Index
E3L E09302000;Norm
31992L0012 Verbrauchsteuer-RL;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der MN in Wien, vertreten durch Dr. Gerhard Jöchl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Ebendorferstraße 7, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 3. Jänner 1996, Zl. 19.120/41-IA9/95, betreffend Agrarmarketingbeitrag für die Bewirtschaftung von Weingartenflächen für das Jahr 1995, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Der Vorstand für den Geschäftsbereich I der Agrarmarkt Austria (AMA) schrieb der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 23. Oktober 1995 gemäß den §§ 21c Abs. 8 und 21d Abs. 3 AMA-Gesetz 1992, BGBl. Nr. 376, in der Fassung BGBl. Nr. 664/1994 und BGBl. Nr. 298/1995 für die Bewirtschaftung von Weingartenflächen für das Jahr 1995 einen Agrarmarketingbeitrag in der Höhe von S 3.322,50 binnen einem Monat zur Zahlung vor. Die Beitragsschuld ergebe sich u.a. aus den Angaben der Weingartenerhebung 1992, die der Beschwerdeführerin im Rahmen des Parteiengehörs mitgeteilt worden seien. Die Beschwerdeführerin habe innerhalb der gewährten Frist keine Stellungnahme abgegeben. Der Betrag errechne sich aus der bewirtschafteten Weingartenfläche von 4,43 ha multipliziert mit S 750,--, was S 3.322,50 ergebe.
1.2. In ihrer dagegen erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin - zusammengefasst - aus, die Fülle von näher dargelegten Einflussmöglichkeiten des Bundes im Wege der Zweckmäßigkeitskontrollen und Genehmigungsvorbehalte auf die AMA sowie der nicht vorhandenen eigenen Finanzhoheit derselben führe dazu, dass die "Pflichtbeiträge" als Abgaben zu qualifizieren seien; sie würden durch Hoheitsakt vorgeschrieben und flössen dem Bund zu. Dabei handle es sich um eine Steuer, wenn der Geldleistung eine unmittelbare Gegenleistung nicht gegenüberstehe und um einen Beitrag, wenn der Weinproduzent an der Wirtschaftslenkung des Bundes durch die AMA ein besonderes Interesse habe. Ein derartiges besonderes Interesse des Weinproduzenten an der Förderung (auch) anderer landwirtschaftlicher Sparten, die zum Teil nicht einmal mit ihren eigenen Produkten abgabepflichtig seien, bestünde nicht. Da somit kein Zusammenhang zwischen dem Kreis der Verpflichteten und der Beitragshöhe einerseits und dem speziellen Marketingnutzen andererseits bestehe, bedürfe es keiner weiteren Begründung, dass es sich bei dem Agrarmarketingbeitrag um eine - "wenn auch subtil getarnte Steuer" - und nicht um einen Beitrag handle. Die Einhebung dieser Steuer stehe aber im Widerspruch zur Richtlinie 92/12/EWG und finde in dieser keine Deckung. Die Behörde hätte den diesfalls bestehenden Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts beachten müssen und in Ermangelung einer materiell-rechtlichen Grundlage den Bescheid nicht erlassen dürfen.
1.3. Die belangte Behörde wies mit ihrem Bescheid vom 3. Jänner 1996 unter anderem die Berufung der Beschwerdeführerin ab. Das Vorliegen des Tatbestandes nach § 21c Abs. 1 Z 8 des AMA-Gesetzes ("Bewirtschaftung von Weingartenflächen") bleibe in der Berufung unbestritten. Gemäß § 21d Abs. 3 leg. cit. betrage der Beitrag S 750,-- je Hektar Weingartenfläche, woraus sich der vorgeschriebene Betrag von S 3.322,50 für die Bewirtschaftung von 4,43 ha Weingartenfläche ergebe. Es sei daher - da auch die Beitragsschuldnerschaft im tatsächlichen nicht bestritten sei - davon auszugehen, dass die Vorschreibung des Agrarmarketingbeitrags zu Recht erfolgt sei. Soweit die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung auf einen allenfalls bestehenden Widerspruch zur Richtlinie 92/12/EWG hinweise, sei dem entgegenzuhalten, dass Richtlinien im Regelfall nicht unmittelbar Anwendung fänden; eine Ausnahme bestehe nur dann, wenn durch bestimmte Vorschriften einer Richtlinie Rechte eingeräumt würden, die derart bestimmt gefasst seien, dass den Mitgliedstaaten kein Umsetzungsspielraum bleibe. Dies sei jedoch bei den angesprochenen Bestimmungen der genannten Richtlinie nicht der Fall, selbst wenn der Agrarmarketingbeitrag als Steuer aufgefasst werden sollte.
1.4. Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 8. Juni 1998, B 276/96-12, die Behandlung der dagegen zunächst an ihn gerichteten Beschwerde ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Die Beschwerde rüge die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter. Nach den Beschwerdebehauptungen wäre diese Rechtsverletzung aber zum erheblichen Teil nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen seien zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen insoweit nicht anzustellen. Soweit in der Beschwerde aber verfassungsrechtliche Fragen berührt würden, als die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet werde, lasse das Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und angesichts der Textierung des § 2 Abs. 4 und des § 21i Abs. 3 AMA-G die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.
1.5. Die Beschwerdeführerin bekämpft in ihrer ergänzten Beschwerde den Bescheid der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Als Beschwerdepunkt gibt sie an, der bekämpfte Bescheid verstoße gegen die §§ 21b Z 14 AMA-G im Zusammenhang mit § 21d Abs. 3 leg. cit.; überdies liege dem Bescheid in einem wesentlichen Punkt überhaupt kein Ermittlungsverfahren zugrunde.
1.6. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. In ihrer an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin unter dem Gesichtspunkt der Verletzung ihres Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter die Unzuständigkeit der Behörde erster Instanz geltend. Selbst wenn man - ungeachtet der Formulierung der Beschwerdepunkte im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof - in diesem Vorbringen die Behauptung einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des bekämpften Bescheides erblicken wollte, weil die belangte Behörde - deren Unzuständigkeit nicht behauptet wird - die Unzuständigkeit der AMA nicht wahrgenommen habe, könnte dem der Verwaltungsgerichtshof nicht folgen: Die Beschwerdeführerin leitet die fehlende sachliche Zuständigkeit der AMA aus § 1 zweiter Satz des AMA-Gesetzes 1992 ab.
Aus dieser Bestimmung (in der Fassung durch BGBl. Nr. 298/1995) ergibt sich jedoch - entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht - nicht, dass die AMA unzuständig wäre. Die Verfassungsbestimmung des § 1 zweiter Satz leg. cit. lautet wie folgt: "Soweit durch Bundesgesetz oder durch Verordnungen, die auf Grund von Bundesgesetzen erlassen werden, Aufgaben an die Agrarmarkt Austria (AMA) übertragen werden, können diese Angelegenheiten von der AMA unmittelbar als Bundesbehörde versehen werden." Diese an den Gesetzgeber gerichtete Norm ermöglicht diesem vielmehr, bestimmte durch Gesetz oder Verordnung umschriebene Aufgaben der AMA als Bundesbehörde zu übertragen. Diese hat sie dann entsprechend dem gesetzlichen Auftrag zu vollziehen.
2.2. Die Beschwerdeführerin stützt vor dem Verwaltungsgerichtshof ihre Behauptung der Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides allein darauf, dass § 21b Z 14 AMA-G als "Weingartenflächen" im Rebflächenverzeichnis eingetragene und bepflanzte Flächen definiere; die Eintragung im Rebflächenverzeichnis sei daher keineswegs konstitutiv. Der bekämpfte Bescheid gehe ohne weiteres Ermittlungsverfahren davon aus, dass die fragliche Weingartenfläche auch tatsächlich bepflanzt sei. Da diesbezüglich jegliche Bescheidgrundlage fehle, leide der Bescheid an Rechtswidrigkeit.
Nach § 21c Abs. 1 Z 8 AMA-G ist bei Bewirtschaftung von Weingartenflächen nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen ein Beitrag zu entrichten. Bereits die Behörde erster Instanz ist im Spruch und in der Begründung ihres Bescheides von bewirtschafteten Weingartenflächen im Sinne und unter Zitat dieser Bestimmung ausgegangen. Das nunmehr erstmals erstattete Vorbringen, es lägen keine bewirtschafteten Weingartenflächen vor, verstößt somit gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bestehende Neuerungsverbot.
Weitere Ausführungen zur (einfach gesetzlichen) Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides werden vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht, auch nicht durch Verweisung auf die an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Beschwerdeschrift, gemacht.
2.3. Die Beschwerdeführerin greift vor dem Verwaltungsgerichtshof den Gesichtspunkt einer allfälligen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides nicht auf. Sie erläutert auch in ihrer an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde ihre Ansicht nicht näher, warum die gegenständliche Abgabe gegen die "Art. 95 ff EWGV sowie gegen die Richtlinie 92/12 EWG des Rates vom 25. Februar 1992, ABl. 1992 L 76 (idF RL 92/108/EWG des Rates vom 14. Dezember 1992, ABl. 1992 L 390/124)" verstoßen solle, weshalb eine nähere Auseinandersetzung mit dieser bloßen Behauptung unterbleiben kann. Im Übrigen sei im Hinblick auf die Berufungsausführungen nur angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof schon deshalb keinen Verstoß der vorliegenden Abgabe gegen die Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren erblicken kann, weil die Einhebung eines Agrarmarketingbeitrages bezogen auf Weingartenflächen keine Verbrauchsteuer ist.
2.4. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der Beschwerdepunkte aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.
Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2.5. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf den § 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 20. November 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1998170263.X00Im RIS seit
01.04.2003