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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §21;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Pelant, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde des H H in B, vertreten durch Dr. Robert Briem, Rechtsanwalt in 1016 Wien, Volksgartenstraße 5, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat I) vom 7. Dezember 2000, GZ. RV/79-15/2000, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1989 bis 1993, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer machte in den Streitjahren 1989 bis 1993 jeweils 18.000 S "Schuldzinsen an August H." als Werbungskosten im Zusammenhang mit der Vermietung einer Liegenschaft in der T-Gasse geltend.
Über Vorhalt der belangten Behörde erläuterte der Beschwerdeführer, er habe die Liegenschaft in der T-Gasse im Jahr 1968 zum Zwecke der Vermietung erworben und den Wohnungskauf mit einem Bankkredit, Bauspardarlehen und Eigenmitteln finanziert. Zudem habe ihm sein Vater August H. im Jahr 1968 einen Betrag von 120.000 S und 1969 einen solchen von 80.000 S für die Anschaffung der besagten Liegenschaft "geborgt". Mündlich sei ein Zinssatz von 9 % p.a. vereinbart worden; dieser sei auch beibehalten worden, als der marktübliche Zinssatz 10 % p.a. überstiegen habe. Ein schriftlicher Darlehensvertrag existiere nicht, doch sei der Erhalt des Geldbetrages sowie die Zinsenvereinbarung in einem Schuldschein schriftlich festgehalten worden. Weiters habe der Beschwerdeführer mit seinem Vater vereinbart, dass der Geldbetrag zurückzuzahlen sei, sobald der Vater das Geld "brauche".
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid versagte die belangte Behörde den strittigen Zinszahlungen die Anerkennung als Werbungskosten. Der Beschwerdeführer habe - nach seinem Vorbringen - seinem Vater ab "Darlehensaufnahme" über 20 Jahre hindurch jährlich etwa gleich hohe Beträge an "Darlehenszinsen" bezahlt. Tilgungen seien demnach nicht erfolgt. Das Abstellen der Rückzahlungsverpflichtung auf einen etwaigen finanziellen Bedarf des Vaters spreche für eine steuerlich unbeachtliche familienhafte Geldüberlassung. Auch halte eine derartige Vereinbarung (unbefristete Geldüberlassung zu einem fixen Zinssatz) einem Fremdvergleich nicht stand. Zwischen Fremden wären klare Rückzahlungsmodalitäten vereinbart worden. Dazu komme, dass der Beschwerdeführer trotz mehrfacher Aufforderung durch die Abgabenbehörde keinen Nachweis über den Geldfluss - die Zinsenzahlungen betreffend - erbracht habe. Dass der Vater die Zinsen in seinen Steuererklärungen ausgewiesen habe, entbinde die belangte Behörde im Übrigen nicht davon, die vom Beschwerdeführer gewählte Vorgangsweise zu überprüfen und zu abweichenden Feststellungen auch dann zu gelangen, wenn in früheren Jahren keine Beanstandung erfolgt sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes können vertragliche Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen für den Bereich des Steuerrechts nur als erwiesen angenommen werden und damit Anerkennung finden, wenn sie
1.
nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen,
2.
einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und
3. auch zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären (vgl. für viele das Erkenntnis vom 29. November 2000, 95/13/0004).
Diese in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen aufgestellten Kriterien haben ihre Bedeutung im Rahmen der - vom Verwaltungsgerichtshof nur auf seine Schlüssigkeit zu prüfenden - Beweiswürdigung.
Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde die Sachverhaltsfeststellung getroffen, dass nicht ein (ernst gemeinter) Darlehensvertrag, sondern eine familienhafte Geldüberlassung vorliege. Sie hat sich dabei vor allem auf das Fehlen einer konkreten Tilgungsvereinbarung gestützt. Eine Rückzahlungsverpflichtung für den Fall, dass der Vater das Geld "brauche", sei unter Fremden nicht üblich.
Der Verwaltungsgerichtshof hat schon wiederholt erkannt, dass zwischen Fremden abgeschlossene Darlehensverträge im Regelfall klare Kündigungs-, Tilgungs- und Zinszahlungsvereinbarungen enthalten (vgl. mit weiteren Nachweisen das Erkenntnis vom 25. Oktober 1994, 94/14/0067). Die Beschwerde verweist demgegenüber auf näher angeführte Literatur, wonach zivilrechtlich beim Fehlen von Fälligkeitsvereinbarungen Darlehen "sogleich mit Einforderung" durch den Darlehensgeber zurückzuzahlen seien - ein Auslegungsergebnis, das der vom Beschwerdeführer behaupteten, mit seinem Vater getroffenen Vereinbarung entspräche.
Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Verzicht auf konkrete Rückzahlungsvereinbarungen unter Fremden - wie auch die vom Beschwerdeführer mit fremden Kreditgebern zur Finanzierung des Ankaufs der Liegenschaft abgeschlossenen Verträge zeigen - nicht üblich ist und dieser Umstand geeignet ist, Zweifel an der Ernsthaftigkeit der getroffenen "Darlehensvereinbarung" zu wecken. Anders als unter Fremden kann bei der Geldüberlassung zwischen nahen Angehörigen nämlich nicht vorausgesetzt werden, dass auch ohne Vereinbarung klarer Rückzahlungstermine eine Rückzahlungsverpflichtung jedenfalls gegeben ist.
Der Beschwerdeführer bringt weiter vor, er habe bereits "über 30 Jahre hindurch die Zinsen" an seinen Vater (von diesem auch jeweils quittiert und steuerlich erklärt) entrichtet, was von der Ernsthaftigkeit der Darlehensgewährung zeuge. Dass im genannten Zeitraum keinerlei Rückzahlungen verlangt und geleistet wurden, sprach indes nicht für das Vorliegen einer ernsthaften Rückzahlungsverpflichtung, zumal der Beschwerdeführer die gleichfalls zur Finanzierung von Liegenschaftskäufen aufgenommenen Bauspardarlehen - wiewohl niedriger verzinst - zurückgezahlt hat.
Auch der Umstand, dass August H. anlässlich des ersten Geburtstages seines Enkels Stefan im Jahr 1985 gegenüber dessen Mutter (der Ehefrau des Beschwerdeführers) erklärt habe, den "zu seinem Todestag gegebenenfalls noch vorhandenen Darlehensrest zur Hälfte" seinem Enkel zu vermachen, und der Beschwerdeführer als dessen Universalerbe (August H. ist im Jahr 1999 verstorben) "selbstverständlich diesem Wunsch entsprochen" habe, stand der von der belangten Behörde getroffenen Beurteilung als familienhafte Geldüberlassung schon deswegen nicht entgegen, weil auch die im engen Familienkreis getroffene letztwillige Verfügung das Vorliegen klarer Tilgungsvereinbarungen nicht erkennen lässt. Da die belangte Behörde die letztwillige Anordnung des August H. gar nicht in Zweifel gezogen hat, sondern das seinerzeitige Geschehen im gegebenen Zusammenhang zu Recht als unerheblich angesehen hat, bedurfte es der vom Beschwerdeführer vermissten amtswegigen Vernehmung seiner Ehefrau als Zeugin der letztwilligen Verfügung des August H. nicht.
Gegen das Vorliegen eines fremdüblichen Darlehensgeschäftes sprach neben dem Fehlen einer Rückzahlungsvereinbarung schließlich auch der Umstand, dass eine Anpassung an das jeweils marktübliche Zinsenniveau unstrittig unterblieben ist.
Insgesamt kann es daher nicht als Ergebnis unschlüssiger Beweiswürdigung angesehen werden, wenn die belangte Behörde das Vorliegen einer Darlehensvereinbarung als nicht erwiesen angenommen hat. Solcherart fehlte es dem (vom Vater bestätigten) "Zinsenempfang" aber an einer rechtlichen Grundlage für die Zuordnung dieser Beträge unter den Begriff der Werbungskosten.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 28. November 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2001130032.X00Im RIS seit
18.03.2003