TE Vwgh Erkenntnis 2002/11/20 2002/08/0136

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Veröffentlicht am 20.11.2002
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §10;
AlVG 1977 §46;
AlVG 1977 §49 Abs1;
AlVG 1977 §49 Abs2 idF 1996/411;
AlVG 1977 §49 Abs2;
AlVG 1977 §9;
AVG §13a;
AVG §37;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Strohmayer und Dr. Köller, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der Dr. A in W, vertreten durch Dr. Lukas Kozak, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 47-49, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 29. März 2002, LGSW/Abt.10- AlV/1218/56/2001-5630, betreffend Verlust des Arbeitslosengeldes gemäß § 49 Abs. 2 AlVG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt ist zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin - nach Beendigung ihres Beschäftigungsverhältnisses als Geschäftsführerin eines Auktionshauses am 30. September 2000 - am 3. Oktober 2000 beim Arbeitsmarktservice Angestellte Wien, AkademikerInnen und Führungskräfteservice in Wien vorsprach, wobei ihr das gemäß § 46 AlVG bundeseinheitlich aufgelegte Antragsformular ausgehändigt und als Abgabetermin zunächst der 10. Oktober 2000, 8.00 bis 11.30 Uhr, festgesetzt wurde. Dieser Abgabetermin wurde - offenbar aus Anlass der Vorsprache der Beschwerdeführerin an diesem Tag - zur Beibringung einer Arbeitsbescheinigung bis 24. Oktober 2000 erstreckt. In Übereinstimmung mit den diesbezüglichen unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin das Antragsformular am 24. Oktober 2000 beim Arbeitsmarktservice persönlich abgegeben hat.

Aktenkundig ist ferner die am 23. Oktober 2000 ausgestellte Arbeitsbescheinigung (sie trägt keinen Eingangsvermerk) sowie das die Beschwerdeführerin als Geschäftsführerin des Auktionshauses betreffende Kündigungsschreiben vom 29. März 2000 (Kündigung zum 30. September 2000). In einem EDV-Ausdruck (offenkundig ein Bildschirmausdruck) findet sich mit Erstellungsdatum 25. Oktober 2000 die Verfügung der Bezugseinstellung mit 23. Oktober 2000, wobei in der Rubrik Hinweis eingetragen ist "Impulstag NE" (was offenbar soviel wie "Nicht erschienen" bedeuten soll). Aktenvermerke, EDV-Eintragungen oder sonstige Aktenstücke finden sich in diesem Akt erstmals wieder frühestens mit Datum 16. Jänner 2001.

Mit Bescheid vom 16. Jänner 2001 sprach das Arbeitsmarktservice Versicherungsdienste Wien für die Bezirke 9, 17 bis 19 aus, dass die Beschwerdeführerin gemäß § 49 AlVG ab dem 23. Oktober 2000 kein Arbeitslosengeld erhalte. Nach Zitierung des § 49 wird dieser Bescheid damit begründet, das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass die Beschwerdeführerin den Kontrolltermin am 23. Oktober 2000 (Teilnahme am Impulstag) nicht eingehalten habe.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Darin bestritt sie, dass ihr eine Kontrollmeldung im Sinne des § 49 AlVG wirksam vorgeschrieben worden und sie über die mit der Nichteinhaltung des Kontrolltermins verbundenen Rechtsfolgen belehrt worden sei. Es sei ihr keine Mitteilung darüber gemacht worden, dass der Termin für den Impulstag für sie verbindlich wäre, und sie sei auch nicht über die mit der Nichteinhaltung dieses Termins verbundenen Rechtsfolgen belehrt worden. Es sei bei dem Gespräch mit der Beraterin am 3. Oktober 2000 überhaupt keine Rede davon gewesen, dass die Beschwerdeführerin am Impulstag hätte teilnehmen sollen. Sie habe sowohl den Termin 10. Oktober 2000 persönlich wahrgenommen als auch die Arbeitsbescheinigung am 23. Oktober 2000 von ihrem ehemaligen Arbeitgeber persönlich abgeholt und am frühen Vormittag des nächsten Tages, dh. am 24. Oktober 2000, beim Arbeitsmarktservice Versicherungsdienste persönlich abgegeben, um die gesetzte Frist einzuhalten.

Die belangte Behörde hielt der Beschwerdeführerin zu Handen ihres Rechtsvertreters mit Schreiben vom 11. Mai 2001 vor, dass ihr - wie allen Kunden des Arbeitsmarktservice, die direkt aus einem Dienstverhältnis kämen - gemeinsam mit dem Arbeitslosengeldantragsformular das "Seminarticket" ausgefolgt worden sei und sie zu dem Bewerbungsimpulstag am 23. Oktober 2000 eingeladen worden sei, welches Datum von der Betreuerin in dem der Beschwerdeführerin überreichten "Folder" eingetragen worden sei. Auf die Verpflichtung zur Teilnahme an dieser Veranstaltung sei die Beschwerdeführerin aufmerksam gemacht und die "Meldepflichten besprochen worden". Zu dem Impulstag sei die Beschwerdeführerin nicht erschienen, Kontakte mit dem Arbeitsmarktservice, "außer denen bei der Antragsausgabe und der Antragsrücknahme" seien nicht erfolgt, solche seien erst wieder nach Aufnahme einer neuen Beschäftigung durch die Beschwerdeführerin mit 1. Jänner 2001 ab 8. Jänner 2001 feststellbar.

In einer Stellungnahme zu diesem Vorhalt legte die Beschwerdeführerin eine Ablichtung der ihr ausgestellten Terminkarte vor. Diese enthält als einzige Eintragung vom 3. Oktober 2000 quer über die Rubriken "Neuer Termin/Anmerkungen/Termin" den Vermerk "telef. bis 24. November 00". Ferner enthält diese Terminkarte (vorgedruckt) eine Belehrung über die Rechtsfolgen des § 49 Abs. 2 AlVG der Versäumung von Kontrollmeldungen. Dazu brachte die Beschwerdeführerin vor, dass der Impulstag in diese Terminkarte nicht eingetragen worden sei. Man habe sie nicht darüber belehrt oder darauf aufmerksam gemacht, dass dieser Impulstag einen Kontrolltermin im Sinne des Gesetzes darstellen würde, dass er für sie verbindlich wäre und sie sei auch nicht über die mit der Nichteinhaltung dieses Termins verbundenen Rechtsfolgen belehrt worden. Die gesetzlichen Kriterien für den Verlust des Anspruchs seien daher nicht erfüllt.

Die belangte Behörde hat in der Folge die Betreuerin der Beschwerdeführerin als Zeugin vernommen. Diese gab zum Vorbringen der Beschwerdeführerin an, dass eine Rechtsbelehrung "absolut immer und jedem Kunden erteilt wird", es sich insbesondere in Zeiten erhöhter Kundenfrequenz "um einen gleichsam automatisiert ablaufenden Vorgang" handle. Sie könne daher ausschließen, eine solche Belehrung unterlassen zu haben. Sie habe sich dabei stark an die gesetzliche Formulierung gehalten, die zu keinerlei Missverständnissen und Missstimmigkeiten geführt habe. Das Gespräch sei unauffällig und tendenziell kooperativ verlaufen. Die Meldekarte sei vom Sekretariat ausgestellt und für die Beraterin dann Grundlage der Reihenfolge des Kundenaufrufs geworden.

Nach der Antragsausgabe und den damit verbundenen Erläuterungen über den Ablauf der Antragsabgabe habe die Beraterin der Beschwerdeführerin die Möglichkeit einer Inseratschaltung angeboten und den Folder zum Impulstag ausgehändigt. Die Teilnahme an diesem Impulstag stelle den ersten Schritt in dem routinemäßigen Betreuungsverlauf dar und sei "verpflichtend vorgesehen für alle neu arbeitslos gemeldeten Personen". In eine dafür vorgesehene Zeile auf dem betreffenden Folder habe die Beraterin "den über die EDV vorgegebenen Termin" eingetragen. Gleichzeitig habe sie eine "EDV-technische Zubuchung zum SDG (AMSinternen Maßnahmendatei)" vorgenommen. Die Vorgangsweise, dass der Termin für den Impulstag in der Kundenmeldekarte eingetragen werde, sei nicht üblich gewesen, da der Termin ja auf dem Folder selbst festgehalten würde. Dieser beinhalte auch einen Abschnitt, der vom "Kunden/der Kundin am Impulstag ausgefüllt mit der Sozialversicherungsnummer und dem Namen abzugeben war, und zwar als Nachweis für die Teilnahme und Rückmeldung an die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice, konkret an die Kursbetreuerin". Eine weitere Kontaktaufnahme mit der Beschwerdeführerin sei nicht erfolgt.

Diese Aussage wurde dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht, der dazu eine Äußerung abgab, in der nicht nur die bisherige Darstellung der Beschwerdeführerin bekräftigt, sondern überdies der belangten Behörde ein (Leer-)Formular "Niederschrift gemäß § 49 AlVG" zum Beweis dafür vorgehalten wurde, dass solche Formulare zwar offenkundig vorgesehen, im gegenständlichen Fall ein solches Formular aber nicht ausgefüllt und der Beschwerdeführerin zur Unterfertigung vorgelegt worden sei. Dieses Formular enthält den Namen der Beraterin als Leiterin der Verhandlung, nennt als Gegenstand der Verhandlung die Vorschreibung einer Kontrollmeldung gemäß § 49 AlVG und enthält den von der Arbeitslosen zu unterfertigenden Text "ich nehme zur Kenntnis, dass mir für den ... ein Kontrolltermin für folgende Maßnahme vorgeschrieben wurde:

"Bewerbungsimpulstag

Kongresshaus, 1050 Wien, Margartengürtel 138

...

Rechtsbelehrung: Sollte ich einen Kontrolltermin versäumen, ohne mich mit einem triftigen Grund zu entschuldigen, so habe ich vom Tag der versäumten Kontrollmeldung an bis zur Geltendmachung des Fortbezuges keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe. Für die ersten 62 Tage kann es überdies zu einem Anspruchsverlust kommen.

Ein Exemplar dieser Niederschrift habe ich erhalten."

Darauf reagierte die belangte Behörde mit der Rückfrage, wie die Beschwerdeführerin in den Besitz der Kopie des Niederschriftsformulares gekommen sei, da die Beraterin ausschließe, dass ein derartiges Formular blanko die Dienststelle verlassen habe. Der vorletzte Absatz des Formulares zeige, dass die Beschwerdeführerin eine Rechtsbelehrung über den Kontrolltermin erhalten habe. In einer weiteren Stellungnahme trug die Beschwerdeführerin dazu vor, dass sie eine mit einer anderen Person aufgenommene Niederschrift in anonymisierter Form vorgelegt habe. Im Übrigen blieb sie bei ihrem Standpunkt.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens geht die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides sachverhaltsmäßig davon aus, dass der Beschwerdeführerin "wie für alle Kunden des Arbeitsmarktservice, die direkt aus einem Dienstverhältnis kommen" ein so genanntes "Seminarticket" in Form eines "Folder zum Impulstag" ausgehändigt worden sei. Diese Teilnahme stelle den ersten Schritt zu einem routinemäßigen Betreuungsverlauf dar und sei für alle neu arbeitslos gemeldeten Personen verpflichtend. In eine dafür vorgesehene Zeile in diesem Folder sei der Termin, in diesem Fall der 23. Oktober 2000, eingetragen und gleichzeitig die "EDV-technische Zubuchung zu dieser Maßnahme" vorgenommen worden. Die "festgeschriebene Vorgangsweise weist in Punkt 2 darauf hin, dass auf die verpflichtende Veranstaltung und § 49 AlVGVeranlassung hinzuweisen ist". Dementsprechend und gleichzeitig sei die Rechtsbelehrung zur verpflichtenden Teilnahme auch an dieser Maßnahme mit dem Hinweis darauf erteilt worden, dass eine Nichteilnahme zur Einstellung des Arbeitslosengeldes führen könne. Die dargestellte Vorgangsweise erkläre auch, "warum der Termin (der verpflichtenden Teilnahme in dem obligatorisch vorgeschriebenen Impulstag)" nicht in der Terminkarte eingetragen worden sei. Das Erteilen einer solchen Rechtsbelehrung sei ein gleichsam "automatisiert ablaufender Vorgang", der nie entfalle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 49 AlVG in der im Beschwerdefall zeitraumbezogen

anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 411/1996 lautet:

"Kontrollmeldungen

§ 49. (1) Zur Sicherung des Anspruches auf den Bezug von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe hat sich der Arbeitslose monatlich mindestens einmal bei der nach seinem Wohnort zuständigen regionalen Geschäftsstelle unter Vorweisung der Meldekarte persönlich zu melden. Je nach der Situation auf dem Arbeitsmarkt kann die regionale Geschäftsstelle die Einhaltung von Kontrollmeldungen gänzlich nachsehen, die Zahl der einzuhaltenden Kontrollmeldungen herabsetzen oder öftere Kontrollmeldungen vorschreiben. Die regionale Geschäftsstelle kann auch öftere Kontrollmeldungen vorschreiben, wenn der begründete Verdacht besteht, dass das Arbeitslosengeld bzw. die Notstandshilfe nicht gebührt. Die näheren Bestimmungen über die Kontrollmeldungen trifft die Landesgeschäftsstelle. Die Landesgeschäftsstelle kann auch andere Stellen als Meldestellen bezeichnen.

(2) Ein Arbeitsloser, der trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine Kontrollmeldung unterlässt, ohne sich mit triftigen Gründen zu entschuldigen, verliert vom Tage der versäumten Kontrollmeldung an bis zur Geltendmachung des Fortbezuges den Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe. Liegen zwischen dem Tag der versäumten Kontrollmeldung und der Geltendmachung mehr als 62 Tage, so erhält er für den übersteigenden Zeitraum kein Arbeitslosengeld bzw. keine Notstandshilfe. Der Zeitraum des Anspruchsverlustes verkürzt sich um die Tage einer arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigung, die er in diesem Zeitraum ausgeübt hat. Ist die Frage strittig, ob ein triftiger Grund für die Unterlassung der Kontrollmeldung vorliegt, so ist der Regionalbeirat anzuhören."

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hängt die Versagung des Anspruches auf Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung im Sinne des § 49 Abs. 2 AlVG von der wirksamen Vorschreibung einer Kontrollmeldung und diese wieder zumindest von der Möglichkeit einer Kenntnisnahme einerseits von dieser Vorschreibung, andererseits von der Belehrung über die mit der Nichteinhaltung des Kontrolltermins verbundenen Rechtsfolgen durch den Arbeitslosen ab (vgl. das Erkenntnis vom 4. Mai 1999, Zl. 99/08/0002). Im Hinblick darauf, dass eine Belehrung über die Rechtsfolgen der Unterlassung einer Kontrollmeldung eine wesentliche Tatbestandsvoraussetzung für den Eintritt der Rechtsfolgen des § 49 Abs. 2 AlVG darstellt, bedarf es einer derartigen Feststellung bzw Auseinandersetzung durch die belangte Behörde (vgl die Erkenntnisse vom 19. September 1989, Zl. 88/08/0295, vom 11. Mai 1993, Zl. 92/08/0145, und vom 21. Juni 2000, Zl. 95/08/0302).

Wurden dem Arbeitslosen bisher (oder durch längere Zeit) keine Kontrollmeldungen vorgeschrieben, so vermag die bloße Übergabe der "Terminkarte", in der auf die ebenfalls wiedergegebene Bestimmung des § 49 Abs. 2 AlVG hingewiesen wird, keine ausreichende Rechtsbelehrung im Sinne des § 49 Abs. 2 AlVG darzustellen. In diesem Fall bedarf es - der Bestimmung des § 13a AVG entsprechend - einer zusätzlichen mündlichen (oder schriftlichen) Belehrung (vgl. die Erkenntnisse vom 11. Mai 1993, Zl. 92/08/0145, und vom 21. Juni 2000, Zl. 95/08/0302).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung erweist sich die Begründung des angefochtenen Bescheides als mangelhaft:

Ebenso wenig wie nach der vorzitierten Rechtsprechung bei jemandem, dem noch nie ein Kontrolltermin vorgeschrieben wurde, die Aushändigung der Terminkarte genügt, würde es genügen, wäre der Beschwerdeführerin in einer solchen Konstellation bloß ein Folder über eine Impulsveranstaltung mit Terminangabe ausgehändigt worden. Die Frage, ob die Beschwerdeführerin auf den Termin als Kontrolltermin ausdrücklich aufmerksam gemacht und ihr eine entsprechende Belehrung iS des § 49 AlVG erteilt worden ist, ist daher für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides maßgebend.

Die belangte Behörde stützt sich in diesem Zusammenhang in der Begründung ihres Bescheides auf die Zeugenaussage der Betreuerin und begnügt sich damit, im Zusammenhang mit ihren Feststellungen über die Aushändigung des "Folders" zum Impulstag an die Beschwerdeführerin (welche von dieser zu keinem Zeitpunkt bestritten wurde) unter Berufung auf die "festgeschriebene Vorgangsweise", dass auf die "verpflichtende Veranstaltung und § 49 Veranlassung hinzuweisen" sei, davon auszugehen (arg.:

"dementsprechend und gleichzeitig wurde die Rechtsbelehrung ... erteilt"), dass bei der Beschwerdeführerin genau dieser Vorgang eingehalten worden sei. Als weiteres "Begründungselement" verwendet die belangte Behörde noch den Hinweis "das Erteilen einer solchen Rechtsbelehrung ist ein gleichsam automatisiert ablaufender Vorgang, der nie entfällt". Das Unterbleiben der Aufnahme der Niederschrift wird von der belangten Behörde offenbar unter die Kategorie "die wenigen festzustellen gewesenen Abweichungen vom Regelfall" (als für die Beweiswürdigung daher von geringem Gewicht) eingeordnet.

Zunächst ist die belangte Behörde darauf hinzuweisen, dass sie festzustellen hat, welche Vorgangsweise konkret bei der Beschwerdeführerin eingehalten wurde, und nicht, welche "im Normalfall" bei ihr einzuhalten gewesen wäre. Die von der belangten Behörde (wie schon von der Zeugin bei ihrer Einvernahme) vorgenommene Schlussfolgerung vom "Sollen" auf das "Sein" entspricht nicht den Denkgesetzen. Die belangte Behörde hat auch nicht aufgeklärt, wie es trotz "automatisiert ablaufender Routine" zu den (für die Beurteilung des tatsächlichen Informationsstandes der Beschwerdeführerin wesentlichen und daher insoweit ) beträchtlichen Abweichungen von dieser Routine (Unterbleiben der Aufnahme einer Niederschrift und Unterbleiben einer Eintragung in der Meldekarte) kommen konnte. Die belangte Behörde begnügt sich in diesem Zusammenhang mit der Wiedergabe der Aussage der als Zeugin vernommenen Beraterin, die aber - abgesehen von der Behauptung, sie unterlasse eine solche Belehrung nie - keine konkreten Behauptungen darüber enthält, auf welche Weise die Beschwerdeführerin über die Eigenschaft des bloß in den Folder eingetragenen Termins als "Kontrolltermin" und über die bei Nichteinhaltung des Termins eintretenden Rechtsfolgen von ihr tatsächlich belehrt worden ist und warum sie die dafür vorgesehenen Formulare nicht verwendet hat. Die Behörde hat auch Widersprüche nicht aufgeklärt: Die Angaben der Zeugin, dass sie - in Übereinstimmung mit der Beschwerdeführerin - davon ausgegangen sei, die Beschwerdeführerin werde auf Grund ihrer Biographie und ihres Bekanntheitsgrades in Kürze auch ohne Vermittlungsversuch des Arbeitsmarktservice alsbald wieder eine Stelle finden, lassen keinen vernünftigen Grund dafür erkennen, der Beschwerdeführerin im ersten Monat ihrer Arbeitslosigkeit für einen Zeitpunkt vor Ablauf der Frist für die Abgabe des Antragsformulars verpflichtend einen Kontrolltermin in Form des "Impulstages" vorzuschreiben. Die Behörde hätte daher diesen Umstand in ihre Beweiswürdigung einzubeziehen und darzulegen gehabt, aus welchen Gründen die dennoch meinte, der Darstellung der Betreuerin als vollkommen unbedenklich folgen zu können. Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als unzureichend begründet.

Der angefochtene Bescheid leidet aber nicht nur an für sein Ergebnis relevanten Begründungsmängeln, er ist auch inhaltlich rechtswidrig:

§ 49 AlVG lässt es nicht zu, die Teilnahme einer arbeitslos gemeldeten Person an Veranstaltungen, bei denen weder im Sinne des § 9 AlVG Vermittlungsversuche (wie dies bei Arbeitsplatzbörsen der Fall sein mag), noch (Schulungs-, Ausbildungs- oder Eingliederungs-)Maßnahmen vorgenommen werden sollen, zu denen also Zuweisungen im Sinne der §§ 9 und 10 AlVG nicht zulässig sind, im Wege der Vorschreibung eines Kontrolltermins verpflichtend (mit den möglichen Rechtsfolgen des § 49 Abs. 2 AlVG) zu gestalten.

§ 49 AlVG lässt es seinem klaren Wortlaut nach nur zu, Kontrolltermine in der Weise vorzuschreiben, dass sich der Arbeitslose "monatlich mindestens einmal bei der nach seinem Wohnort zuständigen regionalen Geschäftsstelle unter Vorweisung der Meldekarte persönlich zu melden" hat. Die Behörde darf zwar gem. § 49 Abs. 1 zweiter und dritter Satz AlVG die Zahl der Kontrolltermine erhöhen oder vermindern, nicht aber den Ort der Meldung verändern. Aus dem im Gesetz genannten Zweck der Kontrollmeldung, nämlich "zur Sicherung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld bzw Notstandshilfe", ergibt sich nämlich, dass die Kontrollmeldung der Kontrolle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen für den Leistungsbezug, wie z.B. der Arbeitslosigkeit, der Verfügbarkeit, der Arbeitswilligkeit und der Arbeitsfähigkeit bzw. - wie die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides selbst erkennt - der Abklärung des Ergebnisses von Vermittlungsversuchen und der Planung von Maßnahmen dient. Die Teilnahme an einem außerhalb der regionalen Geschäftsstelle abgehaltenen "Impulstag" kann daher - sofern nicht die Voraussetzungen des § 9 AlVG auf ihn zutreffen - einer arbeitslosen Person nicht im Wege des § 49 AlVG verpflichtend vorgeschrieben werden.

Ebenso wenig - worauf im Hinblick auf die Eintragung in der Meldekarte der Beschwerdeführerin vorsorglich hingewiesen sei - lässt es das Gesetz zu, einer arbeitslosen Person die Aufnahme eines bloß telefonischen Kontaktes mit der Sanktionswirkung des § 49 Abs. 2 AlVG vorzuschreiben.

Schließlich geht die belangte Behörde auch noch rechtsirrig von einer fehlenden Wiedermeldung der Beschwerdeführerin aus, hat diese doch am 24. Oktober 2000 bei der regionalen Geschäftstelle vorgesprochen und das Antragsformular fristgerecht abgegeben. Der Umstand, dass eine Wiedermeldung "nach der damaligen Organisation des Arbeitsmarktservice auch an anderer Stelle" vorzunehmen gewesen wäre, kann der Beschwerdeführerin schon deshalb nicht entgegengehalten werden, weil das Gesetz, welches nur die Geltendmachung des "Fortbezuges" nennt, darauf nicht abstellt. Es ist vielmehr Sache des Arbeitsmarktservice, seine Organisation so zu gestalten, dass in jenen Fällen, in denen das Gesetz mit gutem Grund eine persönliche Vorsprache anordnet, diese Vorsprache so organisiert wird, dass sie den durch ihre Anordnung vom Gesetzgeber offenkundig intendierten Zweck erfüllen kann (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 2002, Zl. 2002/08/0041). Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass in der Abgabe des Antragsformulars (welche den zweiten Schritt zur Antragstellung im Sinne des § 46 AlVG darstellt) eine Geltendmachung des Bezugsanspruches im Sinne des § 49 Abs. 2 erster Satz AlVG zu erblicken ist.

Fraglich kann im Hinblick auf die Wortwahl des Gesetzgebers in § 49 Abs. 2 AlVG (arg. "Fortbezug") daher nur sein, ob eine Kontrollmeldung überhaupt verfügt werden darf, ehe ein Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld wirksam gestellt worden ist, und ein Fortbezug (im strengen Wortsinn) daher schon nach dem Sprachgebrauch noch gar nicht in Betracht kommt. Diese Frage kann aber hier offen bleiben, weil sich schon aus dem Vorgesagten ergibt, dass der angefochtene Bescheid sich in mehrfacher Hinsicht als inhaltlich rechtswidrig erweist.

Der angefochtene Bescheid war daher - wegen des Vorranges dieses Aufhebungsgrundes - gem. § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 20. November 2002

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002080136.X00

Im RIS seit

05.03.2003

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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