TE Vwgh Erkenntnis 2002/11/26 2000/18/0110

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.11.2002
beobachten
merken

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §114 Abs3;
FrG 1997 §36 Abs1 Z1;
FrG 1997 §36 Abs2;
FrG 1997 §44;
FrG 1997 §47 Abs3 Z1;
FrG 1997 §47 Abs3;
FrG 1997 §48 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des L (geb. 1949), vertreten durch Mag. Dr. Ingrid Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 4. April 2000, Zl. SD 887/99, betreffend Aufhebung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 4. April 2000 hat die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (die belangte Behörde) den Antrag des Beschwerdeführers vom 17. Juli 1999 auf Aufhebung des gegen ihn mit Bescheid vom 3. Jänner 1995 erlassenen unbefristeten Aufenthaltsverbotes gemäß § 44 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, abgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei seinen eigenen Angaben zufolge erstmals 1972 nach Österreich gekommen. Zwei Jahre später sei er nach einer Anzeige wegen des Verdachts der Körperverletzung festgenommen und nach Erlassung eines Aufenthaltsverbotes für die Dauer von zehn Jahren nach Jugoslawien abgeschoben worden.

Nachdem sich der Beschwerdeführer etwa 17 Jahre in Jugoslawien aufgehalten gehabt habe, sei er 1991 nach Österreich eingereist und habe zwei Sichtvermerke, gültig bis 1. April 1992, erhalten. Nach Ablauf des zuletzt erteilten Sichtvermerks habe er über keinen weiteren Aufenthaltstitel mehr verfügt und sich somit unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten. Bereits am 7. Dezember 1993 sei er von Beamten des Bezirkspolizeikommissariates Hernals wegen des Verdachts der Körperverletzung und der gefährlichen Drohung zur Anzeige gebracht worden. Ungefähr drei Monate später sei eine erste Anzeige wegen des Verdachts der Vergewaltigung erfolgt. Am 30. September 1994 sei der Beschwerdeführer schließlich wegen des Verdachts der mehrfachen Vergewaltigung festgenommen worden. Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen in Wien vom 23. November 1994 sei dann der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens der Vergewaltigung, des Vergehens des schweren Diebstahls und der Körperverletzung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Jahren (!) rechtskräftig verurteilt worden. Wie aus der Urteilsbegründung hervorgehe, habe der Beschwerdeführer, der zeitweise übermäßig dem Alkohol zugesprochen habe, sich immer dann, wenn er Lust verspürt habe, einen Geschlechtsverkehr gewaltsam durchzuführen, im Bereich der Damentoiletten der U-Bahn Station Thaliastraße aufgehalten, um sich dort ein Opfer auszusuchen. So habe er am 28. Februar 1994 eine Frau, die die Toilette habe verlassen wollen, zurück in die Kabine gedrängt, durch Schläge und Würgen auf die WC-Muschel niedergedrückt, ihr gewaltsam die Wäsche ausgezogen und einen Geschlechtsverkehr mit ihr durchgeführt. Im September 1994 habe der Beschwerdeführer durch dieselbe Vorgangsweise drei weitere Frauen vergewaltigt, wobei ein Opfer, eine 70-jährige Frau, durch diese Vergewaltigung eine schwere Körperverletzung im Genitalbereich erlitten habe. In zwei Fällen habe er sogar aus der Handtasche der Opfer Geld entnommen. Wie der Urteilsbegründung weiters zu entnehmen sei, habe der Beschwerdeführer bereits im Herbst 1993 seine Ehegattin im Zuge eines Streits wegen übermäßigen Alkoholkonsums geschlagen, wodurch diese eine Prellung am Ober- und Unterkiefer erlitten habe. Ende 1994 habe er seiner Frau einen Faustschlag gegen die Stirn bzw. das linke Auge versetzt, wodurch sie eine Schädelprellung und einen Bluterguss erlitten habe. Diese schwer wiegenden Straftaten hätten zur Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes geführt.

Den vorliegenden Antrag habe der Beschwerdeführer im Wesentlichen damit begründet, dass er sein Fehlverhalten zutiefst bereuen würde und sich seine Einstellung grundlegend geändert hätte. Sein strafbares Verhalten wäre vor allem auf seinen damaligen übermäßigen Alkoholkonsum zurückzuführen gewesen. Im Rahmen der Strafhaft wäre er nun alkoholentwöhnt und dadurch ein neuer Mensch geworden. Überdies hätte er sehr enge Beziehungen zum österreichischen Bundesgebiet, weil seine Ehefrau, die nunmehr österreichische Staatsbürgerin wäre, und seine erwachsene Tochter hier leben würden. Durch die Erlassung des unbefristeten Aufenthaltsverbotes wäre es ihm für lange Zeit nicht mehr möglich, seine Familie in Österreich zu besuchen, was einen erheblichen Eingriff in sein Privat- und Familienleben darstellte.

Ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 44 FrG könne nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes die dafür maßgebenden Umstände unter gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Bestimmung des § 114 Abs. 3 FrG zu Gunsten des Fremden geändert hätten. Ein Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes sei jedoch nicht dazu geeignet, die Rechtmäßigkeit jenes Bescheides, mit dem das Aufenthaltsverbot erlassen worden sei, zu bekämpfen.

Ausgehend von dieser Rechtslage sei zunächst festzuhalten, dass das vorliegende Aufenthaltsverbot auch nach den Bestimmungen des FrG hätte erlassen werden können.

Auf Grund der Verurteilung des Beschwerdeführers und der dieser Verurteilung zu Grunde liegenden Tathandlungen könne kein Zweifel daran bestehen, dass das der Behörde nunmehr zukommende Ermessen zu Ungunsten des Beschwerdeführers zu handhaben gewesen wäre, zumal den strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers eine Gesinnung zu Grunde liege, die eine ausgesprochene Geringschätzung der körperlichen Unversehrtheit, Gesundheit und Freiheit anderer Personen erkennen lasse. Auch § 37 Abs. 1 und 2 FrG wäre dem Aufenthaltsverbot nicht entgegengestanden, weil sich an der diesbezüglichen Rechtslage inhaltlich nichts geändert habe. Da zum Zeitpunkt der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch kein - nunmehr zu berücksichtigendes - Hindernis gemäß §§ 35 und 38 FrG bzw. 48 leg. cit. bestanden habe, finde das Aufenthaltsverbot auch diesbezüglich in der geltenden Rechtslage Deckung.

Der Beschwerdeführer habe auch nicht darzulegen vermocht, welche für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgebenden Umstände sich zu seinen Gunsten geändert hätten. Nach der Aktenlage seien weder in seiner privaten noch in seiner familiären Situation Änderungen eingetreten, die das maßgebliche - durch das Fehlverhalten des Beschwerdeführers beeinträchtigte - öffentliche Interesse an der Verhinderung weiterer gerichtlich strafbarer Handlungen überwiegen könnten. Sein diesbezügliches Vorbringen, er könnte seine Ehefrau und seine erwachsene Tochter in Österreich nicht mehr besuchen, vermöge die bei Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgebend gewesenen privaten Interessen und die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie nicht (relevant) zu erhöhen bzw. die von ihm ausgehende Gefahr zu verringern oder eine Interessenabwägung zu seinen Gunsten herbeizuführen. Zudem könne der Beschwerdeführer den Kontakt zu seiner Ehefrau und seiner erwachsenen Tochter auch dadurch aufrecht erhalten, dass er von diesen im Ausland besucht werde. Angesichts der von ihm verübten schwer wiegenden Verbrechen sei auch eine positive Zukunftsprognose für den Beschwerdeführer nicht möglich, zumal der seit der gerichtlichen Verurteilung verstrichene Zeitraum keinesfalls ausreiche, um nunmehr mit der dafür erforderlichen Verlässlichkeit eine zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechende Prognose über sein künftiges Wohlverhalten stellen zu können.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 44 FrG ist ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann ein solcher Antrag nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes die dafür maßgebenden Umstände zu Gunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbots eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist. Bei der Beurteilung nach § 44 FrG ist maßgeblich, ob eine Gefährlichkeitsprognose dergestalt (weiterhin) zu treffen ist, dass die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes erforderlich ist, um eine vom Fremden ausgehende erhebliche Gefahr im Bundesgebiet abzuwenden, und ob die Aufrechterhaltung dieser Maßnahme im Grund der §§ 37 und 38 FrG zulässig ist. Darüber hinaus hat die Behörde bei dieser Entscheidung auch das ihr dabei (in § 36 Abs. 1 bzw. § 48 Abs. 1 FrG) eingeräumte Ermessen zu üben. Weiters kann bei der Entscheidung über die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes die Rechtmäßigkeit des Bescheids, mit dem das Aufenthaltsverbot erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden. Dies bedeutet, dass die Behörde bei der Frage, ob ein Aufenthaltsverbot gemäß § 44 FrG aufzuheben ist, zu beurteilen hat, ob das Aufenthaltsverbot unter Berücksichtigung der seit dessen Verhängung eingetretenen Änderung von maßgeblichen Umständen noch erlassen werden könnte. (Vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 12. März 2002, Zl. 2001/18/0171.)

1.2. Für - auf das FrG aus 1992 gegründete - Aufenthaltsverbote, die, wie das vorliegende, vor dem Inkrafttreten des Fremdengesetzes 1997 mit 1. Jänner 1998 erlassen wurden, normiert § 114 Abs. 3 FrG Folgendes:

"Aufenthaltsverbote, deren Gültigkeitsdauer bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes noch nicht abgelaufen sind, gelten als nach diesem Bundesgesetz erlassene Aufenthaltsverbote mit derselben Gültigkeitsdauer. Solche Aufenthaltsverbote sind auf Antrag oder - wenn sich aus anderen Gründen ein Anlass für die Behörde ergibt, sich mit der Angelegenheit zu befassen - von Amts wegen aufzuheben, wenn sie nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nicht erlassen hätten werden können."

Nach § 114 Abs. 3 leg. cit. kommt es also darauf an, ob der zur Begründung des Aufenthaltsverbotes herangezogene Sachverhalt auch bei fiktiver Geltung des FrG diese Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Verhängung gerechtfertigt hätte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 13. März 2001, Zl. 98/18/0349, m.w.H.).

2. Vorweg ist Folgendes festzuhalten: Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt der Erlassung des in Rede stehenden Aufenthaltsverbotes und des bekämpften Bescheides unstrittig mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet. Nach § 49 Abs. 1 erster Satz FrG genießen Angehörige von Österreichern gemäß § 47 Abs. 3 FrG, die Staatsangehörige eines Drittstaates sind, Niederlassungsfreiheit; für sie gelten, sofern im Folgenden nichts anderes gesagt wird, die Bestimmungen für begünstigte Drittstaatsangehörige nach dem 1. Abschnitt des 4. Hauptstückes dieses Gesetzes. Zu den in § 47 Abs. 3 FrG genannten Angehörigen zählt u.a. der Ehegatte (Z. 1), ohne dass der Gesetzgeber hier auf ein gemeinsames Familienleben abstellt. Da sich gemäß § 27 des Ehegesetzes niemand auf die Nichtigkeit einer Ehe berufen kann, so lange nicht die Ehe durch gerichtliches Urteil für nichtig erklärt worden ist, kommt es für die Stellung als begünstigter Angehöriger eines Österreichers auch nicht darauf an, ob die Gründe für die Nichtigerklärung einer (formal bestehenden) Ehe vorliegen. Auf den Beschwerdeführer ist daher die Bestimmung des § 48 Abs. 1 erster Satz FrG anzuwenden, derzufolge die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige nur zulässig ist, wenn auf Grund ihres Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Unbeschadet dessen ist § 36 Abs. 1 Z. 1 FrG bei der Frage, ob gegen einen EWR-Bürger oder begünstigten Drittstaatsangehörigen ein Aufenthaltsverbot zu erlassen ist, weiterhin insofern von Bedeutung, als ein Aufenthaltsverbot nur bei Vorliegen der in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen erlassen werden darf; dabei kann auf den Katalog des § 36 Abs. 2 leg. cit. als "Orientierungsmaßstab" zurückgegriffen werden. Gleiches gilt auch für die nach § 114 Abs. 3 FrG (fiktiv) zu beurteilende Frage, ob zum Zeitpunkt der Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer die in § 48 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gegeben gewesen wäre, und ferner für die nach § 44 FrG zu beurteilende Frage, ob zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides eine Gefährlichkeitsprognose im Grund des § 48 Abs. 1 FrG dergestalt (weiterhin) zu treffen ist, dass die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes erforderlich ist, um eine vom Fremden ausgehende erhebliche Gefahr im Bundesgebiet abzuwenden. (Vgl. dazu das schon zitierte Erkenntnis Zl. 98/18/0349.)

3. Seinem im Licht des § 114 Abs. 3 FrG erstatteten Vorbringen, dass das in § 36 Abs. 1 (gemeint: im § 48 Abs. 1) FrG der Behörde eingeräumte Ermessen zum Zeitpunkt der Erlassung des Aufenthaltsverbots im Jahr 1994 zu Gunsten des Beschwerdeführers hätte angewendet werden müssen, ist entgegenzuhalten, dass eine auf der Ausübung dieses Ermessens beruhende Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes offensichtlich nicht im Sinn des Gesetzes (Art. 130 Abs. 2 B-VG) erfolgt wäre, weil der Beschwerdeführer (unstrittig) in einer dem § 35 Abs. 3 Z. 1 entsprechenden Weise rechtskräftig verurteilt worden ist (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 24. April 1998, 96/21/0490).

Ferner ist festzuhalten, dass in Ansehung der genannten Verurteilung aus dem Jahr 1994 der Tatbestand des als Orientierungsmaßstab heranziehbaren § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG (erster Fall) gegeben gewesen wäre. Ebenso wäre die Annahme einer Gefahr nach § 48 Abs. 1 FrG zu diesem Zeitpunkt in Ansehung dieses Fehlverhaltens (vgl. oben I.1.) zweifelsohne gerechtfertigt gewesen, zumal es sich bei dem dem Beschwerdeführer zur Last liegenden Verbrechen der Vergewaltigung um eine schwere und besonders verwerfliche strafbare Handlung gegen die Sittlichkeit handelt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 12. März 2002, Zl. 2002/18/0037, m.w.H.).

Es ist auch nicht erkennbar, dass zum Zeitpunkt der Erlassung des Aufenthaltsverbotes die nach § 37 FrG durchzuführende Abwägung zu Gunsten des Beschwerdeführers ausgegangen wäre. Die im angefochtenen Bescheid angegebenen, seinerzeit bei der Verhängung des Aufenthaltsverbotes berücksichtigten persönlichen Interessen des Beschwerdeführers - andere führt die Beschwerde nicht ins Treffen - wären nämlich bei einer zum Zeitpunkt der Erlassung des Aufenthaltsverbots nach § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG durchgeführten Interessenabwägung nicht stärker ins Gewicht gefallen, als dies nach den inhaltsgleichen Regelungen der §§ 19 und 20 Abs. 1 des Fremdengesetzes, BGBl. Nr. 838/1992, tatsächlich in Rechnung gestellt wurde.

4. Nach § 44 FrG ist in Ansehung des (unbestrittenen) Fehlverhaltens des Beschwerdeführers die Gefährlichkeitsprognose nach § 48 Abs. 1 FrG auch im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch gerechtfertigt. Der Hinweis des Beschwerdeführers, dass seine erfolgreiche Alkoholentwöhnung während seiner Anhaltung im Strafvollzug einen wichtigen Hinweis auf sein zukünftiges Wohlverhalten darstelle, weil bei einer Alkoholentwöhnung die Begehung weiterer Straftaten durch den Beschwerdeführer - der seine Straftaten unter Alkoholeinfluss begangen habe - nicht anzunehmen wäre, geht fehl, hat sich doch der Beschwerdeführer nach der besagten gerichtlichen Verurteilung im November 1994 bis 29. März 2000 - somit bis kurz vor Erlassung des angefochtenen Bescheides am 6. April 2000 (vgl. Blatt 165 der Verwaltungsakten) - in der Justizanstalt Stein in Strafhaft und anschließend nach seiner Überstellung ins Polizeigefangenenhaus Wien in Schubhaft befunden (vgl. Blatt 147 der Verwaltungsakten). Der Beschwerdeführer hat damit sein Verhalten unter Lebensumständen außerhalb der Haft - nur ein solches Verhalten wäre für die Frage des Vorliegens eines für die Prognose gemäß § 48 Abs. 1 relevanten Wohlverhaltens bedeutsam - noch gar nicht unter Beweis stellen können (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Juli 2002, Zl. 2002/18/0115, m.w.H.).

Die vom Beschwerdeführer im Grund des § 37 FrG ins Treffen geführten persönlichen Interessen (sein inländischer Aufenthalt, die aufrechte Ehe mit einer in Österreich berufstätigen Österreicherin sowie der Aufenthalt seiner bereits volljährigen, der Beschwerde zufolge in Wien geborenen, Tochter) konnten bereits bei der Erlassung des Aufenthaltsverbotes berücksichtigt werden. Entgegen der Beschwerde vermag die vom Beschwerdeführer ferner vorgebrachte - seit der Verhängung des Aufenthaltsverbotes während seiner Anhaltung in Strafhaft eingetretene - Alkoholentwöhnung (wie schon erwähnt) das Gewicht der öffentlichen Interessen an der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes nicht zu verringern. Der Umstand, dass seit der Verhängung des Aufenthaltsverbotes etwa fünf Jahre vergangen sind (und damit die Integration seiner in Österreich aufhältigen Familienangehörigen eine entsprechende Verstärkung erfahren hat), fällt nicht entscheidend zu Gunsten des Beschwerdeführers ins Gewicht. Das gegenläufige besonders große öffentliche Interesse an der Verhängung des Aufenthaltsverbotes aber ist ungeachtet des seit der Begehung der Straftaten verstrichenen Zeitraumes nur unwesentlich geringer geworden, weshalb § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG kein Hindernis für die Aufrechterhaltung des vorliegenden Aufenthaltsverbotes darstellt.

5. Schließlich versagt das Vorbringen des Beschwerdeführers in seinem Schriftsatz vom 29. Juli 2002 unter Hinweis auf das schon zitierte Erkenntnis Zl. 2001/18/0171, dass die belangte Behörde in seinem Fall § 48 Abs. 1 zweiter Satz FrG anzuwenden gehabt hätte. Nach dieser Bestimmung ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes (u.a.) gegen begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Hauptwohnsitz ununterbrochen seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, nicht zulässig, für Ehegatten von EWR-Bürgern aber nur dann, wenn sie mehr als die Hälfte der Zeit mit einem EWR-Bürger verheiratet waren. Diese Regelung kommt im Beschwerdefall nicht zum Tragen. Im erstinstanzlichen Bescheid vom 28. September 1999 wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer (erst) im Jahr 1991 (nach einer längeren Unterbrechung erneut) nach Österreich eingereist sei. Diese Feststellung ließ der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren unbestritten, sie wurden von der belangten Behörde auch in den angefochtenen Bescheid übernommen. Bei der nunmehrigen Behauptung des Beschwerdeführers in seinem Schriftsatz vom 29. Juli 2002, er hätte (schon) seit 1988 bis zu seiner Abschiebung in sein Heimatland im Jahr 2000 ununterbrochen in Österreich gelebt, handelt es sich daher um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beachtliche Neuerung (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG). Vor diesem Hintergrund erfüllt der Beschwerdeführer angesichts der Zustellung des angefochtenen Bescheides am 6. April 2000 nicht die in § 48 Abs. 1 zweiter Satz FrG normierte Voraussetzung eines zehnjährigen ununterbrochenen Hauptwohnsitzes in Österreich.

6. Auf dem Boden des Gesagten kann es daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde das Aufenthaltsverbot nicht aufgehoben hat.

7. Da sich die vorliegende Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

8. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 26. November 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2000180110.X00

Im RIS seit

05.03.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten