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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
FinStrG §49 Abs1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Mag. Heinzl und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde des FE in S, vertreten durch Dr. Wolfram Wutzel, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Promenade 6, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz (Berufungssenat II) vom 16. April 1998, Zl. RV 50/1-10/1998, betreffend Finanzordnungswidrigkeit, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Erkenntnis des Spruchsenates der Finanzstrafbehörde erster Instanz wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe vorsätzlich Selbstbemessungsabgaben, nämlich Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für die Monate Mai und Juni sowie Oktober bis Dezember 1992 in der Gesamthöhe von S 886.652,-- nicht spätestens am 5. Tag nach Fälligkeit entrichtet bzw. abgeführt und auch die Höhe der geschuldeten Beträge der zuständigen Abgabenbehörde nicht bekannt gegeben. Der Beschwerdeführer habe damit die Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen und werde hiefür nach § 49 Abs. 2 FinStrG unter Anwendung des § 21 Abs. 1 FinStrG zu einer Geldstrafe in Höhe von S 70.000,-- (im Fall der Uneinbringlichkeit zu drei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe) verurteilt. Das Handeln des Beschwerdeführers sei vom Vorsatz getragen gewesen, dass die Selbstbemessungsabgaben verspätet entrichtet würden. Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der dagegen erhobenen Berufung insoweit Folge, als die vom Spruchsenat ausgesprochene Strafe gemäß § 21 Abs. 3 FinStrG als Zusatzstrafe zu einer näher bezeichneten Strafverfügung verhängt wurde, im Übrigen wurde die Berufung aber abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde unter anderem aus, soweit der Beschwerdeführer die Beiziehung eines Buchsachverständigen zum Beweis dafür beantragt habe, dass hinsichtlich der strafrelevanten Voranmeldungszeiträume keine Zahllasten verkürzt worden seien, so habe er es unterlassen, irgendwelche Indizien dafür vorzubringen, dass die Berechnungen des Finanzamtes und des Wirtschaftstreuhänders Mag. L. bei der Feststellung der Umsatzsteuerzahllasten falsch gewesen wären. In der Berufungsverhandlung habe der Beschwerdeführer erklärt, er habe keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die (strafrelevanten) Zahllasten in irgendeiner Weise falsch berechnet worden seien. Dass der Beschwerdeführer von den konkreten Umsatzsteuerzahllasten gewusst habe und sie auch tatsächlich rechtzeitig berechnet worden seien, habe sich auf Grund der verlesenen Saldenlisten, die im Unternehmen selbst erstellt worden seien, ergeben. Zur subjektiven Tatseite habe der Beschwerdeführer zugestanden, dass er seitens des Finanzamtes auf die ausstehenden Umsatzsteuerzahllasten hingewiesen, also diesbezüglich sogar urgiert worden sei. Darüber hinaus belaste den Beschwerdeführer die klare und eindeutige Zeugenaussage der Buchhalterin Karin S., wonach die Umsatzsteuervoranmeldungen grundsätzlich rechtzeitig erstellt worden seien, der Beschwerdeführer sie jedoch nicht sofort unterschrieben, sondern ihr erst viel später unterschrieben zurückgegeben habe. An dem vom Spruchsenat festgestellten bedingten Vorsatz hinsichtlich der Abgabenverkürzungen könne somit nicht ernstlich gezweifelt werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer, dass auch der angefochtene Bescheid davon ausgehe, dass die tatsächliche bzw. im gegenständlichen Verfahren relevante Umsatzsteuerzahllast für die Monate Mai und Juni 1992 sowie Oktober bis einschließlich Dezember 1992 insgesamt S 886.652,-- betragen habe, obwohl die Richtigkeit dieser Feststellungen im Verfahren bestritten und zum Beweis hiefür die Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Gebiet der Buchhaltung beantragt worden sei. Diesem Beweisantrag sei nicht entsprochen worden. Die richtige Berechnung von Umsatzsteuerzahllasten, insbesondere unter Berücksichtigung notwendiger Berichtigungen, sei ein so komplexer Vorgang bzw. bedürfe so differenzierter Sachkenntnisse, dass dies weder vom Beschuldigten selbst, noch von dessen Verteidiger, noch vom Berufungssenat, dem zweifelsfrei ebenfalls die hiefür erforderlichen Detailfachkenntnisse fehlten, vorgenommen werden könne.
Diese Verfahrensrüge ist schon deswegen verfehlt, weil entgegen der Annahme des Beschwerdeführers sowohl die Bediensteten der Finanzbehörde, aber auch der im Verfahren involvierte Wirtschaftsprüfer Mag. L. auf Grund ihrer Ausbildung über den erforderlichen Sachverstand zur Auswertung von Unterlagen des Rechnungswesens verfügen. Im Übrigen wäre es dem Beschwerdeführer unbenommen geblieben, wenn er sich bei der Überprüfung der Richtigkeit der berechneten Umsatzsteuerzahllasten überfordert fühlte und insoweit auch dem von ihm betrauten Verteidiger die erforderliche Sachkenntnis nicht zubilligte, einen Sachverständigen seines Vertrauens beizuziehen. Dem Antrag auf Überprüfung der Unterlagen durch einen Buchsachverständigen musste die belangte Behörde im Übrigen deswegen nicht entsprechen, weil der Beschwerdeführer damit die Durchführung eines unzulässigen Erkundungsbeweises anstrebte.
Eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wird insoweit gerügt, als die belangte Behörde im Hinblick auf die Feststellungen des Spruchsenates, wonach der Beschwerdeführer nicht den Eindruck erweckt habe, dass er die steuerliche Kompetenz in seinem Unternehmen zu tragen befähigt gewesen sei und er nach seiner Mimik und Gestik zu erkennen gegeben habe, dass er das Problem der Umsatzsteuervoranmeldung nicht verstanden habe, nicht von einer vorsätzlichen Pflichtverletzung hätte ausgehen dürfen. Darüber hinaus sei im angefochtenen Bescheid ausdrücklich festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer auch finanziell nicht in der Lage gewesen sei, die fälligen Abgaben zu entrichten. Fehlten aber entsprechende liquide Mittel, so könne eine fällige Abgabe vom Verantwortlichen nicht vorsätzlich vorenthalten werden.
Beide Argumente sind nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen:
Nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG macht sich einer Finanzordnungswidrigkeit schuldig, wer vorsätzlich Abgaben, die selbst zu berechnen sind, unter anderem Vorauszahlungen an Umsatzsteuer, nicht spätestens am 5. Tag nach Fälligkeit entrichtet oder abführt, es sei denn, dass der zuständigen Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe des geschuldeten Betrages bekannt gegeben wird. Der in der Bestimmung des § 49 Abs. 1 FinStrG geforderte Vorsatz muss sich (bloß) auf die tatbildmäßig relevante Versäumung des Termins für die Entrichtung von Selbstbemessungsabgaben richten. Dass dem Beschwerdeführer die Verpflichtung, zu bestimmten Zeitpunkten Umsatzsteuervoranmeldungen beim Finanzamt einzureichen und Umsatzsteuervorauszahlungen zu leisten, unbekannt gewesen wäre, behauptet er selbst nicht. Aber auch Zahlungsschwierigkeiten schließen die Annahme von Vorsatz im Rahmen des § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG keineswegs aus (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. März 1998, 96/13/0004), zumal sich der Beschwerdeführer bei unzureichenden Mitteln von seiner strafrechtlichen Verantwortung durch Erfüllung seiner Offenlegungspflicht hätte befreien können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 1997, 97/13/0113). Die belangte Behörde durfte daher ungeachtet der vom Spruchsenat ausdrücklich im Zusammenhang mit der diesbezüglich verneinten vorsätzlichen Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG zum Ausdruck gebrachten mangelnden steuerlichen Kompetenz des Beschwerdeführers eine vorsätzliche Pflichtverletzung im Sinn des § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG annehmen, zumal sich aus den unbestritten gebliebenen Ausführungen der belangten Behörde auch ergibt, dass dem Beschwerdeführer von Karin S. die Umsatzsteuervoranmeldungen rechtzeitig vorgelegt, von diesem aber nicht zeitgerecht unterschrieben wurden.
Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 25. November 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1998140106.X00Im RIS seit
18.03.2003