäftigt, wäre es zu keinem Aufenthaltsverbot gegen diesen gekommen und es wären auch die Dolmetscherkosten im Zuge der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht angefallen. "Insofern" seien dem Beschwerdeführer somit die Hälfte der Dolmetschgebühren "im Sinne des § 76 Abs. 3 AVG entsprechend seinem Verschulden zuzurechnen" und ihm in diesem Ausmaß auch vorzuschreiben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
In der Beschwerde wird vorgebracht, die belangte Behörde habe übersehen, dass der Beschwerdeführer wegen eines angeblichen Verstoßes gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz, sohin wegen einer Verwaltungsübertretung mit erstinstanzlichem Straferkenntnis vom 21. Juni 2002 zu einer Geldstrafe verurteilt worden sei. "Auf Grund dieses aktenkundigen Umstandes" sei auf den gegenständlichen Sachverhalt nicht § 76 AVG, sondern § 64 Abs. 3 VStG anzuwenden. Die dort vorgesehene Auferlegung eines Barauslagenersatzes an den Bestraften setze jedoch die Rechtskraft des Straferkenntnisses voraus, was infolge der rechtzeitig erhobenen Berufung nicht der Fall sei.
Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich zwar, dass sich die von der Dolmetscherin für ihre Tätigkeit bei der Vernehmung des M. S. am 31. Juli 2001 verzeichneten Gebühren (von insgesamt ATS 950,--) zum Teil auch auf dessen Befragung als Zeugen in dem erwähnten Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer beziehen und nur zum anderen Teil das Aufenthaltsverbotsverfahren gegen M. S. betreffen. Ungeachtet dessen haben die Verwaltungsbehörden die gesamten Dolmetscherkosten so behandelt, als wären sie nur im Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen S.M. entstanden, und sie haben die (anteilige) Haftung des Beschwerdeführers hiefür (insoweit folgerichtig) auf § 76 Abs. 1 bis 3 AVG gestützt. Wenn die Beschwerdeausführungen daher die Vorschreibung von Kosten des Strafverfahrens gegen den Beschwerdeführer unterstellen, so geht dies an der Begründung des angefochtenen Bescheides vorbei. Es ist auch vom Verwaltungsgerichtshof somit nur zu prüfen, ob die Vorschreibung dieser Kosten an den Beschwerdeführer auf der Basis der herangezogenen Rechtsgrundlage rechtmäßig ist. Das ist aus folgenden Gründen zu verneinen:
§ 76 Abs. 1 bis 3 AVG in der hier anzuwendenden (geltenden) Fassung BGBl. I Nr. 137/2001 lautet:
§ 76.(1) Erwachsen der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen, so hat dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind, die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Als Barauslagen gelten auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen. Kosten, die der Behörde aus ihrer Verpflichtung nach § 17a erwachsen, sowie die einem Gehörlosendolmetscher zustehenden Gebühren gelten nicht als Barauslagen. Im Falle des § 52 Abs. 3 hat die Partei für die Gebühren, die den nichtamtlichen Sachverständigen zustehen, nur soweit aufzukommen, als sie den von ihr bestimmten Betrag nicht überschreiten.
(2) Wurde jedoch die Amtshandlung durch das Verschulden eines anderen Beteiligten verursacht, so sind die Auslagen von diesem zu tragen. Wurde die Amtshandlung von Amts wegen angeordnet, so belasten die Auslagen den Beteiligten dann, wenn sie durch sein Verschulden herbeigeführt worden sind.
(3) Treffen die Voraussetzung der vorangehenden Absätze auf mehrere Beteiligte zu, so sind die Auslagen auf die einzelnen Beteiligten angemessen zu verteilen."
Die belangte Behörde hat die im Zuge der Vernehmung des S.M. aufgelaufenen Dolmetschgebühren als "Barauslagen" im Sinne des § 76 Abs. 1 zweiter Satz AVG behandelt und diese durch eine von Amts wegen angeordnete Amtshandlung entstandenen Kosten in Anwendung des § 76 Abs. 2 zweiter Satz AVG ausgehend von einem Verschulden des Beschwerdeführers jenem als "Beteiligtem" auferlegt, wobei sie - erkennbar im Hinblick auf die Annahme eines gleichteiligen Mitverschuldens des S.M. - nach § 76 Abs. 3 AVG dem Beschwerdeführer nur die Hälfte dieser Kosten "zum Ersatz vorschrieb".
Aus den Verwaltungsakten ergibt sich nicht, dass der Vernehmung des S.M. am 31. Juli 2001 ein "Amtsdolmetscher" im Sinn des § 39a Abs. 1 AVG beigezogen wurde. Anders als in dem Fall, der dem hg. Erkenntnis vom 13. Oktober 2000, Zl. 98/18/0065, zugrunde lag, kann der Behörde daher dahin beigepflichtet werden, dass die gegenständlichen Dolmetscherkosten als "Barauslagen" im Sinne des § 76 Abs. 1 zweiter Satz AVG anzusehen sind. Die belangte Behörde hat jedoch verkannt, dass (neben der hier nicht in Rede stehenden Haftung der Partei gemäß § 76 Abs. 1 AVG) nach der von der belangten Behörde herangezogenen Bestimmung des § 76 Abs. 2 AVG - Verschulden vorausgesetzt - die Kostenersatzpflicht nur einen "Beteiligten" treffen kann. Der Verwaltungsgerichtshof hatte in seinem Erkenntnis vom 30. September 1998, Zl. 97/02/0103, einen ähnlich gelagerten Fall zu beurteilen, der unter anderem die Vorschreibung der im Schubhaftverfahren des illegal Beschäftigten aufgelaufenen Dolmetschgebühren an den Arbeitgeber betraf. Dazu wurde der Standpunkt vertreten, diesem fehle in Bezug auf das Schubhaftverfahren des betroffenen Fremden die Stellung eines Beteiligten im Sinne des § 8 AVG, sodass eine Kostenvorschreibung gemäß § 76 Abs. 2 und 3 AVG schon aus diesem Grunde nicht in Betracht komme.
Diese Ausführungen gelten auch für den vorliegenden Fall, zumal keine Anhaltspunkte dafür bestehen, den im § 76 Abs. 2 und 3 AVG verwendeten Begriff des "Beteiligten" nicht im Sinne der Legaldefinition des § 8 AVG zu verstehen (vgl. auch Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, Anm. 8 u. 9 zu § 76 AVG; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, Anm. 5 zu 76 AVG). Dem Beschwerdeführer kam aber in Bezug auf das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den - nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid - von ihm illegal beschäftigten Fremden nicht die Stellung als Beteiligter im Sinne des § 8 AVG zu. Die Annahme der belangten Behörde, die Ersatzpflicht für die Dolmetschgebühren auf § 76 Abs. 2 AVG stützen zu können, erweist sich daher als verfehlt.
Zur Vollständigkeit sei erwähnt, dass auch § 103 Abs. 2 FrG (in Verbindung mit § 10 FrG - Durchführungsverordnung 1997), auf den sich die belangte Behörde aber ohnehin nicht gestützt hat, schon seinem Wortlaut nach keine ausreichende Rechtsgrundlage für die Auferlegung einer (teilweisen) Ersatzpflicht in Ansehung der gegenständlichen Dolmetscherkosten gewesen wäre.
Der angefochtene Bescheid war daher aus den dargestellten Erwägungen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.
Wien, am 19. November 2002
Schlagworte
Besondere Rechtsgebiete BeteiligterEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002210160.X00Im RIS seit
05.03.2003