TE Vwgh Erkenntnis 2002/11/21 2002/07/0108

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Veröffentlicht am 21.11.2002
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

AVG §37;
VwRallg;
WRG 1959 §30 Abs1;
WRG 1959 §30 Abs2;
WRG 1959 §31 Abs1;
WRG 1959 §31 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde des L in G, vertreten durch Dr. Wilfried Mayer, Dr. Michael Schneditz-Bolfras, Dr. Franz Vierthaler und Dr. Christoph Mizelli, Rechtsanwälte in 4810 Gmunden, Marktplatz 16, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 22. Juli 2002, Zl. Ge- 450594/2-2002-Pol/Sta, betreffend einen Auftrag nach § 31 Abs. 3 WRG 1959, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft G schrieb dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 18. Februar 2002 gemäß § 31 Abs. 3 WRG 1959 folgende Maßnahmen vor:

"1. Zur Abklärung der vorhandenen Restbelastung an der Südseite der Garage des Wohnhauses ... sind zwei Rammkernsondierungen mit einer Gesamttiefe von 2,5 m bzw. max. bis zum anstehenden Fels herzustellen. Der Abstand von der Garagenaußenwand hat 1 m zu betragen. Eine Sonde ist in der Flucht des südwestlichen Garageneckes und die zweite 3 m östlich davon herzustellen. Auf bestehende Einbauten, wie Telefonleitungen, Stromkabel, Wasserleitungen und Kanäle ist besonders Bedacht zu nehmen.

2. Auf der Nordseite des Wohnhauses .... sind zwei Rammkernsondierungen mit einer Gesamttiefe von 2,5 m bzw. max. bis zum anstehenden Fels, wie im angeschlossenen Lageplan dargestellt, herzustellen. Auf bestehende Einbauten, wie Telefonleitungen, Stromkabel, Wasserleitungen und Kanäle ist besonders Bedacht zu nehmen. Die Lage ist im Ãœbersichtsplan dargestellt.

3. Bei den 4 Rammkernsonden sind durch eine befugte Person oder Anstalt aus dem Bereich der wesentlichen Bodenschichten (sandiger Kies und Feinsand) Bodenproben zu entnehmen und auf den Gehalt an Gesamtkohlenwasserstoffen in mg/kg Trockensubstanz und Eluat untersuchen zu lassen. Jedenfalls sind Bodenproben bei optisch und/oder organoleptisch festgestellten Belastungsschwerpunkten zu entnehmen und zu untersuchen.

4. Zur Klärung der Frage des tatsächlichen Produktes ist bei einer belasteten Bodenprobe die Produktart analytisch festzustellen.

5. Ãœber die durchgeführten Sondierungen und die Analysenergebnisse ist ein Bericht zu verfassen und ist dieser der Behörde bis 30. 6. 2002 vorzulegen.

6.

die Sondierungsarbeiten sind bis 30. 4. 2002 zu beginnen.

7.

Bei der Durchführung der Arbeiten sind die einschlägigen technischen Richtlinien und Regelwerke zu beachten. Der Beginn der Sondierung ist eine Woche vorher - per Fax an die Abteilung Wasserbau, BauW-II, Herrn Ing. G. ... Fax Nr. ... mitzuteilen."

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er vorbrachte, entgegen den Annahmen der Behörde sei die durch Austritt von Dieseltreibstoff in den Jahren 1969 bis 1971 eingetretene Kontamination auf eine Zapfvorrichtung zurückzuführen, die die M.-GesmbH auf der von ihm in Bestand gegebenen Liegenschaft errichtet habe. Er selbst habe lediglich im Namen und auf Rechnung der M.-GesmbH. Treibstoffe verkauft. Auf Grund der getroffenen Vereinbarungen sei auch klar gewesen, dass die Verpflichtung zur Instandhaltung und Wartung der betreffenden Anlagen ausschließlich die M.-GesmbH getroffen habe. Manipulationen an der Anlage seien ihm ausdrücklich untersagt gewesen. Die M.-GesmbH habe schließlich auch nach Bekanntwerden der Undichtheit der Anlage die Eigentümer der damals von Schäden betroffenen Liegenschaft schadlos gehalten. Eine Unterlassung seinerseits sei nicht vorgelegen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit §§ 31 Abs. 3, 30 und 31a WRG 1959 ab. Sie begründete dies damit, dass der M.-GesmbH mit Bescheid der Gewerbebehörde vom 11. Dezember 1952 die betriebsanlagenrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Tankstelle auf Grundstück Nr. 272/2 KG Gosau erteilt worden sei. Anlässlich der Auflassung dieser Betriebsanlage habe die Gewerbebehörde mit Bescheid vom 6. Oktober 1987 letztmalige Vorkehrungen aufgetragen. Im Zuge von Grabungsarbeiten an zwei Häusern in Gosau seien in der Folge im Oktober 1995 Ölkontaminationen festgestellt worden. Nach Erstattung eines Gutachtens über die festgestellten Ölkontaminationen habe bei einem am 20. Februar 1997 vorgenommenen Lokalaugenschein festgestellt werden müssen, dass die Sanierungsarbeiten nicht vollständig durchgeführt worden seien, weshalb die Behörde erster Instanz der Rechtnachfolgerin der M.- GesmbH, der O-AG, mit Bescheid vom 3. März 1997 zusätzliche Maßnahmen aufgetragen habe.

Dieser Bescheid sei von der belangten Behörde mit Bescheid vom 30. Juni 1999 behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Bezirkshauptmannschaft Gmunden zurück verwiesen worden. Nach einem ergänzenden Ermittlungsverfahren habe die Behörde erster Instanz einen neuerlichen wasserpolizeilichen Auftrag an die O-AG erlassen, welcher wiederum mit Bescheid der belangten Behörde vom 9. Oktober 2001 behoben worden sei.

Auf Grund weiterer Ermittlungen durch die Behörde erster Instanz habe festgestellt werden können, dass die Tankstelle auf einem damals im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Grundstück errichtet worden sei. Die Tankstelle sei auf Grund eines Tankstellenvertrages der M.-GesmbH mit dem Beschwerdeführer vom 23. Juni 1965 geführt worden, wobei dieser als "selbstständiger Agent" tätig gewesen und für die Einhaltung aller gewerbebehördlichen, baupolizeilichen und verkehrspolizeilichen sowie sonstigen behördlichen Vorschriften und insbesondere für die klaglose Abwicklung des gesamten Tankstellenbetriebes sowie des Kundenverkehrs verantwortlich gewesen sei. Instandsetzungen hätten nur durch Beauftragte des M.-GesmbH vorgenommen werden dürfen. Für die Lagerung von Dieselfässern auf der Südseite des Gebäudes sei keine betriebsanlagenrechtliche Genehmigung erteilt worden.

Dazu habe der Beschwerdeführer angegeben, dass damals ca. 5 bis 6 Dieselfässer zur Manipulation bereit gestanden seien. Im Jahr 1968 seien ein Dieseltank mit ca. 2.000 l und eine Zapfsäule geliefert worden, um den steigenden Dieselverbrauch abzudecken. In der Folge sei die Dieselzapfsäule bei einem Rohr leck geworden und eine unbekannte Menge ins Erdreich eingesickert, was vom Beschwerdeführer nicht bemerkt worden sei. Nach Entdecken des Leckes durch einen Monteur sei der Verkauf von Diesel sofort eingestellt worden. Die Sanierung des Kellerbodens des damals von den Schäden betroffenen Hauses von Nachbarn sei von der M.-GesmbH übernommen worden.

Nach Wiedergabe der Bestimmungen der §§ 30 und 31 Abs. 3 WRG 1959 fuhr die belangte Behörde fort, sie gehe davon aus, dass die M.-GesmbH ab 1955 eine öffentliche Tankstelle auf dem Grundstück Nr. 272/2 KG Gosau errichtet habe, wobei der Betrieb zumindest zwischen 1965 und 1971 vom Beschwerdeführer als selbstständigem Gewerbetreibenden erfolgt sei. Der Beschwerdeführer habe auf Gefahr und Rechnung der M.-GesmbH Treibstoff verkauft, wobei die Anlagen im Eigentum der Konsensinhaberin verblieben seien. Im Jahre  1971 seien Manipulationen bei der im südlichen Bereich des Gebäudes gelegenen Dieselöllagerung erfolgt und sei dieser Ölunfall ursächlich dafür gewesen, dass vermutlich bis dato Restbelastungen im Grundwasser gegeben seien, zu deren Erkundung nunmehr der gegenständliche wasserpolizeiliche Auftrag erlassen worden sei. Weder von der M.- GesmbH noch von ihrer Rechtsnachfolgerin, der O-AG, noch vom Beschwerdeführer selbst sei eine betriebsanlagenrechtliche Genehmigung für den Verkauf von Dieseltreibstoff im Rahmen des Tankstellenbetriebes oder für die Lagerung erwirkt worden. Vom Beschwerdeführer sei der Treibstoffverkauf im Rahmen des übrigen Tankstellenbetriebes erfolgt.

Dieser Sachverhalt sei nicht bestritten worden und ergebe sich auch aus dem vorliegenden Tankstellenvertrag vom 23. Juni 1965.

Der Beschwerdeführer sei als selbstständiger Gewerbetreibender ausschließlich für die Einhaltung der Rechtsvorschriften, insbesondere auch für die klaglose Abwicklung des gesamten Tankstellenbetriebes verantwortlich gewesen. Auch wenn der Verkauf von Treibstoff im Namen und auf Rechnung der M.- GesmbH erfolgt sei und die Einrichtungsgegenstände in ihrem Eigentum gestanden seien, so sei er alleine für die pflegliche Behandlung der Anlage und der Einrichtungsgegenstände verantwortlich. Dies ergebe sich insbesondere aus Pkt. 6) und 7) des Tankstellenvertrages vom 23. Juni 1965 bzw. 7. September 1953. Dem Beschwerdeführer sei somit die Sachherrschaft über die gegenständliche Anlage zugekommen. Für die Verpflichteteneigenschaft nach § 31 Abs. 3 WRG 1959 sei aber nicht von Bedeutung, ob der Verpflichtete Eigentümer sei. Er sei schon deshalb als Verpflichteter anzusehen, weil er die von den Maßnahmen betroffenen Anlagen betrieben habe. Die Sachherrschaft über die Anlage werde vom Beschwerdeführer auch nicht deshalb verloren, weil er Instandsetzungsarbeiten erst nach Rücksprache mit dem Eigentümer habe setzen dürfen. Abgesehen davon sei wegen des Fehlens einer betriebsanlagenrechtlichen Bewilligung eine Sachherrschaft oder Verfügungsberechtigung der O-AG bzw. der M.- GesmbH für die Dieselkraftstoffanlage überhaupt anzuzweifeln. Eine konkrete Zurechnung sei trotz Vorliegens zahlreicher Unterlagen nicht möglich gewesen.

Auch wenn dem Beschwerdeführer das Ausfließen des Kraftstoffes nicht erkennbar gewesen sei, so sei diese Verunreinigung trotzdem unwiderleglich durch ihn verursacht worden. Es sei bei Anwendung des § 31 WRG 1959 unerheblich, ob die Gefahr verschuldet oder unverschuldet, vorhersehbar oder nicht vorhersehbar eingetreten sei. Die Rettungspflicht treffe auch den selbst pflichtgemäß handelnden Betreiber einer Anlage. Bestehe die Gefahr einer Gewässerverunreinigung, sei jeder, der die Gefahr rechtlich oder faktisch beherrschen könne, zur Setzung von Abwehrmaßnahmen verpflichtet.

Weil der vorangestellte Sachverhalt unbestritten sei und es sich bei der gegenständlichen Entscheidung um eine reine Rechtsfrage handle, habe das Beiziehen der vom Beschwerdeführer namhaft gemachten Personen unterbleiben können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§§ 30 Abs. 1 und 31 Abs. 1 und 3 WRG 1959 lauten:

"§ 30. (1) Alle Gewässer einschließlich des Grundwassers sind im Rahmen des öffentlichen Interesses und nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen so reinzuhalten, daß die Gesundheit von Mensch und Tier nicht gefährdet, Grund- und Quellwasser als Trinkwasser verwendet, Tagwässer zum Gemeingebrauche sowie zu gewerblichen Zwecken benutzt, Fischwässer erhalten, Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes und sonstige fühlbare Schädigungen vermieden werden können.

...

§ 31. (1) Jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, hat mit der im Sinne des § 1297, zutreffendenfalls mit der im Sinne des § 1299 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches gebotenen Sorgfalt seine Anlagen so herzustellen, instandzuhalten und zu betreiben oder sich so zu verhalten, dass eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist.

...

(3) Wenn die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen nicht oder nicht rechtzeitig getroffen werden, so hat die Wasserrechtsbehörde, soweit nicht der unmittelbare Werksbereich eines Bergbaues betroffen wird, die entsprechenden Maßnahmen dem Verpflichteten aufzutragen oder bei Gefahr im Verzuge unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen. Wenn wegen Gefahr im Verzuge eine Anordnung der Wasserrechtsbehörde nicht abgewartet werden kann, ist der Bürgermeister befugt, die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen - soweit nicht dem Bergrecht unterliegende Anlagen betroffen werden - unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen. Gefahr im Verzug ist jedenfalls gegeben, wenn eine Wasserversorgung gefährdet ist."

Unter dem Aspekt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit macht der Beschwerdeführer geltend, es sei ihm weder die Sachherrschaft über die Anlagen zugekommen noch seien ihm diese sonst zuordenbar. Er habe lediglich im Namen und auf Rechnung der M.-GesmbH. Treibstoff verkauft. Die belangte Behörde gehe auch unzutreffend von der Trennbarkeit der Dieselkraftstoffanlage vom übrigen Tankstellenbetrieb aus. Der Dieseltank sei jedoch auf Betreiben der M.-GesmbH aufgestellt und in gleicher Weise wie die anderen Treibstoffprodukte beliefert und verkauft worden. Sowohl die Zapfanlage als auch sämtliche Einrichtungsgegenstände seien im Eigentum der M.-GesmbH gestanden und auch Instandhaltungsarbeiten hätten nur von Beauftragten der M.-GesmbH vorgenommen werden dürfen.

Vorauszuschicken ist, dass dann, wenn die Möglichkeit des Vorhandenseins einer Bodenkontamination besteht, dies die Vorschreibung von Beweiserhebungen, ohne die Lage und Umfang einer solchen möglichen Kontamination nicht festgestellt werden kann, auf Grundlage des § 31 Abs. 3 WRG 1959 rechtfertigt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 1996, Zl. 96/07/0151). Der Inhalt der im vorliegenden Fall getroffenen Vorschreibungen ist daher von § 31 Abs. 3 WRG 1959 gedeckt.

Was die Verpflichtung zur Vornahme von zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen anlangt, so hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass jene mehrere Personen, und zwar durchaus auf verschiedenen Rechtsgründen beruhend, treffen kann (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 1990, Zl. 89/07/0186). Fraglich ist im vorliegenden Fall die Frage, ob der Beschwerdeführer zu Recht als Verpflichteter herangezogen wurde.

Als Verpflichteter kommt jedermann in Betracht, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen typischerweise zu nicht bloß geringfügigen Einwirkungen auf Gewässer führen können (vgl. Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, Rz 15, S. 125). Derjenige, der eine von den in § 31 Abs. 1 WRG 1959 genannten Maßnahmen bzw. Unterlassungen betroffene Anlage betreibt bzw. betrieben hat, kann als Verpflichteter nach § 31 Abs. 3 WRG 1959 herangezogen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. Juli 1998, Zl. 98/07/0076).

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde ist aber nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im in Frage stehenden Zeitraum die Tankstelle "betrieben" hat. Der Beschwerdeführer verkaufte Treibstoffe im Namen und auf Rechnung der M.-GesmbH, die Tankstelle wurde daher von der M.-GesmbH betrieben; davon, dass die Tankstelle eine Anlage "des Beschwerdeführers" im Sinne des § 31 Abs. 1 WRG 1959 darstellte, kann daher nicht ausgegangen werden.

Damit ist für den Beschwerdeführer aber im vorliegenden Fall noch nichts gewonnen. Haftbar im Sinne des § 31 Abs. 3 WRG 1959 ist nämlich auch derjenige, dessen Maßnahmen und Unterlassungen zu einer Gewässerverunreinigung führen können. Diesfalls ist nach § 31 Abs. 1 WRG 1959 ein Verhalten geboten, das eine Gewässerverunreinigung vermeidet.

Diese Verpflichtung findet im vorliegenden Fall ihren Niederschlag (zusätzlich) im zitierten Tankstellenvertrag vom 23. Juni 1965; der Beschwerdeführer übernahm darin ausdrücklich die Verantwortung "für die Einhaltung aller gesetzlichen Vorschriften und für die klaglose Abwicklung des Tankstellenbetriebes." Dazu zählt zweifelsfrei auch die Einhaltung der Vorschriften der §§ 30 Abs. 1 und 31 Abs. 1 WRG 1959.

Der Beschwerdeführer war daher verpflichtet, den Eintritt einer Gewässerverunreinigung im Tankstellenbereich zu vermeiden bzw. zu verhindern; im Falle des Unterlassens entsprechender, diese Gefahr abwendender Schritte (hier: im Bereich des Dieseltanks) konnte (auch) er als Verpflichteter nach § 31 Abs. 3 WRG 1959 herangezogen werden (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 1. März 1979, Zl. 1973/78, wonach selbst einem nach Weisung handelnden Dienstnehmer ein Verstoß gegen § 31 Abs. 1 WRG 1959 zugerechnet werden kann).

Dabei ist ohne Belang, ob sich die gewerberechtliche Bewilligung auch auf die Errichtung und den Betrieb der Dieselzapfsäule bezog; ebenso wenig ist entscheidend, ob der Eintritt der Gefahr der Gewässerverunreinigung für den Beschwerdeführer vorhersehbar oder erkennbar war (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 4. April 1989, Zl. 88/07/0134). Für die Zulässigkeit von Anordnungen nach § 31 Abs. 3 WRG 1959 kommt es nicht darauf an, ob die in Abs. 1 geforderten Vorsorgen schuldhaft unterlassen worden sind; maßgeblich ist die objektiv eingetretene Gefahr einer Gewässerverschmutzung (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 1990).

Die Heranziehung des Beschwerdeführers als Adressat eines Auftrages nach § 31 Abs. 3 WRG 1959 begegnet daher keinen Bedenken.

Der angefochtene Bescheid erweist sich aber aus einem anderen Grund als inhaltlich rechtswidrig.

Die belangte Behörde hat die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid abgewiesen und damit den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides unverändert übernommen. Im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wurde aber der Beschwerdeführer verpflichtet, bestimmte Maßnahmen bis spätestens 30. Juni 2002 durchzuführen bzw. bis spätestens 30. April 2002 zu beginnen (vgl. Punkte 6 und 7 der Aufträge).

Der angefochtene Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 30. Juli 2002 zugestellt und damit erlassen. Ohne bescheidmäßige Erstreckung der Leistungsfrist wurde damit aber mit dem angefochtenen Bescheid ein in der Vergangenheit liegender Zeitpunkt als (spätester) Leistungszeitpunkt angeordnet. Eine Frist zur Erbringung einer Leistung darf aber nicht für einen in der Vergangenheit gelegenen Zeitraum festgesetzt werden, da sonst dem Verpflichteten die Erfüllung seiner Verpflichtung innerhalb dieser Frist unmöglich ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. April 1996, Zl. 95/07/0193, vom 23. Mai 1996, Zl. 96/07/0039, und vom 20. Februar 1997, Zl. 96/07/0183).

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass mit einem an den Beschwerdeführer gerichteten, formlosen Schreiben der belangten Behörde vom 13. August 2002 eine Verlängerung dieser beiden Fristen vorgenommen wurde, weil die im angefochtenen Bescheid festgelegten Fristen dadurch nicht verändert wurden.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 21. November 2002

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002070108.X00

Im RIS seit

17.03.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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