Index
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §32 Z1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Mag. Heinzl, Dr. Fuchs und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde des EH in W, vertreten durch Binder, Grösswang und Partner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Sterngasse 13, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat II) vom 7. September 1998, Zl. RV/182-15/12/97, betreffend Einkommensteuer 1992, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
In seiner Einkommensteuererklärung für 1992 beanspruchte der Beschwerdeführer, ein Architekt, hinsichtlich eines Betrages von rund S 2,7 Mio. die Steuerbegünstigung gemäß § 37 Abs. 2 in Verbindung mit § 32 Z. 1 EStG 1988. Nach einer Beilage zur Einkommensteuererklärung ergab sich dieser Betrag ausgehend von rund S 5,1 Mio. abzüglich der damit in Zusammenhang stehenden Rechtsanwaltskosten. In einer Vorhaltsbeantwortung vom 28. November 1994 führte der Beschwerdeführer dazu aus, der entsprechende Betrag sei ihm als Schadenersatz nach einer Prozessführung zugeflossen. Gegenstand des Schadenersatzprozesses sei eine mit einer Versicherung geschlossene Vereinbarung gewesen, wonach der Beschwerdeführer bei einem bestimmten Bauvorhaben jedenfalls mit den Architektenleistungen hätte beauftragt werden sollen, da er hiefür erhebliche Vorleistungen erbracht habe. Diese Vereinbarung sei Anfang 1987 schriftlich geschlossen worden, wobei bereits zu diesem Zeitpunkt erhebliche Leistungen in seinem Architekturbüro angefallen seien, die jedoch nicht zu Honorareinnahmen geführt hätten. Der Beginn des Leistungszeitraumes könne zumindest mit Anfang 1986 angenommen werden. In der Folge sei auf der gegenständlichen Liegenschaft von einer Immobilienvermietungsgesellschaft ein Objekt errichtet worden, für welches Ende 1990 die Nutzungsbewilligung erteilt worden sei. Unter Berücksichtigung eines normalen Baufortschrittes und der üblichen Abwicklung wäre der Beschwerdeführer in diesem Fall jedenfalls bis einige Zeit nach Ablauf der Gewährleistungsfrist - also zumindest bis Ende 1993 - in dieser Angelegenheit tätig gewesen und hätten sich die von ihm zu vereinnahmenden Honorare, welche neben der Abdeckung der laufenden Kosten insbesondere Fixkostendeckungsbeiträge und Gewinnanteile beinhaltet hätten, jedenfalls auch bis Ende 1993 hingezogen. Da der Beschwerdeführer auf Grund der anderweitigen Projektvergabe nicht zum Zug gekommen sei und erst durch das von ihm angestrebte Gerichtsverfahren letztlich im Laufe des Jahres 1992 seine Ansprüche habe durchsetzen können, liege insoweit eindeutig eine Zusammenballung von Einnahmen vor, da er zu diesem Zeitpunkt alle ansonsten über einen Zeitraum von zumindest 7 Jahren verteilten Honorarzuflüsse auf einmal zu versteuern gehabt hätte.
In dem anlässlich einer abgabenbehördlichen Prüfung ergangenen Bericht wird in diesem Zusammenhang festgehalten, dass das Handelsgericht mit Zwischenurteil vom 23. Juli 1991 entschieden habe, dass die beklagte Versicherung gegen ihre Überbindungsverpflichtung verstoßen und dem Kläger den ihm aus der Vertragsverletzung erwachsenen Schaden zu ersetzen habe. Das Zwischenurteil sei ergangen, da das Gericht zwar den Zahlungsanspruch dem Grunde nach als zu Recht bestehend erkannt habe, die Ermittlung der Schadenshöhe aber von einem weiteren, möglicherweise umfangreichen Verfahren abhängig gewesen sei. Auf Grund einer mündlichen außergerichtlichen Vereinbarung zwischen dem Beschwerdeführer und der Versicherung sei letztendlich im Mai 1992 eine Schadenssumme in Höhe von rund S 5,1 Mio. ausbezahlt worden, nachdem vom Beschwerdeführer in prinzipieller Anlehnung an ein Sachverständigengutachten im Rahmen des Gerichtsverfahrens ein Entgeltsanspruch von rund S 7,2 Mio. errechnet worden sei. In der Sachverhaltsdarstellung durch das Finanzamt werde von einem "Schadenersatz" gesprochen. Dazu sei zu bemerken, dass im gegenständlichen Fall wohl nur von einer Abgeltung der vertraglichen Ansprüche des Beschwerdeführers gesprochen werden könne. Die letztendlich vereinbarte Zahlung zur Abgeltung dieser Ansprüche sei wirtschaftlich an die Stelle von Zahlungen zur Erfüllung der vertraglichen Ansprüche getreten. Die zwischen den Vertragsparteien außergerichtlich vereinbarte Ausgleichssumme sei ihrem sachlichen Inhalt nach nicht der Ausgleich eines Schadenersatzanspruches gewesen, da sie nicht dem Ausgleich eines in Gestalt entgehender Einnahmen entstehenden Schadens gedient hätten, sondern der Behebung der entstandenen Unsicherheit über den Fortbestand der Ansprüche des Beschwerdeführers, nachdem das Handelsgericht mit Zwischenurteil dessen Rechtsanspruch dem Grunde nach als zu Recht bestehend bestätigt habe. Die Entschädigung, die in etwa dem nicht realisierten Gewinn und dem nicht erzielten Deckungsbeitrag entsprochen habe, sei im Rahmen eines weiterbestehenden Gewinnbetriebes erzielt worden. Man könne daher auch nicht in diesem Sinn von einem Schadensereignis sprechen, dass infolge des von einem anderen ausgeübten nicht unerheblichen tatsächlichen und wirtschaftlichen Drucks dem Steuerpflichtigen die Grundlage zum Abschluss einer unbestimmten Vielzahl von Geschäften dergestalt verloren gegangen sei, dass dem Unternehmer zumindest teilweise die Ertragsgrundlage entzogen worden wäre. Es seien damit Gewinnansprüche des laufenden Geschäftes realisiert worden, weshalb der Einnahme das Merkmal der Außerordentlichkeit fehle.
In der Folge veranlagte das Finanzamt den Beschwerdeführer zur Einkommensteuer 1992, wobei es den begünstigten Steuersatz nicht berücksichtigte.
In der dagegen erhobenen Berufung wurde insbesondere vorgebracht, dass bei einer vereinbarungsgemäßen Beauftragung die Einnahmen aus diesem Projekt über mindestens sieben Jahre verteilt angefallen wären. Die Vorleistungen, welche außerhalb der Schadenersatzleistung im Rahmen des Vergleiches abgegolten worden seien, seien bereits im Jahr 1986 erbracht worden. Unter Hinweis darauf, dass die Beschäftigung des letztlich zum Zuge gekommenen Architekturbüros als Generalplaner mit dem Auslaufen der Gewährleistungsperiode per Ende 1995 beendet worden sei, sei eine Verteilung der - nunmehr durch die Abgeltung als Schadenersatz in einem Jahr angefallenen - Einkünfte über sieben Jahre jedenfalls gegeben gewesen. Die im Wege des Schadenersatzrechtes eingeklagten Ansprüche aus der Einhaltung geschlossener Vereinbarungen seien wohl nicht Zahlungen, die auf die Abwicklung normaler Geschäftsfälle zurückgingen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Begründend führte sie aus, auf Grund widersprüchlicher Angaben sei nicht nachvollziehbar gewesen, wann der Beschwerdeführer tatsächlich mit den Vorarbeiten begonnen habe. Der Beschwerdeführer habe aber wiederholt den Jahresbeginn 1987 genannt und auch sein Vertreter habe in der mündlichen Verhandlung den Beginn der Frist mit 1987 angesetzt. Die belangte Behörde gehe daher davon aus, dass dieser Zeitpunkt als Beginn des Leistungszeitraumes anzusehen sei. Bezüglich des Endes des Leistungszeitraumes sei festzustellen, dass dieser nach Ansicht der belangten Behörde grundsätzlich mit Erteilung der Benützungsbewilligung anzusehen sei. Verwiesen werde in diesem Zusammenhang auch auf ein Schreiben der Rechtsanwälte Dr. R. und Dr. W., in welchem diese die Ansicht vertreten hätten, dass der Schadenersatzbetrag auf die gesamte Bauzeit des Projekts bis zur Erlangung der Benützungsbewilligung aufgeteilt werden müsse. Der tatsächlich bauausführende Architekt habe im gegenständlichen Fall die Benützungsbewilligung im Jahr 1990 erwirkt. Da der Beschwerdeführer die Zahlung erst im Jahr 1992 erhalten habe, sei der Zeitpunkt des Geldzuflusses als spätestes Ende des Leistungszeitraumes angesehen worden, sodass sich dadurch eine Verlängerung um zwei Jahre ergeben habe. Die Ausdehnung des Leistungszeitraumes auf die Dauer des gesamten vertraglich beliebig verlängerbaren Gewährleistungszeitraumes entspreche nicht den Geschäftspraktiken. Unter diesem Gesichtspunkt sei schon "die 7-jährige Frist nicht als erfüllt" anzusehen. Die belangte Behörde vertrat aber auch die Ansicht, dass mit dem Gerichtsurteil und mit dem Abschluss des Vergleiches eine neue selbstständige Rechts- und Billigkeitsgrundlage für die Zahlung geschaffen worden sei, sodass die Zahlung grundsätzlich eine Entschädigung für die durch den Wegfall der vertraglichen Ansprüche ausgelösten Einnahmenausfälle sei. Erhalte ein Architekt einen Ausgleich dafür, dass ein Bauprojekt, mit dessen Planung und Durchführung er beauftragt sei, nicht durchgeführt werde und infolge dessen seine vertraglich begründeten Honoraransprüche nicht erfüllt würden, sei diese Entschädigung keine Ersatzleistung für entgangene oder entgehende Einnahmen, da die Abwicklung eines Architektenvertrages unmittelbar zu den sich auf die Berufstätigkeit eines Architekten beziehenden Geschäfte gehöre. Die Zahlung von rund S 5,1 Mio. sei nach Ansicht der belangten Behörde zwar auf Grund einer neuen Basis erfolgt, jedoch im Rahmen eines Gewinnbetriebes, für welchen zusätzlich das Erfordernis des ungewöhnlichen, außerhalb des normalen Geschäftsbetriebes liegenden Ereignisses vorliegen müsse, sodass sie nicht als Entschädigung im Sinne des § 32 EStG anzusehen sei. Es lägen gegenständlich daher keine außerordentlichen Einkünfte vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Gemäß § 37 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 ermäßigt sich der Steuersatz für außerordentliche Einkünfte. Außerordentliche Einkünfte nach § 37 Abs. 2 Z. 4 EStG 1988 sind unter anderem Entschädigungen im Sinne des § 32 Z. 1, wenn überdies im Fall der lit. a oder b der Zeitraum, für den die Entschädigungen gewährt werden, mindestens sieben Jahre beträgt. Gemäß § 32 Z. 1 lit. a EStG 1988 gehören zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 auch Entschädigungen, die gewährt werden, als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen einschließlich eines Krankengeldes und vergleichbarer Leistungen.
Vor diesem Hintergrund vertrat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die Ansicht, dass schon die Voraussetzung eines mindestens sieben Jahre betragenden Zeitraumes, für den die Entschädigungen gewährt werden, nicht erfüllt sei. In diesem Zusammenhang rügt der Beschwerdeführer, dass sich die belangte Behörde mit der Kernfrage, ob die weggefallenen (und durch die Entschädigung substituierten) Einkünfte einen Zeitraum von zumindest 84 Monaten umfasst hätten, überhaupt nicht auseinander gesetzt habe, sondern zur Nichteinhaltung der Siebenjahresfrist ganz allein darauf hingewiesen habe, dass das Ende des Leistungszeitraumes mit Erteilung der Benützungsbewilligung anzusehen sei. Bei dieser Überlegung sei völlig außer Acht geblieben, dass der Beschwerdeführer mit der tatsächlichen Errichtung überhaupt nichts zu tun gehabt habe. Es erlaube daher die Bebauung durch den tatsächlich bauausführenden Architekten keinerlei Rückschlüsse auf den Leistungszeitraum im Falle der Generalplanung durch den Beschwerdeführer.
Mit diesem Beschwerdevorbringen zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf. Zur Rüge, die belangte Behörde habe zu Unrecht Rückschlüsse aus der tatsächlich erfolgten Bebauung gezogen, ist einerseits zu sagen, dass der Beschwerdeführer selbst schon in seiner Vorhaltsbeantwortung vom 28. November 1994 auf die Errichtung eines Objektes durch ein anderes Unternehmen und die Erteilung der diesbezüglichen Benützungsbewilligung im Jahr 1990 verwiesen und daraus unter Berücksichtigung einer Gewährleistungsfrist mit Ablauf des Jahres 1993 entsprechende Schlüsse gezogen hat. Andererseits wird in der Beschwerde eingeräumt, dass die Frage nach den Verhältnissen im Fall der Generalplanung durch den Beschwerdeführer zweifellos hypothetisch ist, weil eine solche eben nicht erfolgte. Damit ist es aber auch nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde hinsichtlich des Zeitraumes, innerhalb dessen bei Einhaltung der im Jahr 1987 geschlossenen Vereinbarung Einnahmen zugeflossen wären, hilfsweise von dem Zeitraum ausgegangen ist, innerhalb dessen von einem anderen Unternehmen Bauleistungen erbracht wurden, zumal der Beschwerdeführer in keiner Weise (weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde) behauptet hat, dass sich das tatsächlich errichtete Objekt von dem Objekt, welches er zu errichten geplant hätte, wesentlich unterschieden hätte.
Im Übrigen darf aber nicht übersehen werden, dass der Zeitraum, innerhalb dessen vom Beschwerdeführer allenfalls unter Berücksichtigung einer Gewährleistungspflicht Leistungen zu erbringen gewesen wären, mit dem Zeitraum, innerhalb dessen ihm bei Einhaltung der im Jahr 1987 abgeschlossenen Vereinbarung Einnahmen zugeflossen wären, nicht gleichgesetzt werden kann, weil Leistungen aus einer Gewährleistungspflicht in aller Regel nicht mit Einnahmen, sondern im Gegenteil mit Aufwendungen verbunden sind. Es mag - wie in der Beschwerde vorgebracht - in diesem Sinne zutreffen, dass vom ausführenden Architekten auch nach Erteilung der Benützungsbewilligung weitere Leistungen zu erbringen sind, dass damit aber Einnahmen verbunden sind, behauptet der Beschwerdeführer selbst nicht. Zur entscheidenden Frage, für welchen Zeitraum dem Beschwerdeführer bei Einhaltung der Vereinbarung Einnahmen zugeflossen wären, für welchen Zeitraum ihm also durch die Nichteinhaltung der Vereinbarung Einnahmen entgangen sind, ist es damit auch nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn sich die belangte Behörde auf das Schreiben der Rechtsanwälte Dr. R. und Dr. W. stützte, in welchem die Ansicht vertreten worden war, dass der Schadenersatzbetrag auf die gesamte Bauzeit des (tatsächlich zur Ausführung gelangten) Projektes bis zur Erlangung der Benützungsbewilligung aufgeteilt werden müsse. Dadurch, dass die belangte Behörde den relevanten Zeitraum nicht mit dem Zeitpunkt der Erteilung der Benützungsbewilligung im Jahr 1990, sondern mit dem Zeitpunkt der im Jahr 1992 erfolgten Bezahlung der vereinbarten Entschädigung begrenzt hat, ihrer Entscheidung somit einen längeren (aber immer noch nicht siebenjährigen Zeitraum) zu Grunde gelegt hat, wurde der Beschwerdeführer in seinen Rechten nicht verletzt.
Da der Verwaltungsgerichthof somit im Ergebnis bereits die Ansicht der belangten Behörde teilt, dass im Beschwerdefall schon die Voraussetzung eines mindestens sieben Jahre betragenden Zeitraumes, für den die Entschädigung gewährt wurde, nicht erfüllt ist, erübrigt sich ein Eingehen auf das Beschwerdevorbringen, wonach entgegen der Ansicht der belangten Behörde auch die weiteren Voraussetzungen für die Gewährung des begünstigten Steuersatzes erfüllt wären.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl II Nr. 501/2001.
Wien, am 28. November 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1998130202.X00Im RIS seit
18.03.2003