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20 Privatrecht allgemeinNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Zulässigkeit der Individualanträge auf Aufhebung des Verbots der Eizellspende bzw des Verbots der Samenspende bei der In-vitro-Fertilisation; keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die angefochtenen Bestimmungen; kein unverhältnismäßiger Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens; keine Unsachlichkeit der Ungleichbehandlung von homologen und heterologen Formen medizinisch unterstützter Fortpflanzung, insbesondere unter Berücksichtigung des Kindeswohls; keine Verletzung des Rechts auf FamiliengründungSpruch
Der Antrag der Erstantragstellerin auf Aufhebung des §3 Abs1 des Fortpflanzungsmedizingesetzes, BGBl. Nr. 275/1992, wird - außer hinsichtlich der Wendung "und der Samen" - zurückgewiesen.
Der Antrag der Zweitantragstellerin wird zurückgewiesen, soweit er auf Aufhebung des §3 Abs1 des Fortpflanzungsmedizingesetzes, BGBl. Nr. 275/1992, gerichtet ist, außer hinsichtlich der Wendung "die Eizellen und", und soweit er auf Aufhebung des §3 Abs3 des Fortpflanzungsmedizingesetzes gerichtet ist, außer hinsichtlich der Wendung "Eizellen und".
Im übrigen werden die Anträge abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.1. Die Erstantragstellerin begehrt mit ihrem Antrag vom 4. Mai 1998 die Aufhebung der Abs1 und 2 des §3 des Fortpflanzungsmedizingesetzes, BGBl. Nr. 275/1992 (im folgenden: FMedG), in eventu des §3 FMedG, die Zweitantragstellerin begehrt mit ihrem Antrag vom 8. Juni 1998 die Aufhebung der Abs1 und 3 des §3, in eventu des §3 FMedG.
1.2. §3 FMedG lautet wie folgt:
"§3.(1) Für eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung dürfen nur die Eizellen und der Samen der Ehegatten oder Lebensgefährten verwendet werden.
(2) Für die Methode nach §1 Abs2 Z1 darf jedoch der Samen eines Dritten verwendet werden, wenn der des Ehegatten oder Lebensgefährten nicht fortpflanzungsfähig ist.
(3) Eizellen und entwicklungsfähige Zellen dürfen nur bei der Frau verwendet werden, von der sie stammen."
2. Die angefochtene Bestimmung steht in folgendem rechtlichen Zusammenhang:
Gemäß §1 Abs1 FMedG gilt als medizinisch unterstützte Fortpflanzung die Anwendung medizinischer Methoden zur Herbeiführung einer Schwangerschaft auf andere Weise als durch Geschlechtsverkehr.
Diese Methoden werden in §1 Abs2 FMedG aufgezählt. Als Methoden der medizinisch unterstützten Fortpflanzung gelten demnach "insbesondere
1. das Einbringen von Samen in die Geschlechtsorgane einer Frau,
2. die Vereinigung von Eizellen mit Samenzellen außerhalb des Körpers einer Frau,
3. das Einbringen von entwicklungsfähigen Zellen in die Gebärmutter oder den Eileiter einer Frau und
4. das Einbringen von Eizellen oder von Eizellen mit Samen in die Gebärmutter oder den Eileiter einer Frau."
Die §§2 und 3 leg. cit. regeln die Voraussetzungen der Zulässigkeit einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung. Diese ist nur in einer Ehe oder eheähnlichen Lebensgemeinschaft zulässig, wenn nach dem Stand der Wissenschaft und Erfahrung alle anderen möglichen und zumutbaren Behandlungen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft durch Geschlechtsverkehr erfolglos gewesen oder aussichtlos sind.
Gemäß §8 FMedG darf eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung bei Ehegatten nur mit deren schriftlicher Zustimmung, bei Lebensgefährten nur mit Zustimmung in Form eines gerichtlichen Protokolls oder eines Notariatsaktes erfolgen. Bei Verwendung von Samen eines Dritten bedarf die Zustimmung stets eines gerichtlichen Protokolls oder eines Notariatsaktes.
In §15 leg. cit. wird festgelegt, welche Aufzeichnungen die Krankenanstalt über den Dritten, der Samen zur Verfügung stellt, sowie darüber zu führen hat, für welche Ehen oder Lebensgemeinschaften der Samen verwendet worden ist.
Nach §16 FMedG darf die zur Verfügungstellung von Samen für eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung nicht Gegenstand eines entgeltlichen Rechtsgeschäfts sein. §17 beschränkt die höchstzulässige Aufbewahrungsdauer von Samen und Eizellen, sowie entwicklungsfähige Zellen mit höchstens einem Jahr und verbietet ihre Weitergabe an andere Personen oder Einrichtungen.
§18 leg. cit. normiert Aufzeichnungspflichten des Arztes, der eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung durchgeführt hat.
§20 FMedG regelt näheres über diese Aufzeichnungen und über die Einsichtnahme in diese, insbesondere durch das Kind, welches mit dem Samen eines Dritten gezeugt worden ist.
Durch ArtII FMedG werden im ABGB mehrere Bestimmungen neu eingefügt oder geändert:
Ein neuer §137b ABGB regelt die "Mutterschaft": Mutter ist die Frau, die das Kind geboren hat.
Die neu eingeführten bzw. geänderten §§155, 156a und 163 ABGB enthalten Regelungen, welche die Rechtsfolgen einer Samenspende betreffen: Dem zustimmenden Ehemann wird die Bestreitung der Ehelichkeit verwehrt (§156a ABGB), im Falle eines unehelichen Kindes gilt der Mann, dessen Samen bei einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung verwendet worden ist, als dessen Vater (§163 Abs1 letzter Satz ABGB). Wurde die Fortpflanzung mit dem Samen "eines Dritten" vorgenommen, so gilt jener Mann als Vater, der dieser medizinisch unterstützten Fortpflanzung qualifiziert zugestimmt hat (§163 Abs3 ABGB), hingegen kann ein dritter Samenspender nicht als Vater eines Kindes festgestellt werden (§163 Abs4 ABGB).
1.3.1. Das Vorbringen der Erstantragstellerin lautet, soweit es für die Antragslegitimation relevant ist, auszugsweise wie folgt:
"Der Antragstellerin ist es laut beiliegender Zusammenfassung
der Krankengeschichte ... nicht möglich, mit ihrem Ehegatten ...
(siehe den Auszug aus dem Ehebuch der Marktgemeinde Lustenau, Beilage ./B), ein Kind 'auf natürliche Weise' zu bekommen. ...
Die Untersuchungen ergaben bei Frau ... eine eileiterbedingte
Sterilität, die für sich eine Indikation für eine sogenannte In-vitro-Fertilisation (= IVF = Zeugung im Reagenzglas = extrakorporale Befruchtung) darstellt.
Im Falle der Antragstellerin stehen die Dinge so, daß die wegen Eileitersterilität indizierte IVF nicht mit Samen ihres Ehegatten, ... durchgeführt werden kann. Herr ... ist nämlich selbst unfruchtbar. Zwar wurde versucht, einer Frau ... entnommenen Eizelle ein Spermatid (i.e. eine Vorstufe der Samenzelle in der Spermatogenese) ihres Gatten durch eine mittlerweile etablierte Methode, die sogenannte intrazytoplasmatische Spermainjektion, einzubringen, doch scheiterten die entsprechenden ärztlichen Bemühungen. Wirklich erfolgversprechend erscheint die intrazytoplasmatische Spermainjektion nach heutigem Wissensstand nämlich nur, wenn beim Mann tatsächlich Samenzellen und nicht bloß Vorstufen von Samenzellen (Spermatiden) gewonnen werden. Herrn ... wurden durch die durchgeführte Biopsie größere Gewebsteile aus dem Hoden entfernt. Ärztlicherseits wird ihm empfohlen, keine weitere - praktisch ohnedies nicht erfolgversprechende - Therapie mittels der ICSI-Methode anzustreben, weil weitere Biopsien von Hodengewebe sogar eine (ungewollte) Kastration hervorrufen könnten.
Entsprechend diesen Befunden ist Frau ... unfähig, ein Kind
auf 'normalem Wege' zu empfangen, und Herr ... ist absolut
zeugungsunfähig. Der Kinderwunsch des Ehepaares ... könnte
allerdings erfüllt werden, wenn Frau ... Eizellen entnommen und
mit Samen eines anderen Mannes als ihres Gatten (also eines
Spenders) befruchtet werden würde. Zu einer IVF mit gespendetem
Samen haben sich Herr und Frau ... zwischenzeitlich auch schon
entschieden.
§3 Abs1 FMedG gestattet die medizinisch unterstützte
Fortpflanzung nur unter der Voraussetzung, daß Samen des
Wunschvaters und Eizellen der Wunschmutter hiebei Verwendung
finden. Daher ist es Frau ... kraft §3 Abs1 FMedG verboten, auf
den Samen eines Spenders zurückzugreifen. Die Ausnahmevorschrift
von §3 Abs2 FMedG ist für Frau ... unanwendbar, weil ihr
Kinderwunsch nur durch eine IVF, bei der (von dritter Seite)
gespendeter Samen Verwendung findet, erfüllbar wäre. §3 Abs2
FMedG erlaubt hingegen nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung
und der Absicht des Gesetzgebers ... nur die Einbringung von (von
dritter Seite) gespendetem Samen in die Geschlechtsorgane einer
Frau; die IVF mit (von dritter Seite) gespendetem Samen ist daher
... eindeutig verboten.
Frau ... und Herr ... haben am 1.8.1986 in Lustenau die Ehe
geschlossen (siehe Beilage ./B) und leben in aufrechter ehelicher
Gemeinschaft. Beide haben übereinstimmend in Form eines
Notariatsaktes (siehe Beilage./C) erklärt und erklären weiterhin,
daß sie in Österreich an Frau ... eine IVF mit (von dritter
Seite) gespendetem Samen durchführen lassen wollen ... .
Die Antragstellerin ist Normadressat des §3 Abs1 und 2 FMedG. Es ist ihr kraft dieser Bestimmung nicht erlaubt, im Rahmen einer IVF schwanger zu werden und ein Kind zu gebären.
Die Antragstellerin ist von den angefochtenen Bestimmungen nicht bloß faktisch betroffen. §3 Abs1 und 2 FMedG gestalten tiefgreifend ihre persönliche Rechtssphäre. Das Verbot schränkt ihr Privatleben bzw. ihre Fortpflanzungsfreiheit ein.
Der Eingriff in die Rechte der Antragstellerin ist nach Art und Umfang durch das Gesetz selbst bestimmt: Wie vorhin ausgeführt, ist eine IVF von Eizellen der Antragstellerin mit Samen eines (den Wunscheltern meist unbekannten) Spenders durch §3 Abs1 und 2 FMedG verboten.
Die Antragstellerin hegt schon seit vielen Jahren den Wunsch, ein Kind zu gebären, was ihr aber wegen der absoluten Zeugungsunfähigkeit ihres Gatten und dem Umstand, selbst auf eine IVF angewiesen zu sein, im Lichte der bekämpften Bestimmung (§3 Abs1 und 2 FMedG) rechtlicherseits verunmöglicht worden ist. Die Effektivität des letztlich (auch) die Antragstellerin treffenden Verbotes des §3 Abs1 und 2 FMedG hängt weder von einem vorhergehenden gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Akt ab. Es besteht für die Antragstellerin derzeit keinerlei Möglichkeit, ihre grundrechtlich geschützte Position zu verwirklichen (vgl. VfSlg. 8984 und 9721). Die Rechtsverletzung, die §3 Abs1 und 2 FMedG für die Antragstellerin hervorruft, ist somit aktuell und nicht nur potentiell. Der Antragstellerin steht kein anderer Weg zur Geltendmachung der Verfassungswidrigkeit dieser Verbotsbestimmung offen. Es besteht für die Antragstellerin nicht einmal die Möglichkeit, ein Verwaltungsstrafverfahren vom Zaun zu brechen, da §23 FMedG nur den Arzt, der verbotswidrig handelt, mit Strafe bedroht. Selbst wenn die Antragstellerin Adressat der Strafbestimmungen des FMedG wäre, wäre ihr die Einlassung auf ein Verwaltungsstrafverfahren im Lichte der ständigen höchstgerichtlichen Judikatur nicht zumutbar."
1.3.2. Die Zweitantragstellerin begründet das Vorliegen der Prozeßvoraussetzungen auszugsweise wie folgt:
"Der Antragstellerin ist es laut beiliegender Zusammenfassung
ihrer Krankengeschichte ... nicht möglich, mit ihrem
Lebensgefährten ... ein Kind 'auf natürliche Weise' zu bekommen.
Daß (die Lebensgefährten) miteinander in einer aufrechten eheähnlichen Lebensgemeinschaft leben, die bislang kinderlos geblieben ist, wurde von (beiden Teilen) an Eides statt erklärt (siehe den Notariatsakt Beilage/B).
Bei der Antragstellerin liegt eine sogenannte Gonadendysgenesie vor. Es fehlen bei ihr also die zur Fortpflanzung nötigen Keimzellen (i.e.: die Eizellen) ... . Daher ist die Antragstellerin absolut steril. Gleichzeitig ist sie aber in der Lage, ein Kind auszutragen, weil sie eine funktionstüchtige Gebärmutter hat.
Für Fälle wie de(n vorliegenden) hat die Wissenschaft ein Verfahren entwickelt, das es an sich sterilen Frauen erlaubt, ein Kind auszutragen und zu gebären: den sogenannten heterologen Embryotransfer nach Eispende (...). ...
Die Antragstellerin und ihr Lebensgefährte ... haben sich zur
Durchführung eines heterologen Embryotranfers nach Eizellspende
entschlossen. Beide haben einvernehmlich erklärt, daß der
Antragstellerin eine ihr gespendete Eizelle, die mit Samen des
(Lebensgefährten) befruchtet wird, übertragen werden solle, damit
... die Antragstellerin schwanger werden und ein Kind gebären
kann, das wenigstens rechtlich ihr zugeordnet ist (vgl. §137b
ABGB idF des FMedG) ... .
§3 FMedG verbietet den heterologen Embryotransfer nach Eizellspende absolut. Zum einen sagt schon §3 Abs1 FMedG, daß für eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung nur die Eizellen und der Samen der Ehegatten oder Lebensgefährten verwendet werden dürfen. Zum anderen wird diese programmatische Anordnung durch
§3 Abs3 FMedG konkretisiert. 'Eizellen und entwicklungsfähige Zellen dürfen nur bei der Frau verwendet werden, von der sie stammen.' ...
Die Antragstellerin ist Normadressat des §3 Abs1 und 3 FMedG. Es ist ihr kraft dieser Bestimmung nicht erlaubt, durch heterologen Embryotransfer nach Eizellspende schwanger zu werden und ein Kind zu gebären."
Die weiteren Ausführungen der Zweitantragstellerin zur Antragslegitimation sind mit jenen der Erstantragstellerin im wesentlichen ident.
1.4. In der Sache selbst behaupten die Antragstellerinnen eine Verletzung der Art8 und 12 EMRK sowie einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz.
1.4.1. Beide Antragstellerinnen führen dazu in ihren Anträgen aus:
"Verletzung von Art8 MRK:
... Die Entscheidung ob, wann und mit wem sich jemand fortzupflanzen gedenkt, genießt auch menschenrechtlichen Schutz. Diese Wertung legt schon Art8 MRK nahe, wonach jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens hat. Denn zum Privatleben zählen nach ganz allgemeiner Auffassung wenigstens die elementarsten und intimsten Lebensbereiche:
nämlich das Sexual- und Fortpflanzungsverhalten (E. Bernat, Das Recht der medizinisch assistierten Zeugung 1990 - eine vergleichende Bestandsaufnahme, in E. Bernat (Hrsg.) Fortpflanzungsmedizin - Wertung und Gesetzgebung, Wien 1991, S 65/66 f; I. Fahrenhorst, Fortpflanzungstechnologie unds Europäische Menschenrechtskonvention, EuGRZ 1988, S 125/127). ... Der österreichische VfGH hat diese Wertung im Zusammenhang mit der Frage der Zulässigkeit der Prostitution ausdrücklich unterstrichen, wenn er davon ausgeht, daß 'Sexualverhalten, das nicht öffentlich in Erscheinung tritt, jedenfalls zur Privatsphäre' zählt (VfSlg. 8272/78; ebenso VfSlg. 8907/80 und 8445/78). Argumentum a fortiori darf für das Fortpflanzungsverhalten nichts anderes gelten. Es ist elementarer Bestandteil des Privatlebens, weil es beim Schutz der dem einzelnen zugebilligten Fortpflanzungsfreiheit um nichts weniger als ein 'Bekenntnis zur Freiheit der Intimsphäre' (Schorn, die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, Frankfurt/M. 1965, S 243) geht. Mit anderen Worten: Wenn es schon eine grundrechtlich geschützte Privatsphäre der Prostituierten gibt, dann sollte es auch eine grundrechtlich geschützte Privatsphäre von Menschen geben, die sich nur kraft medizinischer Assistenz fortpflanzen können. Das Interesse dieser Personen wird wohl noch höher zu veranschlagen sein als das Interesse der Prostituierten, ihren Körper ohne staatliche Intervention zu vermarkten.
Nach ganz überwiegender Auffassung ist auch die Fortpflanzung mittels gespendeter Keimzellen vom Schutz des Art8 Abs1 MRK erfaßt (A.Stolz, Grundrechtsaspekte künstlicher
Befruchtungsmethoden, in: E Bernat (Hrsg.), Lebensbeginn durch Menschenhand, Graz 1985, 109ff. Th. Öhlinger - M. Nowak,
Grundrechtsfragen künstlicher Fortpflanzung, in: BMFJK (Hrsg.), Familienpolitik und künstliche Fortpflanzung, Wien 1986, 31 ff;
E. Bernat, in: E. Bernat (Hrsg.), Fortpflanzungsmedizin (1991) 81 ff; H. Gamerith, ÖA 1992, 143 (Buchbesprechung); I. Fahrenhorst; EuGRZ 1988, 127). Daher wäre ein Verbot der Eispende (bzw. im Antrag G116/98: Verbot der IVF mit von dritter Seite gespendetem Samen) mit der EMRK nur dann in Einklang zu bringen, wenn es vom Gesetzesvorbehalt des Art8 Abs2 gedeckt wäre ... .
Verletzung von Art12 MRK:
Gemäß Art12 EMRK haben Männer und Frauen heiratsfähigen Alters grundsätzlich das Recht, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen. Unter der Freiheit, eine Familie gründen zu dürfen, wird nach ganz einheitlicher Auffassung auch das Recht des Einzelnen verstanden, sich die Errungenschaften der modernen Fortpflanzungsmedizin zu Nutze zu machen (vgl. die Nachweise im letzten Absatz, sowie Th.Ramm, die Fortpflanzung - ein Freiheitsrecht? JZ 1989,861 ff.). Die in Art12 EMRK verbriefte Fortpflanzungsfreiheit ist also nichts anderes als die Verdeutlichung einer Wertung, die man an sich schon Art8 Abs1 MRK entnehmen kann. Zu einer entsprechenden Beurteilung ist im übrigen auch das Schweizerische Bundesgericht gekommen, das ein generelles Verbot der heterologen Form der künstlichen Insemination als Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der persönlichen Freiheit (sc: Selbstbestimmungsfreiheit) qualifiziert hat (BG 15.3.1989, EuGRZ 1989, 370 ff. und BG 22.12.1993, EuGRZ 1994, 223 ff.). Deshalb genießt die Antragstellerin nicht nur den Schutz aus Art8 Abs1, sondern auch jenen aus Art12 MRK."
Die Erstantragstellerin setzt sodann - bezogen auf das Verbot der Samenspende bei In-Vitro-Fertilisation - fort:
"Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art7 B-VG, Art2 StGG 1867):
Das Verbot der IVF mit (von dritter Seite) gespendetem Samen verstößt nicht nur gegen die in Art8 Abs1, 12 MRK positivierten Menschenrechte, sondern stellt sich auch als gleichheitswidrige Beeinträchtigung einer bestimmte Klasse von Frauen dar, der auch die Antragstellerin angehört.
Der Gesetzgeber hat in §3 Abs2 FMedG die heterologe Insemination ... ausdrücklich zugelassen. Er gestattet also jenen Frauen, die selbst empfängnisfähig sind, den vom Partner konsentierten Rückgriff auf (von dritter Seite) gespendetes Sperma, wenn der Parnter fortpflanzungsunfähig ist (vgl. §2 Abs2 iVm §8 Abs1 FMedG). Durch die heterologe Insemination soll es zur Geburt eines Kindes kommen, das statusrechtlich der Wunschmutter (die das Kind empfängt, austrägt und gebiert (vgl. §137b ABGB idF des FMedG)) und dem Wunschvater (vgl. §§138, 163 Abs3, 156a ABGB) zugeordnet ist. Nur die Wunschmutter, nicht aber der Wunschvater ist nach Zeugung durch heterologe Insemination mit dem Kind biologisch verwandt.
Kraft §3 Abs1 und 2 FMedG untersagt es der Gesetzgeber jenen Frauen, die selbst nicht empfängnisfähig sind, sich Eizellen entnehmen und mit (von dritter Seite) gespendetem Samen (nach Zustimmung des Partners: §8 Abs1 FMedG) befruchten zu lassen. Ein Kind, das auf diese Weise gezeugt und geboren werden könnte, hätte denselben sozialen und rechtlichen Status wie ein aus einer heterologen Insemination hervorgehendes Kind (vgl. nochmals §§137 b, 138, 163 Abs3, 156 a ABGB). Es stellt eine evidente Ungleichbehandlung jener Klasse von Frauen dar, die, wie die Antragstellerin, 'doppelt betroffen' sind, gegenüber der Klasse von Frauen, die 'nur' durch die Zeugungsunfähigkeit des Partners 'einfach betroffen' sind. Die Argumente, die der Gesetzgeber für die Legitimität der von ihm geschaffenen Ungleichbehandlung vorgetragen hat, überzeugen schon im Ansatz nicht. In den Erl.
RV, 216 Blg. StProt. Nr, 18. GP, 11, r. Sp. heißt es: 'Die Sonderbehandlung der Insemination mit Fremdsamen (entsprechend §1 Abs2 Z1 FMedG) beruht auf deren vergleichsweise einfachen Handhabung und der dadurch erschwerten Überprüfbarkeit; zudem läßt sich die Anwendung dieser seit vielen Jahren gängigen Methode durch gesetzliche Schranken kaum mehr ausschließen.' Die Einschränkung, die §3 Abs2 FMedG trifft - von Dritter Seite gespendeter Samen darf nur im Rahmen der Fortpflanzungsmethode nach §1 Abs2 Z1 FMedG Verwendung finden - entbehrt, 'jeglicher wissenschaftlich-rationaler, aber auch sozialethisch fundierten Begründung.' (P.J. Schick, Der Entwurf eines FHG - eine kritische
Wertungsanalyse in: E. Bernat (Hrsg.) Fortpflanzungsmedizin (1991) 34) Worin liegt der Unterschied zwischen einer heterologen Insemination (§1 Abs2 Z1 FMedG) und einer IVF mit (von dritter Seite) gespendetem Samen? Doch nur in der Technik der Samenapplizierung, die aber im Lichte des Gleichheitssatzes nicht entscheidend sein darf. Denn der Gesetzgeber hat nicht daran gezweifelt, daß die IVF als legitime Fortpflanzungsmethode eingesetzt werden darf (vgl. §1 Abs2 Z2 FMedG). Warum soll im übrigen ein 'Verbot der Samenspende' bei einer Insemination (iSv §1 Abs2 Z1 FMedG) weniger leicht überprüfbar sein als bei einer IVF? Der Gleichheitssatz gebietet es, die Samenspende überall dort zuzulassen, wo sie medizinisch indiziert erscheint und nicht danach zu differenzieren, ob nun der gespendete Samen im Genitaltrakt der Frau oder in vitro zur Befruchtung der Eizelle führt (in diesem Sinne auch E. Bernat, in: E. Bernat (Hrsg.), Fortpflanzungsmedizin (1991) 82 sowie M. Memmer, ZfRV 1993, 172: '(§3 Abs2 FMedG) schafft damit zwei Gruppen von Frauen, wobei letztere angesichts des 'hohen technischen Aufwandes' von einer (IVF) mit Drittsperma ausgeschlossen werden sollen. Diese Zulässigkeitsbeschränkung ist ... evident gleichheitswidrig; der erhöhte technische Aufwand begründet keine sachlich gerechtfertigte Differenzierung'; F. Kerschner, JBI 1993, 745; Th. Öhlinger/M.Nowak, in:BMFJK (Hrsg.), aaO, 31/37 und U.E. Binder, Die Auswirkungen der EMRK und des UN--Übereinkommens über die Rechte des Kindes vom 20.11.1989 auf Rechtsfragen im Bereich der medizinisch assistierten Fortpflanzung, Frankfurt/Main 1998, 79).
... Verstoß gegen die Eingriffsschranken des Art8 Abs2 und
12 MRK:
... Der Schutz der Gesundheit jener Frauen, die aufgrund
medizinischer Indikationsstellung einer IVF mit(von dritter Seite) gespendetem Samen bedürfen, kann nicht das Ziel von §3 Abs1 FMedG gewesen sein. Denn die IVF, die im homologen System erlaubt worden ist, wird ganz allgemein als Heilbehandlung oder doch als sozialverträgliche medizinische Maßnahme eingeschätzt. Die medizinischen Risiken, die dieses Verfahren - wie jeder invasive (operative) Eingriff - in sich birgt, sind für die Frau (Stimulation, Eizellentnahme) nicht höher, wenn zur Befruchtung der Samen eines Dritten verwendet wird. Deshalb erübrigt sich ein weiteres Eingehen auf die Eingriffsschranken der Art8, 12 MRK unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der Patientin: Er ist im Zusammenhang mit der IVF mit (von dritter Seite) gespendetem Samen jedenfalls verfassungsrechtlich nicht relevant...
Die Erl. RV meinen aaO, daß der 'mit solchen (sc.: den nach §3 Abs1 FMedG verbotenen) Verfahren verbundene hohe technische Aufwand' §3 Abs1 FMedG legitim erscheinen läßt. Zwar stellt sich schon allgemein die Frage, inwieweit ein mit einem technischen Verfahren einhergehender 'hoher technischer Aufwand' ein Grund sein kann, Freiheitsrechte zu verkürzen. ... Denn der technische Aufwand bei einer IVF mit (von dritter Seite) gespendetem Samen ist nicht höher als der Aufwand bei einer IVF, die mit Samen des Wunschvaters durchgeführt wird. Der Aufwand, der im Zusammenhang mit der Aquirierung des Samenspenders nötig ist, gleicht demjenigen vor einer heterologen Insemination (§1 Abs2 Z1 FMedG). Das Argument, ein Verbot der IVF mit (von dritter Seite) gespendetem Samen sei im Lichte der Eingriffsschranken der Art8, 12 MRK wegen des 'hohen technischen Aufwandes', verfassungsrechtlich zulässig, entbehrt daher der inneren Stimmigkeit, wenn nicht gar eines rational nachvollziehbaren Gedankens.
In den Erl. RV, aaO, wird auch zum Ausdruck gebracht, daß 'die Möglichkeit der Schaffung ungewöhnlicher persönlicher Beziehungen' für §3 Abs1 FMedG verantwortlich gewesen sei. Die persönlichen Beziehungen, die ein Kind hat, das durch IVF mit (von dritter Seite) gespendetem Samen gezeugt worden ist, sind aber nicht ungewöhnlicher als die persönlichen Beziehungen eines durch heterologe Insemination (§1 Abs2 Z1 FMedG) gezeugten Kindes: Es hat eine Mutter (vgl. §§163 Abs3, 156a ABGB). Es hat auch die Möglichkeit, die Identität des biologischen Vaters in Erfahrung zu bringen (§20 FMedG), der ansonsten in keinerlei rechtliche Beziehung zum Kind tritt. ... Da die Fortpflanzung mittels gespendeter Keimzellen ein Freiheitsrecht ist, kann es schon dem Grunde nach nicht überzeugen, dieses Freiheitsrecht nur einer Kategorie von Kinderwunschfrauen zuzubilligen, wenn doch eine andere Kategorie von Kinderwunschfrauen sich durch keine rechtlich maßgeblichen Umstände unterscheidet. Im Zusammenhang mit den augenblicklich interessierenden Eingriffsschranken der Art8, 12 MRK gilt genau das gleiche: Die persönlichen Beziehungen des mittels Samenspende gezeugten Kindes sind immer dieselben, unabhängig davon, ob es im Genitaltrakt der Frau oder in vitro entstanden ist.
Im übrigen wäre eine 'ungewöhnliche persönliche Beziehung' per se kein Grund, sie von Rechts wegen zu unterbinden oder ein Verbot im Lichte der Eingriffsschranken der Art8, 12 MRK für gerechtfertigt zu erachten. Auch wenn die Erl. RV, aaO, mit 'ungewöhnlich' naturwidrig meinen, hätten sie begründen müssen, warum ein ihrer Auffassung zufolge 'naturwidriger Zustand' verboten werden sollte. Der Rückgriff an den Begriff der 'Natur' oder des 'Natürlichen' hilft im Rahmen einer verfassungsrechtlichen Argumentation nicht weiter, wenn man sich nicht darauf einigt, was mit diesen Begriffen gemeint ist. Von einem universellen Standpunkt aus betrachtet erscheint die Frage 'Wie unnatürlich ('ungewöhnlich') muß eine menschliche Beziehung sein, um sie legitimerweise verbieten zu dürfen?' kaum beantwortet werden zu könne. Denn die Natur ist kein Gradmesser für moralische und rechtliche Verhaltensregeln. Meint man mit 'ungewöhnlich' unmoralisch, muß man begründen, von welchem Standpunkt aus betrachtet die von §3 Abs1 FMedG verbotenen Fortpflanzungstechniken moralwidrig erscheinen, und ob der eingenommene Standpunkt ein Verbot im Lichte der Eingriffsschranken der Art8, 12 MRK rechtfertigt. Diese Begründung haben weder die Erl. RV, aaO, geleistet, noch erscheint es unter technologischen Gesichtpunkten, die sich mit jenen der Verfassungsordnung decken, legitim, der Verwendung von Drittsamen im Rahmen einer IVF den Charakter des Unmoralischen zuzuschreiben.
Schließlich findet sich in den Erl RV, aaO, 17 auch der Hinweis, die Verbotsbestimmung des §3 Abs1 und 2 FMedG sei dazu geeignet, einer 'drohende(n) Ausbeutung der Gebärfähigkeit der Frau' vorzubeugen. Es mag sein, daß dieses Argument auf andere Methoden medizinisch assistierter Zeugung zutrifft (insbesondere auf die sogenannte 'Leihmutterschaft'). Der IVF mit (von dritter Seite) gespendetem Samen ist die 'Ausbeutung' der Gebärfähigkeit der Frau' aber genauso wenig wesensimmanent wie dem ihr entsprechender Verfahren, der (vom Gesetzgeber erlaubten: §1 Abs2 Z1 FMedG) heterologen Insemination. Im Gegenteil. Der Gesetzgeber hat in §§7 f FMedG administrativ - prozedurale Regeln geschaffen, die gerade sicherstellen sollen, daß die Frau frei, ernstlich und überlegt in die entsprechenden Therapien einwilligt. Welchen anderen Sinn sollen denn psychotherapeutische Betreuung und psychologische Beratung (§7 Abs2 FMedG) sowie das Erfordernis einer ganz besonders solennen Zustimmungserklärung der Wunscheltern (§8 Abs1 FMedG: Notariatsakt bzw. gerichtliches Protokoll) haben?
Die in den Erl. RV, aaO, 16 f. angeführten Argumente sprechen also samt und sonders nicht dafür, daß das Verbot der IVF mit (von dritter Seite) gespendetem Samen (§3 Abs1 und 2 FMedG) im Gesetzesvorbehalt der Art8, 12 MRK unter dem Gesichtspunkt "Schutz der Moral" bzw. "Schutz der Rechte und Freiheiten anderer" Deckung finden würde.
An verschiedenen Stellen der Erl. RV (siehe insb. Aa0, 11) wird versucht, die in §3 FMedG enthaltenen Verbotsbestimmungen unter dem Gesichtspunkt der Wahrung des Kindeswohls zu legitimieren. Mit anderen Worten: Als ultima ratio sei ein Zeugungsverbot angemessen, um Gefahren von dem durch die (nun verbotene) Zeugung erhofften Kind abzuwenden. Wäre dieses Argument zutreffend, so erschienen die Verbote in §3 FMedG auch zweifelsohne vom Gesetzesvorbehalt der Art8, 12 MRK gedeckt zu sein.
Verbietet der Gesetzgeber auf der Grundlage solcher Überlegungen die IVF mit (von dritter Seite) gespendetem Samen, schüttet es dann das Kind nicht mit dem Bade aus? Der Vergleich der durch IVF mit (von dritter Seite) gespendetem Samen zu zeugenden Kinder mit jenen, die in Adoption genommen werden sollen, geht richtiger Ansicht zufolge (vgl. E. Bernat, Das Kindeswohl auf dem Prüfstand des Rechts, ÖAmtsV 1994, 43/47) ins Leere: Die Annahme an Kindes Statt dient dem Wohl und der Versorgung bereits existierender Menschen, die sonst vielfach auf staatliche Hilfe angewiesen wären. Besteht hingegen der Wunsch nach Fortpflanzung ... fehlt noch jene Person, um deren Wohl sich der Gesetzgeber besonders sorgt: das Kind. Das Argument, Kinder vor ihrer eigenen Existenz zu schützen, indem man ihre Entstehung verbietet, muß - wenn es als durchdachte Zielvorstellung gelten soll - von der Annahme ausgehen, daß das Leben solcher (etwa mittel IVF mit (von dritter Seite) gesependetem Samen gezeugter) Kinder - für sie selbst - so lebensunwert erscheint, daß es besser ist, ihnen diese Existenz zu ersparen. Die Annahme, die dieses scheinbare Kindeswohlargument abstützt, ist aber im Lichte der empirischen Sozialforschung völlig unzutreffend: Studien, die sich mit dem Heranreifen von durch heterologe Insemination gezeugten Kindern beschäftigen, kommen einheitlich zu dem Ergebnis, daß sich das Leben solcher Kinder qualitativ vom Leben von Kindern aus der 'Normalpopulation' gar nicht unterscheide (vgl. nur R. Snowden et al. Artefizielle Reproduktion, Stuttgart 1985, passim; F. Mochimaru, Artificial insemination with frozen donor semen, 28 Keio J. Med. 33 (1979)). Die Kernaussage dieser Studie wird umso plausibler, wenn man sich vergegenwärtigt, daß die im Zuge der Fortpflanzungsmedizin gezeugten Kinder allesamt Wunschkinder sind und daher eine wohl besonders große Zuneigung von seiten der Wunscheltern erfahren. Eine in der Literatur zitierte und von einem durch heterologe Insemination gezeugten Kind gemachte Aussage (Snowden et al., Artefizielle Reproduktion (1985) 46) erscheint für die soeben getroffen Einschätzung geradezu paradigmatisch zu sein: 'Die Erkenntnis, daß ich nicht so ohne weiteres zur Welt gebracht wurde, sondern daß die Eltern einen langen Weg machen mußten, um ein Kind zu bekommen, berührt mich. Und plötzlich fühlte ich, daß sie sich auch unendlich lieben mußten, und daß ich besonders wichtig für sie wäre.' Das Wohl des Kindes ist also kein Argument für ein Verbot, Kinder durch IVF mit (von dritter Seite) gespendetem Samen zu zeugen, weil es auf der Grundlage empirischer Erkenntnisse in keiner Weise nachvollziehbar ist, daß Kinder, die durch Fremdsamen gezeugt werden, ein für sie lebensunwertes Leben führen würden.
Das Gegenteil ist entsprechend der einschlägigen Literatur der
Fall. Selbst wenn entsprechende Studien nicht vorhanden wären,
muß auch für Kinder, die durch fortpflanzungsmedizinische
Eingriffe gezeugt werden, von der allgemeinen Wertung ausgegangen
werden, daß jedes menschliche Leben - so wie es ist - als Wert zu
verstehen ist. 'Es gibt kein - und schon gar nicht ein
verfassungsmäßig geschütztes - Recht, nicht zu leben oder nicht
geboren zu werden. ... Der Entschluß, keine Kinder in die Welt zu
setzen, ist keine Entscheidung zum Wohl des nichtgezeugten
Kindes. ... Hinzu kommt, daß alle Aussagen über das künftige Wohl
des Kindes vor Zeugung spekulativ sein müssen und in diesem
Zusammenhang anmaßend erscheinen. ... Zu den nichtvorhersehbaren
Dingen gehören Glücksgefühl, Zufriedenheit, Erfüllung und die sonstigen Werte unserer überwiegend christlich-humanistisch geprägten Ordnung. Die Gesellschaft ist nicht berufen zu entscheiden, ob Kinder hieran teilhaben werden, um aus einer negativen Antwort ein Recht zur Verhinderung der Zeugung dieser Kinder herzuleiten.' (D. Coester-Waltjen, Gutachten B für den 56. DJT (1986) 46) Das Kindeswohl kann also verfassungsrechtlich nicht als Legitimation für Verbote, sich fortzupflanzen, eingesetzt werden, weil entsprechende Verbote unter dem Gesichtspunkt des Kindeswohls nicht von den Gesetzesvorbehalten der Art8, 12 MRK gedeckt sind.
...
Zu guter Letzt könnte noch erwogen werden, das Verbot der IVF mit (von dritter Seite) gespendetem Samen durch die Gesetzesvorbehalte der Art8 Abs2, 12 MRK zu legitimieren, da man die Auffassung vertreten könnte, diese Verfahren verletzten die Moral im Sinne der Wertüberzeugung religiös gebundener Menschen. Unter 'Moral' im Sinn von Art8 Abs2 MRK ist jedoch keineswegs die Anschauung gesellschaftlicher Gruppen, die nur metaphysisch begründet werden kann, zu verstehen. So gesehen wäre es unzutreffend, ein Verbot des heterologen Embryotransfers nach Eizellspende mit Normen zu begründen, die etwa von der katholischen Kirche in dem lehramtlichen Dokument 'Donum Vitae' zum Ausdruck gebracht worden sind (Abdruck in R. Speamann, Die Unantastbarkeit des menschlichen Lebens, Freiburg 1987, 11 ff). Denn Grundlagen der staatlichen Gesetzgebung dürfen nur jene Normvorstellungen sein, die Universalität beanspruchen können, also im Prinzip für jedermann einsichtig und nachvollziehbar sind. Nicht universell begründbar und daher auch nicht allgemein einsichtig und nachvollziehbar sind Normen, die auf metaphysischen Grundannahmen, etwa der Existenz Gottes oder Handlungsgeboten Gottes, aufbauen. Ein gesetzliches Verbot, das ausschließlich auf den Glaubenswahrheiten religiöser Gruppen aufbaut, wäre für sich verfassungswidrig, weil es die Glaubens- und Gewissensfreiheit der Andersdenkenden in unzulässiger Weise einengen würde (Verletzung von Art14 StGG, 9 MRK).
Das Recht darf nämlich nicht dazu benützt werden, 'kirchliche Vorstellungen und Zwecke zu Lasten kirchlich nicht gebundener Bürger einseitig durchzusetzen oder zu begünstigen.' (B. Rüthers, Rechtsordnung und Wertordnung, Konstanz 1986, 49 f.) Die Empfehlung der vatikanischen Glaubenskongregation, 'die Spendung von Keimzellen zwischen Personen, die nicht legitim verheiratet sind, gesetzlich' zu verbieten, ist daher im Lichte von Art8 Abs2 ,12 MRK verfehlt, weil Inhalt sowie Begründungen von Glaubenwahrheiten nicht rational erklärbar sind und das Dokunent 'Donum Vitae' augenscheinlich nicht von der Wertüberzeugung weiter Teile der Bevölkerung getragen wird. So gesehen erscheint es nur folgerichtig, daß die Menschenrechts-Judikatur im Rahmen der inhaltlichen Aufbereitung des Gesetzesvorbehaltes des Art8 Abs2 MRK die Abwehr physischer und psychischer Beeinträchtigungen in den Vordergrund stellt (Nachweise bei A Brödel, Der Anspruch auf Achtung des Familienlebens, Baden-Baden 1991, 88 ff; vgl. auch VfSlg. 8272 (S 179): 'Der Umstand, daß (ein) Verhalten als unmoralisch qualifiziert wird, hat für sich allein noch nicht zur Folge, daß ein Verbot als zulässig, weil 'in einer demokratischen Gesellschaft ... notwendig' beurteilt werden müßte.').
Zusammenfassend kann gesagt werden, daß §3 Abs1 FMedG weder mit den in der MRK verbrieften Rechten auf Achtung des Privatlebens (Art8 Abs1) bzw. der Familiengründungsfreiheit (Art12) noch mit dem Gleichheitssatz (Art7 B-VG, Art2 StGG 1867) in Einklang gebracht werden kann. Das Verbot ... ist auch nicht von den Gesetzesvorbehalten der Art8 Abs2, 12 MRK gedeckt. ..."
Die Zweitantragstellerin bezieht sich in ihrer im wesentlichen parallelen Argumentation auf das Verbot der Eizellspende; in ihren Ausführungen heißt es u.a.:
"Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art7 B-VG, Art2 StGG 1867):
Das Verbot des heterologen Embryotranfers nach Eizellspende
verstößt nicht nur gegen die in Art8 Abs1, 12 MRK positivierten
Menschenrechte, sondern stellt sich auch als gleichheitswidrige
Beeinträchtigung der Frau dar. Der Gesetzesgeber des FMedG hat
nämlich durch Zulassung der heterologen Insemination ... eine
Substitutionstherapie anerkannt (vgl. §3 Abs2 FMedG), die es
unfruchtbaren Männern ermöglicht, auf Keimgut eines Spenders
zurückzugreifen und ein Kind zu bekommen, das ... rechtlich
ausschließlich ihnen zugeordnet wird (vgl. §§163 Abs3, 156a ABGB idF des FMedG), wenn entsprechende Formvorschriften eingehalten werden.
Während es also Männern im Falle der Unfruchtbarkeit gestattet ist, auf Samen eines Spenders zurückzugreifen, ist es sterilen Frauen verboten, sich einen Embryo einpflanzen zu lassen, der aus einer ihnen gespendeten Eizelle entstanden ist. Dabei handelt es sich um eine sachlich durch nichts zu rechtfertigende Beeinträchtigung steriler Frauen gegenüber sterilen Männern, die als gleichheitswidrig verstanden werden muß (so auch E. Bernat, in E. Bernat (Hrsg.), Fortpflanzungsmedizin (1991) 84; P.J. Schick, aao, 35; H. Gamerith, ÖstAmtsV 1992, 143, F. Kerschner, JBI 1993, 745, U.E. Binder, Die Auswirkungen der EMRK, 140).
...
Verstoß gegen die Eingriffsschranken des Art8 Abs2 und 12
MRK:
Der Schutz der Gesundheit der Eispenderin kann das Verbot in §3 Abs1 und 3 FMedG keinesfalls rechtfertigen. Das österreichische Recht kennt zwar keine ausdrückliche Vorschrift, die die Explantation eines Organs vom lebenden Spender zum Zweck der Implantation in einen Empfängerorganismus erlauben würde, doch gilt hier der allgemeine Grundsatz volenti non fit iniuria (vgl. §90 Abs1 StGB). Vor dem Hintergrund dieser Basiswertung ist unbestrittenermaßen anerkannt, daß der aufgeklärte und frei einwilligende Spender sogar lebenswichtige Organe spenden darf, wenn diese paarig angelegt sind (Paradigma: die Nierenspende; dazu weiterführend Ch. Kopetzki, Organgewinnung zu Zwecken der Transplantation, Wien 1988, 250 ff.). Im übrigen wird die Zulässigkeit der Organspende vom Lebenden vom Sozialversicherungs- (vgl. §120 Abs2 ASVG) und Krankenanstaltenrecht (vgl. §26 Abs1 lite KAG) geradezu vorausgesetzt. Wenn also der Gesetzgeber etwa die Spende einer Niere erlaubt, so besteht unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der Gesundheit der Eizellspenderin kein Grund, die Entnahme von Eizellen zu untersagen, wenn die Spenderin vor dem Eingriff entsprechend aufgeklärt worden ist und eine unmißverständliche Einwilligungserklärung abgegeben hat. Im Gegenteil: Während die Nierenspende erhöhte gesundheitliche Risiken für den Spender nach sich zieht (vgl. die Beiträge in W. Land/J.B. Dossetor (Hrsg.), Organ Replacement-Therapy. Ethics, Justice, Commerce, Berlin 1991, 25 ff.); kann die Eientnahme heute in einer Weise durchgeführt werden, die die Spenderin gesundheitlich weit weniger belastet: Die Eizellen werden unter Ultraschall sichtbar gemacht und sodann über den transvaginalen Weg aspiriert. Ein stationärer Krankenhausaufenthalt für die Spenderin kann in der Regel vermieden werden (vgl. W. Feichtinger et al., Fertilität 4 (1988) 85 ff.).
Daß die Eizellentnahme, die aus der Sicht der Spenderin keine Heilbehandlung ist, nicht sittenwidrig erscheint, zeigt im übrigen §16 FMedG: Wenn die Zurverfügungstellung von Samen (für eine heterologe Insemination in vivo (§1 Abs2 Z1 FMedG)) unter den in dieser Bestimmung genannten Bedingungen zulässig ist, darf nichts anderes für den analogen Fall - die Eizellspende - gelten (ebenso U.E. Binder, Die Auswirkungen der EMRK, 138).
Die Erl. RV ... meinen aaO, daß der 'mit solchen (sc. den nach §3 FMedG verbotenen) Verfahren verbunden hohe technische Aufwand' §3 FMedG legitim erscheinen läßt. Zwar stellt sich schon allgemein die Frage, inwieweit ein mit einem technischen Verfahren einhergehender 'hoher technischer Aufwand' ein Grund sein kann, Freiheitsrechte zu verkürzen ... Denn der technische Aufwand bei einem heterologen Embryotransfer nach Eizellspende ist nicht wesentlich höher als im Rahmen einer extrakorporalen Befruchtung mit den Eizellen der Wunschmutter. Der Aufwand, der im Zusammenhang mit der Aquirierung der Eizellspenderin nötig ist, gleicht demjenigen vor einer heterologen Insemination (Finden eines geeigneten Samenspenders). Und der invasive Eingriff bei der Eizellspenderin entspricht jenem einer Eizellentnahme bei Frauen, die im Rahmen eines 'ganz normalen' Invitro-Fertilisations-Programmes schwanger werden wollen.
In der Erl. RV ... wird auch zum Ausdruck gebracht, daß 'die Möglichkeit der Schaffung ungewöhnlicher persönlicher Beziehungen' für §3 FMedG verantwortlich gewesen sei. Die persönlichen Beziehungen, die ein nach heterologem Embryotransfer geborenes Kind hat, sind zwar 'neuartig', weil es zwei biologische Mütter hat: eine genetische und eine planzentare, mit der es rechtlich verwandt ist (vgl. §137b ABGB). Das entspricht aber im Bereich der männlichen Sterilität der Situation eines nach heterologen Insemination gezeugten Kindes; sie ist nur umgekehrt. Nach heterologer Insemination (§3 Abs2 Z1 FMedG: Einbringen von Spendersamen in den Genitaltrakt der Wunschmutter) ist das Kind nur mit der Wunschmutter, nicht aber mit dem Wunschvater genetisch verwandt. Nach heterologem Embryotransfer (Eizellspende) ist das Kind nur mit dem Wunschvater, nicht aber mit der Wunschmutter genetisch verwandt. Vergleicht man die heterologe Insemination mit dem heterologen Embryotransfer nach Eizellspende, so gelangt man sogar zu dem Ergebnis, daß die persönliche Beziehung eines nach heterologem Embryotransfer geborenen Kindes zur Wunschmutter 'weniger ungewöhnlich' ist als jene des nach heterologer Insemination geborenen Kindes zum Wunschvater. In diesem Fall korrespondiert der rechtlichen Zuordnung (§§163 Abs3, 156a ABGB) gar keine biologische Verwandtschaft, während das Kind nach heterologem Embryotransfer mit der Wunschmutter nicht nur rechtlich (§137b ABGB), sondern - durch Austragen und Geburt - auch biologisch verbunden ist."
Im Hinblick auf das in den Erläuterungen aufzufindende Argument, ungewöhnliche persönliche Beziehungen zwischen Kindern und Eltern verhindern zu wollen, gleichen die Ausführungen der Zweitantragstellerin u abgesehen davon, daß sich ihr Antrag auf das Verbot des heterologen Embryotransfers bezieht u nahezu wortgleich den bereits zitierten Ausführungen der Erstantragstellerin.
Das gleiche gilt für die Ausführungen hinsichtlich der von den Materialien befürchteten drohenden Ausbeutung der Gebärfähigkeit der Frau. Die Zweitantragstellerin fügt diesen Ausführungen hinzu:
"Wenn im Zusammenhang mit der Eispende von einer drohenden Ausbeutung weiblicher Fruchtbarkeit überhaupt die Rede sein kann, dann wohl nur bezüglich der Situation der Spenderin. Man könnte nämlich theoretisch befürchten, daß Eizellen jenen Frauen unbefugt entnommen werden könnten, die sich nicht als (bloß) Spenderinnen zur Verfügung stellen, sondern selbst als Patientinnen im Rahmen eines In-vitro-Fertilisations-Programmes behandelt werden. Diesen Umstand könnte der Gesetzgeber freilich gesondert berücksichtigen. So könnte er etwa anordnen, daß Eizellen nur von jenen Frauen 'weitergegeben' werden dürften, die gleichzeitig nicht selbst im Rahmen einer Sterilitätstherapie behandelt werden. Nach einschlägigen empirischen Studien lassen sich Eizellenspenderinnen relativ leicht unter jenen Frauen finden, die nach einer entsprechenden Sterilitätstherapie Mutter geworden sind und selbst keine weitere Reproduktion anstreben. Diese Frauen zeigen großes Verständnis für den Kinderwunsch unfruchtbarer Paare und sind daher auch aus altruistischen Gründen (vgl. §16 FMedG) zur Eizellspende bereit (weiterführend P. Kemeter et al., The willingness of infertile women to donate eggs, in W Feichtinger/P. Kemeter (Hrsg.), Future Aspects of Human in Vitro Fertilization, Berlin 1987, 145 ff)."
Die Zweitantragstellerin tritt der von der Regierungsvorlage ins Treffen geführten Argumentation, das Verbot des heterologen Embryotransfers diene dem Kindeswohl, mit den selben Argumenten entgegen, mit denen die Erstantragstellerin das gleiche Argument hinsichtlich des Verbotes der In-vitro-Fertilisation mit Drittsamen bestreitet. Schließlich wendet auch sie sich mit den gleichen Argumenten wie die Erstantragstellerin dagegen, dem Moralbegriff des Art8 Abs2 EMRK die Wertüberzeugungen religiös gebundener Menschen zu unterlegen und schließt:
"Zusammenfassend kann gesagt werden, daß §3 Abs1 FMedG weder mit den in der MRK verbrieften Rechten auf Achtung des Privatlebens (Art8 Abs1) bzw. der Familiengründungsfreiheit (Art12) noch mit dem Gleichheitssatz (Art7 B-VG, Art2 StGG 1867) in Einklang gebracht werden kann. Das Verbot ... ist auch nicht von den Gesetzesvorbehalten der Art8 Abs2, 12 MRK gedeckt. ..."
2. Der Bundeskanzler hat in beiden Verfahren mitgeteilt, daß die Bundesregierung beschlossen hat, von der Erstattung einer meritorischen Äußerung Abstand zu nehmen. Für den Fall der Aufhebung stellt die Bundesregierung jedoch in beiden Verfahren den Antrag, der Verfassungsgerichtshof wolle gemäß Art140 Abs5 B-VG für das Außerkrafttreten eine Frist von einem Jahr bestimmen, um die erforderlichen legistischen Vorkehrungen zu ermöglichen.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat die Anträge ihres Sachzusammenhanges wegen zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und darüber nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung erwogen:
A. Zur Zulässigkeit der Anträge:
1. Voraussetzung für Antragslegitimation der Antragstellerinnen ist einerseits die Behauptung, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz - im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit - in ihren Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, daß das Gesetz für die Antragstellerinnen tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, daß das Gesetz in die Rechtssphäre der Antragstellerinnen nachteilig eingreift und diese - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt.
1.1. Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, daß das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn es die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 11726/1988, VfGH 14.6.1994, V84/93).
1.2. Die zunächst zu prüfende Prozeßvoraussetzung des nachteiligen Eingreifens der bekämpften Regelung in die Rechtssphäre der Antragstellerinnen liegt hier vor:
1.2.1. Der Verfassungsgerichtshof hegt keinen Zweifel, daß §3 Fortpflanzungsmedizingesetz nach Wortlaut und Gesetzessystematik (hier vor allem im Zusammenhang mit den begleitenden familienrechtlichen Regelungen des ArtII leg. cit.) entsprechend dem Willen des Gesetzgebers intendiert, in die Privatsphäre der Antragstellerinnen - soweit es um die Erfüllung eines Kindeswunsches durch medizinisch unterstützte Fortpflanzung geht - unmittelbar regulierend einzugreifen, und zwar dahin, daß ihr aus der Zahl der medizinisch möglichen Methoden einer solchen Unterstützung jene, welche eine Eizellspende oder eine Samenspende Dritter bei der Vornahme einer In-vitro-Fertilisation zur Voraussetzung haben, nicht offenstehen sollen.
1.2.2. Die gesetzlichen Verbote des §3 FMedG lassen sich also nicht als nur an Ärzte gerichtete Regelungen rein berufsrechtlicher Natur verstehen. Es zeigt nicht zuletzt auch die korrespondierende Strafbestimmung des §23 Abs1 Z1 lita FMedG durch die ihren Adressatenkreis gegenüber jenem der (jeweils betroffenen) Verbotsnorm einschränkende einleitende Wendung "Wer als Arzt" (eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung durchführt, die u.a. nach §3 unzulässig ist ... begeht eine Verwaltungsübertretung), daß sich die Verbotsnorm an einen weiteren Adressatenkreis richtet als die Strafbestimmung.
1.3. Die Antragstellerinnen sind durch die angegriffene Norm aber auch aktuell betroffen:
1.3.1. Gemäß §2 Abs1 FMedG ist eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung nur in einer Ehe oder eheähnlichen Lebensgemeinschaft zulässig. Gemäß §2 Abs2 leg. cit. ist sie ferner nur zulässig, wenn nach dem Stand der Wissenschaft und Erfahrung alle anderen möglichen und zumutbaren Behandlungen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft durch Geschlechtsverkehr erfolglos gewesen oder aussichtslos sind.
Nach §8 Abs1 leg. cit. muß die (bei Ehegatten und Lebensgefährten) erforderliche schriftliche Zustimmung zur medizinisch unterstützten Fortpflanzung in Form eines gerichtlichen Protokolls oder Notariatsaktes erteilt werden.
1.3.2. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Beschluß vom 28. Februar 1996, G231/94 bzw. in seinem Beschluß vom 10. Juni 1997, G254/96 dargetan hat, ist es für die Zulässigkeit eines Individualantrages auf Aufhebung des §3 Abs1 und 3 FMedG u.a. Voraussetzung, daß im Sinn der unmittelbaren Betroffenheit auch der Bestand einer Ehe oder eheähnlichen Gemeinschaft bzw. das Vorliegen der nach §8 FMedG erforderlichen Zustimmung dargelegt wird.
1.3.3. Diese Voraussetzungen sind in den vorliegenden Fällen erfüllt:
a) Aus der dem Antrag beigelegten Zusammenfassung der Krankengeschichte der Erstantragstellerin durch einen Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe ist zu ersehen, daß für diese Antragstellerin und ihren Ehegatten die einzige Möglichkeit zur Erfüllung ihres Kindeswunsches in einer In-vitro-Fertilisation unter Zuhilfenahme einer Samenspende eines Dritten besteht. Die beigelegte Ablichtung aus dem Ehebuch vermag das Vorliegen einer aufrechten Ehe darzutun; aus der Ablichtung eines Notariatsaktes ist die nach §8 FMedG erforderliche Zustimmung des Ehegatten zu ersehen.
b) Aus den dem Antrag der Zweitantragstellerin beigelegten Befunden (Zusammenfassung der Krankengeschichte der Zweitantragstellerin durch die Universitätsklinik Graz sowie der beigelegte dort erstellte Befund) ergibt sich, daß für die Zweitantragstellerin keine Möglichkeit mehr besteht, Mutter eines genetisch mit ihr verwandten Kindes zu werden, sowie daß eine Eizellspende für sie die einzige Möglichkeit darstellt, sich den Kindeswunsch zu erfüllen. Der ihrem Antrag beigelegte Notariatsakt enthält nicht nur die Zustimmung des Lebensgefährten gemäß §8 FMedG, sondern auch eine eidesstattliche Erklärung, daß die Antragstellerin mit jener Person, mit der sie sich fortpflanzen will, in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft lebt.
1.3.4. Die Voraussetzungen einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung nach §2 FMedG liegen somit in Ansehung beider Antragstellerinnen vor.
1.4. Die einzige Möglichkeit der Antragstellerinnen, ein Kind auszutragen und zu gebären, bestünde in der Vornahme der jeweils erwähnten medizinisch unterstützten Maßnahme der Fortpflanzung. Dies wird den Antragstellerinnen durch die jeweils angefochtenen Bestimmungen des §3 FMedG untersagt. Es ist kein Sachverhaltselement ersichtlich, welches in Ansehung der Antragstellerinnen - abgesehen von der Inangriffnahme einer gesetzlich nicht erlaubten, medizinisch unterstützten Fortpflanzung - noch hinzutreten könnte, um ein noch höheres Maß an aktueller Betroffenheit durch die angegriffenen Normen herbeizuführen. Die angegriffenen Gesetzesstellen sind für die Antragstellerinnen auch jeweils unmittelbar wirksam, ohne daß eine die unmittelbare Betroffenheit erst vermittelnde gerichtliche Entscheidung oder ein verwaltungsbehördlicher Bescheid vorgesehen wäre.
1.5. Die dargelegte Betroffenheit der Antragstellerinnen erstreckt sich jedoch nicht auf die gesamten, jeweils von ihnen bekämpften Bestimmungen:
1.5.1. In Ansehung der Erstantragstellerin liegt eine solche Betroffenheit nur insoweit vor, als die angegriffenen Gesetzesstellen die Vornahme einer In-vitro-Fertilisation unter Zuhilfenahme einer Samenspende untersagen, in Ansehung der Zweitantragstellerin nur insoweit, als die Verwendung fremder Eizellen untersagt wird. Da §3 Abs1 FMedG beides untersagt und die Antragstellerinnen hinsichtlich der jeweils anderen Methode offensichtlich eine unmittelbare Betroffenheit nicht darzutun vermögen (sie daher auch nicht näher darlegen), sind die Anträge, soweit sie sich auf §3 Abs1 FMedG beziehen, jeweils in jenem Umfang zurückzuweisen, in dem die Antragstellerinnen nicht nur jene Wendungen bekämpfen, hinsichtlich derer jeweils eine unmittelbare Betroffenheit im vorstehend dargelegten Sinne besteht.
1.5.2. Zulässig ist der Antrag der Erstantragstellerin in bezug auf §3 Abs2 leg. cit.: Diese Bestimmung enthält zwar nur eine Ausnahme vom Verbot der Samenspende Dritter für die - hier medizinisch nicht in Betracht kommende - Methode nach §1 Abs2 Z1 leg. cit. ("Insemination"); sie steht aber dadurch mit der Verbotsnorm in einem untrennbaren Zusammenhang: Die Aufhebung der genannten Wendung in Abs1 allein würde wegen der einleitenden Anknüpfung mit "jedoch" in Abs2 - im Verhältnis zum dann verbleibenden Rest des Abs1 - eine unverständliche und unklare Bestimmung hinterlassen, welche einen Gegenschluß hinsichtlich de