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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §57 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Racek, über die Beschwerde des JU in A, vertreten durch Waldbauer & Paumgarten & Naschberger, Rechtsanwälte Partnerschaft, in 6332 Kufstein, Josef-Egger-Straße 3, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 4. April 2002, Zl. WA 4618-9/02, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Waffenrechtssache, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 26. Februar 2002 entzog die Bezirkshauptmannschaft Kufstein "gemäß § 25 (3) iVm § 8 (1) Ziff. 2 Waffengesetz 1996 i.d.g.F. und in Verbindung mit § 57 Allgemeines Verwaltungsstrafgesetz 1991" den Waffenpass des Beschwerdeführers. Begründend führte sie aus, Organe des zuständigen Gendarmeriepostens hätten am 19. Februar 2002 festgestellt, dass der Beschwerdeführer eine näher genannte Faustfeuerwaffe in geladenem Zustand in einem unversperrten, ebenerdigen Kellerraum offenliegend aufbewahrt und somit nicht sorgfältig verwahrt habe. Der Beschwerdeführer sei daher gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 Waffengesetz 1996 nicht mehr als verlässlich anzusehen, sodass gemäß § 25 Abs. 3 Waffengesetz 1996 mit Entziehung der waffenrechtlichen Urkunde vorzugehen gewesen sei.
In der Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheides verwies die belangte Behörde auf die Möglichkeit, Berufung zu erheben, die den angefochtenen Bescheid zu bezeichnen und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten habe.
Mit Schriftsatz vom 11. März 2002 erhob der Beschwerdeführer gegen den genannten Bescheid das Rechtsmittel der Berufung, die die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig zurückwies. Begründend führte sie aus, beim Bescheid der Behörde erster Instanz handle es sich um einen so genannten "Mandatsbescheid (gemäß § 57 Abs. 1 AVG)". Dagegen stehe der Partei nur das Rechtsmittel der Vorstellung zur Verfügung, die Einbringung einer Berufung gegen einen Mandatsbescheid sei der Partei hingegen verwehrt. Auch die Tatsache "der (falschen) Rechtsmittelbelehrung" im Bescheid der Erstbehörde, die auf die Möglichkeit einer Berufung hingewiesen habe, könne die Zulässigkeit eines vom Gesetz nicht vorgesehenen Rechtsmittels nicht eröffnen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Gemäß § 57 Abs. 1 AVG ist die Behörde berechtigt, einen Bescheid auch ohne vorangehendes Ermittlungsverfahren zu erlassen, wenn es sich um die Vorschreibung von Geldleistungen nach einem gesetzlich, statutarisch oder tarifmäßig feststehenden Maßstab oder bei Gefahr im Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt.
Nach § 57 Abs. 2 AVG kann gegen einen nach Abs. 1 erlassenen Bescheid bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden.
Die belangte Behörde geht zunächst zwar zutreffend davon aus, dass bei Erlassung eines Mandatsbescheides lediglich die Einbringung einer Vorstellung, nicht aber auch einer Berufung zulässig ist. Wurde daher das gegen einen Mandatsbescheid erhobene Rechtsmittel nicht bloß falsch bezeichnet, sondern ein falsches Rechtsmittel (an die als zuständig erachtete Berufungsbehörde) eingebracht, so ist dieses nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zurückzuweisen (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 21. März 1997, Zl. 97/02/0037, zum Waffengesetz die hg. Erkenntnisse vom 28. März 1996, Zl. 95/20/0053, und vom 18. September 1997, Zl. 97/20/0429, sowie die weitere in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, E 30 ff zu § 57 AVG referierte Judikatur).
Im vorliegenden Fall bringt der Beschwerdeführer gegen die im angefochtenen Bescheid vertretene Auffassung, der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 26. Februar 2002 sei ein Bescheid iS des § 57 Abs. 1 AVG, vor, dass letztgenannter Bescheid keinesfalls als Mandatsbescheid erkennbar gewesen sei. Der Beschwerdeführer weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kufstein die Bezeichnung "Mandat" oder "Mandatsbescheid" nicht enthält. Entgegen der (weiteren) Beschwerdemeinung kommt es aber bei der Frage, ob ein Bescheid iS des § 57 Abs. 1 AVG vorliegt, nicht darauf an, ob die Voraussetzungen dieser Gesetzesbestimmungen erfüllt sind. Maßgeblich ist vielmehr, ob sich der Akt der Behörde auf § 57 Abs. 1 AVG gestützt hat (und nicht darauf, ob er sich darauf stützen konnte; vgl. Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht,
7. Auflage, Rz 572, mit Verweis auf die Judikatur).
Im vorliegenden Fall nimmt der Bescheid vom 26. Februar 2002 weder in seinem Spruch noch in seiner Begründung Bezug auf die Bestimmung des § 57 Abs. 1 AVG, sondern stützt sich ausschließlich auf die Rechtsvorschriften des Waffengesetzes 1996 und (im Spruch) auf "§ 57 Allgemeines Verwaltungsstrafgesetz 1991". Da es sich beim genannten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kufstein somit nicht um einen Mandatsbescheid iS des § 57 Abs. 1 AVG handelt - § 57 VStG kommt für die Erlassung eines solchen Bescheides nicht in Betracht -, war die Erhebung einer Berufung gegen diesen Bescheid zulässig.
Indem die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers als unzulässig zurückwies, hat sie die Rechtslage unrichtig beurteilt, sodass der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.
Wien, am 21. November 2002
Schlagworte
Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002200256.X00Im RIS seit
27.02.2003